Hallo Captain-HUK-Leser, jetzt kommt auch ein Urteil aus Hessen. Lest aber das Sachverständigenhonorarurteil des AG Darmstadt vom 10.5.2010 – 309 C 6/11 – selbst. Wie so oft ist die HUK-Coburg Haftpflichtunterstützungskasse die beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung. Sie lernt es nicht. Das von ihr wieder einmal vorgetragene Gesprächsergebnis mit dem BVSK wurde vom Gericht mit deutlichen Worten verworfen. Das Gericht führt wie folgt aus: „Die Beklagte kann nicht einseitig die Höhe eines angemessenen Sachverständigenhonorars auf diese Weise durch das Gesprächsergebnis bestimmen.“ Was ist Eure Meinung?
Amtsgericht Darmstadt Verkündet am:
Aktenzeichen: 309 C 6/11 10.05.2011
I m N a m e n d e s V o l k e s
U r t e i l
In dem Rechtsstreit
Sachverständiger
Klägerin
gegen
HUK Coburg Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse kraftf. Beamter Deutschlands a.G. Coburg, vertr. d.d. Vorstand Dr. W. Weiler u.a., Willi-Hussong-Str. 2, 98442 Coburg
Beklagte
hat das Amtsgericht Darmstadt im schriftlichen Verfahren gemäß § 495 a ZPO am 10.05.2011 durch Richterin am Amtsgericht … für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 321,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4.12.2010 zu zahlen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Berufung gegen das Urteil wird nicht zugelassen.
5. Der Streitwert wird auf 321,80 € festgesetzt.
Tatbestand
(Von der Darstellung wird gemäß § 313a ZPO abgesehen).
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist in voller Höhe begründet.
Die Klägerin hat einen Anspruch aus §§ 7, 17 StVG, 115 VVG, 823 Abs. 1, 249, 398 BGB gegen die Beklagte auf Erstattung von Sachverständigenkosten in Höhe von 321,80 Euro.
Die Klägerin ist Forderungsinhaberin hinsichtlich der Sachverständigenkosten nach der wirksamen Abtretung des Unfallgeschädigten … am 28.9.2010 geworden, § 398 BGB.
In der schriftlichen Abtretungserklärung der Parteien heißt es: „Ich trete hiermit meine Schadensersatzansprüche aus dem genannten Unfall erfüllungshalber gegen den Fahrer, den Halter und den Versicherer des unfallbeteiligten Fahrzeuges in Höhe der Gutachterkosten einschließlich Mehrwertsteuer unwiderruflich an das Kfz-Sachverständigenbüro … ab“.
Diese Erklärung ist nach ihrem Sinn und Zweck so auszulegen, dass der Geschädigte die Ansprüche, die ihm auf Erstattung von Sachverständigengebühren zustehen gegen den Unfallverursacher an das Sachverständigenbüro abtritt. Die abgetretene Forderung ist hiermit hinreichend bestimmt. Die Parteien wollten keine Übersicherung des Sachverständigen erreichen, sondern es dem Sachverständigenbüro lediglich ermöglichen, die dort entstandenen Kosten beim Unfallgegner einzuziehen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Wortlaut der Erklärung. Nur insoweit hat das Sachverständigenbüro ein rechtliches Interesse an der Beitreibung der Forderung und ist es auch später tätig geworden. Es bestand keine Veranlassung dafür, weitergehende Ansprüche aus dem Unfall an den Sachverständigen abzutreten. Im weiteren Vertragstext wird auch immer nur auf die Sachverständigenkosten Bezug genommen.
Die Klägerin kann gegen die Beklagte im eigenen Namen aus dem erfüllungshalber abgetretenen Recht gemäß § 5 Rechtsdienstleistungsgesetz vorgehen.
Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, die Sachverständigenkosten seien überhöht. Die Haftung für alle Schäden dem Grunde nach aus dem Unfall vom 24.5.2010 in Weiterstadt ist zwischen den Parteien unstreitig. Der Schädiger hat die Kosten vom Sachverständigengutachten zu ersetzen, soweit diese zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nötig sind, § 249 Abs. 2 BGB. Sie gehören zum erforderlichen Herstellungsaufwand, wenn eine vorherige Begutachtung zur tatsächlichen Durchführung der Wiederherstellung des Kfz erforderlich und zweckmäßig ist (vgl. BGH VersR 1974, 90).
Nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB hat der Schädiger den zur Wiederherstellung der beschädigten Sache erforderlichen Geldbetrag zu zahlen. Wahrt der Geschädigte den Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen, sind weder der Schädiger noch das Gericht im Schadensersatzprozess berechtigt eine Preiskontrolle durchzuführen (vgl. BGH VersR 2004, 1189).
Maßgeblich ist, ob sich die an den Sachverständigen gezahlten Kosten im Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen halten (vgl. BGH VersR 2007, 560).
Der Geschädigte ist im Regelfall berechtigt, einen qualifizierten Gutachter seiner Wahl mit der Erstellung des Schadensgutachtens zu beauftragen. Er kann die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen (BGHZ 115, 364). Im vorliegenden Fall konnte der Geschädigte das Sachverständigenbüro … mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragen. Bei den Sachverständigen handelt es sich um öffentlichbestellte und vereidigte Sachverständige für Kraftfahrzeugschäden. Der Beklagte durfte Vertrauen in eine korrekte Abrechnung des Büros haben. Ein Auswahlverschulden des Geschädigten ist in keiner Weise ersichtlich. Das Sachverständigenbüro erstellte ein verwertbares Gutachten, das der Schadensabrechnung zugrunde gelegt werden konnte. Der Geschädigte war auch nicht zur Erforschung eines Marktes verpflichtet, um einen möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen (vgl. BGHZ 163, 362). Zwar hat sich ein sogenannter „Unfallersatztarif“ für Ersatzmietwagen nach Unfällen entwickelt. Es kann jedoch nicht festgestellt werden, dass sich eine derartige Marktsituation auch bei der Erstellung von Kfz-Schadensgutachten etabliert hat (so auch BGH VersR 2007, 560).
Das Risiko einen zu teuren Sachverständigen zu beauftragen ist zwar grundsätzlich gegeben. Im vorliegenden Fall gibt es hierfür keine Anhaltspunkte. Grundsätzlich ist die Pauschalierung eines Sachverständigenhonorars nach der Höhe des eingetretenen Schadens am Kfz durch den Sachverständigen nicht zu beanstanden. Die Höhe des Sachverständigenhonorars von 497,30 Euro brutto steht im Vergleich zum festgestellten Schaden in Höhe von 1.718,35 Euro nicht außer Verhältnis. Die weiter abgerechneten Nebenkosten hat der Sachverständige im Einzelnen nachvollziehbar dargelegt und abgerechnet. Bei der Restwertermittlung fiel eine Abrufgebühr an, da am regionalen Markt keine Angebote zu erzielen waren im Internet. Der Sachverständige erstellte drei Fotosätze, für die auch entsprechende Kosten anfallen. Schließlich musste das Gutachten auf 45 Seiten dreifach ausgedruckt werden, so dass auch der Schreibaufwand, bei dem nur 8 Seiten berechnet wurden, angemessen erscheint. Die Beklagte kann sich insofern nicht darauf berufen, nach dem Gesprächsergebnis zwischen der HUK-Coburg und dem BVSK sei lediglich ein Sachverständigenhonorar von 351,00 Euro bei einem Schaden bis zu 1.500,00 Euro begründet. Die Beklagte kann nicht einseitig die Höhe eines angemessenen Sachverständigenhonorars auf diese Weise bestimmen. Der Geschädigte hat im Zweifel zum Zeitpunkt der Beauftragung des Sachverständigen auch keinen Überblick vom Sachverständigenmarkt. Ihm ist vor der Begutachtung seines Kraftfahrzeuges auch nicht bekannt, in welcher Höhe ein Schaden anzusetzen ist, so dass ein Vergleich von Gutachterkosten auf der Basis von schadensabhängigen Berechnungen kaum möglich erscheint.
Nach alledem war der Klage in voller Höhe stattzugeben.
Die Klägerin hat Anspruch auf 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach der endgültigen ernsthaften Zahlungsablehnung seitens der Beklagten am 3.12.2010 gemäß §§ 286 Abs. 2, 288 BGB.
Die Entscheidung zu den Kosten beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 11 711, 713 ZPO.
Die Berufung war mangels des Vorliegens der Voraussetzungen des § 511 Abs. 4 ZPO nicht zuzulassen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO.
So die Amtsrichterin der 309. Zivilabteilung des AG Darmstadt. Und nun Eure Kommentare.
Hi Willi,
gut an dem Urteil ist folgender Satz:“…Die Beklagte kann sich insofern nicht darauf berufen, nach dem Gesprächsergebnis zwischen der HUK-Coburg und dem BVSK sei lediglich ein Sachverständigenhonorar von 351,00 Euro bei einem Schaden bis zu 1.500,00 Euro begründet. Die Beklagte kann nicht einseitig die Höhe eines angemessenen Sachverständigenhonorars auf diese Weise bestimmen…“ Die Amtsrichterin in Darmstadt hat es durchschaut. Mit dem Gesprächsergebnis will die HUK-Coburg das Sachverständigenhonorar der Höhe nach bestimmen, obwohl es keine „Sachverständigenvergütungsordnung“ oder so etwas gibt. Solche Urteile mit solchen markanten Sätzen müsstet ihr mehr bringen. Mit solchen Sätzen wird die HUK-Coburg entlarvt. Macht weiter so.
@Die Beklagte kann nicht einseitig die Höhe eines angemessenen Sachverständigenhonorars auf diese Weise bestimmen.
Moin, moin,
so isses. Mit dem Gesprächsergebnis will die HUK von sich aus das Honorar bestimmen. Dat lassen wi nich zu. Dat is auch nich rechtens.