Mit Urteil vom 20.01.2009 (2 C 236/08) hat das AG Pforzheim den LVM Landwirtschaftlichen Versicherungsverein Münster aG zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 856,74 € zzgl. Zinsen sowie Freistellung in Höhe von 236,44 € verurteilt. Das Gericht zieht in seiner Entscheidung die Schwacke-Liste als Entscheidungsgrundlage heran, eine deutliche Absage wird an die Fraunhofer Tabelle erteilt.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige Klage erwies sich als im Wesentlichen begründet.
Der Beklagte kann zunächst nicht damit gehört werden, dass dem Kläger ein wesentlich günstigerer Tarif auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt – zumindest auf Nachfrage – zugänglich gewesen sei (vgl. Urteil des BGH vom 04.07.2006, VI ZR 237/05). Denn dies würde nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung voraussetzen, dass der in Rechnung gestellte Tarif deutlich, im Durchschnitt um mindestens 100 % über dem Normaltarif liegt. Dies war hier aber gerade nicht der Fall, wie sich aus den weiter unten folgenden Berechnungen ergibt.
Danach war der dem Kläger in Rechnung gestellte Tarif nicht derart überhöht, dass ein vernünftiger und wirtschaftlich denkender Geschädigter sich nach einem anderen, günstigeren Tarif hätte erkundigen müssen. Abgesehen davon ist der Geschädigte auch nach der jüngsten Rechtsprechung des BGH nicht gehalten, unter sämtlich angebotenen Tarifen den denkbar günstigsten in Anspruch zu nehmen und eine Art „Marktforschung“ zu betreiben. Weiterhin war vorliegend auch und gerade von einer Eil- bzw. Notsituation bei der Anmietung des Ersatzfahrzeuges auszugehen; der Unfall ereignete sich am 18.12.2007 gegen 06:50 Uhr, die Anmietung des Ersatzfahrzeuges erfolgte am selben Tag um 08:10 Uhr. Die Anmietung des Ersatzfahrzeuges erfolgte zwar an einem Montag und mithin einem Werktag, zur sofortigen Wiederherstellung seiner Mobilität – was sich Insbesondere aus dem zeitlichen Ablauf ergibt – war der Kläger jedoch berechtigt, unmittelbar und mithin ohne weitergehende „Ermittlungen„ ein Ersatzfahrzeug anzumieten.
Bei der Feststellung der Höhe der zu ersetzenden Mietwagenkosten schließt sich das Gericht ausdrücklich sowohl dem Landgericht Karlsruhe (9 S 510/07, Urteil vom 25.04.2008) als auch insbesondere dem Oberlandesgericht Karlsruhe (Urteil vom 18.09.2007, 13 U 217/06 sowie vom 17.03.2008, 1 U 17/08) an, wonach als Ausgangspunkt der Normaltarif auf der Grundlage des gewichteten Mittels bzw. Modus der Schwacke-Liste gemäß § 287 ZPO geschätzt werden kann. Die Schwacke-Liste 2007 bildet eine geeignete Schätzgrundlage, da diese keine erheblichen methodischen Mängel bei der Datenerhebung und deren Auswertung aufweist und keine ausreichenden und nachgewiesenen Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die eingetretene Preissteigerung allein ein Reflex auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist. Insbesondere war nicht zwingend den Erhebungen des Fraunhoferinstitutes Vorrang zu geben; dem Tatrichter steht es im Rahmen des durch § 287 ZPO eingeräumten Schätzungsermessens frei, auf die Schwacke-Liste zurückzugreifen. Bedenken gegen eine Schätzgrundlage muss nicht durch Beweiserhebung nachgegangen wenden, wenn eine andere geeignete Schätzgrundlage zur Verfügung steht (BGH, Urteil vom 14.10.2008, VI ZR 308/07).
Weiterhin ist ein Zuschlag für unfallbedingte Mehraufwendungen anzusetzen, den das erkennende Gericht in Übereinstimmung mit dem Oberlandesgericht Karlsruhe (Urteil vorn 18.09.2007, 13 U 217/06) sowie dem Landgericht Karlsruhe (Urteii vom 10.10.2008, 9 S 20/08) auf 20 % schätzt. Das Oberlandesgericht Köln (Urteil vom 02.03.2007, 19 U 181/06) hat zutreffend ausgeführt, dass ein pauschaler Aufschlag auf den Normaltarif bei der Vermietung von Unfallersatzfahrzeugen wegen vermehrter Beratungs- und Serviceleistungen etc. selbst aus Sicht der Versicherungswirtschaft gerechtfertigt und geboten ist.
Damit war vorliegend auf die Schwacke-Liste 2007 im Postleitzahlengebiet 751.. sowie einen Pkw der Gruppe 7 abzustellen. Danach belaufen sich die reinen Mietwagenkosten auf insgesamt 1.463,- € (2 Wochen zu je 731,50 €). Hiervon war im Anschluss an das Landgericht Karlsruhe (DAR 03, 321) und das Oberlandesgericht Karlsruhe (Urteil vom 26.01.2001, 10 U 200/00) ein Abzug von 5 % bzw. 73,15 € für ersparte Eigenaufwendungen vorzunehmen, woraus sich ein Betrag in Höhe von 1.389,85 € ergibt. Hier auf war – obigen Ausführungen folgend – ein Aufschlag von 20 % bzw. 277,97 € vorzunehmen, woraus ein Betrag in Höhe von 1.667,82 € folgt. Hinzu kommen des Weiteren die Kosten für eine Vollkaskoversicherung in Höhe von insgesamt 312,- € (2 Wochen zu je 156,- €). Damit ergibt sich ein dem Kläger hinsichtlich der Mietwagenkosten insgesamt zustehender Betrag in Höhe von 1.979,82 €; die streitgegenständliche Rechnung der X Autovermietung GmbH liegt sogar noch geringfügig darunter. Der Kläger kann daher grundsätzlich vollumfänglichen Ersatz der Mietwagenkosten beanspruchen; dies jedoch mit der Einschränkung, dass eigenem Vortrag nach von ihm ein Teilbetrag in Höhe von 236,44 € noch nicht beglichen wurde. In Höhe dieses Betrages kam daher lediglich dar zuerkannte Freisteillungsanspruch und mithin kein Zahlungsanspruch in Betracht, demzufolge war die Klage insoweit als unbegründet abzuweisen. Nichts anderes ergibt sich insbesondere auch aus dem von dem Klägervertreter in diesem Zusammenhang angeführten Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 10.10.2008 (9 S 20/08).
Weiterhin kann der Kläger wie begehrt eine Nutzungsausfallentschädigung für insgesamt 16 Tage verlangen. Der Kläger hat in diesem Zusammenhang nachvollziehbar dargelegt, dass aufgrund der Feiertage und der Betriebsferien der Reparaturwerkstatt eine frühere Reparatur nicht in Betracht kam. Angesichts dessen sowie der Tatsache, dass der Geschädigte nicht das sogenannte Werkstattrisiko und damit auch nicht die Mehrkosten trägt, die ohne seine Schuld verursacht worden sind (s. hierzu jüngst bspw. OLG München, Urteil vom 25.07.2008, 10 U 2539/08), kann das in diesem Zusammenhang pauschale Bestreiten der Beklagten keinen Erfolg haben.
Soweit das AG Pforzheim.