Hallo Captain-Huk-Leser, der Aufruf nach neuen Urteilen hat auch in den westlichen Bundesländern Gehör gefunden. Deshalb heute wieder ein Urteil aus dem westlichsten Bundesland, dem Saarland. Nachfolgend gebe ich Euch das Urteil des AG Saarbrücken mit zutreffender Begründung bekannt und bitte um Eure Kommentare. Zum Hintergrund muss bemerkt werden, dass gerade diese Zivilprozessabteilung des AG Saarbrücken früher teils gegenteilig entschieden hatte, jedoch durch die Rechtsprechung des LG Saarbrücken – Berufungskammer – immer wieder abgeändert wurde. Allen Lesern, ob daheim oder unterwegs, wünsche ich ein schönes Wochenende.
Amtsgericht Saarbrücken
Geschäfts-Nr.: 120 C 50/11 (05)
Urteil
Im Namen des Volkes
In dem Rechtsstreit
des
Kläger
gegen Firma
wegen Schadensersatz aus Verkehrsunfall, hier: Sachverständigenkosten
hat das Amtsgericht Saarbrücken ohne mündliche Verhandlung am 31.03.2011 durch den Richter am Amtsgericht … für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von Sachverständigenkosten in Höhe von 274,57 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 19.02.2011 gem. Rechnung der … vom 11.08.2010 freizustellen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen anwaltlichen Gebührenschaden in Höhe von 43,31 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 19.02.2011 zu zahlen.
3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
5. Die Berufung wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Tatbestand entfällt gemäß § 313a Abs. 1 ZPO.
Entscheidunqsgründe
Die Klage ist begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Freistellung von Sachverständigenkosten in Höhe restlicher 274,57 € aus den §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 Abs. 1 VVG, 249 Abs. 2 BGB. Die grundsätzliche Haftung der Beklagten ist unstreitig. Zu den ersatzfähigen Kosten gehören auch diejenigen für ein Sachverständigengutachten, soweit dieses zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich ist (Palandt/Heinrichs, 63. Aufl., § 249, Rdnr. 40).
Zu erstatten sind die Kosten, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten als zweckmäßig und angemessen zur Schadensbeseitigung ansehen darf, dabei ist grundsätzlich auf seine spezielle Situation und seine Erkenntnismöglichkeiten Rücksicht zu nehmen (BGH, Urteil vom 23.01.2007, Az.: VI ZR 67/06). Da der Kläger Freistellung beantragt, ist unerheblich, ob er bereits an den Sachverständigen gezahlt hat.
Grundsätzlich darf der Geschädigte von der Erforderlichkeit der anfallenden Sachverständigenkosten ausgehen (LG Saarbrücken, Urteil vom 30.05.2008, Az. 13 S 20/08 und Urteil vom 21.02.2008, Az. 11 S 130/07). Erst wenn er erkennen kann, dass der Sachverständige das Honorar willkürlich festsetzt oder Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen, oder der Geschädigte ein Auswahlverschulden zu vertreten hat oder offensichtliche Unrichtigkeiten der Begutachtung verschuldet oder der Honorarberechnung missachtet, mindert sich sein Erstattungsanspruch (LG Saarbrücken, a.a.O.).
Ansonsten sind auch objektiv unangemessene und überhöhte Sachverständigenkosten zu erstatten, soweit dies für den Geschädigten nicht erkennbar ist, wovon aufgrund fehlender Möglichkeiten des Preisvergleichs regelmäßig auszugehen ist. Dem Geschädigten obliegt keine Erkundigungspflicht, er muss nicht mehrere Angebote einholen. Die Berechnung des Schadens kann nicht von rechtlichen Mängeln der zu seiner Beseitigung tatsächlich eingegangenen Verbindlichkeit, also zum Beispiel einer überhöhten Honorarrechnungen des Sachverständigen abhängig gemacht werden (LG Saarbrücken, Urteil vom 21.02.2008, Az. 11 S 130/07).
Die Vergütung des Sachverständigen darf sich an der Schadenshöhe orientieren (LG Saarbrücken, Urteil vom 25.09.2003, Az.: 2 S 219/02; Saarl. OLG, Urteil vom 22.07.2003, Az.: 3 U 438/02-46-; so nunmehr auch der BGH, Urteil vom 4.4.2006, NJW 2006, 2472; VersR 2006, 1131). Deshalb überschreitet ein Sachverständiger bei Routinegutachten den ihm eingeräumten Gestaltungsspielraum bei der Bemessung seines Honorars grundsätzlich nicht, wenn er dieses an der Schadenshöhe orientiert.
Aufgrund der Entscheidung des LG Saarbrücken vom 30.05.2008 (Aktenzeichen 13 S 20/08) geht das Gericht davon aus, dass die vom Sachverständigen berechnete Vergütung, bestehend aus Grundhonorar und Nebenkosten, nicht als unangemessen hoch betrachtet werden kann, wenn sie sich innerhalb des Honorarkorridors HB III der BVSK Honorarbefragung 2008/2009 hält und es dann nicht mehr auf die Frage der Erkennbarkeit einer Überhöhung für den Geschädigten ankommt.
Daran ändert sich auch durch die Tatsache nichts, dass das Landgericht Saarbrücken nun in mehreren Rechtsstreiten Gutachten über die Angemessenheit und Üblichkeit der Sachverständigenvergütung einholt. Ob dies zu einer Änderung der Rechtsprechung führen wird, bleibt abzuwarten.
Das erkennende Gericht hat bereits in früheren Entscheidungen auf die Vorbemerkungen zur BVSK Honorarbefragung hingewiesen. Dort wird im letzten Absatz ausgeführt dass bei sehr detaillierter Erhebung von Nebenkosten die Grundhonorare tendenziell geringer sind. Im Hinblick darauf hatte das erkennende Gericht zeitweise Kürzungen an der Sachverständigenvergütung vorgenommen. Diese Rechtsprechung wurde jedoch vom Landgericht Saarbrücken geändert.
Die vom Sachverständigen berechneten Kostenpositionen überschreiten den Honorarkorridor nicht. Daher kann das Honorar des Sachverständigen nicht als unangemessen überhöht angesehen werden. Das pauschale Bestreiten der Nebenkosten ist unbeachtlich. Die Fahrtkosten sind zurückgenommen. Der Kläger hat auch Anspruch auf Erstattung der außergerichtlichen Geschäftsgebühr seines Prozessbevollmächtigten.
Der Zinsanspruch folgt aus Verzug, §§ 286, 288 BGB. Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 269 Abs. 3, 708 Nr. 11, 713 ZPO. Die Voraussetzungen des § 511 Abs. 4 ZPO für die Zulassung der Berufung liegen nicht vor.
So das Urteil des AG Saarbrücken vom 31.3.2011 und nun Eure Kommentare.
Hi Willi Wacker,
danke für die netten Wochenendwünsche, aber bei dem durchwachsenen Wetter an der Nordseeküste kann man nur die Urteile auf Captain-HUK lesen. Zumindest ist das ein besserer Zeitvertreib als im kühlen Strandkorb zu sitzen.
Grüße aus dem Cux-Land
Ob dieses Urteil auch in Juris veröffentlicht wird?