Mit Urteil vom 02.01.2009 (67 C 239/08) hat das AG Bergisch-Gladbach die beklagte Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 1.018,47 € zzgl. Zinsen verurteilt. Das Gericht schätzt die Mietwagenkosten auf der Basis der Schwacke-Liste und erteilt der Fraunhofer Tabelle eine eindeutige Absage.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist im erkannten Umfang begründet.
Die Klägerin hat aus abgetretenem Recht der Unfallgeschädigten über die geleistete Teilzahlung in Höhe von Euro 1.201,03 hinaus Anspruch auf Zahlung weiterer Euro 1.018,47 gem. §§ 7, 17 StVG, 249, 398 BGB i.V.m. § 3 Nr. 1 PflVersG. Die seitens der Beklagten als Haftpflichtversicherung des Unfallgegners zu erstattenden erforderlichen Mietwagenkosten i.S.d. § 249 BGB betragen insgesamt netto Euro 2.219,50, so dass nach der geleisteten Teilzahlung in Höhe von Euro 1.201,03 der Anspruch im tenorierten Umfang besteht.
a) Die Mietwagenkosten sind in Höhe von netto Euro 2.250,00 erforderlich i. S. d. § 249 BGB. Nach ständiger Rechtsprechung sind nur diejenigen Aufwendungen als erforderlich und damit ersatzfähig anzusehen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig erachten darf. Dabei hat der Geschädigte stets den wirtschaftlicheren Weg zur Schadensbehebung zu wählen, soweit ihm dies in der konkreten Situation zumutbar ist. Dies bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass dem Geschädigten innerhalb eines gewissen Rahmens zugemutet werden kann, den günstigeren von mehreren auf dem für ihn relevanten Markt erhältlichen Tarifen zu wählen, so dass er Ersatz von Mietwagenkosten grundsätzlich auch nur in dieser Höhe verlangen kann. Als erforderlich in diesem Sinne ist grundsätzlich der auf dem Markt übliche Normaltarif anzusehen. Dieser kann im Rahmen des dem Tatrichter eingeräumten Ermessens gem. § 287 ZPO auf der Grundlage des Schwacke-Automietpreisspiegels geschätzt werden. Maßgebend ist dabei der Durchschnittswert (Modus) im Postleitzahlengebiet des Geschädigten.
b) Nach Auffassung des Gerichts stellt der Schwacke-Automietpreisspiegel 2007 auch eine geeignete Schätzgrundlage dar. Die Bedenken der Beklagten hiergegen teilt das Gericht nicht. Soweit sich die Beklagte dahingehend einlässt, dass aufgrund der dem Schwacke-Automietpreisspiegel zugrunde liegenden Erhebungsmethodik die Vermutung nahe liege, die Autovermieter hätten bewusst höhere Preise angemeldet, genügt diese, nicht weiter belegte Behauptung nicht, um Zweifel an der Richtigkeit der Schwacke-Liste zu begründen. Durch diesen allgemeinen Vortrag der Beklagten wird nicht hinreichend konkret dargelegt, dass die Heranziehung der Schwacke-Liste im vorliegenden Fall zwingend oder jedenfalls mit hinreichend großer Wahrscheinlichkeit zu einem falschen Ergebnis im Rahmen der Schätzung nach § 287 ZPO führt. Konkrete Tatsachen, aus denen sich ergibt, dass sich die geltend gemachten Mängel der Schwacke-Liste auf den entscheidenden Fall auswirken, trägt die Beklagte nicht vor. Diese ergeben sich auch nicht aus der seitens der Beklagten Bezug genommen Erhebung des Fraunhofer Instituts zu den Mietwagenpreisen in Deutschland 2008. Zwar kommt diese Erhebung zu deutlich niedrigeren durchschnittlichen Mietwagenkosten. Indessen vermag das Gericht die Grundlagen und Methoden dieser Erhebung mangels näherer Erläuterung durch die Beklagtenseite nicht nachzuvollziehen. Es ist deshalb nicht feststellbar, ob und inwieweit diese Erhebung den Anforderungen einer repräsentativen, wissenschaftliche Marktforschung genügt und aufgrund welcher Umstände bejahendenfalls davon auszugehen sein soll, dass dieser Erhebung im Vergleich zum Schwacke-Automietpreisspiegel 2007 der Vorzug zu geben sei. Auch das seitens der Beklagten in Bezug genommene Angebot der Firma Europ-Car in Bonn führt für sich betrachtet nicht dazu, die Geeignetheit der Schwacke-Liste als Schätzgrundlage in Zweifel zu ziehen. Die Beklagte trägt schon nicht zu den Einzelheiten dieses Angebotes vor. Hinzu kommt, dass nicht mit hineichender Sicherheit festgestellt werden kann, dass es sich bei diesem Angebot nicht um einen bloßen Ausreißer handelt, um den der Modus des Schwacke-Automietpreisspiegels 2007 bereinigt ist. Allein aus diesem einen in Bezug genommenen Angebot kann damit nicht gefolgert werden, dass dieses Angebot ortsüblich und der Schwacke-Automietpreisspiegel 2007 deshalb als unzutreffend anzusehen ist.
c) Die Höhe der erforderlichen Mietwagenkosten ist daher auf der Basis des Schwacke-Automietpreisspiegels 2007 für das Postleitzahlengebiet 515 und Mietwagen der Gruppe 6 zu ermitteln. Die zu ersetzenden Mietwagenkosten setzen sich dabei zusammen aus dem Mietpreis sowie den erforderlichen Nebenkosten. Zu letzteren zählen die Vollkaskoversicherung, die Kosten für das Zustellen und Abholen des Fahrzeuges sowie die Zusatzkosten für die Gestellung von Winterreifen. Nicht ersatzfähig sind demgegenüber im vorliegenden Fall nach Auffassung des Gerichts die Kosten für einen Zusatzfahrer. Diesbezüglich fehlt jegliche Darlegung der Klägerin, dass und warum auch die Aufnahme eines Zusatzfahrers erforderlich war.
Neben diesen Kosten kann die Klägerin zudem auf den durchschnittlichen Mietpreis nach der Schwacke-Liste einen pauschalen Aufschlag in Höhe von 20% für unfallbedingte Mehraufwendungen verlangen. Hierzu bedarf es weder zu Grund, noch zur Höhe solcher unfallbedingter Mehraufwendungen konkreten Vortrages. Vielmehr können solche aufgrund der Besonderheiten im Geschäft mit der Vermietung von Unfallersatzfahrzeugen hinsichtlich Kosten und Risiken grundsätzlich unterstellt werden. Im Einklang mit der obergerichtlichen Rechtsprechung hält das Gericht insoweit der Höhe nach einen pauschalen Aufschlag von 20% zum Normaltarif für angemessen.
Die Ansätze des Schwacke-Automietpreisspiegels 2007 stellen dabei ohne – hier nicht erfolgten – weiteren Vortrag den Höchstbetrag der ersatzfähigen Mietwagenkosten dar. Soweit die Klägerin in ihrer Rechnung vom 03.04.08 (BL 16 d. A.) jedoch für einzelne Positionen niedrigere Preise angesetzt hat, muss sie sich an dieser Preisgestaltung festhalten lassen, so dass diese Preise begrenzend zu berücksichtigen sind. Dies gilt vorliegend für die Positionen Winterreifen sowie Zustellung und Abholung.
d) Daraus ergeben sich folgende erforderliche und mithin ersatzfähige Mietwagenkosten:
(1) Grundpreis
2 x Wochenpreis zu je Euro 569,36 EUR 1.138,72
1 x 3-Tagespreis zu Euro 286,22 EUR 286,22
2 x Tagespreis zu je Euro 97,46 EUR 184,92
EUR 1.619,86
(2) Pauschaler Aufschlag 20% EUR 323,97
(3) Nebenkosten
– Vollkaskoversicherung EUR 442,00
– Winterreifen It. Rechnung vom 8.4.08 EUR 214,34
– Zustellen/Abholen gem. Rechnung EUR 41.03
(4) Summe EUR 2.641,20
Netto (abzgl. 19% Ust) EUR 2.219,50
e) Die erforderlichen und mithin ersatzfähigen Mietwagenkosten betragen mithin netto EUR 2.219,50. Die Klägerin hat ihre Forderung stets auf Nettobasis berechnet und keine Umsatzsteuer eingefordert. Hieran war das Gericht bei seiner Bewertung gebunden und musste damit nicht darüber befinden, ob die Klägerin Anspruch auf Erstattung der Bruttokosten hat. Abzüglich der gezahlten EUR 1.201,03 verbleibt damit ein weiterer Schadensersatzanspruch in Höhe von EUR 1.018,47.
f) Eine Minderung der Mietwagenkosten wegen ersparter Eigenaufwendungen kommt vorliegend nicht in Betracht. Die Geschädigte hat ein klassentieferes Fahrzeug angemietet.
g) Soweit die Beklagte schließlich einwendet, die Geschädigte habe sich nicht nach günstigeren Tarifen erkundigt, führt dies vorliegend nach Auffassung des Gerichts ebenfalls zu keiner anderen Bewertung. Nach den vorstehenden Ausführungen können die grundsätzlich ersatzfähigen Mietwagenkosten nach dem Schwacke-Mietpreisspiegel 2007 bestimmt werden. Diese Kosten sind grundsätzlich als erforderlich zur Schadensbehebung anzusehen. Diese wären der Geschädigten bzw. der Klägerin als Rechtsnachfolgerin lediglich dann nicht zu ersetzen, wenn feststünde, dass der Geschädigten ohne weiteres ein unter diesem durchschnittlichen Normaltarif liegender anderer Tarif zugänglich gewesen wäre. Dies darzulegen und zu beweisen obliegt aber nicht der Klägerin bzw. der Geschädigten, die die Erforderlichkeit der geltend gemachten Kosten grundsätzlich dargelegt haben. Vielmehr ist es an der Beklagten, hier darzutun, dass der Geschädigten ein solch günstigerer Tarif ohne weiteres zugänglich gewesen wäre. Trägfähige Darlegungen in diesem Sinne hatte die Beklagte jedoch nicht erbracht.
Soweit das AG Bergisch-Gladbach.
Hallo Babelfisch,
könnten Sie bitte noch mitteilen, um welche Versicherung es sich hier handelte??
Hallo Lolek,
leider liegt mir lediglich eine anonymisierte Fassung der Entscheidung vor, so dass ich die Frage leider offen lassen muß.
Gemäß neuester Information handelt es sich um die Württembergische Versicherung.