Mit Urteil vom (Zeitpunkt der Verkündung hier unbekannt, jedenfalls nach dem 09.09.2008) (36 C 4080/08) hat das AG Nürnberg die AXA Versicherung AG zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 503,65 € zzgl. Zinsen verurteilt. Das Gericht wendet die Schwacke-Liste an und lehnt die Anwendung der Fraunhofer Tabelle ab.
Aus den Entscheidungsgründen:
Dem Kläger steht ein Schadensersatzanspruch aufgrund des Unfalls vom xx.xx.2008 gegen 17:15 Uhr auf der H. Straße in S. in Höhe von noch € 503,65 zu, §§ 284, 286, 823, 249 BGB, 7, 17, 18 StVG, 3 PflVG.
Die Beklagte ist als Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers zu 100 % schadensersatzpflichtig.
Dem Kläger stehen restliche Mietwagenkosten in Höhe von € 503,65 für die Anmietung eines Mietwagens im Zeitraum vom 06.03.2008 bis 19.03.2008 in der Klasse 2 zu.
Die Kosten für die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges sind grundsätzlich gemäß § 249 II, S. 1 BGB erstattungsfähig, wenn und soweit sie zum erforderlichen Herstellungsaufwand gehören. Maßstab hierfür ist, ob ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in der Lage des Geschädigten die Kosten für die Anmietung für zweckmäßig und notwendig halten durfte.
Der Kläger macht nicht die tatsächlich in Rechnung gestellten Mietwagen der Firma M. in N. in Höhe von € 2.044,18 brutto geltend, sondern stützt seinen Anspruch auf die Grundlage der Schwacke-Liste 2007 und der dort ausgewiesenen Nebenkosten sowie einen Zuschlag von 20 % als Unfallersatztarif.
Soweit der Kläger die Erhöhung der Schwacke-Liste um 20 % auf die Erforderlichkeit eines besonderen Unfallersatztarifes vorliegend stützt, ist eine solcher Anspruch nicht gegeben:
Der Kläger trägt vor, er habe keine EC-Karte und wegen der kurzen Zeit auch keine Zeit gehabt, sich um eine Anmietung in anderweitiger Hinsicht zu kümmern. Soweit dies von der Beklagten bestritten wurde, wurde ihr entgegen der Einlassung im Schriftsatz kein Beweis angeboten.
Nachdem der Kläger im Hinblick auf die Erhöhung der Schwacke-Liste einen Unfallersatztarif geltend macht, ist er insoweit aber nach ständiger Rechtsprechung verpflichtet, auch die Erforderlichkeit dieses zusätzlichen Unfalltarifes darzulegen und insbesondere auch darzulegen, dass kein anderer für ihn günstigerer Tarif in Frage gekommen wäre. Soweit trägt der Kläger ausschließlich vor, dass eine andere Möglichkeit nicht existiert hätte, ohne im Einzelnen darzulegen, worauf er diese Ansicht stützt bzw. ob er insoweit andere Nachforschungen getroffen hat. Auch hat der Kläger – trotz bestreitens dieses Punktes durch die Beklagte – keinerlei Angaben dazu gemacht, warum ihm die mögliche Nutzung eines Normaltarifs in Verbindung mit einer Barkaution nicht möglich gewesen wäre. Insoweit ist ausschließlich der Kläger darlegungspflichtig, da nur der Kläger entsprechende Angaben gegenüber dem Gericht machen kann, für die Beklagte ist es nur möglich, die finanziellen fehlenden Voraussetzungen für die Anmietung zum Normaltarif zu bestreiten. Konkrete Angaben zu den persönlichen Verhältnissen und den nicht vorhandenen Finanzierungsmöglichkeiten kann nur der Kläger selbst darlegen. nachdem der Kläger nach eigenen Angaben etwaige Nachforschungen von vorn herein als aussichtslos ansah, hat es diese offensichtlich nicht gegeben, so dass er insoweit seiner Nachforschungspflicht bereits nicht nachgekommen ist.
Insgesamt waren dem Kläger damit keine Zuschläge zum Normaltarif der Schwacke-Liste zuzusprechen, da die erforderlichen Angaben nicht dargelegt bzw. bewiesen wurden.
Soweit der Kläger „normale“ Mietwagenkosten im Rahmen der Schwacke-Liste 2007 geltend macht, ist dies angemessen und zur Schadensbehebung erforderlich.
Grundsätzlich geht das Gericht entsprechend der obergerichtlichen Rechtsprechung davon aus, dass die Schwacke-Liste 2007 wie auch die Schwacke-Listen 2003 und 2006 als Schätzgrundlage für die normalerweise erforderlichen und angemessenen Mietwagenkosten ausreichend ist (Vgl. BGH NJW 2006, 2106, BGH 11.03.2008 Az.: VI ZR 164/07, OLG Köln 18.03.2008 15 U 145/07).
Das Gericht hält an der bisher verwendeten Schätzgrundlage der Schwacke-Liste fest, auch wenn nunmehr eine erneute Mietwagenkostenliste des Frauenhofer-Instituts vorgelegt wurde.
Trotz der Ungenauigkeiten und der Beeinflussbarkeit einer Statistik, die aufgrund einer Befragung erfolgt ist, ist die Schwacke-Liste eine ausreichende Schätzgrundlage für das Gericht gemäß § 287 ZPO. Grundsätzlich beruht die Schwacke-Liste auf einer Vielzahl (ca. 8.700 Vermietstationen) befragter Mietfirmen, wobei die Schwacke-Organisation an sich keiner der Prozessparteien in irgendeiner Hinsicht nahe steht. Insbesondere also auch nicht den Versicherungsgesellschaften oder den Vermietfirmen. Dass sich im Vergleich der Schwacke-Listen 2003, 2006 und 2007 unterschiedliche Preisentwicklungen bei einem „Normaltarif“ und einem „Unfallersatztarif“ ergeben haben, ist nicht zwangsläufig auf eine fehlerhafte Erhebung der einzelnen Beiträge zurückzuführen, insbesondere auch nicht auf eine geschlossene Beeinflussung durch die Mietwagenfirmen. Vielmehr entspricht die Preisentwicklung zum einen der im Laufe der Jahre veränderten Rechtsprechung der Gerichte und zum anderen ist die geringer werdende Differenz zwischen „Normaltarif“ und „Unfallersatztarif“ der sich im Laufe der Jahre ergeben hat, auch dadurch zu klären, dass die geringeren Gewinne der Autovermietfirmen aus den Unfallersatztarifen letztlich zu einer Erhöhung der Normaltarife führen. Preisteigerungen um Normaltarifbereich konnten aufgrund der herrschenden Rechtsprechung auf dem Markt nicht im gleichen Maße auch hinsichtlich der Unfallersatztarife durchgesetzt werden.
Der nunmehr auf dem Markt befindliche Frauenhofer Mietpreisspielgel stellt keine ausreichende Alternative zur Einschätzung der Schadensbeträge im Bereich der Mietwagenkosten dar.
Zwar ist hinsichtlich des Frauenhofer Mietpreisspiegels positiv festzustellen, dass diese entgegen der Firma Schwacke die Befragung anonym sowohl im Internet als auch im telefonischen Bereich durchgeführt hat, so dass hier eine Beeinflussung der Tarife durch die Automietfirmen nicht möglich war, der Fraunhofer Mietpreisspiegel weist aber in anderer Hinsicht deutlichere Mängel als die Schwacke-Liste auf, so dass hier eine der Schwacke-Liste vergleichbare Schätzgrundlage nicht gegeben ist.
Zum einen wurde der Frauenhofer Mietpreisspiegel aufgrund Auftrages des Bundesverbandes der Autovermieter Deutschlands gefertigt, so dass hier eine möglicherweise vorhandene Interessenkollision zwischen Auftraggeber und Ergebnis gegeben sein könnte. Zum anderen wurden die Tarife durch den Frauenhofer Mietpreisspiegel mit einer Vorbuchungsfrist von einer Woche ermittelt. Insoweit ist eine deutliche Abweichung zu dem Erfordernis der sofortigen Inanspruchnahme eines Mietwagens gegeben. Der Frauenhofer Mietpreisspiegel kann gegebenenfalls dann zugrunde gelegt werden, wenn dem Geschädigten wegen einer später erfolgten Reparatur ein entsprechender Vorlaufzeitraum zur Verfügung steht, der eine Vorbuchung des Mietwagens ermöglicht. Dies ist aber vorliegend nicht der Fall.
Darüber hinaus ist der Frauenhofer Mietpreisspiegel lediglich nach Region im zweistelligen Postleitzahlenbereich geordnet, so dass es hier zu deutlichen Preisunterschieden kommen kann, die aber im Einzelfall nicht berücksichtigt werden. Dem Gericht ist aus eigener Rechtsprechung heraus bekannt, dass erhebliche Unterschiede hinsichtlich der festgestellten Tarife innerhalb eines Großraumes wie Nürnberg-Fürth gegeben sein können. Insoweit ist eine Erhebung im zweistelligen Postleitzahlenbereich nicht aussagekräftig. Soweit die Beklagte vorträgt, dass im Einzelfall günstigere Angebote durch Mietwagenfirmen existieren würden, ist festzustellen, dass diese nicht ausreichend aussagekräftig sind. Vergleichsangebote könnten nur dann maßgebend sein, wenn sie tatsächlich vom Anmiettag 06.03.2008 aus der Region stammen, darüber hinaus diese Angebote auch nicht erst im Nachhinein gemacht wurden, sondern tatsächlich aktuell waren. Ein solcher Sachvortrag ist vorliegend nicht gegeben. Die Entscheidung des OLG München vom 25.07.2008 befasst sich mit den oben genannten Problemen nicht.
Das Gericht schätzt den dem Kläger zuzusprechenden Schadensersatzbetrag gemäß der Schwacke-Normalpreisliste 2007 wie folgt:
Postleitzahlengebiet 912 Mietwagengruppe 2
Wochenpauschale 2 x € 412,50 = 825,00 €
abzüglich 3 % Eigenersparnis = 800,25 €
zuzüglich Haftungsbefreiungskosten 50 % = 136,43 €
zuzüglich Winterreifen 14 Tage 166,60 €
zuzüglich 2. Fahrer 14 Tage 280,00 €
zuzüglich Kosten für Zustellung + Abholung 50,00 €
entspricht 1.433,28 €
abzüglich Zahlung 929,63 €
entspricht 503,65 €
Im Hinblick auf das Alter des klägerischen Fahrzeuges von 8 Jahren hat das Gericht lediglich die Preisklasse 2 angesetzt, da hier ein deutlich verminderter Nutzwert des klägerischen PKW anzusetzen ist.
Nach ständiger eigener Rechtsprechung spricht das Gericht jedenfalls die Kosten für Winterreifen am angemieteten Fahrzeug im entsprechenden Jahreszeitraum zu, wenn am klägerischen Fahrzeug selbst Winterreifen angebracht waren, (wie vorliegend). Es ist davon auszugehen, dass der Kläger Winterbereifung an seinem Fahrzeug anbringt, wenn dies für seine besonderen persönlichen Umstände erforderlich ist. Insoweit ist von der Erforderlichkeit auch hinsichtlich des Mietwagens auszugehen.
Nachdem das Fahrzeug des Klägers durch zwei Fahrer genutzt wurde und auch am Unfall nicht der Kläger sondern Frau T. beteiligt waren, waren auch die Kosten für den zweiten Fahrer durch die Beklagten zu erstatten. Es ist gerichtsbekannt, dass Kosten für die Winterreifen auch für den zweiten Fahrer üblicherweise zusätzlich berechnet werden.
Kosten für eine zusätzliche Zustellung außerhalb des Stadtgebietes waren nicht als erforderlich anzusehen, da der Kläger in H. wohnt und eine Mietwagenfirma in N. in Anspruch genommen hat. Hierzu wurde nicht vorgetragen, dass nicht auch eine ortsnahe Mietwagenfirma mit entsprechend geringeren Zustellkosten in Anspruch genommen hätte werden können.
Soweit das AG Nürnberg.