Mit Urteil vom 09.09.2010 (102 C 64/10) hat das Amtsgericht Bonn die Zurich Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 634,17 € zzgl. Zinsen sowie vorgerichtlicher RA-Kosten verurteilt. Das Gericht legt den Normaltarif der Schwacke-Liste zugrunde und lehnt die Anwendung der Fraunhofer Tabelle ab.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage in dem ausgeurteilten Umfang begründet.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann ein Geschädigter von einem Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer nach § 249 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten dürfte. Der Geschädigte ist hierbei nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm zumulbaren von mehreren Möglichkeiten den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das bedeutet, dass der Geschädigte von mehreren, auf dem örtlich relevanten Markt -nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarife für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeuges (innerhalb eines gewissen Rahmens) grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis als zur Herstellung objektiv erforderlich ersetzt verlangen kann.
Der Geschädigte verstößt allerdings noch nicht alleine deshalb gegen seine Pflicht zur Schadensgeringhaltung, weil er ein Kraftfahrzeug zu einem Unfallersatztarif anmietet, der gegenüber dem Normaltarif teurer ist. Soweit die Besonderheiten dieses Tarifs mit Rücksicht auf die Unfallsituation einen gegenüber dem „Normaltarif“ höheren Preis rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst und infolgedessen zur Schadensbehebung nach § 249 BGB erforderlich sind.
Was die Berechtigung der Abrechnungen nach dem Unfallersatztarif angeht, so muss bei der Prüfung der betriebswirtschaftlichen Rechtfertigung eines „Unfallersatztarifs“ die Kalkulation des konkreten Unternehmens nicht in jedem Fall nachvollzogen werden. Vielmehr kann sich die Prüfung darauf beschränken, ob spezifische Leistungen bei der Vermietung an Unfallgeschädigte allgemein einen Aufschlag rechtfertigen, wobei unter Umständen auch ein pauschaler Aufschlag auf den „Normaltarif“ in Betracht kommt.
Der Bundesgerichtshof hat mehrfach klargestellt, dass gegen die Ermittlungen des Normaltarifs auf der Grundlage des gewichteten Mittels des „Schwacke-Mietpreis-Spiegels“ keine durchgreifenden Bedenken bestehen.
Dem schließt sich das Gericht an.
Auch in dem vorliegenden Fall stellt der Schwacke-Mietpreis-Spiegel eine geeignete Schätzgrundlage für die Ermittlung für die Mietwagenkosten dar.
Hingegen hält das Gericht die von der Beklagtenseite herangezogene Untersuchung des Fraunhofer-Instituts nicht als Schätzgrundlage geeignet.
Wesentlicher Grund für die Auffassung des Gerichtes ist, dass Grundlage des vom Fraunhofer-Institut gestellten Marktpreis-Spiegels eine Erhebung von Daten über Telefon und Internet sind. Ermittelt sind die Preise auf der Grundlage einer einwöchigen Vorbuchungsfrist.
Derart ermittelte Preise spiegeln nicht die Realität wieder, der sich ein Unfallgeschädigter bei der Anmietung eines Kraftfahrzeuges gegenübersieht. Ein Unfallgeschädigter benötigt in der Regel – so auch vorliegend – unverzüglich ein neues Fahrzeug. In der konkreten Situation der Anmietung eines Fahrzeuges stehen einem Unfallgeschädigten regelmäßig nicht die Möglichkeiten einer Recherche über Internet zur Verfügung. Ein Unfallgeschädigter ist auch nicht in der Lage, die Tatsache seines Unfalls eine Woche im Voraus vorherzusehen. Ein Unfallgeschädigter ist vielfach ad hoc nicht in der Lage, eine Sicherheitsleistung oder eine Kreditkarte vorzulegen, wie auch vorliegend. Es ist allgemein bekannt, dass Buchungen über Internet zu geringeren Preisen erreicht werden können, als solche unmittelbar bei einem Vertragspartner, weil bei Buchungen über Internet die Aufwendungen eines Anbieters von den Leistungen her weniger kostenintensiv sind. Auch ist ein Anbieter von Fahrzeugen bei einer Vorbuchungsfrist von 1 Woche in erheblich besserem Umfang in der Lage, die Verfügbarkeit seiner Fahrzeuge zu steuern. Dadurch dürfte es möglich sein, den Fuhrpark kleiner zu halten und hierdurch geringere Kosten zu haben. Das Gericht sieht deshalb die Ermittlungen des Fraunhofer-Instituts nicht als geeignete Grundlage eine Schadensschatzung an.
Entsprechend kann die Klägerin für die Schadensfälle Vergütung nach dem Schwacke-Modell verlangen.
Entsprechend der Berechnung der Klägerin ist zunächst von einem Grundmietpreis für 1 Woche von 581,70 Euro sowie Mietpreise für 2 Tage in Höhe von insgesamt 168,40 Euro, damit insgesamt 750,10 Euro auszugehen. Allerdings sind hiervon nicht entsprechend dem Vortrag der Klägerseite 10 % sondern 15 % Eigenersparnis abzuziehen. Nach allgemeiner Meinung sind in der Regel 15 % als Abzug angemessen. Eine Ausnahme kann nur dann gegeben sein, wenn das geschädigte Fahrzeug Abweichungen in der Kilometerleistung aufweist. Hierzu ist aber nichts vorgetragen.
15 % Eigenersparnis ergeben den Betrag von 112,52 Euro, sodass zunächst eine Zwischensumme von 637,58 Euro verbleibt. Unstreitig kann die Klägerin an Zusatzleistungen für Haftungsbefreiung und Zustellung/Abholung 147,00 Euro, 42,00 Euro und 46,00 Euro verlangen.
Kosten für einen zweiten Fahrer kann sie jedoch nicht verlangen. Zwischen den Parteien ist streitig, ob das Fahrzeug der Klägerin zuweilen auch von Frau X benutzt wurde. Entsprechenden Beweis hierfür hat die Klägerin nicht angetreten. Es ergibt sich somit eine Summe von 872,58 Euro. Darüber hinaus kann die Klägerin einen pauschalen Aufschlag auf den Grundpreis verlangen, wobei nach der mittlerweile überwiegenden Rechtsprechung des Oberlandesgenchts in Köln, der sich das Gericht anschließt, ein pauschaler Aufschlag von 20 % angemessen ist. Entsprechend der Berechnung der Klägerin kann die Klägerin zusätzlich aus dem Betrag von 750,10 Euro 20 % als Zuschlag, damit 150,02 Euro, verlangen, so dass sich eine berechtigte Schadensersatzforderung in Höhe von 1.022,60 Euro ergibt. Da die Beklagte hierauf bereits einen Betrag von 388,43 Euro gezahlt hat, verbleibt der ausgeurteilte Betrag von 634,17 Euro. Zinsen aus diesem Betrag in gesetzlicher Höhe kann die Klägerin nach Ablauf der mit Schreiben vom 22.10.2009 gesetzten Frist zum 05.11.2009 verlangen.
Darüber hinaus kann die Klägerin die von ihr geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe des geltend gemachten Restbetrages von 100,56 Euro verlangen. Zwar waren diesen Gebühren nicht nach dem angegebenen Gegenstandswert von 5.256,39 Euro sondern lediglich von einem Gegenstandswert in Höhe von 5.110,88 Euro zu berechnen, da, wie ausgeführt, die Mietwagenkosten nicht in voller Höhe gerechtfertigt waren. Bei dem geringeren Gegenstandswert von 5.110,88 Euro fallen jedoch identische Gebühren an, so dass die Klägerin entsprechend ihrer Berechnung Zahlung anwaltlicher Gebühren in Höhe von 100,56 Euro verlangen kann.
Im Übrigen war die Klage abzuweisen.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 2. 708 Ziffer 11, 711 ZPO.
Soweit das AG Bonn.