Mit Urteil vom 23.03.2009 (6 C 597/08) hat das AG Meschede die AXA Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 632,03 € zzgl. Zinsen sowie vorgerichtliche RA-Kosten verurteilt. Das Gericht legt die Schwacke-Liste zugrunde und lehnt Fraunhofer, Zinn und Klein ab.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist zulässig und bezüglich der Hauptforderung begründet.
Bedenken gegen die Aktivlegitimation der Klägerin bestehen nicht. Die Wirksamkeit der Abtretungserklärung scheitert nicht am Bestimmtheitsgrundsatz. Von der Geschädigten sind abgetreten worden die Mietwagenkosten. Da die Erklärung eindeutig war, war eine Bezifferung der Forderung nicht erforderlich.
Die Klägerin hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Zahlung weiterer Mietwagenkosten.
Gemäß § 249 Abs. 2 BGB kann ein Geschädigter als Herstellungsaufwand Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in seiner Lage für zweckmäßig und notwendig halten durfte. Das aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleitete Wirtschaftlichkeitsgebot verlangt vom Geschädigten, dass er im Rahmen des ihm zumutbaren grundsätzlich nur den günstigsten Tarif ersetzt verlangen kann. Es wird dabei aber nicht verlangt, dass der Geschädigte sparen muss oder sich in jedem Fall so verhalten muss, als müsse er selbst den Schaden tragen. Der Grundgedanke des §§ 249 Satz 2 BGB, dem Geschädigten möglichst vollständigen Schadensausgleich zukommen zu lassen, darf hierbei nicht außer Acht gelassen werden.
Gemäß § 287 ZPO kann der erforderliche Tarif geschätzt werden. Die Ermittlung dieses „Normaltarifs“ darf auf der Grundlage des gewichteten Mittels des Schwacke-Mietpreisspiegels im Postleitzahlengebiet der Geschädigten ermittelt werden. Solange keine genauere Schätzgrundlage vorhanden ist, bestehen gegen die Anwendung des Schwacke-Mietpreisspiegels aus juristischer Sicht keine durchgreifenden Bedenken. Der Marktpreisspiegel Mietwagen Deutschland 2008 des Fraunhofer Instituts stützt seine Erhebung zu einem Großteil auf „Internetpreise“; diese Tarife setzen eine Vorbuchzeit voraus. Dies ist bei der Anmietung nach einem Unfall grundsätzlich anders. Im vorliegenden Fall erfolgte die Anmietung des Fahrzeugs noch am Unfalltag, dem 20.06.2008. Außerdem fasst der Marktpreisspiegel die Durchschnittspreise für sehr viel weiträumigere Postleitzahlengebiete zusammen, als dies bei der Schwacke-Liste der Fall ist, die nach den ersten drei Ziffern differenziert. Soweit die Beklagten auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. Zinn verweisen, ist nicht ersichtlich, inwieweit sich das Gutachten auf den konkreten Fall auswirkt. Das gleiche gilt für das Gutachten des Prof. Dr. Klein und die Gutachten, die in Verfahren anderer Gerichte (unter anderem Saarbrücken, Düsseldorf und Viechtach) eingeholt worden sind. Diese Einwendungen reichen nicht aus, die Anwendung des Schwacke-Automietpreisspiegels in Zweifel zu ziehen.
Die Geschädigte war nicht verpflichtet, eine Art Marktforschung zu betreiben, um das preisgünstigste Mietwagenunternehmen ausfindig zu machen. Sie verstieß nicht allein deshalb gegen ihre Pflicht zur Schadensminderung, wenn sie ein Fahrzeug zu einem Tarif anmietete, der über dem Normaltarif lag, so lange ihr dies nicht ohne weiteres erkennbar war. Auf die Frage der individuellen Zugänglichkeit eines günstigeren Tarifes kommt es erst an, wenn insoweit ein erhöhter Tarif gegenüber dem „Normaltarif“ betriebswirtschaftlich nicht gerechtfertigt ist.
Die Klägerin verlangt für die Mietzeit zuzüglich Vollkasko und Kosten für den Zweitfahrer eine Gesamtsumme von 1.111,03 €. Bei einer Vergleichsrechnung nach der Schwacke-Liste Normaltarif arithmetisches Mittel ergibt sich, dass der Gesamtpreis höher liegt als in der Rechnung der Klägerin. Unter diesen Umständen bestehen keine Bedenken gegen die Höhe der Rechnung der Klägerin. Eine Verpflichtung der Geschädigten, Erkundigungen über günstigere Tarife einzuholen, bestand angesichts der Anmietung am Unfalltage für die Geschädigte nicht.
Die Geschädigte hat bekundet, dass die Eintragung eines Zweitfahrers erforderlich war. Ihr Vater sollte, so wie es bei ihrem eigenen Wagen üblich war, auch bei dem Mietwagen die Möglichkeit haben, mit dem Fahrzeug Fahrten durchzuführen.
Ein Abzug für ersparte Eigenaufwendungen war nicht vorzunehmen, da die Zedentin einen Mietwagen der nächst niedrigeren Preisstufe angemietet hatte.
Auch die Kosten der Vollkaskoversicherung sind von den Beklagten zu begleichen. Die Geschädigte hatte ein schutzwürdiges Interesse daran, im Falle eines Unfalls nicht selber für die Beschädigungen des gemieteten Fahrzeugs aufkommen zu müssen.
Da die Beklagten mit ihrer Zahlungsverpflichtung in Verzug geraten sind, sind sie zur Zahlung von Verzugszinsen verpflichtet und zur Zahlung der erforderlichen Anwaltskosten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz. Der Zedentin selbst steht nur ein Zinsanspruch von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu, die Abtretung berechtigt die Klägerin nicht, einen höheren Zinsanspruch geltend zu machen als die Zedentin selbst.
Soweit das AG Meschede.
Auch in Meschede (Hochsauerlandkreis) gilt Schwacke. Fraunhofer u.a. haben keine Chance. Weiter so.