Der Amtsrichter der 9. Zivilabteilunng des AG Rosenheim hat die Beklagte mit Urteil vom 29.01.2009 ( 9 C 1377/08 ) verurteilt, an die Klägerin restlichen Schadensersatz in Höhe von 275,55 Euro zu zahlen sowie die Klägerin von aussergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 46,41 Euro nebst Zinsen freizustellen.
Entscheidungsgründe:
A.
Hinsichtlich des Betrages von 275,55 €, über den nach der in der mündlichen Verhandlung vom 4.12.2008 erklärten Klagerücknahme noch zu entscheiden war, erwies sich die zulässige Klage als vollumfänglich begründet.
I. Nach Auffassung des Gerichts kann die Klägerin die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Reparaturwerkstätte auch dann verlangen, wenn sie ihren Schaden auf Gutachterbasis abrechnet.
Der BGH führt in seinem Porsche-Urteil zwar aus, dass der Geschädigte, der mühelos eine ohne Weiteres zugängliche günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit hat, sich auf diese verweisen lassen muss.
Allerdings lässt das Obiter dictum des BGH keine definitiven Schlüsse dahin zu, ob die Wendung „gleichwertige, kostengünstigere Reparaturmöglichkeit“ auf eine solche einer anderen markengebundenen Fachwerkstatt oder einer „sonstigen“ Fachwerkstatt abzielt.
Daher ist der Fall nach allgemeinen Grundsätzen des Schadensrechts zu beurteilen. Würde man dem Geschädigten bei Abrechnung auf fiktiver Basis nur den Ersatz der Kosten zubilligen, die bei Ausführung der Arbeiten in einer sonstigen Fachwerkstatt anfallen, unterliefe man die Dispositionsfreiheit des Geschädigten, wonach dieser bei der Wahl der Mittel der Schadensbehebung als auch in der Verwendung des Schadensersatzes frei ist. Mit diesem Grundsatz wäre es unvereinbar, hinsichtlich der Höhe der Reparaturkosten danach zu differenzieren, ob der Geschädigte die Reparatur vornehmen lässt oder nicht (vgl, LG Essen, in NJW 2008,1391 f.). Dies zeigt nicht zuletzt hier auch deutlich der Beklagtenvortrag, wonach die Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt von Beklagtenseite ersetzt worden wäre, sofern die Klägerin die Reparatur tatsächlich vorgenommen hätte (vgl. Klageerwiderung vom 2.7.2008, S. 3).
Die Reparatur in einer anderen, „sonstigen“ Fachwerkstatt stellt keine Naturalrestitution dar, die das Integritätsinteresse des Geschädigten befriedigen kann. Denn anders als von der Beklagtenseite vorgetragen, kann es nicht nur eine Rolle spielen, dass Original-Ersatzteile verwendet werden, sondern auch, dass die markengebundene Werkstatt über Spezialwerkzeug sowie über eigens geschultes Personal verfugt. Dieser Gesichtspunkt ist im Übrigen unabhängig von dem in Rede stehenden Schaden. Denn auch bei der Behebung von vermeintlichen Bagatell- und Blechschäden kann im Einzelfall die Verwendung von Spezialwerkzeug erforderlich sein sowie der Einsatz herstellerseits geschulten Personals.
Der Verweis der Beklagtenseite auf das schadensrechtliche Bereicherungsverbot geht fehl; Dieses greift nämlich erst dann ein, wenn der Geschädigte durch das Schadensereignis besser gestellt würde als ohne. Dies wäre nur dann der Fall, wenn der Geschädigte die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt nicht ersetzt verlangen könnte, eine Frage, die es aber gerade erst zu klären gilt (vgl. AG Oldenburg, Urt. vom 26.2.3008, Az. 22 C 816/07).
Nach alledem war den Beweisangeboten der Beklagten hinsichtlich der Gleichwertigkeit der von ihr vorgeschlagenen „sonstigen“ Fachwerkstatt mangels Entscheidungserheblichkeit nicht nachzugeben.
II. Nach Auffassung des erkennenden Gerichts sind UPE-Aufschläge auf Ersatzteile sowie
Verbringungskosten auch dann ersatzfähig sind, wenn ein Verkehrsunfallschaden lediglich
auf Gutachterbasis abgerechnet wird.
Dies ist in Rechtsprechung und Literatur zwar umstritten. Das Gericht folgt jedoch der Auffassung, die eine Ersatzfähigkeit jedenfalls dann bejaht, wenn der Anfall dieser Kosten regional üblich ist. Dies ergibt sich letztlich aus § 249II BGB, wonach der Geschädigte den zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag verlangen kann. Würde man dies anders sehen, wären die UPE-Aufschläge sowie die Verbringungskosten nur bei tatsächlich durchgeführter Reparatur ersatzfähig. Jedoch ist bei Abrechnung auf Gutachtensbasis gerade eine tatsächlich durchgeführte Reparatur nicht maßgebend.
Die Klägerin hat mit Vorlage der Anlage zum Schriftsatz vom 18.12.2008 zur Überzeugung des Gerichts dargetan, dass sowohl die Verbringungskosten als auch die UPE-Aufschläge regelmäßig bei Reparaturen in der Region, in der die Klägerin ansässig ist, anfallen.
III. Pauschale Unkosten im Zusammenhang mit einem Unfall sind bis zu dem klägerseits veranschlagten Betrag von 30 € ersatzfähig, § 2871 ZPO. Nachdem die Beklagte hiervon 20 € ausgeglichen hat, waren die restlichen 10 € zuzusprechen.
IV. Gesetzliche Zinsen hinsichtlich Ziffer 1 waren nicht zuzusprechen, § 308 I ZPO. Diese waren, nicht beantragt; eine anderweitige Auslegung des Antrags ist angesichts des eindeutigen Wortlauts nicht möglich,
V. Die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten sind nur aus einem Betrag von 275,55 € ersatzfähig, mithin in Höhe von 46,41 €. Nachdem die Beklagte die Bezahlung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten bestritten hat, die Klägerin hierfür jedoch keinen Beweis angetreten hat, war lediglich auf Freistellung von diesen Kosten, zu erkennen. Der Zinsanspruch ergibt sich hinsichtlich der Rechtsanwaltskosten aus dem Gerichtspunkt des Verzuges,
B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 1,269 III 3 ZPO.
Die Beklagte hat hier den Betrag von 499,09 6 dem‘ Wunsch des Klägervertreters entsprechend am 11.6,2008, also vor Anhängigkeit des Rechtsstreits am 20.6.2008, direkt an den Gutachter überwiesen. Es entsprach daher billigem Ermessen, der Klägerin insoweit die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen. Es wäre nämlich der Klägerin, durchaus zumutbar gewesen, die Zahlungseingange, insbesondere durch nochmalige Nachfrage gegenüber dem Sachverständigen, an den die Beklagte die Zahlung nach Aufforderung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin hätte leisten sollen, m kontrollieren.
C. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11,713
ZPO.
So der Amtsrichter des AG Rosenheim.
Hallo Willi Wacker,
goldene Worte aus Rosenheim!
Vielen Dank für das Urteil
Babelfisch
Hi Willi Wacker,
obwohl mit dem sog. Porsche-Urteil die Rechtslage auch für die Versicherer endgültig geklärt sein dürfte, werden immer noch durch die sog. „Streichfirmen“ die Stundenverrechnungssätze gekürzt. Immer noch müssen Instanzgerichte das bereits ausgepaukte Thema immer wieder entscheiden. Als Richter würde ich die Beklagte schlicht und ergreifend auf das BGH-Urteil hinweisen sowie die vielen nachfolgenden Instanzurteile, gelistet in http://www.captain-huk. de. Auch die Problematik der UPE-Zuschläge und Verbringungskosten bei fiktiver Schadensabrechnung ist bereits mehr als einmal auch durch Obergerichte entschieden worden.
So werden Versicherungsprämien verschleudert, statt der Versicherungsfunktion, nämlich angerichtete Schäden zu ersetzen, nachzukommen. Diese letztere Verpflichtung ergibt sich übrigens aus dem Gesetz!
Wieder ein schönes Urteil. Danke Willi!
Werkstatt-Freund