Mit Urteil vom 11.12.2008 (1 C 123/08) hat das AG Bretten die beteiligte Allianz Versicherungs-AG zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 2.023,09 € zzgl. Zinsen verurteilt. Das Gericht zieht die Schwacke-Liste als Entscheidungsgrundlage heran, die Fraunhofer Tabelle findet keine Anwendung.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige Klage ist nahezu vollständig begründet.
Die aus Anlass des Verkehrsunfalls vom 18.01.2007 angefallenen Mietwagenkosten sind i.H.v. 2.543,09 € erstattungsfähig (§§ 7 Abs. 1 StVG, 249 BGB, 3 PflichtVersG a.R). Unter Berücksichtigung der vorprozessual erbrachten Zahlung von 520,- € hat die Beklagte daher weitere 2.023,09 € zu zahlen.
Nach § 249 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Geschädigte als Herstellungsaufwand Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in seiner Lage für zweckmäßig und notwendig halten darf (BGHZ 160, 377). Der Geschädigte hat nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot im Rahmen des ihm Zumutbaren stets den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen.
Das bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs (innerhalb eines gewesen Rahmens) grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis verlangen kann.
Diesen grundsätzlichen Erwägungen folgend hat das Gericht den von der Mietwagenfirma berechneten Tarif mit den auf dem örtlich relevanten Markt Normaltarifen verglichen. Dabei hat das Gericht den Normaltarif auf der Grundlage des gewichteten Mittels des Schwacke-Mietpreisspiegels 2006 ermittelt.
Entgegen der Ansicht der Beklagten scheidet der Fraunhofer Mietpreisspiegel von vornherein aus, da er einen anderen Zeitraum betrifft. Die Ermittlung des Normaltarife auf der Grundlage des Schwacke-Mietpreisspiegels 2006 hält sich im Rahmen des tatrichterlichen Ermessens nach § 287 ZPO (BGH VI ZR 308/07). Dem Tatrichter steht es im Rahmen des durch § 287 ZPO eingeräumten Schätzungsermessens frei, ob er zur Bestimmung der Höhe erforderlicher Mietwagenkosten auf den Schwacke-Mietpreisspiegel aus dem Jahr 2006 oder auf eine andere Schätzgrundlage zurückgreift. Bedenken gegen eine Schätzgrundlage muss nicht durch Beweiserhebung nachgegangen werden, wenn eine andere geeignete Schätzgrundlage zur Verfügung steht. Dies ist mit der Schwacke-Liste 2006 der Fall.
Soweit die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 10.11.2008 pauschal auf ihr Vorbringen im Rahmen der Anhörung zum Prozesskostenhilfeantrag verweist,waren diese Verteidigungsmittel gem. § 298 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, da ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreite verzögert hätte und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht . Die Klage wurde der Beklagten am 10.10.2008 zugestellt. Daher hatte die Beklagte ausreichend Zeit vor dem 10.11.2008 ihre Verteidigungsmittel vorzubringen. Im übrigen hat die Klägerin zu dem Schriftsatz der Beklagten im Rahmen der Anhörung zum Prozesskostenhilfeantrag detailliert Stellung genommen, so dass für das Gericht überhaupt nicht nachvollziehbar ist, welche Angriffsmittel seitens der Beklagten
noch bestritten werden.
Die Klägerin war aufgrund ihrer Pflicht zur Schadensgeringhaltung gehalten, sich vor Anmietung nach günstigeren Tarifen zu erkundigen (BGH NJW 2006,2106). Da die Anmietung erst 4 Tage nach dem Unfall erfolgte, war eine Eil- oder Notsituation nicht gegeben. Auch war der Klägerin bereits bei der Anmietung klar, dass eine längere Anmietdauer zu erwarten war. Der Klägerin oblag die Erkundigungspflicht auch dann, wenn sie in der Anmietung eines Ersatzfahrzeugs unerfahren war. Ein vernünftig und wlrtschaftlicher Geschädigter muss unter dem Aspekt des Wirtschaftlichkeitsgebotes die Angemessenheit des Mietpreises hinterfragen und sich nach günstigeren Tarifen erkundigen. Dies hat die Klägerin nicht getan Daher hat die Klägerin nur einen Anspruch in Höhe des Normaltarifs (Moduswert der Schwacke-Liste 2006).
Die Klägerin hat Anspruch auf einen Zuschlag von 20 % auf den Normaltarif wegen unfallbedingter Mehraufwendungen. Der BGH hat einen pauschalen Aufschlag auf den Normaltarif für erwägungswert gehalten, um etwaige Mehrleistungen und Risiken bei der Vermietung an Unfallgeschädigte Rechnung zu tragen (BGH NJW 2006,1506). Die Klägerin hatte als Bezieherin von Leistungen nach SGB II (vulgo: Hartz IV-Empfängerin) keine ausreichenden Mittel zur Vorfinanzierung. Sie war nicht im Besitz einer Kreditkarte. Daher ist vorliegend ein Zuschlag von 20 % auf den Normaltarif gerechtfertigt.
Zusätzlich sind die Kosten der Haftungsbefreiung sowie für Zubringung und Abholung zu erstatten. Diese sind nach der Nebenkostentabelle zum Schwacke-Mietpreisspiegel neben dem Normaltarif erstattungsfähig (OLG Köln NZV 2007, 199). Der Klägerin stehen auch die Kosten den zweiten Fahrer (Lebensabschnittspartner benötigte auch das Fahrzeug) und für die Winterreifen jeweils in der tatsächlich angefallenen Höhe begrenzt jedoch durch die sich aus der Schwacke-Mietpreisliste ergebenden Beträge zu. Die Kosten für die Winterreifen sind bei der Anmietung eines Ersatzfahrzeugs grundsätzlich zu erstatten (LG Karlsruhe 4 O 199/08).
Da zum 01.01.2007 die Mehrwertsteuer von 16 auf 19 % erhöht wurde, ist auf die Werte der Schwacke-Liste 2006 ein Zuschlag i.H.v. 3 % vorzunehmen.
In Abzug zu bringen ist die Eigenerspamis i.H.v. 5 %.
Die erstattungsfähigen Mietwagenkosten errechnen sich somit unter Berücksichtigung der Schwacke-Liste 2006 für ein Fahrzeug der Gruppe 3 wie folgt:
3 x Wochenpauschale á 459- € 1.377,00 €
1 x Tagespauschale á 79,- € 79,00 €
abzgl. 5 % Eigenersparnis – 72,80 €
zuzüglich Vollkasko-Versicherung
3 x Wochenpauschale á 76,- € 228,00 €
1 Tag á 11,00 € 11,00 €
zzgl.. Zubringung/Abholung 25,00 €
Zwischensumme 1.647,20 €
zzgl. 3 % Mehrwertsteuer-Differenz aus 1.647,20 € 49,41 €
zzgl. Kosten für Winterreifen in tatsächlich angefallener 225,15 €
Höhe (189,20 € + 19 % Mehrwertsteuer)
zzgl. Kosten für zusätzlichen Fahrer in tatsächlich 330,13 €
angefallener Höhe (277,42 € zuzügl. 19 % Mehrwertsteuer)
2.251,89 €
zzgl. 20 % Aufschlag f. unfallbedingte Mehrleistungen 291,20 €
(20% aus 1.456 €)
2.543,09 €
abzüglich hierauf v.d. Beklagten Ziff. 2 gezahlter – 520,00 €
2.023,09 €
Soweit das AG Bretten.