Berufungskammer des LG Regensburg entscheidet über erforderliche Sachverständigenkosten und sieht das Gesprächsergebnis nicht als Massstab an (Urteil vom 1.2.2011 -2 S 249/10-).

Hallo Leser, nun hat erneut eine Berufungskammer des Landgerichtes Regensburg über die erforderlichen Sachverständigenkosten zu entscheiden gehabt. Das angefochtene Urteil des AG Regensburg wurde im Sinne des Klägers abgeändert. Die Berufungskammer hat das Gesprächsergebnis des BVSK mit der HUK-Coburg, der Beklagten, nicht als Bemessungsgrundlage angesehen. Das Gesprächsergebnis ist eindeutig Sondervereinbarung und ein Verweis darauf für den Geschädigten unzumutbar. Das gilt auch, wenn die Schadensersatzforderung abgetreten worden ist, wie im entschiedenen Fall. Lest das Berufungsurteil selbst.

Landgericht Regensburg

Az.:  2 S 249/10
        5 C 1163/10 AG Regensburg

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit

– Kläger und Berufungskläger –

gegen

HUK-Coburg Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse kraftfahrender Beamter Deutschlands aG, vertreten durch d. Vorstand, Albertstr. 2,93047 Regensburg,

– Beklagte und Berufungsbeklagte –

wegen Forderung

erlässt das Landgericht Regensburg -2. Zivilkammer- durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht … , den Richter am Landgericht … und den Richter am Landgericht … auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 18.01.2011 folgendes

Endurteil

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Regensburg vom 10.09.2010 -Az.: 5 C 1163/10- abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 484,11 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 26.03.2010 sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von 83,54 EUR zu bezahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 484,11 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen.

Der Kläger verfolgt mit der zugelassenen Berufung seinen erstinstanzlichen gestellten Klageantrag weiter. Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Berufung.

II.

Die zulässige Berufung ist begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch aus abgetretenem Recht auf Erstattung der restlichen Sachverständigenkosten in Höhe von 484,11 EUR aus §§ 7 I StVG, 249 II Satz 1 BGB.

Die Einstandspflicht der Beklagten dem Grunde nach ist unstreitig. Die Kosten eines Sachverständigengutachtens sind nach § 249 II Satz 1 BGB vom Schädiger zu ersetzen, soweit diese zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung und damit als Begleitkosten zur Herstellung des Zustandes, der ohne die Schädigung bestehen würde, erforderlich sind. Ob und in welcher Hohe Sachverständigenkosten erforderlich sind, richtet sich danach, ob sie Aufwendungen darstellen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig erachten darf. Nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot ist der Geschädigte gehalten, im Rahmen des Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Hierbei sind die spezielle Situation des Geschädigten und insbesondere seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten zu berücksichtigen (BGH NJW 2007, Seite 1450).

Im Bereich der Sachverständigengutachten fehlt es an einheitlichen Abrechnungsmodalitäten und allgemein zugänglichen Preislisten, die dem Geschädigten einen Vergleich der anfallenden Kosten ermöglichen. Daher darf der Geschädigte grundsätzlich von der Erforderlichkeit der anfallenden Sachverständigenkosten ausgehen, solange der Sachverständige sein Honorar nicht für ihn als Laien erkennbar willkürlich festsetzt oder Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinanderstehen (Geigel, Der Haftpflichtprozess, 25. Aufl. 2008, Seite 101 m. w. N.).

Soweit das Amtsgericht im angefochtenen Urteil zur Erstattungsfähigkeit von Sachverständigenkosten eine andere Rechtsansicht vertritt, vermag sich die Berufungskammer dieser aus den angegebenen Gründen nicht anzuschließen.

Diese Grundsätze des Schadensrechts finden auch im Rahmen der Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs durch den Kläger Anwendung, da der Inhalt der Forderung des Geschädigten durch die Abtretung an den Kläger nicht verändert worden ist.

Vorliegend hält sich das Sachverständigenhonorar im Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen i. S. d. § 249 BGB. Eine für den Geschädigten erkennbar willkürliche Festsetzung ist nicht gegeben. Die Berechnung eines pauschalen Grundhonorars in Abhängigkeit von der Schadenshöhe ist allgemein üblich. Die richtige Ermittlung des Schadensbetrages wird als Erfolg geschuldet; hierfür haftet der Sachverständige. Deshalb trägt eine an der Schadenshöhe orientierte Pauschalierung des Honorars dem Umstand Rechnung, dass das Honorar des Sachverständigen die Gegenleistung für die Feststellung des wirtschaftlichen Wertes der Forderung des Geschädigten ist (vgl. BGH NJW 2006, 2472).

Die Honorarforderung war für den Geschädigten auch nicht erkennbar überhöht. Das Grundhonorar in Höhe von 577,00 EUR netto bewegt sich im Rahmen des bei der Honorarbefragung 2008/2009 des Bundesverbandes der freiberuflichen unabhängigen Sachverständigen für das Kraftfahrzeugwesen (BVSK) ermittelten Honorarkorridors. Auch die gesondert abgerechneten Nebenkosten liegen in ihrer Summe innerhalb des Honorarkorridors in dieser BVSK-Befragung. Da es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs allein darauf ankommt, dass bei dem Aufwand zur Wiederherstellung der beschädigten Sache der Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen gewahrt wird, hat eine Überprüfung der einzelnen Positionen, auch der einzelnen Nebenkosten, grundsätzlich zu unterbleiben.

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus dem Einwand der Beklagten, dass das Sachverständigenhonorar in Anbetracht der im Rahmen der Gesprächsergebnisse 2007 und 2009 BVSK-Versicherungen (HUK) ermittelten Sachverständigengebühren überhöht sei. Denn dieses Gesprächsergebnis bezieht sich lediglich auf eine Abrechnungspraxis der als Sachverständigen ausschließlich gegenüber der Beklagten und läßt sich daher nicht ohne weiteres auf die gegenüber Privaten geltend gemachten Honorarforderungen übertragen. Auch bei Bestehen einer solchen Abrechnungspraxis fehlt es an der Erkennbarkeit einer überhöhten Abrechnung für den Geschädigten.

In Abänderung der angefochtenen Entscheidung war dem Kläger daher der mit der Klage geltend gemachte restliche Werklohnanspruch nebst Zinsen und vorgerichtlichen Kosten zuzuerkennen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO. Die Streitwertbemessung erfolgt nach § 3 ZPO.

gez.

Verkündet am 01.02.2011

So, nun Eure Meinung, bitte.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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Eine Antwort zu Berufungskammer des LG Regensburg entscheidet über erforderliche Sachverständigenkosten und sieht das Gesprächsergebnis nicht als Massstab an (Urteil vom 1.2.2011 -2 S 249/10-).

  1. Klaus Kannenberg sagt:

    Für die HUK-Coburg scheint das LG Regensburg kein gutes Pflaster zu sein (vgl. LG Regensburg Urt. v. 1.2.2011 – 2 S 249/10 -; Urt. v. 16.11.2010 – 2 S 110/10 -; Urt. v. 9.11.2010 – 2 S 134/10 -). Umso wichtiger ist es, dass diese Berufungsurteile auch bei anderen Berufungskammern bekannt werden. So ist es besonders wichtig, dass gute Urteile in weitem Umkreis veröffentlicht werden. So konnte zum Beispiel der Kerpener Amtsrichter auch gut das LG Bochum („nur das LG Bochum“) zitieren. Macht weiter so und veröffentlicht – hoffentlich – noch viele solcher Urteile.
    Grüße
    Klaus

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