Mit Urteil vom 27.01.2009 (12 C 2052/08) hat das AG Würzburg die Beklagten zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 701,61 € zzgl. Zinsen verurteilt. Die grundsätzliche Eintrittspflicht der Beklagten war unstreitig, im Verfahren ging es nur noch um restliche Mietwagenkosten und vorgerichtliche Anwaltskosten. Das Gericht setzt sich sehr eingehend mit der möglichen Schätzungsgrundlage Fraunhofer Tabelle auseinander und lehnt diese ab. Was bleibt, heißt Schwacke.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige Klage ist überwiegend begründet, § 249 BGB.
Nach dem Bundesgerichtshof ( Urteil vom 13.02.2007 VI ZR 105/06 , zuletzt modifiziert zu Lasten des Schädigers hinsichtlich der Beweislast in VI ZR 234/07) kann der Geschädigte gem. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB vom Schädiger als erforderlichen Herstellungsaufwand Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in der Lage der Geschädigten für zweckmäßig und für notwendig halten darf.
Der Geschädigte muss sich, wenn er die Schadensbeseitigung selbst durchführt, an das Gebot der Wirtschaftlichkeit halten. Von mehreren Angeboten auf dem regionalen Markt kann er nur den Mietpreis ersetzt verlangen, den er zu jeder Zeit ohne größere Anstrengung vereinbaren kann. Mietet er jetzt zu einem höheren Preis an, verstößt er dann nicht gegen seine Pflicht zur Schadensgeringhaltung, wenn die Besonderheit dieses Tarifs mit Rücksicht auf die Unfallsituation gerechtfertigt ist (BGH VI ZR 161/05). Beweispflichtig ist hier der Schädiger (BGH VI ZR 234/07). Im übrigen hat der Tatrichter gemäß § 287 ZPO zu schätzen, diese Vorschrift galt und gilt jedenfalls bisher (jedenfalls außerhalb der Mietwagenproblematik). Als geeignete Schätzgrundiage für den „Normaltarif“ hat der BGH die „Schwacke-Mietpreisliste“ als geeignete Grundlage angesehen (VI ZR 117/05, VI ZR 105/06, zuletzt VI ZR 234/07; OLG Karlsruhe 13 U 217/06). Grundsätzlich ist hierbei das Preisniveau im regionalen Gebiet (Postleitzahlengebiet) maßgebend. Die Verlässlichkeit dieser Tabelle, die regelmäßig aktualisiert wird und sich an den aktuellen Marktverhältnissen orientiert, ist allgemein anerkannt. Bedenken gegen die Ermittlung des Normaltarifs nach diesem Mietpreisspiegel bestehen nicht, es sei denn, es würden konkrete Tatsachen aufgezeigt, nach denen Mängel der Schätzgrundlage in dem zu entscheidenden Fall wesentlich wären (VI ZR 164/07). Die neuerdings (das unvergessene „Gutachten“ Albrecht taucht in den Diskussionen nicht mehr auf) ins Feld geführten Aufsätze anderer Experten und Institute vermögen nicht zu überzeugen. Zurzeit hauptsächlich wird genannt seitens der Assekuranz der als Sachverständige benannte Gutachter Z. Die hier in breiter Form vorgebrachten Bedenken gegen die Verlässlichkeit der Schwacke-Mietpreisliste sind nach ihren Ergebnissen auffallend, der Weg zu diesen Ergebnissen ist allerdings sehr bedenklich. Das Gericht hat hier selbst in (12 C 214/08 AG Würzburg) dem Bedenken der Assekuranz Rechnung getragen, ein Gutachten eingeholt, das zunächst überzeugend war. In der Ergänzungsfrage hierzu musste der beauftragte Gutachter Z. aber einräumen, er habe die Frage gestellt wie folgt: „Ich bin hier 12 Tage auf Arbeitssuche und möchte ab und zu Freunde besuchen“. Derartige Auskünfte wird der Geschädigte des Unfalls niemals geben, sondern soweit er den christlichen Geflogenheiten folgt, bei der Wahrheit bleiben. Das Gericht verkennt allerdings nicht, dass dann, wenn ein Kunde in voller Wahrnehmung der Möglichkeiten, die der unwahre Vortrag bei Vertragsabschluss bietet, dieser zu erstaunlichen Ergebnissen führen kann. Dies Methoden sind der Schwacke-Liste in der Gesamtbreite der dort durchgeführten Erhebungen nicht zugänglich. Das neuerdings ins Feld geführte Gutachten eines Unterinstituts des Frauenhofer-lnstituts(IAO) weist in seiner Erhebungsmethode, auch ohne dass hier die Fragestellung, wie sie eigentlich offenbart werden müsste, gravierende Mängel auf. Die Anmietkriterien sind, soweit überhaupt ersichtlich, so selektiert worden, dass die Ergebniserhebung nicht den allgemeinen Regionalmarkt widerspiegelt. Insgesamt handele es sich um 4 einzelnd aufbereitete Erhebungen. Zunächst wurden die Preise der Buchungen über das Internet ausgesondert, diese Preise dann in 2 Erhebungen, nämlich nach der Fahrzeugklassifizierung der Schwacke-Liste und nach der Klassifizierung nach ACRISS unterschieden. Die Klassifizierung ACRISS steht für Association of Car Rental Industry System Standard. Die eindrucksvolle Bedeutung, die diesem (längst nicht neuem) Begriff zugeordnet werden soll, verliert sich schnell, wenn man in diesem Standard den wahren Hintergrund sieht, nämlich ein Zusammenschluss der großen Autovermieter, die hier einen Standard gefunden haben, untereinander einen Vergleich zu ermöglichen, der andererseits für den Normalkunden in keinster Weise durchsichtig ist. Die Methode lässt sich nachverfolgen unter http://www.acriss.org/. Hierbei wird ein Fahrzeugschlüssel erstellt aus 4 Buchstaben. Dieser lässt sich mit der einem Amtsgericht zur Verfügung stehenden Zeit aufführen in Kraftfahrzeug der Klasse A, Typ B, Schaltung C, Klima D. Diese Klassifizierung ist jedoch nicht geeignet, eine Vergleichbarkeit der Fahrzeuge zu gewährleisten. Vergleicht man 2 Fahrzeuge gleichen Typs, mit gleicher Ausstattung wie oben, im übrigen aber zum Bespiel mit unterschiedlichem Motor, so werden beide Fahrzeuge nach diesem System gleich eingeordnet, die Schwacke-Liste unterscheidet jedoch auch hier nach dem Wesentlichen in diesem Bereich, wie auch in anderen Bereichen, u.a. nach der Motorisierung. Daneben in den Buchungen überhaupt in der Bewertung einzuführen, dies ist für den bedenklich, der selbst derartige Buchungen probehalber durchführen will. Diese Buchungen erfüllen gerade nicht die Bedingungen, die an die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges nach Unfall durch den Geschädigten gestellt werden, nämlich z. B. hier unbestimmte Mietdauer, schnelle Verfügbarkeit, klassengleiches Fahrzeug. Daneben kann jedenfalls nach Auffassung des erkennenden Gerichtes kein Geschädigter durch die Rechtssprechung gezwungen werden, derartige Verträge über das Internet abzuschließen, nur weil die derartigen Preisgestaltungen bei völlig unterschiedlichen Bedingungen immer wieder in die Argumentation eingeführt werden (abgesehen von den Problemen bei Zahlung über das Internet). Die Leichtigkeit, mit der jedem Inhaber eines Führerscheins auch eine Kreditkarte zugeordnet werden soll, ist schon erstaunlich. Es gibt in Deutschland ca. 50.000.000 Führerscheininhaber, denen stehen entgegen etwa 25.000.000 Kreditkarten. Geht man davon aus, dass viele dieser Inhaber nicht nur eine Karte besitzen, so ist der Anspruch, jeder sei verdächtig, eine Kreditkarte zu besitzen, er müsste ggf. den (unzulässigen im übrigen) Negativbeweis antreten, nicht nachvollziehbar. Völlig an der Sache vorbei läuft die Studie auch schon deshalb, weil hier auch großflächige Angebote bei Vorbuchungszeit und festem Zeitraum der Anmietung mit einfließen. Es verbleibt damit nach der jetzigen Rechtssprechung im hiesigen Bezirk und auch vieler Obergerichte, dass sich der erforderliche Mietwagenpreis nach dem „Normaltarif“ bestimmen lässt unter Berücksichtigung der besonderen Bedingungen nach Unfall. Nebenkosten sind hier hinzuzurechnen, dies ist Grundlage des „Normaltarifs“ der im übrigen bis heute nicht definiert ist – im UE-Tarif enthalten. Im Prinzip handelt es sich bei dem“ Normaltarif“ um eine Summe von Sondertarifen verschiedener Anbieter nach wechselnden Marktlagen und Zeiträumen. Zu den Nebenkosten gehören die Kosten der Haftungsbefreiung, die Nebenkosten für Zustellung und Abholung, derartige Nebenkosten fallen im Normaltarif grundsätzlich an (vergl. Vorwort Schwacke-Mietpreisspiegel). In Abzug zu bringen sind die ersparten Eigenaufwendungen.
Daraus ergibt sich (Gruppe 5 9 Tage Postleitzahlgebiet 973..) 7 + 3 Tage nach Schwacke im Normaltarif 984,00 EUR abzügl. 10 % für ersparte Eigenaufwendungen (AG Würzburg bekannterweise, OLG Bamberg 6 U 63/07 u.a.) ein Grundbetrag von 885,60 EUR, zuzüglich Risikozuschlag für die Bedingungen nach dem Unfall (sofortige Anmietung, unbestimmte Mietdauer – in der Erhebung des Frauenhofer-Instituts nie gefragt -, fehlende Vorfinanzierung und Sicherheit) ein Gesamtbetrag von 1.062,72 EUR. Hinzu kommen die Nebenkosten mit 267,75 EUR brutto – Haftungsbefreiung (sowie 40,00 EUR für Zustellung und Abholung), § 287 ZPO).
Dies ergibt einen Gesamtbetrag von 1.370,47 EUR, abzüglich der bereits erfolgten Teilzahlung ist die Klage daher mit dem im Tenor ausgeworfenen Umfang begründet.
Die geltend gemachten Anwaltskosten sind noch nicht fällig, § 8 RVG. Nach dem klaren und eindeutigen Wortlaut dieser Vorschrift wird der Anspruch des Anwalts gegen den Mandanten erst fällig mit Erledigung des Auftrages oder Beendigung der Angelegenheit. …. wird ausgeführt.
Soweit das AG Würzburg
Hallo Babelfisch,
das AG Würzburg hatte immer schon gut begründete Mietwagenurteile erlassen. Das hier eingestellte reiht sich in diese Linie ein. Interessant auch der Hinweis auf das Unterinstitut des Fraunhofer-Institutes (IAO ).
Die Würzburger Richter haben Durchblick im Mietwagenrecht.
Willi Wacker