Mit Urteil vom 18.08.2010 (6 C 277/10) hat das AG Krefeld die Axa Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 568,06 € zzgl. Zinsen verurteilt. Das Gericht legt den Normaltarif der Schwacke-Liste zugrunde und lehnt die Anwendung der Fraunhofer Tabelle ab.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist voller Höhe begründet.
Der Klägerin steht aus abgetretenem Recht gegen die Beklagte aus dem Unfallereignis vom xx.xx.2009 in Krefeld gemäß §§ 7, 17 StVG, 1, 3 PflVG ein restlicher Schadensersatzanspruch in Höhe von € 568,06 zu.
Die volle Haftung der Beklagten als Haftpflichtversicherung des unfallverursachenden Fahrzeuges, amtliches Kennzeichen: ………………., ihrer Versicherungsnehmerin – GmbH ist zwischen den Parteien unstreitig.
Die Klägerin kann von der Beklagten auf der Grundlage des Schwacke-Mietpreisspiegels 2006 für den Postleitzahlbereich 478 Zahlung der oben genannten restlichen Mietwagenkosten verlangen. Der Beklagten ist zuzustimmen, dass die Anmietpreise des Postleitzahlenbereichs 478 (Krefeld) maßgeblich sind, weil die Geschädigte ihr Fahrzeug beim Autohaus Y in Krefeld in Reparatur gegeben und das Ersatzfahrzeug ausweislich der Rechnung vom xx.xx.2009 in 47805 Krefeld angemietet hat.
Das Fahrzeug der Geschädigten ist unstreitig der Mietwagengruppe 1 des Schwacke-Mietpreisspiegels zuzuordnen. Die Geschädigte war daher berechtigt, für die 13 Tage bis zur Reparatur ihres durch den Unfall beschädigten Fahrzeuges ein klassengleiches Mietfahrzeug anzumieten.
Sie hat sich lediglich ersparte Eigenaufwendungen abziehen zu lassen. Diese setzt das Gericht pauschal mit 5% der Nettomietwagenkosten an (vgl. OLG Düsseldorf. Urt. v. 03.11.1997, 1 U 104/96).
Gemäß § 249 Abs. 2, S. 1 BGB kann der Geschädigte vom Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung den Geldbetrag als Schadensersatz verlangen, der zur Wiederherstellung des Zustands erforderlich ist, der vor dem schädigenden Unfallereignis bestanden hat Hierzu gehört auch der Ersatz der objektiv erforderlichen Mietwagenkosten.
Objektiv erforderlich sind nur diejenigen Kosten, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges für zweckmäßig und notwendig halten durfte. Der Geschädigte ist dabei gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Dabei verstößt er noch nicht allein deshalb gegen seine Pflicht zur Schadensminderung, weil er ein Fahrzeug zu einem gegenüber dem Normaltarif ungünstigeren Unfalltarif anmietet. Ein Unfalltarif kann aber grundsätzlich nur dann als erforderlicher Aufwand zur Schadensbeseitigung angesehen werden, wenn die Besonderheiten dieses Tarifs mit Rücksicht auf die Unfallstation (etwa die Vorfinanzierung, das Risiko des Ausfalls mit der Ersatzforderung wegen falscher Bewertung der Haftungsanteile am Unfallgeschehen etc.) den gegenüber dem Normaltarif höheren Preis rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst sind.
Inwieweit dies der Fall ist, hat der Tatrichter auf Grund des Vortrags des darlegungs- und beweisbelasteten Geschädigten gemäß § 287 ZPO zu schätzen. Dabei muss er nicht die Kalkulationsgrundlagen des Autovermietungsunternehmens im Einzelnen betriebswirtschaftlich nachvollziehen. Ausreichend ist die Prüfung, ob etwaige Mehrleistungen und Risiken bei der Vermietung an Unfallgeschädigte generell einen erhöhten Tarif rechtfertigen, wobei unter Umständen auch ein pauschaler Aufschlag auf den Normaltarif in Betracht kommt (BGH, Urt. v. 26.06.2007, VI ZR 163/06 = NJW 2007, 2916 ff; BGH, Urt v. 30.01.2007, VI ZR 99/06 = NZV 2007, 179 f.: OLG Köln, Urt. v. 02.03.2007, 19 U 131/06 = NZV 2007, 199 ff.).
Der zu erstattende Aufwand für die Mietwagenkosten war daher gemäß § 287 ZPO wie folgt zu schätzen:
Ausgangspunkt für die Ermittlung der erforderlichen Mietwagenkosten ist zunächst der Normaltarif, der den Mindestbetrag der dem Geschädigten zu ersetzenden Mietwagenkosten darstellt (OLG Köln, Urt. v. 02.03.2007, 19 U 181/06 = NZV 2007, 199-203: OLG Düsseldorf, Urt. v. 08 05.2000, 1 U 172/99 = NZV 2000, 366-369).
Dieser Normaltarif kann dabei – in Ausübung des durch § 287 ZPO eingeräumten Ermessens – auf der Grundlage des gewichteten Mittels des Schwacke-Mietpreisspiegels für den jeweiligen Postleitzahlbereich ermittelt werden (BGH. Urt v. 30.01.2007, VI ZR 99/06 = NJW 2006, 1124 ff.; BGH, Urt. v. 26 06.2007, VI ZR 163/06, = BB 2007, 1755 f.; OLG Köln, Urt. v. 02.03 2007, 19 U 181/06).
Der Schwacke-Mietpreisspiegel 2006 stellt – entgegen der Auffassung der Beklagten – für diese Schadensschätzung eine geeignete Grundlage dar (BGH, Urt. v. 11.03.2008, VI ZR 164/07; LG Krefeld, Urt. v. 13.08.2009, 3 S 41/08; LG Bielefeld, Urt. v. 09.05 2007, 21 S 68/07; LG Bonn, Urt. v 25.04.2007, 5 S 197/06 = NZV 2007, 362-365; LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 08.05 2007, 8 O 861/07 = ZfSch 2007, 444-448) Zuletzt ist die Geeignetheit des Schwacke-Mietpreisspiegels erneut höchstrichterlich durch Urteil des BGH vom 19.01.2010, VI ZR 112/09, vom 02.02.2010, VI ZR 7/09 und vom 02.02.2010, VI ZR 139/08 bestätigt worden (so auch OLG Köln. NZV 2010, 144 ff. 145).
Das Gericht hat daher keinen Anlass, statt des Schwacke-Mietpreisspiegel 2006 eine andere Schätzgrundlage, insbesondere auch die Erhebung des Fraunhofer-Instituts zu den Mietwagenpreisen, zugrunde zu legen.
Denn die Eignung von Listen oder Tabellen, die bei der Schadensschätzung Verwendung finden können, bedarf nur der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel sich auf den zu entscheidenden Fall auswirken (BGH, Urt. v 11.03.2008, VI ZR 164/07),
Diesen Anforderungen entspricht der Beklagtenvortrag nicht. Soweit insoweit vorgetragen wird, dass die Erhebung des Fraunhofer-Instituts allgemein aufgrund einer besseren Methodik zu anderen Ergebnissen gelangt als der Schwacke-Mietpreisspiegel, weshalb der Erhebung des Fraunhofer-Institutes der Vorzug zu geben, insbesondere aber die Schwacke-Mietpreisspiegel 2006 als Schätzgrundlage ungeeignet sei, führt dies zu keinem anderen Ergebnis.
Denn die Beklagte genügt den Anforderungen der Rechtsprechung des BGH an die Erschütterung der Schwackeliste als Schätzgrundlage nicht, soweit sie ohne Bezug zum konkreten Einzelfall lediglich die angebliche Vorzugswürdigkeit anderer Erhebungen behauptet. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Methodik der Mietpreiserhebung für den Schwacke-Mietpreisspiegel seit jeher Angriffen insbesondere seitens der Versicherungswirtschaft ausgesetzt war. Dies hat den BGH – trotz Kenntnis dieser Erhebungsmethode und der an ihr fortlaufend geübten Kritik – nicht daran gehindert, den Schwacke-Mietpreisspiegel in seiner jeweils aktuellen Fassung grundsätzlich als geeignete Schätzgrundlage anzusehen. Insoweit wird auf die oben erwähnte Entscheidung vom 02.02.2010 (VI ZR 139/08) Bezug genommen.
Bei der Schätzung des Normaltarifs anhand des Schwacke-Mietpreisspiegels 2006 ist vorliegend nicht auf den Tagespreis abzustellen, sondern auf den zweifachen Dreitagespreis und den Wochenpreis. Bei einer absehbaren mehrtägigen Mietdauer ist der Geschädigte gehalten, zur Minderung des Schadens günstige Mehrtagespauschalen in Anspruch zu nehmen.
Vorliegend entsprach das Fahrzeug der Geschädigten der Gruppe 1 nach dem Schwacke-Mietpreisspiegel. Da von ihr ein in gruppengleiches Fahrzeug angemietet worden ist. hat sie sich – wie oben bereits ausgeführt – ersparte Eigenaufwendungen in Höhe von 5% der Mietwagenkosten anrechnen zu lassen.
Der Bruttomietpreis für ein Fahrzeug der Gruppe 1 im Postleitzahlenbereich 478 nach dem Schwacke-Mietpreisspiegel 2006 beträgt nach dem Modus für 13 Tage netto € 616,37 (= € 280,17 + € 168.10 + € 168,10). Unter Abzug von 5% ersparter Eigenaufwendungen verbleibt ein Betrag von € 585,55.
Zu den oben erwähnten Mietwagenkosten von € 585,55 sind € 141,96 Haftungsbefreiungskosten hinzuzurechnen, so dass sich die erforderlichen Mietwagenkosten mit € 727,51 errechnen. Insoweit liegt der seitens der Klägerin berechnete Satz von € 10,92 netto/Tag noch unter den Sätzen gemäß der Schwacke-Nebenkostentabelle. Für 13 Tage ergibt sich mithin ein Nettobetrag von € 141,96 (nicht wie in der Rechnung ausgewiesen von € 142,02).
Entgegen der Auffassung der Beklagten sind die Kosten für den Abschluss einer Vollkaskoversicherung für das angemietete Ersatzfahrzeug auch dann erstattungsfähig, wenn das unfallbeschädigte eigene Fahrzeug nicht vollkaskoversichert war. Insoweit besteht ein schutzwürdiges Interesse des Geschädigten daran, im Falle einer Beschädigung des nur angemieteten Fahrzeuges für den Schaden – bis auf die Selbstbeteiligung – nicht aufkommen zu müssen.
Ferner sind die Kosten für den 2. Fahrer hinzuzusetzen, die mit netto € 12,61/Tag berechnet sind und damit noch unterhalb der Werte in der Schwacke-Nebenkostentabelle 2006 liegen. Insoweit ergibt sich eine Summe von € 163,93 netto. Die Klägerin hat hierzu vorgetragen, dass das verunfallte Fahrzeug nicht nur von der Geschädigten selbst, sondern auch von Herrn Z. benutzt worden ist, weshalb dieser als Zweitfahrer auch das Ersatzfahrzeug habe nutzen sollen.
Die Beklagte ist diesem Vortrag nicht mehr entgegen getreten. Dass auch Herr Z. das Ersatzfahrzeug benutzen sollte, ergibt sich auch aus der vorgelegten Rechnung vom xx.xx.2009. in der er als Fahrer namentlich Erwähnung findet. Überdies ist es durchaus üblich, dass ein Firmenfahrzeug nicht nur von einem Mitarbeiter benutzt wird, sondern bei Bedarf (z.B. beruflicher Verhinderung, Krankheit oder Urlaub des Stammfahrers) auch von einem weiteren Mitarbeiter.
Schließlich sind auch die Kosten für die Zustellung und Abholung zu erstatten, da die Geschädigte ihren Sitz in G. hat, der Unfall sich aber in Krefeld ereignet hat, wo auch das unfallgeschädigte Fahrzeug in Reparatur gegeben worden ist.
Insoweit sind gemäß Schwacke-Nebenkostentabelle 2006 jeweils netto € 21,55, insgesamt also € 43,10 zu den Mietwagenkosten hinzuzufügen.
Insgesamt ergeben sich daher unter Zugrundelegung des Normaltarifs einschließlich der berechtigten Nebenkosten € 934,54 netto, die die Geschädigte (bzw. die Klägerin aus abgetretenem Recht) als Mindestschaden geltend machen kann. Zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer ergibt sich ein Bruttobetrag von € 1.112.10. Abzüglich der vorprozessual von der Beklagten gezahlten € 489,31 verbleibt ein Betrag von € 622,79, der bereits über der streitgegenständlichen Klageforderung liegt. Auf die Frage, ob ein pauschaler Aufschlag von 20% auf die Mietpreiskosten verlangt werden kann, was allerdings zweifelhaft erscheint, kommt es mithin nicht an.
Die von der Beklagten vorgelegten Angebote der Firma SIXT, AVIS und Europcar sind schon deshalb für den vorliegenden Rechtsstreit nicht erheblich, weil sie andere Fahrzeuge und einen anderen Anmietzeitraum (Mai 2010) betreffen. Zudem stellt – wie oben dargelegt – der nach dem Schwacke-Mietpreisspiegel zu schätzende Normaltarif den Mindestschaden dar, den der Geschädigte erstattet erhalten kann. Bei Geltendmachung dieses Tarifs ist der Geschädigte auch nicht zur Einholung anderer Angebote verpflichtet.
Auf die Klageforderung kann die Klägerin von der Beklagten gemäß §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1, 3 BGB Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe seit dem 22.11.2009 verlangen.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Soweit das AG Krefeld.