AG Lübeck spricht BVSK-Empfehlung keine rechtliche Wirkung zu und verurteilt die HUK-Coburg Haftpflichtunterstützungskasse zur Zahlung restlicher Sachverständigenkosten mit Urteil vom 6.7.2010 [31 C 1771/10].

Das Amtsgericht Lübeck hat dem aus abgetretenem Recht klagenden Sachverständigen das von der HUK-Coburg gekürzte Sachverständigenhonorar zugesprochen und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die BVSK-Honorarempfehlung nicht maßgeblich sein kann. Wieder einmal ist die „BVSK-Tabelle“ als nicht verbindlich bezeichnet worden. Nachfolgend das Urteil des AG Lübeck vom 6.7.2010 – 31 C 1771/10 -:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 115,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 Abs. 1 BGB seit dem 28.07.2009 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird nicht zugelassen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nach dem unstreitigen Sachverhalt begründet. Der Kläger kann aus abgetretenem Recht (§ 398 BGB) gemäß §§ 7 StVG, 115 VVG, 249 Abs. 2 Satz 1. 632 Abs. 2 BGB die restliche Vergütung für das Sachverständigengutachten verlangen. Angesichts aller Umstände stellen die Sachverständigenkosten (noch) eine übliche und angemessene Vergütung dar. Grundsätzlich ist der Geschädigte nicht zur Markterforschung verpflichtet, um einen besonders preisgünstigen Sachverständigen zu finden, der ggf. dem BVSK angehört (vergleiche BGH NJW 2007, 1450, 1452). Dadurch, dass der Sachverständige sein Honorar an der Schadenhöhe bemisst, überschreitet er die Grenzen der rechtlich zulässigen Preisgestaltung nicht (a.a.O.). Dies wird von der Beklagten auch nicht in Zweifel gezogen. Entgegen der Auffassung der Beklagten muss sich der Kläger auch nicht an dem Sachverstandigenhonorar gemäß Empfehlung des BVSK orientieren (zumal er nicht Mitglied des Vereines ist). Abgesehen davon stammt die Empfehlung aus dem Jahre 2007, während die BVSK – Honorarbefragung aus den Jahren 2008/2009 datiert. Die Honorarbefragung als „reines Wunschdenken“ zu bezeichnen, ist sicherlich überspitzt. Das Gericht verkennt nicht, dass die Befragten im Eigeninteresse eher höhere als niedrigere Beträge angegeben haben dürften. Trotzdem durfte und konnte sich der Kläger an dieser Befragung orientieren. In der Rechtsprechung wird ein Sachverständigenhonorar als unangemessen hoch bezeichnet, wenn es 30 % des Fahrzeugschadens erreicht (vergleiche AG Berlin – Mitte, Schaden-Praxis 2009, 303, 304). In solchen Fällen kann im Hinblick auf Umfang, Ausführlichkeit und Schwierigkeit des Gutachtens ein solches Verhältnis nicht mehr als angemessen angesehen werden (a.a.O.). In der Regel besteht ein großer Teil der Gutachten aus Textbausteinen und enthält wenig Individual-Feststellungen. Hier beträgt das Bruttohonorar 23,12 % des Fahrzeugschadens von 2.083,62 €. Dies ist (noch) akzeptabel. Es sei darauf hingewiesen, dass auch nach der Empfehlung des BVSK in dem hier genannten Schadenbereich Werte von knapp 20 % auftreten können. Wenn bei einer Nettoschadenhöhe von 1.501,00 € der Bruttoendbetrag der Sachverständigenkosten 294,77 € beträgt, ergibt sich ein Wert von 19,64 %. Die relativ geringfügige Abweichung nach oben macht das hier verlangte Honorar nicht unangemessen. Die Honorarbefragung darf bei einer Prüfung im Einzelfall schon als Maßstab zugrunde gelegt werden (vergleiche Landgericht Saarbrücken, Urteil vom 29.08.2008 –13 S 108/08 – JURIS). Sofern sich das Honorar innerhalb des dort ermittelten Honorarkorridors bewegt, ist die Höhe grundsätzlich nicht zu beanstanden und der  Geschädigte kann in der Regel von der Erforderlichkeit der Kosten ausgehen (a.a.O.

…..

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1,713 ZPO.

Die Berufung ist gemäß § 511 Abs. 4 ZPO nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechtes oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichtes nicht erfordert.

So der Amtsrichter aus Lübeck.

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4 Antworten zu AG Lübeck spricht BVSK-Empfehlung keine rechtliche Wirkung zu und verurteilt die HUK-Coburg Haftpflichtunterstützungskasse zur Zahlung restlicher Sachverständigenkosten mit Urteil vom 6.7.2010 [31 C 1771/10].

  1. Gottlob Häberle sagt:

    Hallo Willi Wacker,

    „In der Rechtsprechung wird ein Sachverständigenhonorar als unangemessen hoch bezeichnet, wenn es 30 % des Fahrzeugschadens erreicht“.

    Weiter:

    „Die Honorarbefragung als “reines Wunschdenken” zu bezeichnen, ist sicherlich überspitzt. Das Gericht verkennt nicht, dass die Befragten im Eigeninteresse eher höhere als niedrigere Beträge angegeben haben dürften“.

    Ich bin mir nicht sicher, ob es wirklich sinnvoll ist derartige Urteile hier zu publizieren.
    Die Art und Weise wie das Gericht in seiner Urteilsbegründung von Mutmaßungen ausgeht kann ich nicht für gut befinden.
    Das Urteil ist zwar im Ergebnis richtig, jedoch in der Begründung falsch. Eine Preiskontrolle hat meines Erachtens im Schadensersatzrecht nichts zu suchen.

    Grüß aus dem Wilden Süden
    Gottlob Häberle

  2. Willi Wacker sagt:

    Hallo Gottlob Häberle,
    Du hast zwar recht, dass im Schadensersatzprozess eine Preiskontrolle untersagt ist, leider halten sich aber viele Gerichte nicht an diesen Passus aus dem BGH-Urteil.
    Erfreulich an dem Urteil ist aber, dass das Gericht festgestellt hat, dass die BVSK-Empfehlung nicht Orientierungsmaßstab ist. Der Vortrag, dass die Werte der Honorarbefragung „reines Wunschdenken“ der Versicherungen darstellen, stammt von Klägerseite, da sich die Beklagte auf gerade diese Werte als angemessen und üblich bezogen hat. Wieso sollen auch von BVSK-Mitgliedern erhobene Werte gerade für den Kläger, der nicht BVSK-Mitglied ist, maßgeblich sein? Wegen der Passage, dass BVSK nicht maßgeblich ist,halte ich eine Veröffentlichung für sinnvoll.
    Mit freundlichen Grüßen in den wilden Süden
    Dein Willi

  3. SV Wehpke sagt:

    Hallo Herr Wacker,
    ich erlaube mir noch eine kleine Ergänzung. Auch für BVSK-Mitglieder ist die „Empfehlungen“, bzw. das „HUK-Coburg/BVSK Gesprächsergebnis“ nicht verbindlich.

    Viele BVSK-Mitglieder wissen das entweder nicht oder trauen sich einfach nicht gegen die Vorstellungen ihres GV (Generalvordenker) aufzumucken.

    Wehpke Berlin

  4. Willi Wacker sagt:

    Hallo Herr SV Wehpke,
    Ihre Ansicht ist völlig richtig. Noch nicht einmal für die eigenen Mitglieder ist das BVSK-HUK-Coburg-Gesprächsergebnis bindend. Noch weniger für Nichtmitglieder. Eigentlich hat ein derartiges „Gesprächsergebnis“ gar keinen Sinn.
    Herzliche Grüße nach Berlin
    Willi Wacker

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