Hallo verehrte Captain-Huk-Leser, nun zum Wochenende noch ein Urteil des AG Freiburg, das gegen den VN der HUK-Coburg erging, nachdem der Amtsrichter sogar ein Sachverständigengutachten hinsichtlich des geltend gemachten Sachverständigenhonorares eingeholt hat. Zur Vorgeschichte sei erwähnt, dass der Geschädigte den Schädiger, dessen Fahrzeug bei der HUK-Coburg haftpflichtversichert ist, direkt in Anspruch nahm. Zugunsten des Geschädigten erging ein Versäumnisurteil, gegen das Einspruch eingelegt wurde. Nach dem Versäumnisurteil war der Beklagte verurteilt worden, 267,68 € nebst Zinsen und Kosten zu zahlen. Dabei wurde der Beklagte durch den von der HUK-Coburg gestellten RA. M. aus Köln vertreten. Das Amtsgericht Freiburg hat das Versäumnisurteil nach Beweisaufnahme aufrechterhalten. Gegen dieses Urteil hat der Beklagte Berufung eingelegt, die von der Berufungskammer des LG Freiburg entschieden wurde. Das Berufungsurteil werde ich nach dem Wochenende dann auch bekannt geben. Das Urteil wurde erstritten und dem Autor zugesandt von Herrn RA. Lutz Imhof aus Aschaffenburg. Ich wünsche Euch ein schönes gewitterarmes Wochenende.
Aktenzeichen:
2 C 4262/08
Verkündet am
06.10.2010
Amtsgericht Freiburg im
Breisgau
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
M. S. aus S.
– Kläger –
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte D. I. & P. aus A.
gegen
W. R. aus F.
– Beklagter –
Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt B. M. aus K.
wegen Schadensersatzes
hat das Amtsgericht Freiburg im Breisgau durch den Richter am Amtsgericht … am 06.10.2010 auf die mündliche Verhandlung vom 15.09.2010
für Recht erkannt:
1.
Das Versäumnisurtei! vom 12.02.2009 wird aufrechterhalten.
2.
Der Beklagte trägt die weiteren Kosten des Rechtsstreits.
3.
Das Urteil ist vorläufig gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages vollstreckbar.
Die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil darf nur gegen Leistung dieser Sicherheit fortgesetzt werden.
Tatbestand
Der Kläger macht restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall geltend.
Der Beklagte fuhr am 15.082007 in Hinterzarten, aus einer Parklücke ausfahrend, rückwärts auf das stehende Fahrzeug des Klägers auf. Die Haftung des Beklagten dem Grunde nach ist zwischen den Parteien unstreitig. Die Reparaturkosten betrugen netto 2.134,84 Euro. Für sein Gutachten hatte der Sachverständige, Herr Dipl.-Ing. M., dem Kläger am 20.08.2007 einen Betrag in Höhe von 648,85 Euro in Rechnung gestellt.
Wegen der Einzelheiten der Honorarrechnung wird auf die vorgelegte Anlage (As. 23) Bezug genommen.
Die Kfz-Haftpflichtversicherung des Beklagten [ hierbei handelt es sich um die HUK-Coburg; Anm. des Autors] leistete vorprozessual hierauf einen Teilbetrag in Höhe von 381,17 Euro,
Der Kläger behauptet, der Sachverständige habe das Gutachten ordnungsgemäß erstellt. Bei der Bemessung seines Grundhonorars habe der Sachverständige die Netto-Reparaturkosten zugrunde gelegt.
Der Beklagte wurde am 12.02.2009 aufgrund seiner Säumnis zur Zahlung von 267,68 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 08.09.2007 verurteilt.
Gegen das am 17.02.2009 zugestellte Versäumnisurteil hat der Beklagte mit einem beim Amtsgericht Freiburg am 19.02.2009 eingegangenen Schriftsatz Einspruch eingelegt.
Der Kläger beantragt zuletzt
– das ergangene Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.
Der Beklagte beantragt,
– das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht, das geltend gemachte Honorar des Sachverständigen M. sei auch nicht ansatzweise erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 BGB.
Unabhängig davon stelle die EDV-Abrufgebühr Bestandteil des Grundhonorars dar. Sowohl die Schreibgebühr von jeweils 3,57 Euro brutto als auch die Fotokosten für 16 Lichtbilder in Höhe von 42,84 Euro brutto seien übersetzt.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens, das der Sachverständige Franz H. mündlich erläutert hat.
Bezüglich des Beweisergebnisses wird Bezug genommen auf das schriftliche Gutachten vom 02.06.2010 (As. 455-473) sowie auf das Protokoll vom 15.09.2010 (As. 659-663).
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Einspruch wurde form- und fristgerecht eingelegt, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Das Gericht hat zunächst einmal im Beschluss vom 26.03.2009 darauf hingewiesen, dass die BVSK-Honorarbefragung für die Frage der Angemessenheit der Vergütung nicht bindend ist. Nach richtiger Ansicht hat der Sachverständige vielmehr nach billigem Ermessen sein Honorar bestimmen, § 315 BGB. Dies stellt zugleich den gemäß § 249 Abs. 2 BGB erforderlichen Geldbetrag dar.
Der Sachverständige Franz H. hat in seinem schriftlichen Gutachten vom 02.06.2010 nachvollziehbar dargelegt, dass es „kein übliches Sachverständigenhonorar, sondern nur einen üblichen Abrechnungsmodus gebe, welcher sich am jeweiligen Gegenstandswert orientiere“. Der Sachverständige hat auch ausgeführt, dass das Gutachten durch den Sachverständigen M. „ordentlich erstellt wurde“. Es gehe inhaltlich über die Mindestanforderung der Kammern bzw. Berufsverbänden sogar hinaus.
Soweit der Beklagte Vergleichswerte mit anderen Sachverständigenhonoraren dargestellt habe, handele es sich um Sachverständige, die eine entsprechende Sondervereinbarung getroffen hätten. Zusammenfassend bezeichnete der Sachverständige das geltend gemachte Honorar als korrekt. Das Honorar liege sogar noch 76,19 Euro unter dem zu erwartenden Honorar.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 15.09.2010 hat der Sachverständige ergänzend ausgeführt, dass es sich bei der – vom Beklagten bestrittenen – EDV-Abrufgebühr um eine Gebühr handele, die im Einzelfall erforderlich sei. Bei dem Betrag in Höhe von 15,00 Euro für Porto-/Telefonkosten handele es sich um eine kalkulierte Pauschale. Was die Kosten für Kopierseiten bzw. Schreibgebühr anbelangt, so würden diese in der grundsätzlich berechneten Bandbreite liegen.
Ein vom Beklagten geltend gemachter Verstoß des Klägers gegen die Schadensminderungspflicht ist unter diesen Umständen nicht zu erkennen.
Der Einholung eines weiteren Gutachtens bedarf es nicht, § 412 ZPO.
Die Ausführungen des Sachverständigen waren nachvollziehbar und erschöpfend. Auf eine vom Beklagten geltend gemachte „Ortsüblichkeit“ kommt es nicht an. Im übrigen sind die Ausführungen des Sachverständigen zum Gesprächsergebnis BVSK vorliegend nicht entscheidungsrelevant.
Das Versäumnisurteil ist deshalb mit der Kostenfolge des § 91 ZPO vollumfänglich aufrechtzuerhalten.
Die Nebenforderung hat ihre Anspruchsgrundlage in den §§ 286, 288 BGB, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit in § 709 ZPO.
Gem. § 511 Abs. 1, Abs. 4 ZPO wird die Berufung zwecks Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zur Frage der Erforderlichkeit im Sinne des § 249 BGB zugelassen.
Nun bitte Eure Kommentare.
@ Willi Wacker 26.8.2011 19:33
„Ein vom Beklagten geltend gemachter Verstoß des Klägers gegen die Schadensminderungspflicht ist unter diesen Umständen nicht zu erkennen.“
Hi Willi,
immer häufiger liest man in Schriftsätzen der HUK-Anwälte, dass der Geschädigte seine Schadensminderungspflicht verletzt habe, als er den Sachverständigen beauftragt hatte, der die geltend gemachten Kosten berechnet. Wie und wo soll die Verletzung der Schadensgeringhaltungspflicht begangen worden sein? Das bleibt offenbar Geheimnis der HUK-Coburg und ihrer Rechtsvertreter. Wenn das Unfallopfer nach einem unverschuldeten Unfall, der durch einen VN der HUK-Coburg verursacht worden ist, einen qualifizierten Sachverstänsdigen seiner Wahl beauftragt, dann ist er dazu berechtigt. Dieses Recht kann ihm auch die HUK-Coburg nicht absprechen. Im Zeitpunkt der Beauftragung kennt das Unfallopfer auch nicht die Höhe des Unfallschadens. Zur Ermittlung des Unfallschadens wird ja gerade der Sachverständige beauftragt. Wie hoch sein Honorar sein wird, kann das Unfallopfer auch nicht erfragen, denn hierzu ist der Sachverständige erst in der Lage, wenn das Gutachten versandfertig ist. Denn der Sachverständige ist berechtigt, sein Honorar in Relation zur Schadenshöhe zu berechnen. Dementsprechend berechnet dann nach Fertigstellung des Gutachtens dieser sein Honorar. Dieser Honorarbetrag ist dann der Schadensbetrag des Unfallopfers, den es von dem Schädiger ersetzt verlangen kann. Der Schädiger hat diesen Betrag an das Unfallopfer ohne Wenn und Aber zu erstatten, wenn der Geschädigte sich im Rahmen des Erforderlichen gehalten hat. Da er keine Erkundigungspflichten hat, kann ihm auch kein Vorwurf gemacht werden, dass er gerade diesen Sachverständigen beauftragt hat. Also, sehr geehrte HUK-Anwälte, wo soll die Schadensminderungspflichtverletzung liegen? Die gibt es nicht!! Eine Kostenminderungspflicht gibt es ebenfalls nicht. Die steht auch nicht im Gesetz. Also ist der diesbezügliche Vortrag der HUK-Anwälte völliger Nonsens. Darauf fallen die Gerichte auch nicht mehr herein.
Wenn die hinter dem Schädiger stehende Haftpflichtversicherung meint, das berechnete Honorar des Sachverständigen sei überhöht, so muss sie sich die Bereicherungsansprüche gem. § 255 BGB analog abtreten lassen und dann selbst gegen den Sachverständigen ihr Recht suchen. Das bedeutet aber, dass die HUK-Coburg darlegen und beweisen muss, dass das berechnete Honorar als Schadensposition in der Höhe nicht erforderlich sei. Die Darlegungs- und Beweislast hat die HUK-Coburg, und nicht umgekehrt, wie die HUK-Anwälte immer weismachen wollen. Deshalb ist es besonders wichtig, dass derartige Urteile, wie das obige aus Freiburg, hier eingestellt werden. Ich kann daher Sir Toby in seinem Kommentar zu dem historischen Bochumer Urteil nur zustimmen. Für seine unermüdliche Arbeit verdient dieser Blog das Bundesverdienstkreuz. Das würde diesem Blog zur Aufklärung der Unfallopfer besser zustehen als dem Herrn H., der nunmehr beim GDV präsidiert.
Grüße
Max
Das war doch mal ein schön teurer Spaß für die HUK. An welcher Stelle versuchen sie diese Kosten wieder woanders einzusparen? Am sinnvollsten am Vorstand, der seine Angestellten immer wieder zu rechtswidrigen Kürzungen zwingt?
Viele Grüße
Andreas
@Andreas
Teurer Spass?,anscheinend mit der Betonung auf „Spass“!
Die Coburger Rechtsabteilung ist wohl schon lange aufgelöst und so haben dort die Nichtjuristen ihren Spass mit Kürzungsboni,wie man gerüchteweise hört.
Extremste Verschwendung von Versichertengeldern ist doch seit Jahren wohl an der Tagesordnung,oder?
Wie werden die Prozesskosten steuerrechtlich behandelt?
Klingelingelingelts?
Am sinnvollsten am Vorstand, der seine Angestellten immer wieder zu rechtswidrigen Kürzungen zwingt?
Daher: immer den Vorstand mit zur Verhandlung laden lassen. Vielleicht merken die dann, mit der Zeugenentschädigung, wie das ist mit dem „DRAUFZAHLEN“!