Die 16. Zivilkammer des Landgerichtes Leipzig hat mit Urteil vom 22.12.2006 (16 S 326/06) die Berufung der HUK-Coburg gegen das Urteil des Amtsgerichtes Leipzig vom 31.03.2006 -118 C 530/06- kostenpflichtig zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen.
Die Klägerin ist ein Sachverständigenbüro. Als solche hat sie am 11.04., 29.04. und 25.07.2005 verschiedene Werkverträge über die Erstellung von Schadensgutachten hinsichtlich unfallbeschädigter Fahrzeuge abgeschlossen. Auf der Seite des Auftrages war die Preistabelle der Klägerin abgedruckt. Diese Preistabelle war auch zur Grundlage der Preisvereinbarung gem. § 631 Abs. 1 BGB gemacht worden. Nach Erstellung der jeweiligen Gutachten und Übersendung an die Beklagte wurde unter dem 12.04., 29.04. und 25.07.2005 jeweils Schlussrechnungen erstellt. Diese setzten sich aus dem Sachverständigenhonorar, berechnet aus der vorgelegten Tabelle, sowie den Nebenkosten und der Umsatzsteuer zusammen. Die Beklagte zahlte in allen drei Fällen die Rechnungen nicht.
Daraufhin wurden die jeweiligen Auftraggeber seitens der Klägerin informiert und diese zur Zahlung aufgefordert. Nachdem in allen drei Fällen ein Zahlungseingang auch durch die Auftraggeber nicht zu verzeichnen war, war es an der Klägerin zu entscheiden, ob sie ihre jeweiligen Auftraggeber mit einem Prozessverfahren überzieht oder von der sicherungshalber erklärten Forderungsabtretung im Umfang der angefallenen Sachverständigenkosten Gebrauch macht und direkt die Beklagte als eintrittspflichtigen Haftpflichtversicherer in Anspruch nimmt.
Wenn die Klägerin sich für die 2. Alternative entschieden hat und die ihr damit gegebenen Sicherungsrechte verwertet, führt sie kein Rechtsgeschäft ihrer Kunden, sondern ein eigenes Geschäft. Sie verstößt damit nicht gegen Art. 1 § 1 RBerG (BGH Urteil vom 04.04.2006 VI ZR 338/04). Damit ist die Klägerin auch aktiv legitimiert.
Eine Erledigung der Hauptsache im Berufungsverfahren ist ebenfalls nicht festzustellen. Zwar wurde seitens der Beklagten unaufgefordert und vorbehaltlos der in 1. Instanz titulierte Forderungsbetrag an die Klägerin gezahlt. Wie der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht jedoch erklärte, erfolgte diese Zahlung zur Vermeidung etwaiger Zwangsvollstreckungshandlungen, da erfahrungsgemäß solche Handlungen einhergehend mit Kontenpfändungen zu erheblichen Problemen bei der Beklagten führen. Nach Auffassung des Gerichtes kann insoweit seitens der Beklagten nicht von einer freiwilligen eingeschränkten Erfüllungshandlung ausgegangen werden, so dass eine Erledigung des Rechtsstreites nicht vorliegt (vergl. Zöller-Vollkommer ZPO, Randnummer 5 zu § 91 a ZPO m.w.N.).
Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass die Beklagte als Haftpflichtversicherer der jeweiligen Schädiger zu 100 % für die jeweiligen Unfallgeschehen eintrittspflichtig ist. Der von der Klägerin in allen drei Fällen geforderte Betrag für die Erstellung des Gutachtens sind erforderlicher Kostenaufwand gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB und als solcher ersatzfähig.
Die Kammer sieht im vorliegenden Prozessverfahren keinen Anlass von den Grundsätzen abzuweichen, die in der Entscheidung der Kammer vom 14.10.2005 -16 S 238/05- im Hinblick auf die Abrechnung der Sachverständigenkosten aufgestellt wurden. Soweit die Beklagte meint, die Abrechnungen seien nicht prüffähig, vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Die jeweiligen Abrechnungen entsprechen den Vereinbarungen der Klägerin mit ihren Auftraggebern. Dass die Beklagte die Preisvereinbarung als solche für den jeweiligen Schadensfall für nicht angemessen erachtet, stellt sich nicht als Frage der Prüffähigkeit der jeweiligen Abrechnung dar. Der zwischen der Klägerin und ihren jeweiligen Auftraggebern abgeschlossene Werkvertrag ist auch nicht nichtig im Sinne von § 138 BGB. Ein grobes Mißverhältnis zwischen vereinbartem und abgerechnetem Werklohn und der allgemein berechneten Kosten ist nicht anzunehmen.
Die Kammer, die seit vielen Jahren mit einer Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten im Bereich der Abrechnung von Verkehrsunfällen befasst ist, ist der Meinung, dass die hier von der Klägerin vorgenommene Abrechnung nach der Schadenshöhe weder unüblich, noch ungewöhnlich oder überhöht ist. Bereits in der Kammerentscheidung vom 14.10.2005 (16 S 238/05) wurde ausgeführt, dass abgesehen von der im Jahr 2005 umgestellten Abrechnungspraxis der DEKRA keine weiteren Sachverständigen bekannt sind, die auf Basis eines Stundenlohnes abrechnen. Auch 1 Jahr und 2 Monate nach Verkündung der damaligen Kammerentscheidung hat sich zur Überzeugung der Kammer die Abrechnungspraxis der Sachverständigen nicht geändert.
Abgesehen von der Frage der Erforderlichkeit im Sinne von § 249 BGB ist es darüber hinaus nicht Aufgabe des Gerichts der Klägerin vorzuschreiben, in welcher Art sie ihre Preiskalkulation vorzunehmen hat. Die Beklagte kann auch nicht damit gehört werden, als sie die hier jeweils abgerechneten Sachverständigenkosten, als nicht erforderlich ansieht. Zur Herstellung erforderlich sind die Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage der Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte (BGH, NJW 2005, 51 ff.).
Soweit die drei Geschädigten hier jeweils die Klägerin mit der Erstellung eines Schadensgutachtens beauftragten und im Rahmen des Auftrages bereits eine Preisvereinbarung vereinbarten, kann ihnen nicht vorgeworfen werden, sich unwirtschaftlich verhalten zu haben. Darüber hinaus ist auch vom Grundsatz her nichts gegen die von der Klägerin vorgenommene Pauschalierung des Sachverständigenhonorars einzuwenden. Wie der BGH in seiner Entscheidung vom 04.04.2006 (X ZR 122/05) ausgeführt hat, trägt eine an der Schadenshöhe orientierte angemessene Pauschalierung des Honorars dem nach der Rechtsprechung entscheidend ins Gewicht fallenden Umstand Rechnung, dass das Honorar des Sachverständigen die Gegenleistung für die Feststellung des wirtschaftlichen Wertes der Forderung des Geschädigten ist.
Dementsprechend war die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen. Das amtsgerichtliche Urteil war nicht zu beanstanden. Die Revision war nicht zuzulassen. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung‚ die der Rechtsprechung des BGH folgt. Allein die Tatsache, dass die Beklagte in zahlreichen weiteren Verfahren ähnlicher Fallkonstellation die Sachverständigenkosten im Rahmen der Abrechnung von Verkehrsunfällen nicht bezahlt, erfordert keine weitere grundsätzliche Entscheidung des BGH zu dieser Rechtsmaterie.
So das überzeugende Berufungsurteil der 16. Zivilkammer des Landgerichtes Leipzig.
Hi Willi,
wieder ein schönes Urteil, in dem die Berufungskammer des LG Leipzig überzeugend zu dem Rechtsberatungsgesetz zur Frage der Aktivlegitimation und auch zu der Frage der Erforderlichkeit der Sachverständigenhonorarhöhe Ausführungen gemacht hat.
Ein schönes Wochenende
Werkstatt-Freund
Dieses Urteil ist – mit allen Nebenbemerkungen – ein Lichtblick im grauen sonntäglichen Büronachmittag!!!