Und wieder einmal mußte ein Unfallopfer der HUK-Coburg den restlichen Schadensersatz einklagen. Wie so oft hatte die HUK-Coburg das Sachverständigenhonorar rechtswidrig, wie das Urteil beweist, gekürzt. Der Geschädigte gab sich mit dem gekürzten Betrag nicht zufrieden und klagte den Differenzbetrag bei dem zuständigen Amtsgericht in Betzdorf ein. Mit Erfolg, wie das nachstehende Urteil zeigt. Dabei hat das Gericht – folgerichtig – das immer noch von dem HUK-Coburg-Anwalt vorgebrachte Gesprächsergebnis verworfen. Damit reiht sich das AG Betzdorf in die Liste der Gerichte ein, die das Gesprächsergebnis BVSK mit der HUK-Coburg als nicht maßgeblichen Maßstab ansehen. Lest aber selbst und gebt Eure Kommentare ab und schickt bitte die Euch vorliegenden Urteile der Redaktion. Das Urteil wurde erstritten von Herrn RA. Lutz Imhof aus Aschaffenburg und dem Autor zugesandt zum Zwecke der Veröffentlichung.
Aktenzeichen:
33 C 153/11
Verkündet am: 24.08.2011
Amtsgericht
Betzdorf
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)
In dem Rechtsstreit
N. S. aus B.
– Kläger –
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte D. I. & P. aus A.
gegen
Herrn T. W. aus B. [VN der HUK-Coburg]
– Beklagter –
Prozessbevolimächtigter: Rechtsanwalt B. M. aus K.
wegen Gutachterkosten
hat das Amtsgericht Betzdorf durch die Richterin … am 24.08.2011 ohne mündliche Verhandlung mit Zustimmung der Parteien gemäß § 128 Abs. 2 ZPO für Recht erkannt:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 469,69 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 25.11.2010 sowie weitere 80,44 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 13.04.2011 zu zahlen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe
Auf die Abfassung des Tatbestandes wurde gemäß § 313a ZPO verzichtet.
Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Erstattung der restlichen Gutachterkosten gemäß §§ 7 StVG, 823 BGB i.V.m. 249 Abs. 2 BGB.
Zwischen den Parteien ist es unstreitig, dass der Beklagte dem Grunde nach verpflichtet ist, die aus dem Verkehrsunfall resultierenden Schäden des Klägers in voller Höhe gemäß §§ 7 StVG, 823 BGB zu erstatten. Auch ist zwischen den Parteien unstreitig, dass grundsätzlich auch Gutachterkosten einen ersatzfähigen Schaden im Sinne der §§ 249 ff. BGB darstellen. Die Rechnung des seitens des Klägers mit der Feststellung des Schadens beauftragten Gutachters wies einen Betrag von 751,19 Euro aus. Die Versicherung des Beklagten leistete hierauf eine Teilzahlung in Höhe von 281,50 Euro. Der Beklagte ist jedoch verpflichtet, auch die restlichen Gutachtenkosten zu erstatten.
Die Kosten der Schadensfeststellung sind Teil des zu ersetzenden Schadens. Der Schädiger hat daher auch die Kosten eines Sachverständigengutachtens zu ersetzen, soweit diese zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind. Die Zweckmäßigkeit und Angemessenheit der Kosten sind dabei aus der Sicht eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zu beurteilen. Der Beklagte macht geltend, dass die hier veranschlagte Vergütung des Sachverständigen in Höhe des noch ausstehenden Betrages keinen erforderlichen Aufwand zur Schadensbeseitigung gemäß § 249 Abs. 1 BGB darstellt. Dieser Ansicht schließt sich das Gericht jedoch nicht an.
Der Geschädigte ist bei der Wahl der Mittel zur Schadensbeseitigung frei. Er kann daher einen qualifizierten Sachverständigen seiner Wahl beauftragen. Nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot ist er gleichwohl daran gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlichsten Weg einzuschlagen. Dabei ist seine spezielle Situation, insbesondere seine individuellen Erkenntnis-und Einflussmöglichkeäten, zu berücksichtigen (vgl. BGH, VI ZR 67/06, Urteil vom 23. Januar 2007 [DS 2007, 144 m. Anm. Wortmann]). Auch ist der Geschädigte grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Marktes verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherung möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen (vgl. BGH, a.a.O.). Aufgrund der eilbedürftigen Schadensfeststellungen ist es einem Geschädigten nicht zumutbar, zunächst verschiedene Vergleichsangebote einzuholen und dabei insbesondere die Frage zu klären, ob ein Sachverständiger nach der BVSK- oder VKS-Honorarbefragung oder nach dem Gesprächsergebnis BVSK-HUK Coburg abrechnet. Der Geschädigte darf vielmehr von der Erforderlichkeit der geltend gemachten Gebühren ausgehen, sofern er nicht über spezielle Kenntnisse verfügt, die im konkreten Fall Hinweise darauf liefern, dass die Gebühren möglicherweise überzogen sein könnten. Dazu gibt der vorliegende Sachverhalt keine Hinweise.
Zwischen dem Kläger und dem Gutachter bestand keine pauschale Vergütungsvereinbarung. Die Höhe der Gebühren hat sich somit gemäß § 632 Abs. 2 BGB an der üblichen Vergütung zu orientieren. Der Kläger greift hierzu auf die VKS-Honorarbefragung 2009 zurück. Das Gericht zieht im Rahmen des § 287 ZPO die BVSK-Honorarbefragung 2010 / 2011 heran. Danach berechnet sich der Grundbetrag nach der Höhe der Reparaturkosten und liegt in der Spalte HB V, die den Preiskorridor von 40 – 60 % der BVSK-Mitglieder widerspiegelt, zwischen 452,- und 497,- Euro netto (bei Reparaturkosten von 4.590,28 Euro brutto) zuzüglich Nebenkosten. Die von dem Sachverständigen herangezogene VKS-Umfrage sieht einen Grundbetrag von 481,- Euro vor. Bei der von der Beklagten vorgelegten Tabelle des Gesprächskreises ergibt sich ein Bruttoendbetrag von 561,33 Euro. Der Sachverständige selbst hat einen Grundbetrag von 480,- Euro berechnet.
Eine Berechnung anhand der Reparaturkosten ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein zulässiger Orientierungspunkt, durch den die rechtlich zulässige Preisgestaltung nicht beinträchtigt wird. Die richtige Ermittlung des entstandenen Schadens dient der Durchsetzung der Schadensersatzansprüch des Geschädigten und ist somit ein Erfolg, den der Sachverständige schuldet. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass das Honorar des Sachverständigen die Gegenleistung für die Feststellung des wirtschaftlichen Wertes der Forderung des Geschädigten darstellt (vgl. BGH, a.a.O.). Es ist somit nicht erforderlich, dass der Sachverständige nach Zeitaufwand abrechnet. Im Übrigen liegt auch dem von der Beklagten ins Feld geführten Ergebnis des Gesprächskreises eine Abrechnung orientiert an den Reparaturkosten zugrunde.
Eine übliche Vergütung im Sinne des § 632 Abs. 2 BGB bestimmt sich nach Art, Güte und Umfang gleicher Leistungen nach allgemeiner Auffassung der beteiligten Kreise auf dem Gebiet der Werkleistung. Dabei besteht in der Regel kein fester Betrag, sondern eine ermittelte Bandbreite, aus der abgerechnet werden kann. Nach Ansicht des Gerichts stellen die Werte der BSVK-Hono-rarbefragung eine übliche Vergütung dar. Dabei handelt es sich um eine objektive Befragung unter den Mitgliedern des BSVK zu den von ihnen erhobenen Gebühren. Unterteilt in fünf Spalten, gibt die Befragung wieder, in welchen Bereichen die Mitglieder ihre Honorare abrechnen, sowie einen Preiskorridor, den 40 – 60 %, mithin der Durchschnitt der Befragten, anwenden (HB V). Orientiert an letzterem liegt der Gutachter mit seinem Grundbetrag von 480,- Euro innerhalb dieses Preiskorridors. Auch der in der von ihm verwendeten VKS-Umfrage vorgesehe Wert wird nicht überschritten. Nach Auffassung des Gericht handelt es sich um eine brauchbare statistische Erhebung, aus der sich ergibt, dass die befragten Sachverständigen pauschal anhand der Reparaturkosten abrechnen, die Preisspannen angegeben werden und deutlich wird, dass neben dem Grundbetrag noch zusätzlich Mehrwertsteuer und Nebenkosten berücksichtigt werden.
Hingegen handelt es sich bei dem Gesprächsergebnis zwischen dem BSVK und verschiedenen Versicherungen um ein subjektiv beeinflusstes Verhandlungsergebnis zwischen den Beteiligten, um die Angemessenheit von Sachverständigengebühren durch die Mitarbeiter der Versicherungen zu ermöglichen und die Kosten für die Versicherungen so gering wie möglich zu halten. Es ergibt sich aus diesem Gesprächsergebnis schon nicht, dass die Sachverständigen auch tatsächlich nach diesen (gegenüber der Honorarbefragung niedrigeren) Werten abrechnen. Eine übliche Vergütung jedenfalls lässt sich daraus nicht ableiten.
Die Berechnung des Grundbetrages durch den Kläger ist somit nicht zu beanstanden. Gleiches gilt auch für die geltend gemachten Nebenkosten. Es ist insoweit nicht davon auszugehen, dass das Grundhonorar auch die Auslagen abdeckt. Dies ist auch in gesetzlich fixierten berufsständischen Ordnungen anderer freier Berufe so nicht vorgesehen.
Das Gericht ist nach Würdigung aller Umstände, insbesondere auch nach Einsicht in das gefertigte Gutachten, zu der Überzeugung gelangt, dass die berechneten Nebenkosten entsprechend der gestellten Rechnung angefallen sind. Die angegeben Mengen bzw. Positionen erscheinen nicht unangemessen.
Hinsichtlich der Höhe der geltend gemachten Nebenkosten wird zunächst auf die obigen Ausführungen verwiesen. Auch hier geht das Gericht von der Üblichkeit der ermittelten Werte der BVSK-Honorarbefragung aus. Unter Berücksichtigung der in der Spalte HB V genannten Werte ist der Kläger bei der Berechnung der Schreibkosten noch unterhalb des dort genannten Preiskorridors oder ganz knapp oberhalb des niedrigsten Wertes geblieben. Die Porto- und Telefonpauschale bewegt sich innerhalb des aufgeführten Preiskorridors. Die anderweitig geltend gemachten Kosten liegen leicht über dem herangezogenen Korridor. Bei Heranziehung der VKS-Umfrage ergibt sich lediglich eine leichte Abweichung nach oben bei den Fotokosten. Das Gericht ist der Auffassung, dass diese Abweichungen nocht vertretbar sind und die Sachverständigenkosten daher nicht als unüblich anzusehen sind.
Hinsichtlich der zunächst geltend gemachten Wertminderung wurde diesbezüglich die Forderung übereinstimmend für erledigt erklärt.
Daneben hat der Beklagte auch die außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren zu erstatten. Nach einer auch hier übereinstimmend erklärten Teilerledigungserklärung war noch über einen Betrag von 80,44 Euro zu entscheiden. Die Berechnung insgesamt erfolgte anhand einer 1,5 Gebühr. Eine 1,3 Gebühr erscheint bei dem Umfang des Verfahrens angemessen; die Erhöhung der 1,3-fachen Regelgebühr auf eine 1,5-fache Gebühr ist einer gerichtlichen Überprüfung entzogen. Für Rahmengebühren entspricht es allgemeiner Meinung, dass dem Rechtsanwalt bei der Festlegung der konkreten Gebühr ein Spielraum von 20 v.H. (sog. Toleranzgrenze) zusteht. Hält sich der Anwalt innerhalb dieser Grenze, ist die von ihm festgelegte Gebühr jedenfalls nicht im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG unbillig und daher von dem ersatzpflichtigen Dritten hinzunehmen. Mit der Erhöhung der in jedem Fall angemessenen Regelgebühr um 0,2 hat der Rechtsanwalt des Klägers die Toleranzgrenze eingehalten.
Aufgrund des eingetretenen Verzuges schuldet der Beklagte gemäß §§ 286, 288 BGB die aus dem Tenor ersichtlichen Zinsen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 91a ZPO. Hinsichtlich der Teilerledigung in der Hauptsache ergab eine summarische Prüfung, dass die klägerseits geltend gemachte Forderung berechtigt war. Dies folgt bereist aus der bekiagtenseits getätigten Zahlung nach Rechtshängigkeit.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit resultiert aus §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
R. Richterin
Beschluss
Der Streitwert wird auf 768,69 € bis zum 09.06.2011, sodann auf 469,69 € festgesetzt.
R. Richterin
So das Urteil der Richterin aus Betzdorf. Und nun Eure Kommentare
Und schon wieder hat ein Gericht das Gesprächsergebnis des BVSK mit verschiedenen Versicherungen, unter anderem der HUK-Coburg, verworfen. Wann lernen die Verantwortlichen in Coburg eigentlich, dass dieses Gesprächsergebnis kein Maßstab für das erforderliche Honorar ist und sein kann? Das erforderliche Honorar kann man nicht an einer Sondervereinbarung messen. Das Gesprächsergebnis hat daher keine Chance, überhaupt als Bemessungsgrundlage verwandt zu werden.
Vergesst doch dieses leidige Gesprächsergebnis und lasst es in der Versenkung verschwinden. Da gehört es auch hin.
Grüße
Heinrich Heide
Das Gesprächsergebnis ist doch schon auf dem besten Weg für immer in der Versenkung zu verschwinden, nachdem das Kartellamt dem BVSK auf die Finger geschlagen hat. Wen interessiert in 1, 2 oder 3 Jahren noch irgend ein Gesprächsergebnis von 2009, wenn es keine Neuauflage mehr gibt?
Hi Benno,
das würde ich nicht sagen. Du siehst doch, dass die HUK-Anwälte immer wieder dieses Gesprächsergebnis hervorkramen. Das wird auch in zwei oder drei Jahren noch so sein. Die Geschädigten und das Gericht doch verdummdeuweln. Das ist doch die Taktik.