Mit Urteil vom 05.02.2009 (915 C 499/08) hat das AG Hamburg-St. Georg die HDI Privat Versicherung AG zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 191,23 € zzgl. Zinsen sowie vorgerichtlicher Anwaltskosten verurteilt. Das Gericht schätzt die Mietwagenkosten auf der Basis der Schwacke-Liste und erteilt der Fraunhofer Tabelle eine eindeutige Absage.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige Klage ist begründet.
Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Erstattung der restlichen Mietwagenkosten aus den §§ 7 StVG, 115 WG, 249 Abs. 2 S. 1, 398 BGB.
Die Klägerin ist aktivlegitimiert; die Abtretung der Schadensersatzforderung seitens des Geschädigten ist wirksam. Ein Verstoß gegen das zum Zeitpunkt der Abtretung noch geltende Rechtsberatungsgesetz mit der Folge des § 134 BGB liegt nicht vor. Die Klägerin besorgt hier eine eigene Angelegenheit, wenn sie zwecks Befriedigung ihrer vertraglichen Ansprüche die durch die Abtretung eingeräumte Forderung einklagt. Die Zedentin war auch weiterhin zur Zahlung für den Fall, dass die Forderung nicht realisiert werden könnte, verpflichtet; die Abtretung bezog sich nur auf die Mietwagenkosten (LG Hamburg, Urt. Vom 02.03.2007, Az.: 306 S 16/06 m.w.N.)
Unter Berücksichtigung der Teilzahlung der Beklagten in Höhe von 279,00 EUR steht der Klägerin gegen die Beklagte noch ein erstattungsfähiger Schaden in Höhe von jedenfalls 191,23 EUR zu. Bei Außerachtlassung der vorbezeichneten Teilzahlung liegt bezüglich der Mietwagenkosten ein erstattungsfähiger Schaden in Höhe von 470,23 EUR vor.
Mietet ein Geschädigter nach einem Verkehrsunfall ein Ersatzfahrzeug, kann er nach § 249 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 BGB die dafür erforderlichen Mietwagenkosten verlangen. Erforderlich sind dabei die Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte (ständige Rechtsprechung vgl. z.B. BGH Urteil vom 14.10.2008, Az.: VI ZR 308/07). Bei der Prüfung der Erforderlichkeit ist zudem der auf § 242 BGB zurückgehende Rechtsgedanke des § 254 Abs. 2 S. 1 BGB anzuwenden: Wenn der Geschädigte die Höhe der Kosten für die Schadensbeseitigung beeinflussen kann, ist er unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbeseitigung zu wählen.
Der Geschädigte bzw. hier die Klägerin sind dabei die Mietwagenkosten in der Höhe zu ersetzen, die der Tatrichter zur Schadensbehebung als erforderlich ansieht. Der dazu erforderliche Betrag kann gemäß § 287 ZPO geschätzt werden.
Die Klägerin rechnet im vorliegenden Fall selbst auf der Basis nicht der dem Geschädigten berechneten Kosten, sondern auf Grundlage des Schwacke-Mietpreisspiegels 2006 zuzüglich eines Aufschlages von 30 % ab. Auf die Frage, ob dem Geschädigten ein günstigerer Tarif ohne Schwierigkeiten zur Verfügung stand, kommt es damit nicht an. Diese Frage wird nur dann relevant, wenn der Geschädigte bzw. hier die Klägerin einen Betrag geltend macht, der nicht mehr als objektiv gerechtfertigter Mehraufwand angesehen werden kann.
Die Klägerin begehrt hier den Ersatz in Höhe des Normaltarifs. Zwischen den Parteien ist streitig, wie hoch der marktübliche Normaltarif für eine 3-tägige Miete eines Fahrzeugs der „Gruppe 7″ (nach dem Schwacke-Mietpreisspiegel 2006) ist. Normaltarife sind unter marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten für Selbstzahler gebildete Tarife, die günstiger als so genannte „Unfallersatztarife“ sind. In Ausübung seines Ermessens nach § 287 ZPO legt das Gericht seiner Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten die in dem Schwacke-Mietpreisspiegel 2006 für das Postleitzahlengebiet der Anmietstation Neumünster (245) ausgewiesenen Mietpreise zu Grunde.
Der Schwacke-Mietpreisspiegel 2006, dessen Werte sich aus Erhebungen ergeben, die bei Mietwagenunternehmen im maßgeblichen Postleitzahlenbereich vorgenommen worden sind, stellt eine geeignete Schätzungsgrundlage zur Ermittlung des „Normaltarifes“ dar. Die allgemeinen Bedenken, welche die Beklagte an der Verwendung des Schwacke-Mietpreisspiegel 2006 geäußert hat, führen nicht zu seiner mangelnden Geeignetheit (vgl. für die Anwendbarkeit AG Oldenburg, Urteil vom 27.03.2008, Az.: 23 (22) C 99/08; OLG Karlsruhe, VersR 2008, 2369, 2372).
Insbesondere war die Schätzung hier nicht an dem Schwacke-Mietpreisspiegel 2003 auszurichten. Die dort genannten Normaltarife sind wegen der Quersubventionierung dieser Tarife verhältnismäßig zu niedrig (vgl. AG Oldenburg, Urteil vom 27.03.2008, Az.: 23 (22) C 99/08).
Die von der Beklagten angeführte Studie des Fraunhofer Instituts Arbeitswirtschaft und Organisation IAO ist als Schätzungsgrundlage ebenfalls weniger geeignet. Sie weist gegenüber des Schwacke-Mietpreisspiegels 2006 lediglich den Vorteil auf, dass die Mietwagenunternehmen unter Vorspiegelung eines realen Mietinteresses, d.h. anonym, um Mitteilung der jeweiligen Mietpreise gebeten wurden. Im Hinblick auf die Repräsentativität bestehen gleichwohl Bedenken. Insbesondere die ermittelten Internetpreise sind nicht geeignet, die marktübliche Miete wiederzugeben. Diesbezüglich wurden lediglich sechs Vermietungsunternehmen in die Untersuchung einbezogen. Nach Angaben des „Bundesverbandes der Autovermieter Deutschland e. V.“ gab es im Jahr 2007 etwa 570 Mietwagenunternehmen in Deutschland. Es verbleibt daher ein erheblicher Teil, der trotz Internetpräsenz unberücksichtigt blieb. Darüber hinaus ist die Studie des Fraunhofer Instituts nicht praxistauglich. Die gängige Rechtsprechung legt zur Ermittlung der Höhe eines Marktpreises das gewichtete Mittel (Modus) zugrunde. Aus den Tabellen der von Beklagtenseite vorgelegten Studie geht jedoch nur Mittelwert hervor. Dieser trifft keine Aussage über den am häufigsten genannten Wert. Ausweislich des auszugsweise vorgelegten Schwacke-Mietpreisspiegels 2006 liegt der Modus regelmäßig deutlich über dem arithmetischen Mittel, sodass die in der Studie des Fraunhofer Instituts aufgeführten Werte naturgemäß niedriger sind. Außerdem ist problematisch, dass im Rahmen der Erhebung eine Vorbuchungszeit von einer Woche angenommen wurde. Aus den vorstehenden Gründen handelt es sich bei der Studie des Fraunhofer Instituts nicht um eine unerlässliche fachliche Erkenntnis, die im Rahmen des § 287 ZPO Berücksichtigung zu finden hat und dem Schwacke-Mietpreisspiegel 2006 vorzuziehen ist bzw. Zweifel an dessen Geeignetheit aufkommen lässt.
Soweit die Beklagte die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür beantragt, dass der Schwacke-Mietpreisspiegel 2006 nicht die tatsächlichen Marktpreise abbilde, war diesem Beweisantrag nicht stattzugeben. Das Beweismittel ist nämlich zum Beweis der behaupteten Tatsache ungeeignet. Auch ein vom Gericht zu bestellender Sachverständiger müsste zur Ermittlung der Marktpreise für einen bereits vergangenen Zeitraum eine Befragung im einschlägigen Postleitzahlenbereich ansässigen Mietwagenunternehmer durchführen. Damit wären aber dieselben Fehlerquellen und Manipulationsmöglichkeiten eröffnet, die die Beklagte auch im Rahmen des Schwacke-Mietpreisspiegels 2006 befürchtet. Neue Erkenntnisse sind deshalb durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht zu erwarten.
Nach dem Schwacke-Mietpreisspiegel 2006 ist abzustellen auf den jeweils aufgeführten Modus-Wert, d.h. den Wert, der im maßgeblichen Bereich am häufigsten genannt wurde. Dieser liegt im Postleitzahlenbereich „245″ (= Anmietstation) bei einem Tagespreis von 105,– EUR brutto und einem 3-Tagespeis von 307,– EUR brutto. Damit ergibt sich ein Betrag in Höhe von 307,– EUR brutto für die geltend gemachten drei Tage, wobei allerdings aufgrund der Mehrwertsteuererhöhung von 16 % auf 19 % ab dem 01.01.2007 dieser Betrag auf € 316,21 inklusive 19 % Mehrwertsteuer zu erhöhen ist.
Die Klägerin hat weiter einen Anspruch auf die Erstattung der veranschlagten Bring-und Abholkosten in Höhe von 20,– EUR. Zur Wiederherstellung des Zustandes, der vor dem Unfall bestand, war der Geschädigte entsprechend § 249 BGB bei Verlassen der Werkstatt ein Fahrzeug zur Verfügung zu stellen. Ebenso hält sich die Abholung im Rahmen des Erforderlichen. Die angesetzten Beträge von jeweils 10,00 EUR sind angemessen.
Weiter hinzuzurechnen nach der Schwacke-Nebenkostentabelle 2006 Kosten für die Vollkaskoversicherung in Höhe von 69,– EUR für die angemieteten drei Tage. Ein Zuschlag für eine Vollkaskoversicherung ist erforderlich, weil einer Geschädigten, die ein Mietfahrzeug in Anspruch nimmt, mit Blick auf das gesteigerte Risiko nicht zuzumuten ist, das Mietfahrzeug ohne Vollkaskoschutz zu nutzen, unabhängig davon, ob für das eigene geschädigte Fahrzeug ein entsprechender Versicherungsschutz besteht. Wegen der Mehrwertsteuererhöhung sind diese 69,– EUR auf 70,78 EUR zu erhöhen.
Von dem danach erstattungsfähigen Normaltarif sind hier keine während der Mietdauer ersparten Eigenaufwendungen abzuziehen, weil der Geschädigte von vornherein ein klassentieferes Fahrzeug (Gruppe 7 der Schwacke-Liste 2006) als das beschädigte Fahrzeug angemietet und damit den Schadensumfang angemessen reduziert hat. Für das Gericht steht fest, dass der Geschädigte ein Fahrzeug der Gruppe 7 angemietet hat. Dies ergibt sich aus dem Mietvertrag, wo als angemietetes Fahrzeug ein Mercedes 220 CDI mit dem amtlichen Kennzeichen ……., welches mit dem in der Rechnung vom genannten übereinstimmt.
Hinzuzurechnen war ein pauschaler Aufschlag auf den Listenpreis in Höhe von 20 % für die unfallbedingten Mehrleistungen der Klägerin. Das Gericht hält gemäß Schätzung nach § 287 ZPO einen Aufschlag in Höhe von 20 % für angemessen. Im Hinblick auf die Besonderheiten der Unfallsituation und des Unfallersatzgeschäftes ist ein Aufschlag auf den Normatarif gerechtfertigt. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht rechtfertigen eine Vielzahl von speziellen Kosten und Risikofaktoren des Unfallersatzgeschäfts einen gegenüber dem Normaltarif erhöhten Tarif. Diese ergeben sich vorliegend aus dem Vortrag der Klägerin im Hinblick auf die notwendige Fahrzeugvorhaltung auch schlechter ausgelasteter Fahrzeuge, das Erfordernis der Einrichtung eines Notdienstes, das erhöhten Unterschlagungsrisiko, die Forderungsvorfinanzierung, das Risiko des Forderungsausfalls nach geänderter Bewertung der Haftungsanteile des Kunden am Unfallgeschehen, einen erhöhten Verwaltungsaufwand sowie höhere Kredit- und Finanzierungskosten sowie Zinsverlusten.
Zuzüglich des Aufschlages auf den Normaltarif in Höhe von 316,21 EUR ergibt sich ein Betrag in Höhe von 379,45 EUR, der sich um 20.– EUR wegen der Bring- und Abholkosten und 70,78 EUR wegen der Vollkaskoversicherung erhöht. Damit ergibt sich insgesamt ein erstattungsfähiger Betrag in Höhe von 470,23 EUR. Abzüglich der vorgerichtlich gezahlten 279,- EUR verbleibt ein erstattungsfähiger Schaden von 191,23 EUR.
Im Hinblick auf den weiter geltend gemachten Betrag hat die Klägerin nicht dargelegt, dass dieser Mehraufwand erforderlich war.
Die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von sind gemäß §§ 280 Abs. 2, 286 BGB zu ersetzen. Die Klägerin beauftragte ihre Prozessbevollmächtigten mit der außergerichtlichen Geltendmachung erst, nachdem die Beklagte in Zahlungsverzug geraten war. Ausgehend von einer 1,3 Geschäftsgebühr inklusive Auslagenpauschale nach einem Gegenstandswert von 191,23 EUR ergeben sich die vorliegend beantragten Kosten.
Soweit das AG Hamburg-St. Georg.