Mit Datum vom 31.05.2011 (36 C 20/10 hat das Amtsgericht Wetzlar die HUK-Coburg Allg. Versicherung AG zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 713,36 € zzgl. Zinsen verurteilt. Das Gericht legt bei der Schätzung des Normaltarifs die Schwacke-Liste zugrunde, die Fraunhofer Tabelle findet keine Anwendung.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist überwiegend begründet.
Der Klägerin steht der in der Hauptsache geltend gemachte Betrag von 713,36 € zu. Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach, die Aktivlegitimation der Klägerin durch die erfolgte Abtretung und der Umstand, dass für 11 Tage ein Mietwagen jedenfalls der Gruppe 5 erforderlich war, steht zwischen den Parteien nicht im Streit.
Unter Berücksichtigung der unstreitigen Zahlung der Beklagten über 449,11 € besteht zumindest der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch von weiteren 713,36 € netto. Denn das Gericht schätzt die erforderlichen Mietwagen kosten für diesen Zeitraum auf 1.181,87 €.
Denn nach ständiger Rechtssprechung kann der Geschädigte als Herstellungsaufwand Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in seiner Lage für zweckmäßig und erforderlich halten darf. Das Gericht nimmt eine entsprechende Schätzung im Rahmen von § 287 ZPO nach Maßgabe der sogenannten Schwacke-Liste vor. Es ist anerkannt, dass solche Schätzungen anhand von entsprechenden Listen erfolgen können. Soweit die Beklagte Einwendungen gegen die Schwacke-Liste anführt und die Fraunhofer-Studie bevorzugt, vermag das Gericht auch unter Berücksichtigung der umfangreichen Darlegungen der Beklagten eine grundlegende Überlegenheit der Fraunhofer-Studie in ständiger Rechtssprechung nicht zu erkennen. Auch ist auf Grund der Darlegungslast nicht die Fraunhofer-Studie heranzuziehen. Zwar weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass die Klägerseite für die Höhe des Schadens darlegungsbelastet ist. Dies führt aber nicht etwa dazu, dass die Kosten der Fraunhofer-Studie anzusetzen wären, weil diese geringer sind. Vielmehr greifen die diesbezüglichen Ausführungen der Beklagten zu kurz, da die Heranziehung der Schwacke-Liste bereits Gegenstand der Schätzung nach § 287 ZPO ist.
In Anknüpfung an die von Klägerseite mit der Klageschrift vorgelegten Auszüge aus der Schwacke-Liste (Bl. 14 u. 15 der Akte) ergibt sich daraus zwar lediglich ein Betrag von 1181,87 € netto. Denn für 11 Tage sind insofern nicht 11-Tagespauschalen sondern eine 7-Tagespauschale zu 545,64 €, eine 3-Tagespauschale zu 284,32 € und eine Tagespauschale zu 99,20 € anzusetzen, was 929,18 € ergibt.
Auch war ein pauschaler Zuschlag für Mehraufwendungen in Höhe von 20 % vorzunehmen, sodass sich ein Betrag von 1.115,02 € ergibt. Es ist anerkannt, dass dadurch den Mehrleistungen und Risiken bei der Vermietung an Unfallgeschädigte Rechnung getragen werden kann, was das Gericht nach § 287 ZPO auf 20 % schätzt. Dies folgt vorliegend bereits aus dem Umstand, dass die Anmietung bereits am Unfalltag für eine unbestimmte Mietdauer und bereits wenige Stunden nach dem Unfall erfolgte. Auch kann dem Geschädigten insofern innerhalb dieser Zeitspanne nicht zugemutet werden, sich nach anderen Mietwagen zu erkundigen zumal die Beklagte insofern auch keine konkreten Angebote vorgetragen hat
Hinzuzurechnen waren auch noch entsprechend den obigen Ausführungen eine Wochenpauschale, eine 3-Tagespauschale und eine Tagespauschale für Versicherung (151,40 €, 68,13 €, 22,95 €) also insgesamt 242,48 € und die Kosten für Zustellung und Abholung von jeweils 24,46 €, was den Gesamtbetrag von 1.406,42 € brutto, also 1.181,87 € netto ergibt. Auch wenn die Klägerin 1.445,56 € netto für angemessen hält wirkt sich dies nicht aus, nachdem insgesamt lediglich 1.642,47 € netto begehrt werden. Unter Berücksichtigung der unstreitigen Zahlung verbleibt zumindest der geltend gemachte Betrag von 713,36 €.
Die Zinsforderung folgt aus Verzug. Zinsen waren aber erst ab dem 11.09.2010, nämlich dem Fristablauf im Schriftsatz des klägerischen Prozessbevollmächtigten vom 31.08.2010 zuzusprechen. Ein vorheriger Verzug liegt nicht vor. Dieser folgt weder aus der Übersendung der Rechnung, nachdem diese nämlich an den Geschädigten gerichtet wurde und der Beklagten lediglich zur Kenntnis gereicht wurde. Auch stellt das Schreiben der Beklagten vom 28.06.2010 noch nicht eine den Verzug begründende Verweigerung weiterer Zahlungen dar.
Aus den gleichen Gründen waren die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten nicht zuzusprechen, da sich die Beklagte im Zeitpunkt der Beauftragung noch nicht in Verzug befand.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Ziffer 1 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Ziffer 11, 711 ZPO.
Soweit das AG Wetzlar
Hallo Babelfisch,
so ist es richtig. Die Instanzurteile hier aufzuführen, die nach dem BGH-Urteil ergangen sind, das beide Listen grundsätzlich als Schätzgrundlage anerkannt hat. Nunmehr hat nämlich der besonders freigestellte Richter die Möglichkeit, die Schwacke-Liste als geeignete Schätzgrundlage anzuwenden. Je mehr Urteile pro schwacke angeführt werden, umso geringer wird die Bedeutung der Fraunhofer-Liste. Die Beklagtenseite ist nämlich in der Regel nicht in der Lage, detailiert die Vorteile der Fraunhofer-Liste anzugeben. Die Beklagtenseite kann nur pauschal gegen Schwacke wettern, ist aber nicht in der Lage, wie vom BGH gefordert, die Nachteile der Schwacke-Liste konkret darzulegen und zu beweisen. Pauschale Einwendungen gegen Schwacke reichen nicht.
Mit freundlichen kolligialen Grüßen
Willi Wacker