Mit Urteil vom 22.04.2010 (2 C 97/10) hat das AG Staufen die beteiligte Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 226,34 € zzgl. Zinsen verurteilt. Auch in Staufen gilt die Schwacke-Liste bei Ablehnung der Fraunhofer Tabelle.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.
I. Der Klägerin steht aus abgetretenem Recht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Erstattung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 226, 34 € aus § 7 Abs. 1 StVG, § 823 Abs. 1 BGB iVm. § 115 VVG, § 398 BGB zu.
Die Ersatzpflicht der Beklagten für die Anmietung eines Fahrzeug für die Dauer von 7 Tagen ist zwischen den Parteien unstreitig. Streitig ist zwischen den Parteien lediglich die Frage, welche Kosten nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB zu erstatten sind.
Die Beklagte als Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers hat dem Geschädigten grundsätzlich nur die Kosten zu ersetzen, die zur Beschaffung eines angemessenen Ersatzfahrzeugs erforderlich waren (§ 249 Abs. 2 Satz 1 BGB). Der Geschädigte ist gehalten, im Rahmen des Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu gehen.
Dies bedeutet auch, dass er von mehreren auf dem örtlichen Markt erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis ersetzt verlangen kann. Dabei sind auch Tarife in den Blick zu nehmen, die für Nicht-Unfallgeschädigte angeboten werden. Das Gericht kann in Ausübung seines tatrichterlichen Ermessens nach § 287 ZPO den „Normaltarif “ anhand einer anerkannten Automietpreiserhebung schätzen.
Umstände, dass die Klägerin vorliegend über den Normaltarif hinaus einen höheren Unfallersatztarif geltend machen kann, hat sie nicht dargelegt.
Vorliegend schätzt das Gericht die Mietwagenkosten – der Rechtsprechung des Landgerichts Freiburg folgend – in Übereinstimmung mit der Berechnung der Klägerin anhand des Schwacke-Mietpreisspiegels 2009 (vgl. LG Freiburg, Urteil vom 10.03.2009 – 9 S 97/08 -; vgl. auch BGH, Urteil vom 14.10.2008 –VI ZR 308/07 -, NJW 2009, S. 58 zum Schwacke-Mietpreisspiegel 2006).
Die im Wesentlichen allgemein gehaltenen Einwendungen der Beklagten gegen die Verwendung des Schwacke-Mietpreisspiegels greifen nicht durch. Allein durch die Bezugnahme auf die Studie des Fraunhofer-Instituts und dazu ergangene Rechtsprechung hat die Beklagte keine konkreten Mängel der Schwacke-Liste gerade in Bezug auf die Bewertung des örtlichen Mietwagenmarkts aufgezeigt, die deren Verwendung als Schätzungsgrundlage im vorliegenden Fall ausschlössen.
Das Gericht verkennt insoweit nicht, dass die Erhebung des Fraunhofer-Instituts grundsätzlich den Vorzug einer anonymen Befragung hat, bei der den Autovermietern der Zweck der Anfragen nicht bekannt war. Andererseits erscheint bei der Fraunhofer-Erhebung problematisch, dass Internetangebote nur von den großen Autovermietern eingeholt wurden und diese bei der telefonischen Befragung erneut berücksichtigt wurden. Die Unabhängigkeit der einzelnen Stichprobenwerte voneinander ist daher nicht gegeben. Auch verlangt die Rechtsprechung von einem Unfallgeschädigten nicht, dass er einen Internetpreisvergleich durchführt oder über das Internet bucht. Überdies ist fraglich, ob die telefonische Preiserhebung unbedenklicher ist als die unverdeckte schriftliche Anfrage, wie sie Schwacke durchführt. Denn bei telefonischer Anfrage besteht jedenfalls die Gefahr, dass Lockpreise angegeben werden, die dann -wenn der Mietvertrag vor Ort durchgeführt werden soll – nicht eingehalten werden (so auch LG Köln, Urteil vom 28.04.2009 –11 S 116/08 -, zitiert nach Wenning, NZV 2009, S. 473).
Zu den Mängeln der Fraunhofer-Studie bei der Erhebungsgrundlage kommt hinzu, dass diese nicht hinreichend den nach der ständigen Rechtsprechung maßgeblichen „örtlichen Markt“ (vgl. BGH, Urteil vom 11.03.2008 – VI ZR 164/07 -, NJW 2008, S. 1519) widerspiegelt. Anders als die Schwacke-Liste gibt sie nur zweistellige Postleitzahlenbereiche wieder. Zwar mögen auch die der Schwacke-Liste zugrunde liegenden Postleitzahlengebiete nicht die Markträume zutreffend abgrenzen. Die differenziertere Einteilung nach Schwacke hat aber offensichtlich den Vorzug einer klareren Trennung zwischen städtischer oder ländlicher geprägten Räumen, in denen typischerweise auch auf dem Mietwagenmarkt ein deutlich unterschiedliches Preisgefüge besteht.
Ob darüber hinaus die Unabhängigkeit und Neutralität der Fraunhofer-Studie in Frage steht, weil diese von der Versicherungswirtschaft in Auftrag gegeben wurde, kann dahinstehen (vgl. zum Ganzen: OLG Stuttgart, Urteil vom 08.07.2009 – 3 U 30/09 -, juris; OLG Köln, Urteil vom 03.03.2009 – 24 U 6/08 -, NZV 2009, S. 447; LG Bonn, Urteil vom 16.12.2008 –18 O 242/08 -, NZV 2008, S. 147).
Den erforderlichen Mietwagenbeschaffungsaufwand, das heißt die Höhe der Mietwagenkosten, die dem Unfallgeschädigten bei Anmietung zum „Normaltarif „entstanden wären, schätzt das Gericht daher gemäß § 287 Abs. 1 ZPO anhand des Schwacke-Automietpreisspiegels 2009, d.h. dem Mietpreisspiegel für das Jahr, in dem sich der Unfall zugetragen hat, wie folgt:
Das bei der Klägerin angemietet Fahrzeug war im Jahr 2009 der Nutzungsgruppe 1 zuzuordnen.
Bei der Berechnung der Grundmiete ist der Modus für die Wochen-Pauschale zugrunde zu legen. Dieser beträgt im Postleitzahlengebiet 791XX, dem Postleitzahlenraum der Anmietung und damit dem maßgeblichen Markt, gemäß Automietpreisspiegel-Schwacke 2009 unstreitig 449,00 €. Von diesem Mietpreis ist pauschal ein Prozentsatz von 5 % für ersparte Eigenaufwendungen abzuziehen, so dass sich ein Betrag von noch 426, 55 € ergibt. Ein weitergehender Abzug ist insoweit nicht angezeigt (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 18.02.2010, 1 U 165/09). Der Geschädigte konnte darüber hinaus eine Haftungsfreistellung für den Mietwagen in Anspruch nehmen (vgl. LG Freiburg, 9 S 97/08). Dies hat er laut Mietvertrag auch getan. Zwar beläuft sich der Modus für eine Vollkaskoversicherung nach dem Schwacke-Automietpreisspiegel 2009 für die Wochen-Pauschale auf 126 €, ausweislich der von der Klägerin vorgelegten Mietwagenrechnung vom 16.10.2009 beliefen sich die Kosten für die Vollkaskoversicherung tatsächlich jedoch nur auf 108,00 €, worauf die Beklagte zu Recht hingewiesen hat.
In der Summe ergibt sich daher entsprechend des Schwacke-Normaltarifs nebst Nebenkosten ein zu erstattender Mietaufwand von 534,55 €. Hierauf hat die Beklagte unstreitig 308, 21 € gezahlt, so dass der Klägerin ein Anspruch auf Zahlung weiterer 226, 34 € verbleibt.
II. Der Anspruch auf Erstattung der Verzugszinsen ergibt sich aus §§ 286 Abs. 2 Nr. 3, 288 Abs. 1 BGB.
III. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 ZPO. Die Mehrforderung bzgl. der Kosten für die Vollkaskoversicherung war verhältnismäßig geringfügig und hat keine weiteren Kosten verursacht.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Soweit das AG Staufen.