Hinweisbeschluss des LG Ansbach zur Verwendung der Schwacke-Liste

In einem Hinweisbeschluss vom 11.02.2009 (1 S 1086/08) hat das LG Ansbach dargelegt, dass es die Auffassung des erstinstanzlich urteilenden AG Ansbach teilt und die Verwendung der Schwacke-Liste als Schätzgrundlage gem. § 287 ZPO anerkennt. Die Fraunhofer Tabelle wird auch hier abgelehnt.

Hier der Wortlaut:

Hinweis gem. § 522 Abs. 2 ZPO

Die Kammer beabsichtigt die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Ansbach vom 20.08.2008, Az. 2 C 759/07 durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzu­weisen, weil das Rechtsmittel keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grund­sätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern.

Gründe:

Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt die Kammer zunächst Bezug auf die Entschei­dungsgründe des erstinstanzlichen Urteils vom 20.08.2008 (Seite 6-11, Bl. 99-104 dA).

Das Erstgericht ist zurecht davon ausgegangen, dass der Kläger für die Dauer von 16 Tagen (17.04.-03.05.2007) einen Anspruch auf einen Mietwagen hatte. Ausweislich des erst am 20.04.2007 vorliegenden Sachverständigengutachtens betrug die Wiederbeschaffungsdauer 12-14 Tage. Diese Zeitspanne hat der Kläger mit der Zulassung des Ersatzfahrzeugs am 03.05.2007 – zulässigerweise – ausgeschöpft aber nicht überschritten. Selbstverständlich durfte der Kläger bzgl. der Anschaffung eines Ersatzwagens zunächst die Vorlage des Sachverständi­gengutachtens abwarten, denn erst hiernach stand verbindlich fest, ob das Unfallfahrzeug ggf. re­pariert werden kann bzw. welcher Betrag zur Ersatzbeschaffung zur Verfügung steht. Eine „In­vestition ins Blaue“ war dem Kläger insoweit nicht zumutbar.

Ebenso ist das Erstgericht zurecht davon ausgegangen, dass dem Kläger bzgl. der Höhe der Mietwagenkosten ein Anspruch auf Erstattung des im Vergleich zum Normaltarif höheren Unfal-lersatztarifes zusteht. Diese Kosten hat das Erstgericht in zulässiger Weise gem. § 287 ZPO un­ter Zugrundelegung des Normaltarifs der Schwackeliste für das Postleitzahlengebiet des Klä­gers geschätzt. Eine unvollständige Tatsachenermittlung gem. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO liegt inso­weit nicht vor.

Die Schwackeliste stellt weiterhin nach Auffassung des Gerichts eine geeignete Grundlage für die Schätzung des als erforderlichen Aufwand zur Schadensbeseitigung anzusehenden Normaltarifs im Rahmen des § 287 ZPO dar. Auch unter Berücksichtigung des Vortrags im Berufungsbegrün-dungsschriftsatz vom 22.10.2008 ergibt sich nichts anderes. Das Gericht ist sich bewußt, dass die Schwackeliste Manipulationen am Markt ausgesetzt ist. Dies gilt aber für jede Methode der rückwirkenden Ermittlung des zum Unfallzeitpunkt geltenden Tarifs. Würde man ein Sachverstän­digengutachten erholen, wäre auch der Sachverständige darauf angewiesen, dass die Mietwa­genanbieter zum Zeitpunkt der Gutachtenserstattung zutreffende Auskunft darüber erteilen, wie hoch die Mietwagenkosten für einen bestimmten Wagentyp an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit waren. Eine echte Marktanalyse wäre aufgrund der Vergangenheitsbetrachtung nicht durchführbar. Mit dem Bundesgerichtshof, der ausdrücklich die Heranziehung der Schwa­ckeliste als zulässig erachtet hat, geht die Kammer daher auch weiterhin davon aus, dass diese als Grundlage für eine Schätzung des Normaltarifs nach § 287 ZPO heranzuziehen ist. Etwas an­deres ergibt sich auch nicht aus der vom Beklagten zitierten Erhebung des Frauenhofer-Instituts aus Ende Mai 2008. Allein der Umstand, dass die vorgelegte Tabelle eine Differenzierung allein nach der ersten Ziffer der Postleitzahl (vorliegend also PLZ-Gebiet 9….) vornimmt, zeigt für die Kammer, dass diese Erhebung nicht ausreichend detailliert ist, um hierauf eine sachgerechte Schätzung nach § 287 ZPO zu stützen. Ebenso entspricht auch die Tatsache, dass Grundlage der Erhebung des Fraunhofer-Instituts ein Tarif ist, welcher eine Vorausbuchungsfrist von 7 Ta­gen beinhaltet, nicht den Gegebenheiten, die bei der kurzfristig notwendigen Anmietung eines Er­satzwagens infolge eines Unfalls vorliegen. Das Gericht hält auch vor dem Hintergrund, dass die Schwackeliste ein am Markt etablierter Mietpreisspiegel ist, daran fest, diesen als Schätzgrundla­ge heranzuziehen.

Das Erstgericht hat in seinen Entscheidungsgründen auch ausgeführt, dass vorliegend ein be­triebwirtschaftlicher Aufschlag auf den Normaltarif gerechtfertigt ist, da für den Mietwagenunter-nehmer aufgrund der Unfallbedingtheit der Anmietung des Ersatzfahrzeugs ein erhöhtes Ausfallri­siko, Forderungs-, Finanzierungs- und Stundungskosten, Unterschlagungsrisiko, Vorhaltekosten, geringere Fahrzeugauslastung und höhere Personalkosten zu berücksichtigen sind. Diese Mehr­kosten sind klägerseits auch nicht konkret vorzutragen, da ein pauschaler Aufschlag gerade bein­haltet, dass die allgemeinen Kosten nicht in jedem Fall konkret entstehen, sondern als Pauschale für alle auftretenden und denkbaren Fälle aufgeschlagen werden. Ansonsten könnte kein pauschaler Aufschlag gemacht werden, sondern es müssten in jedem Einzelfall die konkret entstan­denen Kosten beispielsweise für Forderungsausfallrisiko und Anmietung außerhalb der Ge­schäftszeit berechnet werden. Durch den pauschalen Aufschlag soll eine aufwendige Beweisauf­nahme, die dann notwendig wäre, aber gerade vermieden werden.

Die Entscheidung des Amtsgerichts Ansbach widerspricht auch nicht der aktuellen Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 11.03.2008, AZ. VI ZR 164/07 (NJW 2008, 1519 ff). Zwar führt der Bundesgerichtshof aus, dass im Hinblick auf die gebotene subjektbezogene Schadensbetrach­tung der Geschädigte den Normaltarif übersteigende Mietwagenkosten nur verlangen könne, wenn er darlegt und erforderlichenfalls beweist, dass ihm unter Berücksichtigung seiner individu­ellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für ihn bestehenden Schwierigkei­ten unter zumutbaren Anstrengungen auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt – zumindest auf Nachfrage – kein wesentlich günstigerer Normaltarif zugänglich war. Der Ge­schädigte könne nämlich nach § 249 BGB grundsätzlich nur den zur Herstellung „erforderlichen“ Betrag ersetzt verlangen, so gelte dies erst recht für die ausnahmsweise Ersatzfähigkeit an sich nicht erforderliche Aufwendungen wegen der Nichtzugänglichkeit eines „Normaltarifs“ (NJW 2008 Seite 1520). Insoweit verweist der Senat jedoch auf seine vorangegangene Entscheidung vom 14.02.2006 (NJW 2006, 1506 ff). Hier hat der BGH aber gerade festgestellt, dass im Rahmen der Frage der objektiven Erforderlichkeit eines „Unfallersatztarifs“ der Tatrichter im Rahmen einer Schätzung nach § 287 ZPO nicht genötigt ist, die Kalkulationsgrundlagen des konkreten Anbieters im Einzelnen betriebswirtschaftlich nachzuvollziehen. Vielmehr komme es darauf an, ob etwaige Mehrleistungen und Risiken bei der Vermietung an Unfallgeschädigte generell einen erhöhten Ta­rif – unter Umständen auch durch einen pauschalen Aufschlag auf den „Normaltarif – rechtferti­gen. Hier liegt eine solche objektive Erforderlichkeit aufgrund der genannten Mehrleistungen und Risiken vor, so dass es auf die subjektbezogene Schadensbetrachtung, auf welche der BGH in seinem Urteil vom 11.03.2008 abstellt, gerade nicht mehr ankommt. Die Inanspruchnahme des Unfallersatztarifs war bereits objektiv erforderlich.

Die Berufung hat mithin keine Aussicht auf Erfolg.

Soweit das LG Ansbach.

Urteilsliste “Mietwagenkosten” zum Download >>>>>

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