Mit Urteil vom 28.09.2006 (2 U 1169/06) hat das OLG Nürnberg der Berufung der HUK-Coburg aus tatsächlichen Gründen teilweise stattgegeben. Im Wesentlichen ging es dabei um Beweiswürdigung und Änderung der Haftungsquote. Allerdings machte das OLG Nürnberg auch Ausführungen zur Erstattung von Unfallersatztarifen, insoweit hatte die Beklagte das erstinstanzliche Urteil ebenfalls angegriffen.
Hier der Wortlaut der diesbezüglichen Entscheidungsgründe:
Bei der Berechnung des der Klägerin zu erstattenden Betrages ist – wie vom Landgericht geschehen – von einem Gesamtschaden von 7.428,47 € auszugehen. Die Angriffe der Beklagten gegen die Ansetzung einiger Positionen haben keinen Erfolg.
Der BGH hat in den letzten 2 Jahren laufend seine Rechtsprechung zu den sogenannten Unfallersatztarifen modifiziert. Danach hat der Geschädigte nachzuweisen, dass sich die Kosten des Mietwagens im Rahmen des Erforderlichen halten, was entweder- durch Nachweis der betriebswirtschaftlichen Angemessenheit des bezahlten Tarifs oder der konkreten Unzugänglichkeit eines günstigeren Tarifs erfolgen kann (vgl. im Einzelnen Gerhard Wagner, „Unfallersatztarife“, NJW 2006, S. 2289 m.w.H.).
Im vorliegenden Fall kann dahinstehen, ob der an die Firma U. gezahlte Betrag wirtschaftlich als angemessen zu erachten ist, da der Klägerin ein günstigerer Tarif nicht zugänglich war. Der Senat hat die Klägerin im Termin vom 07.09.2006 hierzu angehört. Die Klägerin, die einen geschäftlich wenig erfahrenen Eindruck macht, gab dabei glaubhaft an, sie habe dringend einen Wagen benötigt, um damit ihrem Beruf als Zeitungsausträgerin nachgehen zu können, sie sei nicht in ‚Besitz einer Kreditkarte, bei ihrem Verdienst von 720 – 730 €/Monat habe sie keinen Dispo-Kredit bekommen können. Bei der Firma Nissan habe sie das günstigste und kleinste Fahrzeug, das zur Verfügung gestanden habe, angemietet. Sie habe vorher nicht gefragt, was das koste und nicht bei anderen Mietwagenunternehmen nach der Preisgestaltung gefragt. Sie sei irgendwie im Stress gewesen, da das Auto für sie unheimlich wichtig gewesen sei.
Auch bei Beachtung der neuesten Rechtsprechung des BGH, z.B. im Urteil vom 04.07.2006 (Az. VI ZR 237/05) und der dort angesprochenen Erkundigungspflicht des Geschädigten, ist nicht davon auszugehen, dass der Klägerin ein günstigerer Tarif zugänglich gewesen wäre. Zu berücksichtigen ist dabei, dass die Klägerin wegen der Streitigkeit der Unfallverursachung von der Beklagten zu 2) keine Deckungszusage erhalten hätte und ihr des Weiteren keine Kreditkarte zur Verfügung stand. Sie hätte demgemäß bei keinem Autovermieter Zugang zum günstigsten Tarif gehabt, sondern wäre in irgendeiner Art und Weise auf einen Unfallersatztarif oder sonst erhöhten Tarif verwiesen worden. Die Anmietung bei der Firma U. erfolgte auch nicht zu einem so auffallend hohen Preis, dass eine Erkundigung nach Tarifen von anderen Mietwagenunternehmen nahe gelegen hatte. Der BGH hat eine Erkundigungspflicht bei einem angebotenen Tarif nahezu um das Dreifache über dem sonst üblichen Tagespreis (Entscheidung vom 04.07.2006, VI ZR 237/05) oder bei einem „Unfallersatztarif“ von ca. 245 % über dem Durchschnitt {Urteil vom 09.05.2006, VI ZR 117/05) bejaht. Im vorliegenden Fall ist demgegenüber zu sehen, dass die Beklagten zwar nunmehr im Laufe der Berufungsinstanz angemessene Mietkosten unter Zugrundelegung eines „Normaltarifes“ von brutto 661 € behaupten, in der Klagebeantwortung vom 25.10.2005 hielten die Beklagten aber noch 944,23 € für angemessen. Dabei ist davon auszugehen, dass die Beklagte zu 2) sicherlich einen sehr guten Marktüberblick hat. Die Klägerin macht Mietwagenkosten in Höhe von 1.234,24 € geltend, also ca. 30 % mehr als von den Beklagten in erster Instanz zugebilligt wurde. In der Rechtsprechung ist zwar noch nicht abschließend geklärt, in welchem Umfang die Besonderheiten des sogenannten Unfallersatztarifes {Vorfinanzierungsrisiko, Risiko eines Ausfalls mit der Ersatzforderung wegen falscher Bewertung der Anteile am Unfallgeschehen u.a.) gegenüber anderen Tarifen aus betriebswirtschaftlicher Sicht eine Erhöhung rechtfertigen, ein Mehraufwand im Bereich von 10 – 30 % wird aber nicht für unangemessen erachtet (Palandt, Kommentar zum BGB, 65. Auf1., Rn. 31 zu § 249 BGB m.w.H. auf die Rechtsprechung) . Unter Berücksichtigung dieses Aufschlages ergibt sich ein relativ geringer Unterschied zwischen den von der Klägerin geltend gemachten Mietwagenkosten und dem eventuell durch Nachforschungen auf dem Markt erzielbaren Tarif. Der Klägerin ist es somit nicht anzulasten, dass sie keine derartigen Erkundigungen einzog, bei Abwägung aller Umstände des vorliegenden Falles ist davon auszugehen, dass ihr kein günstigerer Tarif zur Verfügung stand.
Zutreffend hat das Landgericht von den eingeklagten Mietwagenkosten nicht 10 %, sondern nur die von der Klägerin anhand der Schwacke-Liste errechnete Eigenersparnis in Höhe von ca. 3.5 % abgezogen. Zutreffend weisen zwar die Beklagten darauf hin, dass von der Rechtsprechung weitgehend eine Eigenersparnis von 10 % angenommen wird, im Hinblick auf die inzwischen geänderten maßgebenden wirtschaftlichen und technischen Verhältnisse, insbesondere die erheblich erhöhte Laufleistung moderner Fahrzeuge, wird von den meisten Gerichten des hiesigen Bezirkes in Übereinstimmung mit der sich insgesamt immer mehr durchsetzenden Ansicht in der Rechtsprechung ein Abzug von 3 % für ausreichend erachtet (Palandt, a.a.O., Rn. 32 zu § 249 m.w.H. auf die Rechtsprechung u.a. des OLG Nürnberg).
Aufgrund der glaubhaften Angaben der Klägerin bei ihrer Anhörung ist davon auszugehen, dass ihr keine günstigere Finanzierungsmöglichkeit des Schadens zur Verfügung stand. Die Zuerkennung von 14 % Zinsen auf die Reparatur-und Sachverständigenkosten sowie 10,5 % Verzugskosten auf die Mietwagenkosten ist demgemäß gerechtfertigt.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 ZPO sind nicht gegeben, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.
Soweit das OLG Nürnberg.