Mit Beschluss vom 14.02.2011 (3 S 47/10) hat das LG Krefeld die Berufung der HDI Versicherung gegen ein Urteil des AG Kempen vom 09.11.2010 kostenpflichtig als unzulässig verworfen und den Antrag auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zurückgewiesen. In diesem Verfahren ging es um die Geltendmachung weiterer Mietwagenkosten.
Die Versicherungswirtschaft sollte ausschließlich Rechtsanwälte dieses Kalibers mandatieren! 😉
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Berufung der Beklagten war gemäß § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen.
Die Berufungsbegrundungsschrift ist nicht innerhalb der Frist von zwei Monaten ab Zustellung des Urteils gemäß § 520 Abs. 2 ZPO bei Gericht eingegangen. Das erstinstanzliche Urteil ist den Prozessbevollmächtigten der Beklagten der ersten Instanz am 11.11.2010 zugestellt worden. Die Frist zur Einreichung der Berufungsbegründung lief somit am 11.01.2011 ab. Erst am 21.01.2011 ging bei Gericht eine Berufungsbegründungsschrift, verbunden mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, ein.
Der Antrag auf Wiedereinsetzung hat keinen Erfolg. Die Beklagte hat nicht dargetan, dass sie an der Versäumung der Frist kein Verschulden trifft (§ 233 ZPO), wobei ihr das Verschulden ihrer Prozessbevollmächtigten gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen ist. Soweit die Prozessbevollmächtigte der Beklagten geltend macht, sie habe sich hinsichtlich der Fristenkontrolle auf ihre Mitarbeiterin X verlassen, einer ausgebildeten und langjährig erfahrenen Rechtsanwaltsgehilfin. so stellt dies allein noch keinen ausreichenden Entschuldigungsgrund dar. Dies bereits deshalb nicht, da diese Mitarbeiterin erst seit dem 01.01.2011 bei der Prozessbevollmächtigten der Beklagten beschäftigt war. Zum Zeitpunkt des Ablaufs der hier maßgeblichen Berufungsbegründungsfrist war die Mitarbeiterin X demnach erst rund 10 Tage bei der Prozessbevollmächtigten der Beklagten tätig und bereits mit der Bearbeitung und Überwachung von Fristen betraut. Dass sich die Prozessbevollmächtige der Beklagten innerhalb dieser kurzen Zeit ein eigenes, umfassendes Bild von der Zuverlässigkeit ihrer Mitarbeiterin gemacht hat, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Allein der Umstand, dass die genannte Rechtsanwaltsgehilfin zuvor in einer anderen Rechtsanwaltskanzlei tätig und auch dort mit der Bearbeitung und Überwachung von Fristen befasst war, macht Kontrollen und ein gewisses Maß an Beaufsichtigung, gerade in der Anfangstätigkeit einer neu eingestellten Kraft, nicht entbehrlich. Dies gilt umso mehr, da hier im Widerspruch zu dem in der Kanzlei der Prozessbevollmachtigten sonst geübten Verfahren die Berufungsbegründungsfrist nicht bloß gestrichen, sondern mit Tipp-Ex völlig unkenntlich gemacht worden war Offen bleibt in diesem Zusammenhang auch, warum der Prozessbevollmachtigten der Beklagten bei der vorgetragenen täglichen Prüfung des Fristenbuches die von den Betriebsabläufen abweichende Verwendung von Tipp-Ex nicht Anlass zu weiterer Kontrolle und Überprüfung gegeben hat. Auch der Hinweis auf eine „offenbare“ – was immer damit gemeint sein soll – Verwechslung von Akten „aus nicht mehr erklärlichen Gründen“, ist nicht geeignet, eine Fristversäumung ohne Verschulden anzunehmen.
Ohne Worte ….
Also, dieses Urteil finde ich nun wahrlich nicht veröffentlichungswürdig.
Die Berufung wurde aus formalen Gründen zurückgewiesen, inhaltlich hat sich das LG mit dem Thema Mietwagenkosten gar nicht befaßt. Hierzu liefert das Urteile also keine neuen Erkenntnisse.
Bleiben dann noch die Fristversäumnis und die (versagte) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
Da hat jemand eine Frist versäumt. Darf nicht passieren, passiert aber. Passiert bei Versicherungsanwälten ebenso wie bei Geschädigtenanwälten. Ist also auch nichts besonders Interessantes.
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde versagt. Der Anwalt darf sich nicht blind auf die erst seit 10 Tagen bei ihm arbeitende Rechtsanwaltsgehilfin verlassen. Das ist vielleicht das einzig Wissenswerte an dem Urteil, allerdings auch nicht besonders überraschend…
Ich hätte dieses Urteil nicht vermißt, wenn es hier nicht veröffentlicht worden wäre…
Sehr geehrter Herr Schepers,
die Pointe der o.a. Entscheidung war wohl die Tipp-Ex-Aktion, mit der der Anwalt das Gericht „verschaukeln“ wollte.
Ich schon! Zeigt es doch das Niveau der Versicherungsfraktion und die Einstellung gegenüber der Intelligenz der Gerichte – hier des Landgerichts.
Erst großspurig Berufung einlegen und dann die Schriftsatzfrist von 2 Monaten nach Zustellung des Urteils „verbummeln“. Und damit nicht genug. Im Anschluss daran noch den Versuch starten, das Gericht (mit unlauteren Methoden) zu vera…. .So etwas geht gar nicht! Erst recht nicht, wenn man seinen Laden unter Kontrolle hat. Wenn ein Geschädigtenanwalt genauso unqualifiziert arbeitet und dann eine derart niveaulose Inszenierung abliefert, ist wohl die Anwaltshaftung fällig? Die Tipp-Ex-Aktion „riecht“ außerdem nach versuchtem Prozessbetrug?
Nachdem das (Nestbeschmutzer)Urteil Ihnen nicht gefällt, wurde es wohl für mich veröffentlicht? Vielen Dank dafür!
Ahhh, die Tipp-Ex-Aktion. Hatte ich ganz übersehen. Da hatte jemand Tipp-Ex benutzt, obwohl sonst nie Tipp-Ex benutzt wird. Es hatte zwar jemand neu in der Kanzlei angefangen, aber daran kann es auf gaaaaar keinen Fall liegen, daß von der üblichen Vorgehensweise abgewichen wurde. Es muß ja auf jeeeeeeden Fall so gewesen sein sein, daß der Anwalt selber mit Tipp-Ex rumhantiert hat. Wahrscheinlich auch noch spät am Abend, damit er nicht erwischt wird.
Dann wird dieser Fall wohl als Tipp-Ex-Beschluß des LG Krefeld in die Geschichte eingehen.
Nun denn,
schönes Wochenende