Herr Rechtsanwalt Imhof aus Aschaffenburg hatte unter anderem hier im Blog bereits darauf hingewiesen, dass eine Prozessvertretung durch die Versicherung nicht mehr möglich ist. Nunmehr liegt auch die erste Entscheidung diesbezüglich vor. Aufgrund der Klagezustellung an den Unfallverursacher, den VN der HUK-Coburg, hatte sich diese bestellt und Verteidigungsabsicht angezeigt. Eine anwaltliche Anzeige der Verteidigungsabsicht erfolgte innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist nicht. Erst später beauftragte die nicht mitverklagte Kfz-Haftpflichtversicherung, hier die HUK-Coburg, den immer wieder für sie auftretenden Herrn Rechtsanwalt aus K. Nur da war es zu spät, denn der § 79 ZPO stand nunmehr seit der Neuregelung des Rechtsberatungsrechtes entgegen. Der HUK-VN wurde nunmehr durch Schluss-Urteil und Versäumnisurteil vom 17.3.2011 durch die zuständige Amtsrichterin der 30. Zivilprozessabteilung des AG Saarlouis – 30 C 2103/10(17) – verurteilt.
Nachfolgend das Urteil:
Amtsgericht Saarlouis
– 30 C 2103/10 (17) –
verkündet am: 17.3.2011
Schluss-Urteil und Versäumnisurteil
I m N a m e n d e s V o l k e s
In dem Rechtsstreit
des Herrn W.F. …. – Kläger –
Prozessbev.: RAe. D.I. u. Koll. aus A.
Unterbev.: RA. O.S. aus S
g e g e n
Frau W.K. …. – Beklagte –
Prozessbev.: RA. B.M. aus K.
Unterbevollm.: RAinnen u. RAe. T.F.u.K. aus W.
wegen Zahlung von Schadensersatz aus Verkehrsunfall
hat das Amtsgericht Saarlouis durch die Richterin am Amtsgericht … aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10.2.2011
für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 765,55 € nebst Zinsen zu zahlen.
2. Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger 693,18 € nebst Zinsen zu zahlen.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von den Deckungsanfragekosteb der RAe. D.I.u.K freizustellen.
4. Die Kosten des Rechtsstreites trägt die Beklagte.
E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E :
Der Tatbestand entfällt gem. §§ 313 b Abs. 1, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO.
Die Klage ist im zuerkannten Umfang schlüssig, so dass insoweit durch Versäumnisurteil zu entscheiden war. Die Beklagte befand sich im Hinblick auf die fehlende und gerügte Prozessvollmacht in Säumnis, so dass insoweit gegen sie durch Versäumnisurteil zu entscheiden war. Die Zinsen hinsichtlich der Gutachterkosten konnten erst ab Ablauf der Frist des Schreibens vom 5.10. und damit ab dem 20.10.2011 zuerkannt werden, §§ 280 I, 286 I 1, 288 I BGB.
Da es sich insoweit um eine Nebenforderung handelte, konnte im Hinblick auf § 139 Abs. 2 ZPO ein abweisendes Urteil ohne entsprechenden richterlichen Hinweis ergehen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 II 1 ZPO.
So das Versäumnis- und Schlussurteil des AG Saarlouis. Da wird sich der Versicherungsvertreter der HUK einiges von der Beklagten anhören lassen müssen. Es ist auch schon merkwürdig – und zeugt nicht von Einsichtsfähigkeit der HUK-Coburg – , dass diese durch ihren immer wieder beauftragten Anwalt Versäumnisurteil gegen ihre VN ergehen ließ. Allerdings ist die Gesetzeslage seit der Änderung des Rechtsberatungsrechtes eindeutig. Wie bereits erwähnt, ist hier wie auch anderswo darauf hingewiesen worden.
Hi Willi,
manche lernen nie.
Schön, dass die Deckungsanfragekosten zugesprochen wurden.
Gruß
Siegfried
Sarkastisch gesehen ist doch diese Vorgehensweise für die HUK-Coburg äußerst lukrativ.
Man bietet eine billige Prämie an, dafür muss sich der VN aber persönlich verklagen lassen und den evtl. angerichteten Schaden selber bezahlen. Bald wird es den Werbeslogan geben „hier zahlt die Versichertengemeinschaft selbst, da sind wir uns sicher“.
Die Prämie ist aber auch so gering, dass die HUK-Coburg nicht einen halbwegs brauchbaren Anwalt beauftragen kann.
Jetzt braucht man auch nicht mehr rätseln wie die HUK-Coburg Gewinne einfährt.
Ja,ja meine HUK, zahlungsunwillig u. unseriös aber dafür billig, billig, billig.
Hallo Leute,
das Problem für die Versicherer ist doch, dass sie im Falle, dass nur der VN verklagt wird, zunächst von der Klage keine Kenntnis erlangen. Der VN ist zunächst einmal geschockt, vom Gericht mit Zustellungsurkunde eine Klage mit einer gerichtlichen Verfügung übersandt zu erhalten. Da ist er erst einmal bedient und muss dies verdauen. Dann nach der Schockstarre greift er, nachdem er vielleicht eine Nacht darüber geschlafen hat, zum Hörer und ruft erbost seinen Versicherungsvertreter an. Der kann aber zunächst auch nichts tun, da er ja die Klage nicht vorliegen hat. Er bittet den VN, ihm die Klage zuzusenden, was auch schon wieder zumindest zwei Tage Zeit braucht bei unserer Post. Am 4. oder 5. Tag, wenn es schnell geht, hat der Versicherungsvertreter die Klage vorliegen. Da nun die Versicherung gem. § 97 ZPO selbst nicht mehr Prozesshandlungen vornehmen kann, muss ganz schnell ein Anwalt her. Da hat die HUK ja einige. Aber das Problem ist, der muss eine Vollmacht des Beklagten haben. Die Vollmacht der Versicherung reicht nicht. Bis die Vollmacht des Beklagten bei dem Anwalt der HUK ist, ist die Zweiwochenfrist (Ausschlußfrist!) verstrichen. Also hat die beklagte Partei nicht durch Anwalt unter Vorlage der Originalvollmacht ihre Verteidigungsabsicht rechtzeitig angezeigt. Folge es ergeht bei schlüssigem Klagevorbringen ein Versäumnisurteil.
Das ist eben die Konsequenz der von den Versicherern gewünschten Änderung des Beratungsrechtes. In § 97 ZPO sind im Gegenzuge die Rechte der Anwälte gestärkt worden. Das ist bisher von den Versicherern übersehen worden.
Man kann aber auch nicht alles haben.
Ich bin gespannt, welche Rechtsbehelfe und -mittel die Beklagte einlegen wird. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers wird gebeten, weiter zu berichten. Die Sache ist spannend.
Mit freundlichen Grüßen
Willi Wacker
Herzlichen Glückwunsch dem Anwalt, der das Urteil erstritten hat.
Mit freundlichen Grüßen
F-W Wortmann
hallo willi,
im anwaltsprozess wird die vollmacht doch aber „vermutet“ bzw. nur auf rüge (§ 88 ZPO) durch das gericht unter fristsetzung angefordert. wenn die akte also erst einmal beim anwalt ist, ist damit die wahrscheinlichkeit, dass ein VU ergeht, relativ gering, es sei denn
a) der anwalt „vergisst“ die verteidungsbereitschaft (noch mal) anzuzeigen oder
b) man rügt die vollmacht des kollegen (was sich ja eigentlich nicht gehört).
Hallo Herr Kollege Uterwedde,
hier ist doch explizit die fehlende Vollmacht gerügt worden, was auch aus den Entscheidungsgründen hervorgeht:“…Die Beklagte befand sich im Hinblick auf die fehlende und gerügte Prozessvollmacht in Säumnis…“. Als er die Verteidigungsabsicht anzeigte, war er nicht im Besitz der erforderlichen Vollmacht der Beklagten. Auch später im Prozess konnte er die Vollmacht nicht vorlegen, weil er nur durch die hinter der Beklagten stehenden Haftpflichtversicherung beauftragt worden war. Die Beklagte war – wie so üblich – beruhigt worden, die Versicherung würde schon alles richten und richtig machen. Sie brauche sich keine Sorgen zu machen. Der VN soll nach Ansicht der HUK-Coburg ja möglichst aus dem Rechtsstreit herausgehalten werden, damit der weiterhin über das Regulierungsverhalten seiner Versicherung im Unklaren bleibt. Nur das geht jetzt nicht mehr, da der VN selbst den Prozessbevollmächtigten beauftragen muss. Er muss dem Anwalt aber eine schriftliche Prozessvollmacht, und zwar genau für diesen Rechtsstreit, erteilen. Das war merkwürdig, dass eine Beklagte aus S. im Saarland einen Anwalt aus Köln beauftragt, der im übrigen häufig die hinter der Beklagten stehende Haftpflichtversicherung vertritt. Also hatte der Prozessbevollmächtigte des Klägers zu Recht die fehlende Vollmacht gerügt. Das ist auch aus standesrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden, denn – wie sich zeigte – handelte der Beklagtenvertreter ohne Vollmacht, was andererseits standesrechtliche Bedenken auslöst. Da sollte die Anwaltskammer Köln mal prüfen.
Mit freundl. koll. Grüßen
Willi Wacker
Bitte auch immer beachten,dass durch die Neuregelung des §79 ZPO die Prozessvertretung des VN durch die Versicherung nicht mehr möglich ist.
Die Prozessvertretung ist -auch beim Amtsgericht-dem Rechtsanwalt,oder den in §79 Abs.2 Genannten,wozu die Versicherung nicht gehört,vorbehalten.(vgl.zum Ganzen:Dr. Zschieschack NJW 2010,3275f).
Jeder Anwalt sollte daher eine Prozessvollmacht seines Mandanten-des/der Beklagten- haben,denn er muss sie auf eine Rüge gem.§88 I ZPO im Original zur Gerichtsakte abgeben §80 I ZPO.
Man sollte schon ab und zu mal nachschauen,ob der Gegenanwalt seine „Hausaufgaben“ auch tatsächlich gemacht hat,zumal eine selbstherrliche Floskel wie z.B.“…bestelle ich mich zum Prozessbevollmächtigten des Beklagten…“ oft wohl dann zur Verwendung kommt,wenn die schriftliche Prozessvollmacht tatsächlich fehlt,oder nur von der Versicherung vorliegt.
MfG Lutz Imhof
RA Imhof
Mittwoch, 30.03.2011 um 13:24
Bitte auch immer beachten,dass durch die Neuregelung des §79 ZPO die Prozessvertretung des VN durch die Versicherung nicht mehr möglich ist……
Hi, RA Imhof,
vielen Dank für die Hinweise. Der Techniker kennt oft solche Finessen nicht und deshalb ist es gut, wenn aus berufenem Munde solche hochinteressanten Beiträge hier eingestellt werden.
Gruß
Wildente
RA Imhof
Mittwoch, 30.03.2011 um 13:24
Bitte auch immer beachten,dass durch die Neuregelung des §79 ZPO die Prozessvertretung des VN durch die Versicherung nicht mehr möglich ist……
Hallo,Herr Imhof,
mir ist schon klar, worauf Sie abzielen. Aber mit einem Versäumnisurteil ist die Angelegenheit noch keineswegs beendet und zieht ggf. die gerichtliche Auseinandersetzung nur in die Länge.
Mit freundlichen Grüßen
Wildente
Wahrscheinlich hat der VN erst durch die Zustellung der Klage überhaupt erfahren, daß seine Versicherung den Schaden nicht vollständig ausgeglichen hat.
Der von der Versicherung beauftragte Anwalt wird sicherlich seinen Pflichten nachkommen und das Versäumnisurteil seinem Mandanten (dem VN) zukommen lassen.
Sodann wird die Versicherung nicht nur zu erklären haben, wieso es überhaupt zu einem Prozeß kam, sondern auch, wieso es zu einer Verurteilung kam. Der VN wird sicherlich nicht erfreut sein.
Dann wird die Versicherung erklären, daß ja gegen das Versäumnisurteil Einspruch eingelegt werden kann. Die Sache geht also weiter. Und das wegen 750,- €. Der VN wird noch viel weniger erfreut sein.
Er fühlt sich schlecht aufgehoben bei einer Versicherung, die es wegen 750,- € zum Prozeß kommen läßt. Er fühlt sich schlecht aufgehoben bei dem Anwalt, dem ihn die Versicherung gestellt (aufs Auge gedrückt) hat. Er fühlt sich schlecht aufgehoben, weil er den Prozeß verloren hat. Er fühlt sich schlecht aufgehoben, weil das Gericht gesagt hat, er muß 750,- € zahlen. Er fühlt sich schlecht aufgehoben, weil der Prozeß dann noch weiter geht, die Sache für ihn trotz Urteil noch nicht abgeschlossen ist. Und das alles nur, weil die Versicherung diese dämlichen 750,- € nicht gezahlt hat.
Er fühlt sich schlicht und einfach schlecht aufgehoben bei seiner Versicherung.
Und das ist der Moment, wo die Versicherung anfängt, sich schlecht zu fühlen…
@ wildente: aber peinlich für die HUK ist es allemal, nur leider hat bestimmt der VN davon nichts erfahren, es sein denn man hat sofort bei ihm vollstreckt …
@ willi: na ganz so klar kommt das m.e. aus der kurzen begründung nicht heraus. aber interessant ist der aspekt allemal. ein grund mehr, den VN direkt in anspruch zu nehmen.