Mit Urteil vom 01.04.2009 (5 S 369/08) hat das LG Stuttgart die Berufung der HDI Direkt Versicherung AG gegen ein Urteil des AG Waiblingen vom 23.10.2008 (1 C 1140/08), mit dem diese zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 951,47 € zzgl. Zinsen verurteilt wurde, zurückgewiesen. Das Gericht bestätigt die Anwendung der Schwacke-Liste und lehnt Fraunhofer und Zinn ab.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist zurückzuweisen.
Die Berufung ist nicht begründet, da die Entscheidung des Amtsgerichts weder auf einer Rechtsverletzung gem. § 546 ZPO beruht, noch nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen, § 513 ZPO.
Die Feststellungen des Amtsgerichts sind nach § 529 Abs. 1 ZPO zugrunde zu legen, da keine konkreten Anhaltspunkte Zweifel an ihrer Richtigkeit oder Vollständigkeit begründen. Die tatrichterliche Beweiswürdigung kann vom Berufungsgericht im Rahmen der Prüfung einer Rechtsverletzung nach §§ 513, 546 ZPO nur daraufhin überprüft werden, ob gegen Denk-, Natur- und Erfahrungsgesetze verstoßen wurde. Ansonsten darf der erkennende Richter die im Prozess gewonnenen Feststellungen nach seiner Einschätzung würdigen. Eine in diesem Sinne vertretbare Beweiswürdigung durch das Erstgericht stellt keinen Rechtsfehler im Sinne von § 513 Abs. 1 ZPO dar.
Vorliegend kann die Berufung Widersprüche oder Verstöße gegen Denkgesetze, allgemeine Erfahrungssätze und Vollständigkeiten bei der Überzeugungsfindung des Tatrichters nicht aufzeigen.
(1) Aktivleaitimation der Klägerin
Die Klägerin hatte sich am xx.xx.2007 von der Unfallgeschädigten die Ansprüche gegen die Versicherung abtreten lassen. Diese Abtretung verstößt entgegen der Auffassung der Berufung nicht gegen das zu diesem Zeitpunkt noch geltende Rechtsberatungsgesetz. Nach ständiger Rechtsprechung bedurfte der Inhaber eines Mietwagenunternehmens, das es geschäftsmäßig übernimmt, für unfallgeschädigte Kunden die Schadensregulierung durchzuführen, der Erlaubnis nach Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG (BGH, Urteil vom 26.10.2004, VI ZR 300/03). Ging es dem Mietwagenunternehmen allerdings im wesentlichen darum, die durch die Abtretung eingeräumte Sicherheit zu verwirklichen, so besorgt es keine Rechtsangelegenheit des geschädigten Kunden, sondern eine eigene Angelegenheit. Ein solcher Fall liegt dann nicht vor, wenn nach der Geschäftspraxis des Mietwagenunternehmens die Schadensersatzforderungen der unfallgeschädigten Kunden eingezogen wurden, bevor diese selbst auf Zahlung in Anspruch genommen wurden. Denn damit würden den Geschädigten Rechtsangelegenheiten abgenommen, um die sie sich eigentlich selbst zu kümmern hätten (BGHZ 47, 364, 366f.; BGH, Urteil vom 18.03.2003, VI ZR 152/02).
Vorliegend war die Abtretungserklärung ausdrücklich als „Sicherungs-Abtretungserklärung“ bezeichnet. Vereinbart war, dass sich die Zessionarin erst dann an den Schädiger oder seine Versicherung wenden dürfe, wenn die Zedentin erfolglos zur Zahlung aufgefordert wurde bzw. wenn sie die Zahlung endgültig abgelehnt hatte. Im Fall der Ablehnung sollte die Zessionarin das Wahlrecht haben, ob sie die Forderung zuerst gegen den Schädiger, die Versicherung oder die Zedentin geltend macht. Die Klägerin hat zunächst die Rechnung an die Geschädigte selbst adressiert. Damit liegt hier ein Fall vor, in dem es der Klägerin bei der Einziehung der abgetretenen Forderung nicht um die Besorgung solcher Rechtsgeschäfte ging, die eigentlich dem Geschädigten oblagen, sondern darum, die ihr eingeräumte Sicherheit zu verwirklichen. Die Rechtsprechungsgrundsätze lassen es dabei durchaus zu, dem praktischen Bedürfnis nach einer gewissen Mitwirkung des Fahrzeugvermieters bei der Geltendmachung der Schadensersatzansprüche des Geschädigten gegenüber dem Haftpflichtversicherer des Schädigers Rechnung zu tragen (BGH, Urteil vom 26.10.2004, VI ZR 300/03).
Damit ging es der Klägerin im wesentlichen darum, die durch die Abtretung eingeräumte Sicherheit zu verwirklichen und nicht etwa darum, Rechtsgeschäfte ihrer Kundin zu besorgen, so dass die ursprüngliche Abtretung wirksam war. Auf die Wirksamkeit der weiteren Abtretung der Geschädigten vom 13.02.2009 kommt es damit nicht mehr an.
(2) Mietwagenkosten nach Schwacke-Liste
Es bestehen keine Bedenken gegen die Auffassung des Amtsgerichts, das den Normaltarif der Schwacke-Liste 2007 als Schätzgrundlage für die berechneten Mietwagenkosten zugrunde legt. Der Tatrichter kann grundsätzlich den Normaltarif auf Grundlage des gewichteten Mittels des Schwacke-Mietpreisspiegels ermitteln (vgl. BGH NJW 2006, 2106; 2007, 1449, 3782, NJW 2008, 1519; OLG Karlsruhe, VersR 2008, 92; NJW-RR 2008, 1113). Nach der Rechtsprechung des BGH sind Einwände gegen die Schwacke-Liste nur zu berücksichtigen, wenn konkret aufgezeigt wird, dass sich ihre Mängel auf den zu entscheidenden Fall auswirken (BGH NJW 2008, 1519; BGH, Urteil vom 24.06.2008, VI ZR 234/07). Die von der Berufung vorgetragenen Einwände genügen diesen Anforderungen nicht.
Die von Beklagtenseite recherchierten Internetangebote sind vorliegend nicht geeignet, einen tatsächlichen und angemessenen Mietwagenpreis für den streitgegenständlichen Zeitraum zu ermitteln. Zum einen wurden die Internetangebote im August 2008 eingeholt; der Unfall ereignete sich im November 2007, so dass die Preise nicht unbedingt vergleichbar sind. Zum anderen wurden die Internetangebote am 22.07.2008 für einen Zeitraum im August 2008 angefragt, die Fahrzeuge wurden also nicht direkt – wie nach einem Unfall üblich – zur Verfügung gestellt, sondern erst mit einer gewissen Vorlaufzeit. Darüber hinaus ist vorliegend zu berücksichtigen, dass sich der Unfall am Abend ereignete und die Geschädigte nicht darauf verwiesen werden konnte, zu dieser Uhrzeit um 22:30 Uhr vor der Anmietung eines Ersatzfahrzeugs noch eine Internetrecherche zu betreiben.
Auch der Einwand der Berufung, die Firma Schwacke habe die Mietwagenpreise falsch ermittelt, greift nicht durch. Dies betrifft einen grundsätzlichen Einwand gegen das Zustandekommen der Schwacke-Liste, der, unabhängig von der Ermittlungsmethode, die den Preisen der Schwacke-Liste zugrunde liegt, eben gerade keine – vom BGH geforderten – konkreten Tatsachen enthält, die die Geltung der Liste für den örtlichen Raum Waiblingen betrifft.
Für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit von Mietwagenkosten ist zudem grundsätzlich das Preisniveau an dem Ort maßgebend, an dem das Fahrzeug angemietet und übernommen wird, weil dort der Bedarf für ein Mietfahrzeug entsteht (BGH, NJW 2008, 1519). Die von Beklagtenseite vorgelegten Auszüge des Gutachtens Dr. Zinn beziehen sich auf den „Großraum Süd“. Auch der Marktpreisspiegel des Fraunhofer-Instituts erfasst lediglich einen 2-stelligen PLZ-Bereich. Damit sind diese Mietpreistabellen örtlich jedenfalls unbestimmter als die Schwacke-Liste und daher nicht geeignet, die Angemessenheit der Preise der Schwacke-Liste für den vorliegenden Fall in Frage zu stellen.
Die von Beklagtenseite vorgebrachten Einwendungen gegen die Schwacke-Liste sind danach nicht geeignet, die Eignung dieser Liste im vorliegenden Fall anzugreifen, da gerade nicht mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wurde, dass geltend gemachte Mängel der betreffenden Schätzungsgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall auswirken.
Unbeachtlich ist schließlich der Vortrag der Berufung, die von Klägerseite berechneten Preise seien selbst nach der Schwacke-Liste zu hoch. Der Berufungsklägervertreter hat die Wochenpreise nach der Schwacke-Liste auf Tage heruntergerechnet und diese mit den Tagen der tatsächlichen Anmietdauer (15 Tage) multipliziert. Da aber vorliegend die Mietzeit zu Beginn nicht bestimmt und nicht vorauszusehen war, konnte kein günstiger Wochentarif zu Grunde gelegt werden. Der in Rechnung gestellte Betrag wurde daher aufgrund der Tagespreise der Schwacke-Liste berechnet.
Aus der Berufungsbegründung ergeben sich keine Gesichtspunkte, die eine Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung rechtfertigen. Die Berufung war daher unbegründet und zurückzuweisen.
Soweit das LG Stuttgart.