Mit Urteil vom 02.10.2008 (42 C 112/08) hat das AG Rostock zur Zahlung von weiteren Mietwagenkosten in Höhe von 1.067,20 € zzgl. Zinsen verurteilt. Auch beim AG Rostock gilt die Schwacke-Liste, Einwände hiergegen wurden mangels Konkretisierung nicht zugelassen.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige Klage ist zum Teil begründet. Im übrigen ist sie unbegründet.
Die Beklagte ist gegenüber der Klägerin gemäß §5 7 Abs. l StVG, 3 Ziffer l PflVG, 398 BGB verpflichtet, einen weiteren Schadensersatz aus dem Verkehrsunfallereignis vom 06. Februar 2006 in Höhe von 1.067,20 € zu leisten.
Die Klägerin ist aktivlegitmiert. Die Abtretung der Ansprüche auf Ersatz der Mietwagenkosten vom 07.02.2006 ist nicht wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz unwirksam, denn es geht der Klägerin bei der Rechteverfolgung darum, die ihr mit der Abtretung eingeräumte Sicherheit zu verwirklichen, mithin keine Rechteangelegenheit des Zedenten, sondern eine eigene Rechtsangelegenheiten zu verfolgen.
Die Auslegung des im Zusammenhang mit der Abtretung zwischen der Klägerin und dem Zedenten geschlossenen Sicherungsvertrages, wonach sich der Geschädigte selbst um die Schadensregulierung zu kümmern hat, spricht gegen eine Besorung einer fremden Rechtsangelegenheit durch die Klägerin. Gleiches gilt für das nachvertragliche Verhalten der Klägerin. Die Mitwirkung des Kfz-Vermieters an der Geltendmachung der Schadensersatzansprüche das Geschädigten gegenüber dem Haftpflichtversicherer das Schädigars ist zulässig, sofern – wie vorliegend – zweifelsfrei klargestellt ist, dass die Kunden für die Verfolgung und Durchsetzung Ihrer Schadenersatzansprüche selbst tätig werden müssen und dient bei dieser Sachlage regelmäßig der Vereinfachung der Schadensabwicklung und nicht der Schadensregulierung (vgl. BGH, Urteil vom 05.01.2005, Az. VI ZR 173/04; BGH, Versäumnisurteil vom 15.11.2005, Az. VI ZR 268/04).
Im übrigen hat die Klägerin wegen des von der Beklagten als Haftpflichtversicherer des Schädigers nicht erstatteten Schadens zunächst vom Geschädigten Zahlung verlangt. Das Schreiben vom 28.11.2007 stellt eine Mahnung nach S 236 Abs. l Satz l, Abs. 2 Nr. i BGB dar, die geeignet war, den Geschädigten in Verzug zu setzen, und damit grundsätzlich eine ernsthafte Rechtsverfolgung bedeutet. Erst nachdem der Geschädigte mitgeteilt hat, er sei aufgrund seiner Arbeitslosigkeit zur Zahlung nicht in der Lage, hat die Klägerin ihre Forderung gegen die Beklagte weiterverfolgt.
Nach § 24 3 BGB kann als Herstellungsaufwand vom Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer als erforderlicher Herstellungsaufwand grundsätzlich nur der Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangt werden, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Der Geschädigte ist dabei nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtachaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Eraatzfahrzeugs (innerhalb eines gewissen Rahmens) grundsatzlich nur den günstigeren Mietpreis ersetzt verlangen kann. Der Geschädigte verstößt allerdings noch nicht allein deshalb gegen seine Pflicht zur Schadensgeringhaltung, weil er ein Kraftfahrzeug zum Unfallersatztarif anmietet, der gegenüber einem „Normaltarif“ teurer ist, soweit die Besonderheiten dieses Tarif» mit Rücksicht auf die Unfallsituation einen gegenüber dem „Normaltarif“ höheren Preis rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieter beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst und infolge dessen zur Schadensbehebung nach S 249 BGB erforderlich sind (vgl. BGH, Urteil vom 12.06.2007, Az. VI ZR 161/06).
So ist es hier. Zwar war dem Geschädigten ausweislich des von ihm unterzeichneten Aufklärungsbogen vom 07.02.2006 positiv bekannt, dass es neben dem von ihm in Anspruch genommenen Unfallersatztarif auch preisgünstigere Mietwagentarife gab, und der Geschädigte hat sich unstreitig nicht um die Anmietung zum „Normaltarif“ – auch bei einem anderen Anbieter von Mietwagen – bemüht.
Allerdings rechtfertigen in der konkreten Lage des Geschädigten, der unstreitig weder in einer gefestigten Geschäftsbeziehung zu der Klägerin stand, aufgrund derer er ihr als zahlungswillig und zahlungsfähig bekannt gewesen wäre, noch besonders solvent war oder mittels Kreditkarte oder sonst die Mietwagenkosten hätte vorfinanzieren können, so dass der höhere Tarif allein schon wegen des mangels Vorfinanzierung für die Klägerin bestehenden Forderungsausfallrisikos gerechtfertigt war.
Angesichts dessen ist es unbeachtlich, ob der Geschädigte im Hinblick auf die gebotene subjektbezogene Schadensbetrachtung den „Normaltarif“ übersteigende Mietwagenkosten deshalb ersetzt verlangen konnte, weil ihm unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis -und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten unter zumutbaren Anstrengungen auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt – zumindest auf Nachfrage – ein wesentlich günstigerer „Normaltarif“ zuganglich war (vgl. BGH, Urteil vom 11.03.2006, Az. VI ZR 164/07; BGH, Urteil vom 25.10.2005, Az. VI ZR 9/05).
Durch die unfallbedingten Mehrleistungen ist aus betriebswirtschaftlicher Sicht beim Unternehmen der Art der Klägerin ein gegenüber dem „Normeltarif“ höherer Preis gerechtfertigt, den das Gericht, ausgehend von dem „Normaltarif“ mit einem Aufschlag von 30 % im Wege der Schätzung nacn § 287 ZPO für angemessen erachtet, ohne dass es hierzu der Offenlegung der Kalkulation der Klägerin bedurft hätte (vgl. BGH, Urteil vom 25.10.2005, Az. VI ZR 9/05).
Den „Normaltarif“ hat das Gericht anhand des Schwacke-Mietpreisspiegels 2006 für das Postleitzahlgebiet 181xx bis 184xx ermittelt. Erhebliche Einwendungen gegen die Anwendbarkeit des Schwacke-Mietpreisspiegels 2006 hat die Beklagte nicht vorgebracht.
Zwar darf die Schadenshöhe nicht auf der Grundlage falscher oder offenbar unsachlicher Erwägungen festgesetzt werden. Wesentliche die Entscheidung bedingende Tatsachen dürfen nicht ausser acht bleiben. § 287 ZPO rechtfertigt es nicht, dass das Gericht in für die Streitentscheidung zentralen Fragen auf nach Sachlage unerlässllche fachliche Erkenntnis verzichtet. Doch ist es nicht Aufgabe des Tatrichters, lediglich allgemein gehaltenen Angriffen gegen die Schätzgrundlage nachzugehen. Einwendungen gegen die Grundlagen der Schadensbemessung sind nur dann erheblich, wenn sie auf den konkreten Fall bezogen sind. Deshalb darf die Eignung von Listen oder Tabellen, die bei der Schadensschätzung Verwendung finden können, nur dann der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel der betreffenden Schätzgrundlage auf den zu entscheidenden Fall auswirken (BGH, Urteil vom 11.03.2008, AZ. VI ZR 164/07).
Vorliegend fehlt es an hinreichend substantiiertem Tatsachenvortrag, dass und inwieweit der nach der Liste ermittelte „Normaltarif“ für die vorzunehmende Schätzung nicht zutrifft. Soweit die Beklagte die Methodik der Datenerhebung bei der Erstellung des Schwacke-Mietpreisspiegels 2006 angegriffen hat, fehlt es am Vortrag hinreichend konkreter Tatsachen, anhand derer aufgezeigt wird, dass sich geltend gemachte Mängel der betreffenden Schätzgrundlagen konkret auf den vorliegenden Fall auswirken.
Dies gelingt auch nicht mit der Vorlage von Mietpreisangeboten anderer Autovermieter aus dem Jahr 2008 und dem Marktmietpreisspiegel für Mietwagen 2008, ermittelt telefonisch bzw. per Internet, da die Marktpreise 2008 nicht das Preisniveau im Jahr 2006 widerspiegeln.
Innerhalb der Tabelle des Schwacke-Mietpreisspiegels 2006 war angesichts des Alters des beschädigten Fahrzeuges und der altersbedingt höheren Laufleistung eine Herabstufung um eine Gruppe, mithin auf die Gruppe 06, vorzunehmen.
In der Tabelle sind bei der Berechnung der Nutzungswerte Mietsätze für Neufahrzeuge zugrundegelegt, die durch die Entwicklung der Fahrzeugteehnik gegenüber Vorgängermodellen teilweise erhebliche Nutzungsvorteile wie größere Sicherheit (z.B. durch Airbag, ABS, ESB usw.), geringeren Kraftstoffverbrauch trotz besserer Fahrleistungen und höheren (Fahr-) Komfort bieten. Diese Veränderungen spiegeln sich im Kaufpreis und dem hierauf wesentlich basierenden Mietpreis wieder, der wiederum Grundlage der Tabellen und damit Anhaltspunkt für die Bemessung der Entschädigung für den Verlust der Gebrauchsmöglichkeit darstellt. Die Bearbeiter der Tabellen weisen zudem darauf hin, dass es keinen verbreiteten Vermietermarkt für ausgelaufene Modelle gibt und solche Fahrzeuge – im Falle einer Vermietung – billiger angeboten werden müssten, um konkurenzfähig zu sein. Da sich in den um erwerbswirtschaftliche Faktoren bereinigten Mietpreisen die Bewertung der Gebrauchsvorteile für die eigenwirtschaftliche Verwendung eines Kraftfahrzeuges widerspiegeln, würde es regelmäßig zu einer grundlosen Bereicherung des Geschädigten oder zu einem verkappten Ausgleich immateriellen Schadens führen, wollte man ihn für die entgangenen Gebrauchsvorteile seines in den Tabellen nicht mehr aufgeführten, nicht mehr hergestellten Fahrzeuges so entschädigen, als handelte es sich um ein Neufahrzeug (vgl. BGH, Urteil vom 23.11.2004, Az. VI ZR 357/03; Dr. Küppersbusch, Nutzungsausfallentschädigung 2006, Beilage zu NJW 1-2/2008).
Nicht erstattungsfähig sind die Kosten für die Ausstattung des Mietfahrzeuges mit Winterreifen.
Zunächst sind ersatzfähig die Kosten für die Anmietung eines Fahrzeuges mit Winterreifen nur dann, wenn auch das Unfallfahrzeug mit Winterreifen ausgestattet war (vgl. AG Chemnitz, Urteil vom 08.06.2000, Az. 15 C 1052/00). Denn anderenfalls wäre der Geschädigte besser gestellt, als er es gewesen wäre, wenn sein eigenes Fahrzeug nicht beschädigt worden wäre. Vorliegend aber fehlt es an Vortrag, dass das beschädigte Fahrzeug über Winterreifen verfügte.
Darüber hinaus kann und darf ein Kunde, der bei – hier unstreitig – winterlichen Straßenverhältnissen von einer professionellen Autovermietung ein hochwertiges Fahrzeug – hier der Gruppe 07 -anmietet, darauf vertrauen, dass das Fahrzeug mit einer ordnungsgemäßen, verkehrssicheren und der Jahreszeit entsprechenden Bereifung, das heißt mit Winterreifen ausgestattet ist. Zusatzkosten für Winterreifen kann der Autovermieter nicht verlangen und diese sind auch nicht von einem Verkehrsunfallschädiger zu ersetzen (vgl. AG Landau, Urteil vom 03.07.2007, Az. 3 C 311/07).
Die Kosten der für das Ersatzfahrzeug abgeschlossenen Vollkaskoversicherung sind von der Beklagten zu erstatten, und zwar unabhängig davon, ob das eigene Fahrzeug des Geschädigten zum Unfallzeitpunkt vollkaskoversichert war. Der durch einen fremdverschuldeten Unfallgeschädigte kann bei Inanspruchnahme eines Mietwagens die Aufwendungen für eine Vollkaskoversicherung grundsätzlich ersetzt verlangen, weil er während der Mietzeit einem erhöhten wirtschaftlichen Risiko ausgesetzt war (vgl. BGH, Urteil vom 25.10.2005, Az.VI ZR 9/05).
Die Kosten der Zustellung des Ersatzfahrzeuges an den Geschädigten sind angesichts der räumlichen Distanz zwischen der von ihm in Anspruch genommenen Autovermietung in S. und seinem Wohnort in V. grundsätzlich erstattungsfähig.
Danach errechnet sich die begründete Forderung nach dem Schwacke-Automietpreisspiegel 2006 aus dem Tarif für ein Fahrzeug der Gruppe 06 im Moduswert mit einer Wochenpauschale in Höhe von 725,00 € und einer 3-Tages-Pauschale in Höhe von 435,00 € zuzüglich der Zustell- und Abholkosten in Höhe der geltend gemachten 40,00 € und der Kosten der Vollkaskoversicherung für 10 Tage in Höhe von 300,00 € auf 1.500,00, was zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer von 16 % einen Betrag von 1.740,00 € ergibt. Hierauf hat die Beklagte unstreitig 672,80 € geleistet, so dass noch 1.057,20 € zur Zahlung offen sind.
So das sehr detaillierte Urteil des AG Rostock