Die Amtsrichterin der Zivilabteilung 5 des Amtsgerichtes Neubrandenburg hat die HUK-Coburg Allgemeine Versicherungs AG verurteilt (5 C 49/10 vom 13.07.2010), restliche, von ihr gekürzte Sachverständigenkosten zu zahlen. Das Ergebnis ist zwar richtig, leider prüft die Richterin aber § 632 BGB im Rahmen des Schadensersatzprozesses. Auch wenn die Schadensposition der Sachverständigenkosten vom Geschädigten an den Sachverständigen abgetreten wurden und der Sachverständige die Abtretung angenommen hat (Abtretungsvereinbarung), so bleibt der abgetretene Schadensersatzanspruch ein Schadensersatzanspruch gem. § 249 BGB und wandelt sich durch die Abtretungsvereinbarung nicht in einen Werkvertragshonoraranspruch um. Lediglich die Person des Gläubigers hat sich durch die Abtretungsvereinbarung geändert. Die Rechtsnatur des Anspruchs bleibt die gleiche. Nachfolgend daher das von der Begründung her bedenkliche Urteil des AG Neubrandenburg:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 344,64 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.12.2009 zu zahlen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Streitwert: 344,64 €
Tatbestand
Auf die Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO verzichtet.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
Dem Kläger steht aus abgetretenem Recht (vgl. Abtretungserklärung vom 25.11.2009, Anlage K4) gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung des aus dem Tenor ersichtlichen Betrages gemäß §§ 823 Abs. 1, 2, 249, 398 BGB i. V. m. §§ 7, 17 StVG.
Mit der Geltendmachung der Ansprüche auf Erstattung der Sachverständigenkosten betreibt der Kläger insbesondere keine genehmigungspflichtige Inkassotätigkeit Die Abtretungserklärung vom 25.11.2009 erstreckt sich erkennbar ausschließlich auf die Schadensersatzansprüche aus dem Verkehrsunfall, welche sicherungshalber gegen den Fahrer, den Halter und den Versicherer des unfallbeteiligten Fahrzeuges in Höhe der Gutachterkosten einschließlich Mehrwertsteuer unwiderruflich an den Kfz-Sachverständigen abgetreten worden sind. Damit ist die Abtretung auf die Gutachterkosten ausschließlich beschränkt und stellt keine umfassende Abtretung zugunsten des Klägers dar. Die Abtretungserklärung begegnet weder in Form noch Inhalt rechtlichen Bedenken und ist zulässigerweise die Grundlage für die Geltendmachung Her Schadensersatzansprüche (hier Gutachterkosten) im vorliegenden Verfahren.
Die geltend gemachten Sachverständigenkosten sind gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB auch erstattungsfähig. Die Begutachtung des Schadens war unstreitig erforderlich und hat angesichts der Schadenshöhe auch nicht gegen die dem Auftraggeber obliegende Schadensminderungspflicht verstoßen. Nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB hat der Schädiger den zur Wiederherstellung der beschädigten Sache erforderlichen Geldbetrag zu zahlen. Insoweit kommt es nicht darauf an, welche Beträge der Geschädigte bezahlt hat» sondern welcher Aufwand als erforderlich zur Wiederherstellung angesehen werden kann. Hält der Geschädigte den Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen ein, sind weder der Schädiger noch das Gericht im Schadensersatzprozess berechtigt, eine Preiskontrolle durchzuführen (vgl. BGH Versicherungsrecht 2004, 1189 ff.). Dies gilt auch für die Höhe des Sachverstandigenhonorars. Grundsätzlich ist davon auszugeben, dass nach einem Verkehrsunfall ein in Relation zur Schadenshöhe berechnetes Sachverständigcnhonorar als erforderlicher Herstellungsaufwand im Sinne des § 249 Abs, 2 BGB verlangt werden kann. Er ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm zumutbaren, den wirtschaftlicheren Weg zur Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Insoweit ist der Geschädigte grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Markts verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen.
Bezüglich der Höhe der Vergütung und Auslagen eines außergerichtlich tätigen Kfz-Sachverstandigen gibt es keine gesetzliche Regelung. Da der Kläger mit seinem Auftraggeber keine Vergütungsvereinbarung getroffen hat, richtet sich die Vergütung somit nach der üblichen Vergütung gemäß § 632 BGB. Die von dem Kläger seiner Abrechnung zugrunde gelegte BVSK-Honorarbefragung 2008/2009 (Befragung zur Höhe des üblichen Kfz-.Sachverständigenhonorars) stellt nach Auffassung des Gerichts eine geeignete Schätzgrundlage dar. Diese spiegelt nämlich in etwa die durchschnittlichen Honorare der Sachverständigen in dem Zeitraum wieder, in dem der hier maßgebliche Unfall stattfand. Das von dem Kläger abgerechnete Grundhonorar überschreitet die Grenzen der rechtlich zulässigen Preisgestaltung nicht. Der Kläger hat Reparaturkosten mit Netto 3.268,48 € sowie einen Wiederbeschaffungswert mit 3.100,00 € und Fahrzeugrestwert mit 600,00 € kalkuliert. Unter Bezugnahme auf die BVSK-Honorarbefragung 2008/2009 berechnen die Sachverständigen überwiegend bei einer Schadenshöhe bis 3.500,00 € Grundgebühren im Rahmen eines Honorarkorridors von 393,00 € bis 451,00 €. Demgegenüber hat der Kläger lediglich eine unter diesem Rahmen liegende Grundgebühr von 385,00 € berechnet, so dass seine Gebührennote insofern nicht zu beanstanden ist. Nach Auffassung des Gerichts darf ein wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch daher jedenfalls Kosten in einer Größenordnung für erforderlich halten, die von der Mehrzahl der Kfz-Sachvcrständigen für vergleichbare Gutachten berechnet werden. Einen nachvollziehbaren und somit geeigneten Orientierungspunkt bildet daher die vom Bundesverband der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das Kraftfahrzeugwesen e. V. (BVSK) regelmäßig durchgeführte Honorarbefragung unter den im BVSK organisierten Sachverständigen.
Ob die Beklagte mit dem BVSK Gespräche geführt und Gesprächsergebnisse erzielt hat und wie diese Gcaprächsergebnisse im Einzelnen ausgesehen haben, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls können Gespräche der Beklagten mit dem BVSK keine Bindungswirkung für den Kläger entfalten.
Neben dem Grundhonorar ist der Kläger grundsätzlich auch berechtigt, Nebenkosten für den ersten Lichtbildersatz, liegen leicht oberhalb der Spanne, zu berechnen. Die Kosten für den zweiten Lichtbildersatz hingegen liegen innerhalb der Spanne, ebenso wie die Kosten für Schreibkosten und die pauschale Porto/Telefon/EDV. Ebenso ist nachvollziehbar, das dem Kläger die Fahrkosten zur Begutachtung des verunfallten Fahrzeugs entstanden sind. Soweit die Beklagte die Nebenkosten im Einzelnen bestreitet, erfolgt dies unsubstantiiert.
Durch die Beklagte wurden außergerichtlich nicht 352,50 €, sondern 252,50 € auf die Gutachtenrechnung bezahlt. Das hat der Kläger unwidersprochen geblieben weiter vorgetragen. Es besteht somit ein Resthonoraranspruch des Klägers in Höhe von 344,64 €, zu dessen Zahlung die Beklagte zu verurteilen war.
Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus Verzug (§§ 286, 288 BGB).
Die weiteren Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.