Mit Urteil vom 17.02.2009 (18 O 313/08) hat das LG Bonn die beteiligte Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 8.490,96 € zzgl. Zinsen aus insgesamt 21 Verkehrsunfällen verurteilt. Dies auf der Grundlage der Schwacke-Liste, die Fraunhofer Tabelle findet keine Anwendung.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige Klage ist vollumfänglich begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 8.555,61 Euro aus §§ 7 Abs. 1 StVG, 249 Abs. 2 BGB i.V.m. § 3 Nr. 1 PflVG i.V.m. § 398 BGB.
Nach § 249 Abs. 2 BGB kann ein Geschädigter vom Schädiger den zur Schadenskompensation erforderlichen Geldbetrag verlangen. Zu den Kosten der Schadensbehebung nach einem Verkehrsunfall gehören grundsätzlich auch die Kosten für die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges. Allerdings sind die Mietkosten nicht unbegrenzt erstattungsfähig, sondern nur soweit ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten sie für zweckmäßig und notwendig halten darf (BGH, Urteil vom 15.02.2005 – VI ZR 160/04; Urteil vom 19.04.2005 – VI ZR 37/04).
Ein gegenüber dem normalen Tarif für Selbstzahler („Normaltarif“) erhöhter Unfallersatztarif kann erforderlich i.d.S. sein, wenn die Mehrkosten aus betriebswirtschaftlicher Sicht gerechtfertigt sind, d.h. auf unfallbedingten Mehrleistungen des Vermieters beruhen (BGH, Urteil vom 15.02.2005-VI ZR 160/04).
Das Gericht schließt sich hinsichtlich der konkreten Berechnung der ersatzfähigen Kosten auch zur Aufrechterhaltung einer einheitlichen Rechtsprechung im Bezirk des Oberlandesgerichts Köln nach wie vor der bisherigen und den Parteien bekannten Berechnungsweise an (vgl. OLG Köln, Urteil vom 02.03.2007 – 19 U 181/06; Beschluss 15.07.2008 – 4 U 1/08; LG Bonn Urteil vom 12.10.2007 – 18 O 173/07, Urteil vom 08.09.2007 -18 0 174/07, Urteil vom 02.02.2007 – 231/06; Beschluss vom 04.04.2008 -4 U 1/08 sowie LG Bonn, Urteil vom 21.06.2007 -90 110/07, Urteil vom 25.04,2007 – 5 S 197/06, Urteil vom 16.12.2008 – 18 0 242/08).
Der auf dem Markt übliche Normaltarif kann gemäß § 287 ZPO auf Grundlage eines anerkannten Automietpreisspiegels geschätzt werden. Das Gericht darf die Höhe des Schadens nach § 287 ZPO schätzen, wenn die Beweiserhebung einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde. Ein Sachverständiger müsste die Automietpreise für die jeweiligen Regionen feststellen. Dies könnte er nur durch aufwendiges Befragen der Autovermieter. Dieser Aufwand erscheint dem Gericht unverhältnismäßig, da eine entsprechende Analyse des Marktes für das gesamte Bundesgebiet differenziert nach Postleitzahlen erfolgt und im Schwacke-Automietpreisspiegel festgehalten ist.
Entgegen der Ansicht der Beklagten ist der Schwacke-Automietpreisspiegel im Modus-Tarif für das jeweilige Postleitzahlengebiet nach wie vor eine geeignete Schätzgrundlage (BGH Urteil 24.06.2008 – VI ZR 234/07). Es mag zwar sein, dass der Modus nicht exakt den Durchschnittspreis wiederspiegelt, da bei der Erhebung nicht berücksichtigt wird, in welchem Umfang die Anbieter mit ihrem jeweiligen Angebot auf dem Markt vertreten sind. Gleichwohl dürfte er ein möglichst realistisches Abbild der Marktlage wiedergeben, sofern es auf dem Markt, insbesondere auch auf dem Internetmarkt, überhaupt noch eine konstante Preisbildung gibt. Für die Schwacke-Liste spricht vor allem die große Anzahl an Befragungen und berücksichtigten Preisen, die Abbildung regionaler Unterschiede durch Differenzierung nach dreistelligen Postleitzahlbezirken sowie die umfassende Berücksichtigung sämtlicher möglicher Preisbestandteile.
Es ist nicht ersichtlich, dass die von den Versicherern in Auftrag gegebene Untersuchung des Fraunhofer-Instituts auf überzeugendere Weise zu verlässlicheren Schätzungsgrundlagen gekommen ist. Entscheidender ist jedoch, dass die Untersuchungen mit Differenzierung nach zwei Ziffern der PLZ bei weitem nicht so breit gestreut waren, wie sie es bei den nach drei PLZ-Gebieten strukturierten Ermittlungen von Schwacke gewesen sind. Die Fraunhofer-Untersuchungen geben zum weit überwiegenden Teil nur Auskunft über 6 Internetanbieter. Marktkonformer dürften dagegen jene Preise sein, die breit gestreut, möglichst ortsnah und unter der Prämisse eingeholt worden sind, dass der Wagen möglichst sofort zur Verfügung stehen muss. Längere Vorbuchungsfristen werden dem Markt für schnell zur Verfügung stehende Unfallersatzwagen nicht gerecht. Die mit einer solchen Vorbuchungsfrist ermittelten Preise dürfen deshalb nicht in die Vergleichsbetrachtung einbezogen werden. Darüber hinaus hat die Fraunhofer -Studie Preise für Aufschläge und Zuschläge, welche wesentliche Teile eines Endpreises darstellen können, unberücksichtigt gelassen. Es ist gerichtsbekannt, dass eine Vielzahl von regional und überregional tätigen Mietwagenunternehmern im hiesigen Bezirk für die hier streitigen Nebenleistungen entsprechende Zuschläge verlangen, weswegen nur unter Berücksichtigung dieser weiteren, für die Betroffenen oft notwendigen Zusatzleistungen ein realer Marktpreis ermittelt werden kann.
Auf den als Normalpreis ermittelten Wert darf – wie von nahezu allen Gerichten praktiziert – für den Unfallersatzwagenvermieter ein angemessener pauschaler Aufschlag vorgenommen werden. Dieser rechtfertigt sich aus den typischerweise bei einer Unfallersatzanmietung anfallenden Mehrkosten für den Vermieter. Zu diesen typischen Mehrleistungen gehören etwa die Vorfinanzierung, das Ausfallrisiko, die Vorhaltung schlechter ausgelasteter Fahrzeuge und das Erfordernis der Einrichtung eines Notdienstes (so schon LG Bonn, Urteil vom 07.09.2007 -18 0 174/07 und Urteil vom 12.10.2007 -18 0 173/07; siehe auch zuletzt BGH – Urteil vom 24.06.2008 – VI ZR 234/07). Dabei kommt es entgegen der Auffassung der Beklagten nicht darauf an, ob diese Mehrleistungen im konkreten Einzelfall immer aktuell geworden sind. Der Sinn der Pauschale besteht ja gerade darin, die typischerweise beim Unfallwagenersatzvermieter zu erwartenden Mehrkosten mit einem bestimmten Prozentsatz aufzufangen. Diese Mehrkosten fallen zudem unabhängig davon an, ob ein Unfallgeschädigter das Fahrzeug noch am Unfalltage oder einen Tag später anmietet. Hinsichtlich der Höhe dieses Prozentsatzes soll es bei den 20 % verbleiben, die im Bezirk des OLG Köln auf der Basis des Urteils des 19. Zivilsenats vom 02.03.2007 (Az 19 U 181/06; NZV 2007, .199 ff.) durchgehend als angemessen angesehen werden.
Nicht zu beanstanden ist im Rahmen von § 287 ZPO auch, dass die Klägerin für alle Fälle die Schwacke-Liste 2007 zugrunde gelegt hat, obwohl die Anmietung im Jahre 2008 erfolgte. Aufgrund der fortschreitenden Preisentwicklung kann sich dies rechnerisch nur zugunsten der Beklagten auswirken.
Darüber hinaus sind die hier tatsächlich angefallenen Nebenkosten auf der Grundlage der Schwacke-Liste 2007 ersatzfähig (OLG Köln NZV 2007, 199 ff.).
Die Kosten für eine Vollkaskoversicherung des Mietfahrzeugs sind erstattungsfähig, und zwar unabhängig davon, ob die geschädigten Fahrzeuge entsprechend versichert waren oder nicht. Denn der durch einen Unfall Geschädigte ist während der Mietzeit einem erhöhten wirtschaftlichen Risiko ausgesetzt (BGH, Urteil vom 12.02.2005 – VI ZR 74/04). Er hat regelmäßig ein schutzwürdiges Interesse daran, für die Kosten einer eventuellen Beschädigung des Mietfahrzeugs nicht selbst aufkommen zu müssen, zumal Mietwagen in der Regel neuer und damit höherwertiger sind als die beschädigten Fahrzeuge (OLG Köln aaO).
Auch die Winterreifen sind unabhängig davon erstattungsfähig, ob auch die geschädigten Fahrzeuge über eine solche Bereifung verfügten. Wie die Beklagte zutreffend vorträgt, besteht seitens der Autovermieter die Pflicht, den Kunden ein verkehrssicheres Auto zu Verfügung zu stellen, zu welchem in den Wintermonaten auch Winterreifen gehören. Da Neufahrzeuge regelmäßig nur über Sommerreifen verfügen, fallen den Autovermietern durch die Anschaffung und Bereithaltung von Winterreifen besondere Ausgaben zur Last, die sie im Rahmen der Preisgestaltung an ihre Kunden weitergeben dürfen. Dabei sind Winterreifen auch nicht als Preisbestandteile des Normaltarifs anzusehen.
Gegen die Erstattungsfähigkeit der Zustell- und Abholkosten kann die Beklagte nicht einwenden, die Geschädigten hätten im Rahmen ihrer Schadensminderungspflicht ein günstigeres Taxi nehmen müssen. Das Stationsnetz der Klägerin ist nicht derart eng gestrickt, dass innerhalb weniger Kilometer eine Anmietung möglich ist. Im übrigen würde auch eine Anfahrt von wenigen Kilometern mit dem Taxi einen wesentlichen Teil der hier in Rechnung gestellten Zustellkosten ausmachen. Es ist dem Geschädigten nicht zuzumuten, Zeit für eine umständliche Eigenbeschaffung aufzuwenden und dafür finanziell in Vorleistung zu gehen, wenn hierdurch die Kosten voraussichtlich nur unwesentlich und je nach örtlicher Lage auch gar nicht gemindert werden können.
Da die Mietfahrzeuge unstreitig von weiteren Fahrern genutzt wurden, sind auch die Kosten für einen Zusatzfahrer zu ersetzen.
Die Kosten für eine Anmietung außerhalb der Geschäftszeiten in den Fällen 14 und 20 sind ebenfalls erstattungsfähig. Die Unfälle ereigneten sich jeweils an einem Sonntagmittag, so dass ein besonderer Servicezuschlag zur Wiederherstellung des Status quo ante gerechtfertigt war.
Die nach den oben genannten Grundsätzen ermittelten Kosten begrenzen den Schadensersatzanspruch der Klägerin. Die ursprünglichen Rechnungen bleiben maßgeblich, soweit diese hinter den nach Schwacke ermittelten Werten zurückbleiben (Fälle 1, 3, 4, 7, 13, 14, 17). Entgegen der Ansicht der Beklagten darf die Klägerin die Gesamt-Rechnungssummen mit den nach Schwacke ermittelten maximalen Gesamtsummen vergleichen. Das Gericht schließt sich insoweit der in der Rechtsprechung vertretenen Ansicht an, wonach der Autovermieter hinsichtlich der Vergütung für Nebenleistungen nicht an die Berechnung der Nebenleistungen in seiner Rechnung gebunden ist. Es wäre unangemessen, die Klägerin bei der Berechnung der erforderlichen Mietwagenkosten einerseits an die Höhe der in der Rechnung ausgewiesenen Vergütung für die Nebenleistung zu binden, soweit die in Rechnung gestellten Preise unterhalb des Schwacke – Automietpreisspiegels liegen, andererseits aber die Rechnungspositionen, die den vergleichsweise herangezogenen Spiegel überschreiten, auf das Niveau des Mietpreisspiegels zu kürzen. Dies würde dem betriebswirtschaftlichen Ansatz des Bundesgerichtshofs nicht gerecht, da die Kalkulation eines jeden Betriebs anders ist und es letztendlich nicht zu Lasten des einzelnen Anbieters gehen kann, wenn er etwa Nebenleistungen – anders als andere Anbieter – nicht mit einem Gewinnaufschlag versieht und seinen Gewinn einzig aus den von ihn berechneten Tarifsätzen zieht, ohne dass dies im Ergebnis zu einer unangemessenen Erhöhung der Gesamtvergütung führt. Erforderlich ist daher ein Gesamtvergleich (Urteil des LG Bonn vom 14.05.2008, 5 S 190/05; Urteil des LG Aachen vom 25.07.2007, zitiert auf Bl. 181 d.A.).
Auch die weiteren Einwände der Beklagten gegen einzelne Abrechnungspositionen sind unbegründet. Die Erforderlichkeit der Mietdauer von 23 Tagen im Fall Nr. 10 ist durch den vorgelegten Reparaturablaufplan belegt, welcher keine schuldhaften Verzögerungen erkennen lässt. Die Abrechnung von Bruttobeträgen im Fall 4 begegnet ebenfalls keinen Bedenken. Der Geschädigte ist hier nicht vorsteuerabzugsberechtigt, weil die Fahrzeuganmietung kein Umsatzgeschäft im Rahmen der Tätigkeit eines Diakonischen Werks darstellt. In den Fällen 9 und 15 hat die Klägerin bereits zutreffend netto-Beträge in ihre Berechnungen einfließen lassen.
Bezüglich der konkreten Berechnung kann auf die Berechnungen der Klägerin Bezug genommen werden. Weitere Abzüge sind lediglich vorzunehmen, soweit die Klägerin ihre noch ausstehenden Forderungen nicht am Maßstab von Schwacke, sondern an die Differenz zu den von ihr in Rechnung gestellten Summen eingeklagt (Fälle 1, 3, 4, 7, 13, 14, 17). In diesen Fällen sind nur 85% der in Rechnung gestellten Kosten für die Zusatzfahrer zuzusprechen. Dies entspricht der zwischen den Parteien während des Prozesses getroffenen Vereinbarung, wonach 15% der Kosten für die Zusatzfahrer, die das Gericht für erstattungsfähig ansieht, abgezogen werden sollen. Diesen Abzug hat die Klägerin in ihrer korrigierten Berechnung vom 08.01.2009 (Bl. 185 ff. d.A.) noch nicht vorgenommen, soweit sie die Differenz zu den in Rechnung gestellten Beträgen einklagt. Für die betroffenen Fälle ergeben sich damit die nachstehende Berechnung: (wird ausgeführt)
Die zuviel geforderten 64,65 Euro waren von der Klageforderung von 8.555,61 Euro in Abzug zu bringen, so dass sich ein erstattungsfähiger Betrag von 8.490,96 Euro ergab.
Aus den obigen Ausführungen folgt, dass die der Klageforderung zugrunde liegenden Einzelbeträge im Übrigen vollumfänglich erstattungsfähig sind. Soweit die Klägerin hinsichtlich des Falles 20 in dem Klageantrag für die Zinsen einen Betrag von 428,62 Euro zugrunde gelegt hat, handelt es sich ausweislich der beigefügten Rechnungen und der Übersicht zur Forderungsberechnung offensichtlich um einen Schreibfehler, richtigerweise lautet der Betrag 482,62 Euro. Auch die Klageforderung ergibt sich nur bei Zugrundelegung dieses Betrages.
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 BGB. Verzug mit den einzelnen Rechnungsforderungen trat jeweils 30 Tage nach Rechnungsstellung ein (§ 286 Abs. 3 BGB). Da die Klägerin jeweils Zinsen ab Zeitpunkten fordert, die deutlich später als einen Monat nach Rechnungsstellung liegen, und die Beklagte den Rechnungszugang nicht bestritten hat, ist der Zinsanspruch gegeben.
Soweit das LG Bonn