Mit Datum vom 08.06.2011 (25 C 173/11) hat das Amtsgericht Salzgitter die HUK24 AG zur Freistellung von weiteren Mietwagenkosten in Höhe von 303,98 € zzgl. Zinsen und vorgerichtlichen RA-Kosten verurteilt. Das Gericht legt bei der Schätzung des Normaltarifs die Schwacke-Liste zugrunde, die Fraunhofer Tabelle findet keine Anwendung.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist nur teilweise begründet.
Die Beklagte schuldet aus den §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, 249 f. BGB, 115 VVG vollständigen Schadenersatz aus dem Verkehrsunfall vom xx.xx.2010. Zu den ersatzfähigen Kosten gehören auch die Kosten, welche dem Kläger dadurch entstanden sind, dass dieser ein Mietfahrzeug in Anspruch genommen hat. Der Kläger kann dabei gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB grundsätzlich aber nur den Ersatz objektiv erforderlicher Mietwagenkosten durchsetzen. Mietwagenkosten sind vom Schädiger und dessen Haftpflichtversicherung nur insoweit zu ersetzen, als solche Kosten tatsächlich zur Herstellung des Zustandes erforderlich sind, der ohne die Schädigung bestehen würde. Das sind Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf.
Der Kläger hat nicht hinreichend dargelegt und bewiesen, dass ihm kein günstigerer Tarif auf dem örtlich relevanten Mietwagenmarkt zur Verfügung stand, als der in der ihm erteilten Rechnung der Firma A. GmbH genannte Betrag. Grundsätzlich ist es Sache des Geschädigten darzulegen und zu beweisen, dass ihm auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevantem Mark kein wesentlich günstigerer Tarif zugänglich war (BGH, Urteil vom 30.01.2007, Aktenzeichen VI ZR 99/06, Randnummer 12 – zitiert nach Juris). Der Geschädigte hat die Umstände darzulegen und ggfs. zu beweisen, die ihn gehindert haben, keinen günstigeren Tarif erhalten haben zu können, so dass er zwingend auf den konkret gewählten Tarif angewiesen war (Landgericht Braunschweig, Urteil vom 16.12.2008, Aktenzeichen 7 S 93/08).
Der Kläger hat in diesem Sinn die Nichtzugänglichkeit anderer, günstigerer Tarife, nicht hinreichend dargelegt. Er hat das Ersatzfahrzeug nicht unmittelbar im Anschluss an das Unfallgeschehen am Morgen des xx.xx.2010, sondern mehr als zwei Wochen später am xx.xx.2010 angemietet. In der Zwischenzeit hatte er umfänglich Gelegenheit, mehrere der zahlreichen in Salzgitter – ggfs. auch in Wolfenbüttel und Braunschweig -ansässigen Autovermietungen zumindest durch telefonische Nachfrage zu kontaktieren und verschiedene Vergleichsangebote einzuholen.
Die erstattungsfähigen Mietwagenkosten schätzt das Gericht der Höhe nach gem. § 287 ZPO im Anschluss an das Landgericht Braunschweig (a.a.O.) im vorliegenden Fail wie folgt auf 706,20 Euro:
Hinsichtlich des zugrunde zu legenden Normaltarifs für ein Fahrzeug der Gruppe 4 sowie der Kosten für die Vollkaskoversicherung ist im Anschluss an die Rechtsprechung des Landgerichts Braunschweig der Tarif für die Fahrzeuganmietung -hier auf die Dauer von 3 Tagen- ausgehend von dem Wochentarif hochzurechnen. Der Wochentarif für ein Fahrzeug der Klasse 4 beträgt nach derSchwacke-Liste 2003 im gewichteten Mittel 359,00 Euro. Auf einen Tag entfällt damit ein Betrag in Höhe von 51,29 Euro. Auf 8 Tage entfällt mithin insgesamt ein Betrag in Höhe von 410,32 Euro. Die Kosten für die Vollkaskoversicherung belaufen sich für eine Woche auf 133,00 Euro, für 8 Tage mithin auf 152,00 Euro. Erstattungsfähig sind auch die Kosten für Zustellen und Abholen in Höhe von 2 x 16,00 Euro = 32,00 Euro. Die Kosten für eine nach der hier vertretenen Auffassung erstattungsfähige wintertaugliche Bereifung schätzt das Gericht im Anschluss an das Landgericht Braunschweig (a.a.O.) auf täglich 11,00 Euro, insgesamt für 8 Tage mithin auf 88,00 Euro.
Das Gericht hält im Anschluss an das Landgericht Braunschweig eine Abrechnung nach dem Schwacke-Mietpreisspiegel 2003 mit einem Inflationsaufschlag von 2 % pro Jahr zuzüglich einer Mehrwertsteuererhöhung von 3 % und abzüglich eines Anteils für ersparte Eigenkosten in Höhe von 10 % für tragfähig im Sinne des § 287 ZPO. Ein Unfallersatzzuschlag in Höhe von 15 % ist im vorliegenden Fall nicht anzusetzen, weil dieser Aufschlag nur dann gerechtfertigt ist, wenn das Ersatzfahrzeug in unmittelbarem Zusammenhang mit den Besonderheiten einer Unfallsituation angemietet wurde, beispielsweise außerhalb üblicher Geschäftszeiten oder an Feiertagen. Da das Fahrzeug hier erst mehr als zwei Wochen nach dem Unfall angemietet wurde, war dem Kläger grundsätzlich eine Vielzahl von Normaltarifen zugänglich, so dass ein Unfallersatzzuschlag von 15 % nicht gerechtfertigt ist.
Da die streitgegenständliche Anmietung im Januar 2010 erfolgt ist, ist im Anschluss an die Rechtsprechung des Landgerichts Braunschweig ein Aufschlag in Höhe von 12 % (6 x 2 %) zuzüglich 3 % Mehrwertsteuer, insgesamt also ein Zuschlag in Höhe von 15 % auf die oben genannten Positionen (410,32 Euro + 152,00 Euro + 88,00 Euro + 32,00 Euro – 682,32 Euro) gleich 784,67 Euro zu berücksichtigen. Abzüglich 10 % ersparter Eigenkosten errechnet sich der hier an erstattungsfähigen Mietwagenkosten zugrunde gelegte Betrag in Höhe von 706,20 Euro. Abzüglich der außergerichtlich von der Beklagten geleisteten Zahlung in Höhe von 402,22 Euro verbleibt der tenorierte Betrag von 303,98 Euro.
Der Kläger kann von der Beklagten auch die Erstattung der ihm außergerichtlichen entstandenen Anwaltskosten auf der Grundlage eines Gegenstandswertes von 303,98 Euro in Höhe von 83,54 Euro ersetzt verlangen. Es handelt sich um adäquate Folgeschäden, die im Rahmen des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB zu ersetzen sind.
Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus den §§ 288, 291 BGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in § 713 ZPO.
Soweit das AG Salzgitter.
Hallo Babelfisch,
nachdem der VI. Zivilsenat des BGH mit Datum vom 21.4.2011 entschieden hat, dass Schwacke und Fraunhofer geeignete Schätzgrundlagen für den besonders freigestellten Tatrichter sein können, sind derartige Urteile pro Schwacke besonders wichtig. Denn daraus zeigt sich deutlich, dass die immer wieder von den Versicherungen gebrachten pauschalen Einwendungen gegen Schwacke nicht geeignet sind, diese Schätzgrundlage abzulehnen. Es müssen schon fundierte Mängel gegen die Liste sein. Aber gerade wegen ihrer Mängel bestehen ja Bedenken gegen die Anwendbarkeit der Fraunhoferliste.
Mit freundl. koll. Grüßen
Willi Wacker