Mit Urteil vom 10.03.2009 (5 C 710/08) hat das AG Aalen die HDI-Gerling Firmen- und Privatversicherung AG zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 401,10 € zzgl. Zinsen verurteilt. Das Gericht wendet die Schwacke-Liste an und lehnt sowohl Erhebung von Zinn als auch die Fraunhofer Tabelle ab.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet.
Der Anspruch der Klägerin aus abgetretenem Recht auf Ersatz der Mietwagenkosten ergibt sich in Höhe von 401,10 € aus §§ 823, 249,398 BGB, 7 StVG, 3 PflVG a.F.
Unstreitig haftet die Beklagte als Haftpflichtversicherer des Schädigers zu 100 % für den dem Geschädigten aus dem Verkehrsunfall vom 25.07.2007 entstandenen Schaden. Unstreitig hat der Geschädigte die ihm gegenüber der Beklagten zustehenden Ansprüche auf Ersatz der Mietwagenkosten an die Klägerin abgetreten.
Nach ganz h.M. kann der Geschädigte vom Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung nach § 249 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf.
Der Geschädigte hat nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot im Rahmen des ihm Zumutbaren stets den wirtschaftlicheren Weg des Schadensbehebung zu wählen. Das bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt- nicht nur für Unfallgeschädigte- erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeuges innerhalb eines gewissen Rahmens grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis verlangen kann.
Demzufolge ist der vorliegend von der Klägerin berechnete Miettarif mit den auf dem örtlich relevanten Markt erhältlichen Tarifen zu vergleichen.
Vorliegend ist zwischen den Parteien strittig, ob es sich bei dem von der Klägerin berechneten Miettarif um einen gegenüber normalen Tarifen erhöhten sog. „Unfallersatztarif“ handelt.
Solche Tarife werden mit der Begründung erhoben, die besondere Unfallsituation rechtfertige wegen daraus resultierender höherer Aufwendungen eine gegenüber normalen Tarifen erhöhte Abrechnung.
Ob es sich bei dem von der Klägerin geltend gemachten „Standardtagestarif“ um einen solchen Unfallersatztarif handelt kann aber dann dahinstehen, wenn der Tarif von den örtlich relevanten Normaltarifen nicht nach oben abweicht.
Zur Ermittlung der örtlich relevanten Normaltarife hat das Gericht im Rahmen seines tatrichterlichen Ermessens gem. § 287 ZPO auf das gewichtete Mittel des „Schwacke-Mietpreisspiegels“ 2007 zurückgegriffen.
Nach diesem ergibt sich für ein Fahrzeug der Gruppe 5 – der das Fahrzeug des Geschädigten unstreitig mindestens angehört- für das Postleitzahlengebiet 735..(Ort der Anmietung in B.) gemäß dem sog. „Modus“ ein Normaltarif von 89,25 € pro Tag. Dies entspricht i.Ü. auch dem „Modus“ am Unfallort Aalen, Postleitzahlen-Gebiet 734…Eine Herabstufung des Fahrzeugs von Gruppe 5 in Gruppe 4 war angesichts der Erstzulassung des Wagens am 14.02.2003 und somit einem Alter zum Unfallzeitpunkt von unter 5 Jahren nicht vorzunehmen.
Zur Ermittlung der Normalkosten für den Versicherungsschutz, hat das Gericht auf die Nebenkostentabelle (Vollkasko) zurückgegriffen. Hier ergibt sich für ein Fahrzeug der Gruppe 5 ein Betrag von 22 € täglich.
Dieser so ermittelte Gesamt-Tagesbetrag von 111,25 € ist somit als erforderlicher Herstellungsaufwand i.S.v. § 249 II 1 BGB grds. ersatzfähig.
Für die Geltendmachung eines im Vergleich zu diesem objektiv erforderlichen Betrags hinausgehenden Betrags wäre die Klägerin beweispflichtig (vgl. BGH, Urt. V. 09.05.2006, Az: VI ZR 117/05).
Vorliegend macht die Klägerin aber nur einen Tarif von insgesamt 86,14 € brutto pro Tag geltend.
Ein – vorliegend nach dem „Schwacke- Mietpreisspiegel“- als zur Schadensbehebung erforderlich ermittelter Tarif ist gem. § 254 BGB nur dann nicht zu ersetzen, wenn feststeht, dass dem Geschädigten ein günstigerer Normaltarif in der konkreten Situation ohne weiteres zugänglich war. Dies ist nach allgemeinen Grundsätzen vom Schädiger darzulegen und zu beweisen (vgl. BGH Urt. v. 24.06.2008, Az: VI ZR 234/07).
Der Beklagten ist hier der Beweis eines solchen ohne weiteres zugänglichen, günstigeren Normaltarifs nicht gelungen. Das von ihr vorgelegte Internet-Angebot der Klägerin für den Zeitraum 15.09.2008 bis 29.09.2008 ist schon in zeitlicher Hinsicht nicht geeignet, nachzuweisen, dass der Geschädigte zum Zeitpunkt des Unfallereignisses im Juli/ August 2007 ein entsprechender Tarif ohne weiteres zur Verfügung gestanden hätte. Gleiches gilt für die von der Beklagten vorgelegten Angebote weiterer Mietwagenunternehmen, die sich ebenfalls auf den Zeitraum vom 15.09.2008 bis 29.09.2008 beziehen. Darüber hinaus hat die Klägerin vehement bestritten, dass dem Geschädigten in der Unfallsituation ein entsprechender Internet- Tarif überhaupt zugänglich gewesen wäre, insbesondere mit Blick darauf, dass Internet-Angebote sich auf im Vorhinein befristete Anmietungen bezögen. Nach unwiderlegtem Vortrag der Klägerin war dem Geschädigten aber zum Zeitpunkt der Anmietung nicht bekannt, wie lange die Reparatur seines Fahrzeuges dauern würde. Eine Umkehrung der Beweislast zugunsten der Beklagten lässt sich auch nicht aus dem von ihr angeführten Urteil des BGH v. 14.10.2008, Az.: VI ZR 308/07 herauslesen. Der BGH geht hier nur in dem Fall von einer Beweislastumkehr aus, wenn der Unfallgeschädigte sich nicht nach der Höhe anderweitiger Mietwagenkosten erkundigt hat und ihm aufgrund der konkreten Situation Bedenken hinsichtlich der Angemessenheit des ihm abverlangten Preises hätten kommen müssen. Letzteres ist aber vorliegend gerade nicht der Fall, wenn man in Blick nimmt, dass die Preise der Klägerin deutlich unter den Werten des „Schwacke- Mietpreisspiegels“ lagen.
Mangels Beweises einer ohne weiteres zugänglichen günstigeren Mietmöglichkeit ist daher von dem als jedenfalls erforderlich ermittelten Betrag von 86,14 €/Tag auszugehen.
Der Einwand der Beklagten, zur Ermittlung des maßgeblichen „Normaltarifs“ sei eine Heranziehung des „Schwacke- Mietpreisspiegels“ nicht möglich, greift nicht durch.
Im Rahmen des § 287 ZPO können bei der Schadensermittlung als Schätzgrundlage auch Tabellen und Listen wie der „Schwacke- Mietpreisspiegel“ herangezogen werden (vgl. BGH Urt. v. 24.06.2008, Az.: VI ZR 234/07).
Das Vorbringen der Beklagten, der „Schwacke- Mietpreisspiegel“ sei deswegen keine geeignete Schätzgrundlage, weil bei der Ermittlung der Tarife für die Schwacke- Liste den Vermietern bekannt gewesen sei, dass ihre Antworten zur Grundlage einer Untersuchung über die Höhe von Mietwagenkosten gemacht werden sollen, deshalb hätten sie gegenüber den tatsächlich verlangten Normaltarifen überhöhte Angaben gemacht, steht einer Heranziehung der Schwacke- Liste nicht entgegen. Hierbei handelt es sich um einen lediglich allgemein gehaltenen Angriff auf die Schätzgrundlage. Einwendungen gegen die Grundlagen der Schadensbemessung sind aber nur dann erheblich, wenn sie auf den konkreten Fall bezogen sind (vgl. BGH Urt. v. 24.06.2008, Az.: VI ZR 234/07). Die Eignung von Listen oder Tabellen, die bei der Schadensschätzung Verwendung finden können, bedarf nur dann der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel der Schätzgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall auswirken (BGH Urt. v. 11.03.2008, Az: VI ZR 164/07).
Hierfür hat die Beklagte nichts Konkretes dargelegt oder bewiesen.
Das allgemeine Abstellen auf die angeblich überzeugenderen Ergebnisse und Erhebungsmethoden von Zinn und des Fraunhofer-Instituts reicht dafür jedenfalls nicht aus. Im Übringen muss bezweifelt werden, dass die Zusammenstellung von Zinn zur Ermittlung der relevanten Normaltarife geeigneter ist, als die Schwacke- Liste. Die Preisabfragen von Zinn sind nur in einem sehr kurzen Zeitintervall erfolgt und die Einteilung Deutschlands in nur fünf Großräume ist sehr grobmaschig.
Auch den Erhebungen des Fraunhofer- Instituts können methodische Schwächen, wie bspw. das überproportionale Abstellen auf Internet- Angebote vorgeworfen werden.
Nach dem Gesagten war die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht geboten, sondern konnte der Schaden unter Heranziehung des „Schwacke- Mietpreisspiegels“ geschätzt werden.
Die Reparaturdauer von 14 Tagen ist zwischen den Parteien unstreitig. Es ergibt sich somit ein Betrag von 14 Tagen à 86,14 € = 1.206,02 €.
Nach Überzeugung des Gerichts sind hiervon im Wege der Vorteilsausgleichung nach den heute maßgeblichen technischen und wirtschaftlichen Verhältnissen 3 % ersparte Aufwendungen in Abzug zu bringen. Das Gericht orientiert sich insoweit an den Ausführungen von Meinig (DAR 93,281). Das Gericht hält die in der genannten Untersuchung zugrunde gelegte Methodik und die als Ausgangswerte gewählten Zahlen für zutreffend. Wenn der hieraus ermittelte gewichtete Mittelwert von 3,0 % erheblich unter dem bislang weithin angesetzten Wert von 10-15 % liegt, so beruht dies, wie dort überzeugend ausgeführt wurde, vor allem darauf, dass durch den technischen Fortschritt im Automobilbau die Struktur der Kosten privater PKW- Nutzungen einem tiefgehenden Wandel unterlag. Dies gilt insbesondere für die zur Berechnung des Eigenersparnisanteils allein heranzuziehenden variablen Kostenbestandteile, nämlich den fahrleistungsabhängigen Wertverlust, die Kosten für Reparatur, Wartung und Reifen, die Kosten für Reinigung und Pflege sowie die Öl- Nachfüllkosten. Dass sich dieser Aufwand, bezogen auf eine bestimmte Fahrstrecke, erheblich gemindert hat, zeigt schon die beträchtliche Vergrößerung der vorgesehenen Intervalle für die Durchführung von Kundendiensten.
Es ergibt sich somit ein Betrag von 1.169,84 €.
Unstreitig hat die Beklagte hierauf Zahlungen in Höhe von 768,74 € erbracht, so dass ein Betrag von 401,10 € verbleibt.
Soweit das AG Aalen.