Der Amtsrichter der 4. Zivilprozessabteilung des AG Ansbach hat mit Endurteil vom 21.6.2010 – 4 C 443/10 – die beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung verurteilt, an den Kläger restlichen Schadensersatz in Form der gekürzten Stundenverrechnungssätze sowie die im Schadensgutachten aufgeführten Ersatzteilpreisaufschläge und die Verbringungskosten zu zahlen. Gleichzeitig hat das Gericht festgestellt, dass eine Verweisung des Klägers auf eine Referenzwerkstatt der eintrittspflichtigen Kfz-Haftpflichtversicherung für den Kläger unzumutbar ist. Nachfolgend das Urteil, das in bemerkenswerter Weise die zugesprochenen Positionen begründet :
Amtsgericht Ansbach
– 4 C 443/10 –
21.6.2010
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
des ….. – Klägers –
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ….
g e g e n
die …. – Beklagte –
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte …. aus Nürnberg
wegen Schadensersatzes
erlässt das Amtsgericht Ansbach durch den Richter am AG P…. ohne mündliche Verhandlung gem. § 495a ZPO folgendes
E n d u r t e i l :
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 267,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.11. 2009 sowie weiter 43,32 € zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreites zu tragen.
Entscheidungsgründe:
I. Die Klage ist zulässig. Das angerufene Gericht ist gem. § 32 ZPO örtlich und gem. §§ 1 ZPO, 23 Nr. 1 GVG sachlich zuständig. Der Verkehrsunfall fand in Ansbach statt und der Streitwert übersteigt 5.000 € nicht.
II. Die Klage ist im Umfang des Ausspruchs auch begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch aus §§ 7 I, 17 I, II StVG, 115 VVG auf Zahlung von 267,80 €. Dieser ergibt sich aus dessen Anspruch auf Schadensersatz für die Instandsetzung seines Kraftfahrzeuges bei fiktiver Schadensberechnung von 2158,89 €, der bereits durch Zahlung von 1891,09 € seitens der Beklagten in dieser Höhe erloschen ist, § 362 BGB.
1. Für die Fahrzeuginstandsetzung hatte der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 2158,89 €. Dem Grunde nach steht die Haftung außer Frage, wird auch von der Beklagten anerkannt. Bezüglich des Umfangs bestand sie in Höhe des im Gutachten des Sachverständigenbüros L… ausgewiesenen Betrages von 2158,89 €. Nach § 249 II 1 BGB kann der Kläger von der Beklagten den zur Wiederherstellung seines Kfz erforderlichen Geldbetrag verlangen. Was hierfür erforderlich ist, richtet sich danach, wie sich ein verständiger, wirtschaftlich denkender Fahrzeugeigentümer in der Lage des Klägers verhalten hätte ( vgl. Urteil des BGH vom 15.2.2005 – VI ZR 74/04 – ). Der Kläger hat ein Gutachten des öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen L… vorgelegt und somit seiner Pflicht zur Darlegung eines konkreten Schadens genügt. Auch hat er sich durch die Schadensberechnung nach diesem Gutachten in den für die Schadensbehebung nach § 249 II 1 BGB gezogenen Grenzen bewegt.
Detr Anspruch kann auch nicht wegen einer Schadensminderungspflicht des Klägers nach § 254 II BGB gekürzt werden. Der Kläger muss sich nicht auf die von der Beklagten vorgetragenen günstigeren Reparaturmöglichkeit der Firma U… verweisen lassen. Eine solche Verweisung ist zwar grundsätzlich möglich (vgl. Urt. des BGH vom 29.4.2003 – VI ZR 398/02); dies gilt auch für die fiktive Schadensabrechnung. Jedoch sind die Voraussetzungen hierfür nicht gegeben. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung muss die Werkstatt, auf die der Geschädigte verwiesen werden soll, für diesen mühelos und ohne Weiteres zugänglich sein und eine zumindest gleichwertige Reparaturmöglichkeit darstellen. Weiter sind bei dem Vergleich der anfallenden Kosten die marktüblichen Preise der Werkstätten zugrunde zu legen (Urt. des BGH vom 20.10.2009 – VI ZR 53/09 -). Das ist jedoch hier nicht der Fall. Die im Prüfbericht der DEKRA vom 2.11.2009 zugrunde gelegten Preise der dort als Referenzwerkstatt genannten Firma U… sind – zumindest hinsichtlich der Stundenverrechnungssätze – keine Marktpreise. Dies wird auch von der Beklagten nicht dargelegt. Die Beklagte führt nur aus, sie verweise schlichtweg auf Reparaturwerkstätten, „die entsprechend zusammenarbeiten wollen und entsprechende Preise für ihre Arbeiten anbieten“. Sie trfft aber die Darlegungs- und Beweislast für diejenigen Tatsachen und Umstände, aus denen sich ein Verstoß des Klägers gegen die Schadensminderungspflicht i.S.d. § 254 II BGB ergibt ( vgl. Urt. des BGH v. 20.10.2009 – VI ZR 53/09). Dieser hat sie nicht genügt.
Dass in dem von der Beklagten vorgebrachten Prüfbericht die Preise der Referenzwerkstatt nicht marktüblich sind, ergibt sich wohl aus der Tatsache, dass es sich bei der Firma U… um eine Vertragsfirma der …. handelt. Wie der BGH in o.g. Urteil weiter ausführt, folgt aus dem Erfordernis, dem Vergleich Marktpreise zugrunde zu legen „insbesondere, dass sich der Geschädigte im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht nicht auf Sonderkonditionen von Vertragswerkstätten (Referenzwerkstätten) des Haftpflichtversicherers verweisen lassen muss“. Eine solche Beschränkung ließe sich nicht mit dem Grundgedanken der §§ 249 ff. BGB vereinbaren, dass der Geschädigte Herr des Restitutionsgeschehens ist.
2. Weiter sind auch die im Gutachten des Sachverständigen L… ausgewiesenen Positionen des UPE-Aufschlages und der Verbringungskosten ersatzfähig. Diese sind auch bei fiktiver Schadensberechnung zu berücksichtigen und nicht etwa nur dann, wenn sie tatsächlich anfallen. Dem Wesen nach ist es bei der fiktiven Schadensberechnung gerade nicht notwendig, dass einzelne Positionen bei einer möglichen Reparatur tatsächlich anfallen. Anderenfalls wäre die gesetzliche Regelung des § 249 II 2 BGB, wonach die Umsatzsteuer nur dann zu ersetzen ist, wenn und soweit sie tatsächlich anfällt, überflüssig.
Wie oben bereits erläutert, genügt der Kläger seiner Darlegung eines konkreten Schadens durch die Vorlage des Sachverständigengutachtens. Dies gilt auch in Bezug auf die Verbringungskosten und die Ersatzteilpreisaufschläge (UPE-Aufschäge). Auch hier wäre ein Verweis auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit, wie die von der Beklagten im Prüfbericht der DEKRA genannten Referenzwerkstatt, grundsätzlich möglich. Wie oben ausgeführt, muss sich der Kläger im vorliegenden Fall jedoch wegen der fehlenden Orientierung an marktüblichen Preisen nicht auf diese verweisen lassen.
Der Kläger hat gegen die Beklagte auch einen Anspruch auf Verzugszinsen, wie tituliert. Ebenso besteht als Teil des Schadensersatzanspruchs auch der Anspruch auf Erstattung der außergerichtlichen Anwaltskosten, wie tituliert.
Die Beklagte war daher, wie geschehen, zu verurteilen.
So das von der Begründung her bemerkenswerte Urteil des AG Ansbach.