Mit Urteil vom 18.06.2010 (17 C 86/10) hat das Amtsgericht Nettetal die VHV Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 379,36 € zzgl. Zinsen verurteilt. Das Gericht spricht sich für die Anwendung der Schwacke-Liste aus.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im übrigen unbegründet.
I.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht Anspruch auf Erstattung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 379,36 Euro.
Die Beklagte ist der Klägerin nach den §§ 7 Abs. 1, 17 StVG, 115 Abs. 1 VVG in Verbindung mit § 398 Satz 1 BGB zum Ersatz des aus dem streitgegenständlichen Unfallgeschehen vom xx.xx.2009 folgenden Schadens verpflichtet. Die alleinige Haftung der Beklagten steht dem Grunde nach zwischen den Parteien außer Streit.
Danach kann die Klägerin von der Beklagten auf der Grundlage der Mietwagenrechnung vom 20.04.2009 insgesamt 1.010.08 Euro, unter Berücksichtigung der bereits erstatteten 630,72 Euro mithin den dem Tenor ersichtlichen Betrag verlangen.
Grundsätzlich kann der Geschädigte nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB als erforderlichen Wiederherstellungsaufwand nur den Ersatz solcher Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in seiner Lage für zweckmäßig und notwendig halten darf. Er ist dabei ebenso wie in anderen Fällen, in denen er die Schadensbeseitigung selbst in die Hand nimmt, nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren Möglichkeiten den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen (vgl. etwa BGH NJW 2006, 1508). Da er insoweit nur Ersatz der objektiv erforderlichen Mietwagenkosten verlangen kann, verstößt er bei der Anmietung eines Kraftfahrzeugs zu einem gegenüber dem Normaltarif erhöhten (Unfallersatztarif) nur dann nicht gegen seine Pflicht 2ur Schadensgeringhaltung, wenn Besonderheiten mit Rücksicht auf die Unfallsituation einen Zuschlag auf den Normaltarif rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermie-ters beruhen, die durch besondere Unfallsituation veranlasst und infolge dessen zur Schadensbehebung nach § 249 BGB erforderlich sind, so der Bundesgerichtshof in nunmehr ständiger Rechtsprechung (vgl. zuletzt etwa BGH, Urteil vom 02.02.2010, Akte ichen VI ZR 139/08, zitiert nach juris). Abzustellen ist insoweit als Anknüpfungpunkt auf den Normaltarif, also denjenigen Tarif, welcher für Selbstzahler Anwendung findet und Bezug auf diese Zielgruppe unter marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten gebildet wird. Denn das ist der Betrag, den ein wirtschaftlich vernünftig denkender Kunde zu zahlen bereit wäre, wenn er ihn aus dem eigenen Vermögen aufzubringen hätte. ohne dafür anderweitig Regress nehmen zu können.
Nach Auffassung des Gerichts kann im Streitfall der in der Schwack Liste 2007 für das Postleitzahlengebiet 413 veranschlagte Grundmietpreis von 518,96 Euro für eine Woche bzw. 94,45 Euro für einen Tag für die Anmietung eines Fahrzeugs der Gruppe 5 für die Ermittlung des Normaltarifs herangezogen werden und insoweit als Ausgangspunkt der Schadensberechnung dienen (§ 287 ZPO) Denn auch unter Berücksichtigung der von der Beklagten erhobenen Einwände sind keine durchgreifenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die im Mietpreisspiegel nach Schwacke enthaltenen Preisänderungen nicht an der tatsächlichen Marktentwicklung orientiert sind. Dass die Schwacke-Liste im Rahmen des tatrichterlichen Ermessens im Rahmen der Schadensbemessung eine taugliche Schätzgrundlage bietet, entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. zuletzt etwa Urteil vom 02.02.2010, Aktenzeichen VI ZR 139/08, zitiert nach juris). Auch ist es nicht Aufgabe des Tatrichters lediglich allgemein gehaltenen Angriffen gegen eine Schätzgrundlage nachzugehen. Einwendungen gegen die Grundlagen der Schadensmessung sind nur dann erheblich, wenn sie auf den konkreten Fall bezogen sind, so dass die Eignung von Listen oder Tabelellen die beider Schadensschätzung Anwendung finden können, nur dann der Klärung bedürfen, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass sich die geltend gemachten Mängel auf den zur Entscheidung gestellten Fall ausgewirkt haben. Das ist nach Auffassung des Gerichts hier nicht anzunehmen. Zutreffend hat die Klägerin (indes ausweislich der Ausführungen in der Klageschrift im Hinblick auf den Mietpreisspiegel für das Jahr 2006) bei der Abrechnung der Mietwagenkosten, die sich bei mehrtägiger Vermietung ergebenden Reduzierungen nach der Wochenpauschale berücksichtigt, anstelle einer Multiplikation des Tagessatzes mit der Anzahl der Miettage vorzunehmen.
Erhöhungen des sich bei derAnknüpfung an den vorstehend bezeichneten Normaltarif ergebenden Betrages von 707,86 Euro (518,96 Euro + 94,45 Euro + 94,45 Euro) sind, wie bereits ausgeführt, nur dann gerechtfertigt, soweit sie unfallbedingt sind. Das ist im Streitfall nicht anzunehmen. Dem Sachvortrag der Klägerin lassen sich keine Tatsachen entnehmen, die einen derartigen Zuschlag im konkreten Fall rechtfertigen würden. Unstreitig erfolgte die Anmietung des Mietwagens nicht unmittelbar nach dem Unfall, sondern erst ca. 3 Wochen später. Vor diesem Hintergrund erschließt sich für das Gericht nicht, dass hier mit Rücksicht auf die Unfallsituation eine Erhöhung des regelmäßig zu erstattenden Normaltarifs gerechtfertigt wäre. Der Geschädigte hätte innerhalb dieses Zeitraum jedenfalls die Möglichkeit gehabt, sich nach günstigeren Alternativangeboten zu erkundigen, was er unstreitig nicht getan hat.
Von dem eingangs genannten Betrag sind 70,79 Euro für die gemäß § 287 ZPO durch das Gericht geschätzten ersparten Eigenaufwendungen in Höhe von 10 %, (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.03.1996, Aktenzeichen 1 U 84/95, zitiert nach juris) in Abzug zu bringen, so dass ein Betrag von 637,07 Euro verbleibt (707,86 Euro – 70,79 Euro).
Darüber hinaus ist das arithmetische Mittel der Vollkaskokosten für die Dauer der Mietzeit zu erstatten, hier mithin ein weiterer Betrag von 202,19 Euro (153,11 Euro + 24,54 Euro + 24,54 Euro). Dies gilt unabhängig davon, ob das beschädigte Fahrzeug entsprechend versichert war oder nicht. Denn der durch den Unfall Geschädidigte ist während der Mietzeit einem erhöhten wirtschaftlichen Risiko ausgesetzt (vgl. etwa BGH, Urteil vom 12.02.2005, Aktenzeichen VI ZR 74/04), so dass er regelmäßig ein schutzwürdiges Interesse daran hat, für die Kosten einer eventuellen Beschädigung des Mietfahrzeugs nicht selbst aufkommen zu müssen. Die konkrete Höhe der zu erstattenden Beträge errechnet sich ebenfalls anhand der Schwacke-Liste 2007.
Ersatzfähig sind dem Grunde nach ferner die geltend gemachtenKosten für die Zustellung und Rückholung des beschädigten Fahrzeugs. Es ergibt sich anhand der Nebenkostentabelle der Schwacke-Liste für das Jahr 2007 auf der Grundlage des arithmetischen Mittels ein ersatzfähiger Betrag von insgesamt 45,94 (22,47 Euro x 2).
Schließlich steht dem Kläger dem Grunde nach ein Anspruch auf Erstattung der in der Rechnung ausgewiesenen Kosten für einen zweiten Fahrer zu. Denn der Geschädigte ist bereits dann, wenn das jeweilige Unfallfahrzeug regelmäßig von einer bzw. mehreren weiteren Personen benutzt wird, bei der Anmietung eines Ersatzfahrzeugs berech-tigt, sicher zu stellen, dass die potentielle Nutzung des Mietfahrzeugs durch einen weiteren Fahrer nach den vertraglichen Vereinbarungen zulässig ist (vgl. etwa LG Bonn, Urteil vom 26.06.2009, Aktenzeichen 15 O 7/09, zitiert nach juris). Hier hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 26.04.2010 vorgetragen, dass das beschädigte Fahrzeug von der Zeugin regelmäßig ebenfalls genutzt wird. Dem ist die Beklagte innerhalb der seitens des Gerichts bestimmten Frist, während derer Schriftsätze eingereicht werden konnten, nicht entgegen getreten. Anzusetzen ist für diese Position auf der Grundlage des arithmetischen Mittels ein Betrag von 124,88 Euro (7 x 17,84 Euro).
Nicht zu erstatten sind demgegenüber die weiter geltend geltend gemachten Kosten für Winterreifen. Dafür, dass das beschädigte Fahrzeug und das dem Zedenten zur Verfügung gestellte Fahrzeug überhaupt mit Winterreifen tatsächlich ausgerüstet waren, ist seitens der insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Klägerin kein Beweis angetreten worden, so dass diese insoweit beweisfällig bleibt.
Entgegen dervon der Klägerin offenbar vertretenen Ansicht ist in den in der Schwacke-Liste ausgewiesenen Beträgen die Mehtwertsteuer bereits eingeschlossen, wie sich aus deren Wortlaut ergibt, so dass eine Erhöhung um die – von Klägerseite offenbar geltend gemachte Mehrwertsteuer – nicht gerechtfertigt ist.
Abzüglich des von der Beklagten bereits geleisteten Betrages in Höhe von 630,72 Euro errechnet sich nach alledem zugunsten des Klägers ein weiterer Zahlungsanspruch in der aus dem Tenor ersichtlichen Höhe.
II.
Die geltend gemachten Zinsen kann die Klägerin nach den §§ 280 Abs. 1 und Abs. 2, 286, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB unter dem Gesichtspunkt des Verzuges verlangen.
III.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Nr. 11, 711 ZPO.
Soweit das AG Nettetal.