Am 16.08.06 hat das LG Münster durch den Vizepräsidenten des LG, Thiemann, sowie die Richter am LG, Haase und Dr. Terharn für Recht erkannt:
"Die Berufung der Beklagten gegen das am 10.02.06 verkündete Urteil des AG Steinfurt wird zurückgewiesen."
Wieder einmal ging es um die Erstattung eines Gutachterhonorares nach entsprechender Regulierungsverweigerung durch die HUK Coburg.
Die Berufungskammer des LG Münster führt in den Urteilsgründen wie folgt aus:
"Die Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Zu Recht hat das AG die Beklagte verurteilt, an den Kläger weitere, noch nicht ausgeglichene Sachverständigenkosten für die Erstellung eines Kfz-Schadensgutachtens in Höhe von 737,64 € nebst Zinsen zu zahlen.
1.
Gem. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB hat der Schädiger die Kosten eines Sachverständigengutachtens zur Ermittlung des dem Geschädigten entstandenen Sachschadens zu ersetzen, soweit diese zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind (Palandt / Heinrichs, BGB 65. Auflage, Rn. 40 zu § 249 BGB). Angesichts des Umfanges des dem Kläger bei dem Verkehrsunfall an seinem Kfz entstandenen Schadens war die Einholung eines Schadensgutachtens zur Ermittlung der Schadenshöhe zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig. Denn es war zu bewerten, ob die Schadensabrechnung auf der Basis einer Reparatur des Fahrzeuges oder auf der Grundlage des Wiederbeschaffungswertes unter Berücksichtigung eines evtl. Restwertes zu erfolgen hat. Dementsprechend wird auch von der Beklagten nicht in Zweifel gezogen, dass sich der Kläger zur Ermittlung seines Schadens eines SV bedienen konnte.
2.
Die Beklagte ist auch verpflichtet, dem Kläger den vollen vom SV mit Rechnung vom 18.05.05 in Rechnung gestellten Betrag von 999,57 €, den der Kläger unter dem 18.05.05 ausgeglichen hat, zu ersetzen. Die gegen die Höhe des in Rechnung gestellten Betrages erhobenen Einwendungen der Beklagten greifen im Ergebnis nicht durch. Insofern verkennt die Kammer nicht, dass die Höhe des Schadens vom Geschädigten darzulegen und zu beweisen ist. Denn der Geschädigte kann nur solche Kosten ersetzt verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Der Geschädigte ist gehalten, im Rahmen des Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg zur Schadensbehebung zu wählen (vgl. für den Fall der Mietwagenkosten Urteil des BGH v. 09.05.06, VI ZR 117/05). Dies bedeutet, dass der Geschädigte im Grundsatz bei der Inanspruchnahme von Leistungen Dritter zur Schadensbehebung von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt erhältlichen Tarifen im Grundsatz nur den günstigeren Tarif ersetzt verlangen kann. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat der Geschädigte darzulegen und ggfls. zu beweisen.
Im Rahmen der sekundären Darlegungslast muss allerdings der Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung darlegen, dass und aus welchen Gründen dies im konkreten Fall nicht geschehen ist. Denn ohne entsprechende Darlegungen ist es dem Geschädigten nicht möglich, auf der Grundlage des konkreten Schadensfalles darzulegen und ggfls. zu beweisen, dass sich die von ihm zur Schadensbehebung ausgelösten Kosten bzw. eingegangenen Verbindlichkeiten im Rahmen des zur Schadensbehebung erforderlichen Betrages gehalten haben. Entsprechende Darlegungen der Beklagten fehlen im konkreten Fall. Die Beklagte hat zwar umfangreich und unter Benennung sämtlicher in der Versicherungswirtschaft herausgebrachter Argumente vorgetragen, sie halte die Rechnung des SV für übersetzt, eine Honorarabrechnung auf der Grundlage der Höhe des ermittelten Sachschadens überschreite die Grenze des Erforderlichen, eine solche Abrechnung sei nicht üblich, die Rechnung des SV sei nicht ausreichend prüffähig, ja willkürlich und gehe am konkreten Fall vorbei. Damit hat die Beklagte aber nicht dargelegt, dass und unter welchen Voraussetzungen der Kläger ein Sachverständigengutachten zur Ermittlung der Schadenshöhe anders als von ihm in Auftrag gegeben hätte erhalten können.
3.
Dem Kläger ist ein Schaden in der geltend gemachten Höhe entstanden. Mit schriftlichem Auftrag vom 10.05.05 ist zwischen dem Kläger und dem beauftragten SV vereinbart worden, dass als Honorar des Gutachters "Festpreise für die im Individualfall zu erbringenden Einzelleistungen nach einer umseitig aufgedruckten Preisliste" als vereinbart gelten. Die vom SV erstellte Rechnung ist auf dieser Grundlage erstellt und entspricht damit der gem. § 631 Abs. 1 BGB vereinbarten Vergütung. Dass die vom SV erstellte Rechnung der Vereinbarung der Parteien des Werkvertrages entspricht, wird auch von der Beklagten letztlich nicht bezweifelt. Die von der Beklagten gegen die Höhe der Rechnung vorgetragenen Argumente greifen vorligend mithin wegen der zwischen dem Kläger und dem SV getroffenen konkreten Vereinbarung über die Höhe des Werklohnes nicht. Allenfalls wegen eines Teilbetrages von 50 €, der bei der Wertermittlung des Fahrzeuges zusätzlich berücksichtigt worden ist, kommt eine Prüfung des Rechnungsbetrages gem. § 632 Abs. 2 BGB in Betracht. Insofern hatten die Parteien nämlich neben den vereinbarten Festpreisen für einzelne Aufgabenstellungen im Rahmen der Erstellung des Sachverständigengutachtens vereinbart, dass weitere "im Individualfall erforderliche Aufwendungen und Beratungen" zusätzlich berechnet werden sollten. Diesbezüglich hat der SV Mehraufwand für die Berücksichtigung der umfangreichen Sonderausstattung des beschädigten Fahrzeuges bei der Wertermittlung mit 50 € in Ansatz gebracht. Dass diese Position unangemessen sei, ist nicht ersichtlich und wird konkret von der Beklagten auch nicht vorgetragen.
4.
Die gegen die Höhe des geltend gemachten Schadens erhobenen Einwendungen der Beklagten im Übrigen, die sich im Kern aus dem Vertragsverhältnis des Klägers zu dem SV ableiten, greifen ebenfalls vorliegend nicht durch. Mit dem in Rechnung gestellten Betrag wird im Wesentlichen die vereinbarte Vergütung gem. § 631 Abs. 1 BGB und hinsichtlich eines Teiles der Vergütung ein nach § 632 Abs. 2 BGB nicht zu beanstandender Betrag geltend gemacht. Soweit die Beklagte die Rechnung des SV unter Bezugnahme auf § 315 BGB für unangemessen hält ist diese Regelung nicht anwendbar. Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift ist nur dann eröffnet, wenn die Leistung nach der Vereinbarung von Parteien von einem der Vertragsschließenden bestimmt werden soll. Dies setzt im Rahmen eines Werkvertrages voraus, dass keine Vergütung vereinbart, dass eine im Sinne des § 632 Abs. 2 BGB übliche Vergütung nicht feststellbar und eine ggfls. bestehende Vertragslücke durch ergänzende Vertragsauslegung nicht zu schließen ist (vgl. Urteil d. BGH v. 04.04.06, X ZR 80/05, Seite 9 ua und X ZR 122/05, S. 11 ua). Ohne dass es im konkreten Fall darauf ankommt sei darauf hingewiesen, dass auch für den Fall der Anwendbarkeit des § 315 BGB die Abrechnung des Honorars auf der Grundlage der Höhe des ermittelten Schadens im Grundsatz nicht die Grenzen billigen Ermessens überschreitet. Eine an der Schadenshöhe orientierte angemessene Pauschalierung des Honorars trägt nämlich dem entscheidend ins Gewicht fallenden Umstand Rechnung, dass das Honorar des SV die Gegenleistung für die Feststellung des wirtschaftlichen Wertes der Forderung des Geschädigten ist (vgl. BGH a. a. O.) ..
Nach alledem war die Berufung der Beklagten als unbegründet zurückzuweisen. Einer Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO bedurfte es nicht. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und erfordert auch nicht eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Denn die Entscheidung beruht unter Anwendung der in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze auf der Bewertung des Einzelfalles."
Fazit:
Im vorliegenden Fall hat der SV einen Festpreis als Honorar für sein Gutachten vereinbart. Bezeichnend ist der Satz: "Die von der Beklagten gegen die Höhe der Rechnung vorgetragenen Argumente greifen vorliegend mithin wegen der zwischen dem Kläger und dem SV getroffenen, konkreten Vereinbarung über die Höhe des Werklohnes nicht."
Alle SV sind erneut – ich tue das bereits seit Jahren – aufgerufen, mit ihren Kunden Werklohnvereinbarungen zu schließen, und zwar bestenfalls schriftlich und bestenfalls über Festpreise.
Klargestellt wird in dem Urteil weiter, dass § 315 BGB nicht einschlägig ist.
Diese Angemessenheitsregel greift natürlich nur im Falle nicht ausdrücklich vereinbarten Honorares, also im Falle eines um die Honorarfrage lückenhaften Werkvertrages.
Dort wo ein Honorar vereinbart ist, ist § 315 BGB schlicht unanwendbar.
Obwohl die HUK Coburg nunmehr in dem Urteil nachlesen kann, dass ihre Rechtsansichten, mit denen sie auch Geschädigte oder deren Anwälte außergerichtlich behelligt, falsch sind, werden die Textbausteine nicht verändert und die Geschädigten werden nach wie vor mit falschen Rechtsansichten behelligt.
Diesem Umstand werde ich mich noch gesondert widmen.
Mitgeteilt von Peter Pan im September 2006
Ein schöner Nickname von Haarsträubend!
Zum eingestellten Urteil, „Es geht doch“!
Haubentaucher wäre besser.
Warum?
Weil ein Taucher immer eine Haube vor dem Gesicht und nur einen kleinen Kreis im Blickfeld seiner Maske hat.
Daher auch „Beschränkte“ Sichtfelder.
NaNaNa,
keine solch verbalen Angriffe gegen meine BESCHRÄNKT arbeitenden Kollegen. Die können doch auch nichts für die Stratschedie unserer großen MUTTER.
@Hukmän
Wollen Sie hier Prallelen zum Schießbefehl der ehemaligen DDR ziehen nach dem Motto: Die handeln ja alle auf Anweisung und sind persönlich nicht verantwortlich?
Rechtsbeugung und Betrug durch Versicherer.
Hallo Nick,
nicht ganz so. Aber fast so. Doch etwas anders.
In der heutigen Zeit wird man bestraft wenn man etwas anstellt. Insbesondere dann, wenn das Unrecht bekannt ist.
Aber, wo kein Gewissen ……..