Unter dem Az.: 14 C 2688/08 hat das AG Siegen die HUK-Coburg Allgemeine Versicherung AG zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 128,18 € zzgl. Zinsen verurteilt. Das AG Siegen hat die Schwacke-Liste als Schätzgrundlage anerkannt.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
Der Schadensersatzanspruch des Klägers aufgrund des Verkehrsunfalls vom 28.12.2007 – der dem Grunde nach unstreitig ist – ist über die bereits geleisteten Zahlungen hinaus nur noch in Höhe eines Betrages von 128,18 € gegeben. Dabei handelt es sich um den restlichen Teil der Kosten für den Mietwagen, den der Kläger in Anspruch genommen hat.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Geschädigte vom Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer nach § 249 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf (dazu und zum Folgenden BGH NJW 2007, 2758 mit weiteren Nachweisen). Der Geschädigte ist dabei nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen.
Das bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs (innerhalb eines gewissen Rahmens) grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis ersetzt verlangen kann. Der Geschädigte verstößt allerdings noch nicht allein deshalb gegen seine Pflicht zur Schadensgeringhaltung, weil er ein Kfz zum Unfallersatztarif anmietet, der gegenüber einem „Normaltarif“ teurer ist, soweit die Besonderheiten dieses Tarifs mit Rücksicht auf die Unfallsituation einen gegenüber dem Normaltarif höheren Preis rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst und infolgedessen zur Schadensbehebung nach § 249 BGB erforderlich sind. Auch wenn der Vermieter – wie im vorliegenden Fall – nicht zwischen „Unfallersatztarif“ und „Normaltarif“ unterscheidet, sondern nur einen einheitlichen Tarif anbietet, der weit über dem Durchschnitt der auf dem örtlichen Markt erhältlichen „Normaltarife“ liegt, ist zu prüfen, ob unfallbedingte Mehrleistungen des Vermieters oder sonstige mit der Unfallsituation verbundene besondere Umstände diese Erhöhung rechtfertigen.
Aufgrund der Besonderheiten der Unfallsituation ist in der Regel ein höherer Mietwagenpreis als der Normaltarif zur Schadensbeseitigung im Sinne von § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erforderlich (dazu und zum folgenden OLG Köln, a.a.O., Rn. 29/30). Zu den durch die Unfallsituation bedingten besonderen Umständen zählen etwa die Vorfinanzierung und die für den Vermieter höheren Risiken. Dazu gehört die Möglichkeit eines Ausfalls mit der Ersatzforderung wegen falscher Bewertung der Anteile am Unfallgeschehen durch den Kunden oder den Mieter (siehe OLG Köln a.a.O. unter Rn 30 mit weiteren Gesichtspunkten). Außerdem handelt es sich häufig um Kunden, die dem Vermieter nicht bekannt sind und deren Bonität er schlecht beurteilen kann. Das Forderungsausfallrisiko und das Risiko von Zahlungsverzögerungen ist trotz der mit dem Kunden vereinbarten Sicherungsabtretung gegenüber dem Normaltarif deutlich erhöht. Im Unfallersatztarif ergeben sich darüber hinaus aufgrund des zufälligen Charakters sowohl der Unfallzahl als auch der Art der betroffenen Fahrzeuge stärkere Schwankungen der Nachfrage als im Einzelkundentarif (siehe dazu OLG Saarbrücken, Urteil vom 17.07.2007 – 4 U 714/03, bei Juris Rn. 29). Das hat eine gegenüber dem Normaltarif, der verlässlichere Kalkulationen ermöglicht, geringere Auslastung der vom Vermieter vorzuhaltenden Fuhrparks zur Folge. Auch die Service- und Verwaltungskosten sind im Unfallersatztarif höher.
Bei der konkreten Schätzung des Aufschlags auf den Normaltarif nach der Schwacke-Liste ist die Rechtsprechung bislang zu unterschiedlichen Ergebnissen gekommen, die von 20 % (vgl. OLG Köln, aaO, Rn. 28 sowie LG Dortmund, Urteil vom 14.06.2007 – 4 S 165/06, bei Juris Rn. 35) über 25 % (vgl. OLG Saarbrücken, a.a.O., Rn. 31 sowie LG Bonn, Urteil vom 28.02.2007 – 5 S 159/06, bei Juris Rn. 26) bis zu 30 % (vgl. LG Bielefeld, Urteil vom 07.03.2007 – 22 S 292/06 unter Ziffer 2; LG Köln, Urteil vom 30.01.2007 – 11 S 578/04, bei Juris Rn. 9 sowie LG Karlsruhe, Urteil vom 24.05.2006 -1 S 195/04, Rn. 22 bei Juris = NZV 2006, 650) reichen.
Im vorliegenden Fall hält das Gericht einen Aufschlag für angemessen, der sich im mittleren Bereich der soeben zitierten Rechtsprechung befindet, also einen Satz von 25 %.
Den Ausgangsbetrag, dem dieser Aufschlag hinzuzurechnen ist, bildet der Betrag für eine Mietzeit von 13 Tagen nach der Gruppe 5 der hier heranzuziehenden Schwacke-Liste 2003, unter Berücksichtigung der Umsatzsteuererhöhung zum 01.01.2007 von 16 % auf 19 %, nämlich 843,27 €. 25 % hiervon sind 210,82 €.
Die Kosten der Haftungsreduzierung sind ebenfalls erstattungsfähig. Wird bei einem Verkehrsunfall das eigene Fahrzeug beschädigt und ein Ersatzfahrzeug angemietet und Vollkaskoschutz vereinbart, sind die hierdurch entstehenden Kosten erforderliche Mehraufwendungen und in der Regel als adäquate Schadensfolge zu ersetzen (BGH vom 15.02.2005, Az.: VI ZR 74/04). Vorliegend war das Fahrzeug des Klägers zum Unfallzeitpunkt vollkaskoversichert. Nach der heranzuziehenden Schwacke Liste 2003 ergibt sich ein Betrag für die Haftungsreduzierung für eine Mietzeit von 13 Tagen, unter Berücksichtigung der Umsatzsteuererhöhung zum 01.01.2007 von 16 % auf 19 %, in Höhe von 253,38 €.
Nicht zu erstatten ist im vorliegenden Fall der Betrag von 6,00 € (brutto), der als Kosten der Zustellung und Abholung des Ersatzfahrzeugs geltend gemacht worden ist. Zwar sind solche Kosten grundsätzlich ersatzfähig (vgl. dazu aus jüngster Zeit LG Bonn, Urteil vom 25.04.2007- 5 S 197/06, Rn. 29/30 bei Juris = NZV 2007, 362, 364; LG Köln, Urteil vom 30.01.2007-11 S 578/04, Rn. 8 bei Juris). Erforderlich ist aber ein konkreter Sachvortrag des Geschädigten zu der Frage, ob und inwieweit solche Kosten erforderlich waren (BGH NJW 2006, 360, 361). An hinreichendem Vortrag hierzu fehlt es.
Entsprechendes gilt hinsichtlich des geltend gemachten Betrages von 194,93 € (brutto) für den Zweiten Fahrer. Auch diese Kosten sind grundsätzlich ersatzfähig, allerdings ist auch hierfür eine konkreter Sachvortrag des Geschädigten erforderlich.
Hiernach betragen die objektiv erforderlichen Mietwagenkosten des Klägers 1.307,47 €. Auf diesen Betrag hat die Beklagte bereits 1.179,29 € gezahlt, so dass ein Restbetrag von 128,18 € verbleibt. Dieser Betrag setzt sich wie folgt zusammen:
1. Grundgebühr (Normaltarif nach Schwacke- Liste 2003): 843,27 €
Fahrzeuggruppe 5: 13 Tage (1 Woche zu 379,57 € + 2×3 Tage zu je 231,85 €)
(unter Berücksichtigung von 19 % USt.)
2. 25% Aufschlag 210,82 €
3. Haftungsbeschränkung (1 Woche zu 136,44 €) 253,38 €
2×3 Tage zu je 58,47 €) (unter Berücksichtigung von 19 % USt.)
5. Bereits gezahlt -1.179,29 €
Summe 128,18 €
Der Zinsanspruch ist aus §§ 286, 288 BGB begründet.
Soweit das AG Siegen.
Ja, ja – die soooo notleidende Banken- und Versicherungsbranche LOL