Mit Urteil vom 19.06.2007 (14 S 103/06) hat das LG Hannover auf die Berufung des Klägers die beteiligte Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 608,29 € zzgl. Zinsen verurteilt.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klägerin hat aus abgetretenem Recht einen Anspruch auf weiteren Ersatz der Mietwagenkosten in Höhe von 608,29 € aus den §§7, 17 StVG in Verbindung mit § 3 PflVG.
Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Die Abtretung der Ansprüche auf restliche Zahlung der Mietwagenkosten an Erfüllung statt vom 06.06.2006 ist wirksam. Ein Verstoß gegen § 1 Abs. 1 S. 1 der 5. RberVO liegt nicht vor, so dass die Abtretung nicht nach § 134 BGB nichtig ist. Die Klägerin hat die Forderung durch Abtretung des Geschädigten (XXX) erworben, um diesen von jeglichen Ansprüchen ihrerseits endgültig freizustellen. Der Wortlaut der Abtretung ist eindeutig und klar gefasst. Aus der Aussage des Zeugen (XXX) in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht folgt weitergehend auch zweifelsfrei, dass der Zeuge unter keinen Umständen Mietwagenkosten an die Klägerin bezahlen wollte oder sollte. Mit der nach dem Rechtsberatungsgesetz zulässigen Abtretung seiner Ansprüche gegen die Beklagte auf Erstattung von Mietwagenkosten vom 06.06.2007 wurde er seinen Erwartungen gemäß von jedweder Zahlungspflicht gegenüber der Klägerin befreit. Die Klägerin wurde folglich Inhaberin der Forderung, die sie im Wege dieses Rechtsstreits geltend machen kann.
Der Klägerin steht ein weitergehender Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von 608,29 € zu.
Prinzipiell ist der erstinstanzlichen Richterin zuzustimmen, dass ein genereller Anspruch eines Unfallgeschädigten auf Zahlung eines sogenannten Unfallersatztarifs bei der Anmietung eines Ersatzfahrzeugs nicht anzuerkennen ist. Dies ist gerade in den letzten Monaten auch von der höchstrichterlichen Rechtsprechung wiederholt bestätigt worden. Ein Anspruch des Geschädigten besteht grds. nur in Höhe des Betrages, den ein wirtschaftlich denkender Mieter für die Anmietung eines seinem beschädigten PKW adäquaten Fahrzeugs ausgeben würde wenn er selbst und nicht eine gegnerische Versicherung die Mietkosten zu bezahlen hätte. Diese Kosten lagen hier im Raum Celle bei einem Vergleich von mehreren Mietwagenfirmen im Unfallzeitpunkt bei durchschnittlich 1.042,20 Euro inkl. Vollkaskoversicherung, Zustell- und Abholkosten und insbesondere auch der MwSt. Rechnet man die MwSt. in Höhe von damals 16 % heraus ( dann verbleiben 898,45 Euro), so zeigt sich, dass die Beklagte im vorliegenden Fall mit ihrer Nettoüberweisung in Höhe von 1.033, 45 Euro schon ca. 150,- Euro mehr bezahlt hat, als der durchschnittliche Mietwagenanbieter für die Anmietung eines vergleichbaren Luxusautos gefordert hätte.
Allerdings hat der Bundesgerichtshof gelegentlich Ausnahmen von der Beschränkung auf den sogenannten durchschnittlichen Normalpreis entwickelt. Danach kann dann ein angemessener höherer Tarif – der in der Regel nach dem Normalpreis aus dem Mietspiegel der Schwacke- Liste ermittelt wird – verlangt werden, wenn der Geschädigte bei Anmietung des Fährzeugs keine Kreditkarte als Sicherheit für das Mietwagenbüro vorlegen kann, wenn die Mietdauer nicht bestimmbar ist und/oder wenn der Mietwagen sofort benötigt wird.
Sämtliche drei Kriterien lagen im vorliegenden Fall kumulativ vor. Der Zeuge (XXX) hatte, wie die Beweisaufnahme vor dem Amtsgericht ergeben hat, keine Kreditkarte. Insoweit hat die weiterentwickelte Rechtsprechung zu dieser Frage einen höheren Mietpreis nur dann als angemessen anerkannt, wenn der Geschädigte nicht selbst in der Lage ist, eine Sicherheit zu stellen oder auch nicht die gegnerische Versicherung um eine Garantiezusage gegenüber der Vermieterfirma ersuchen kann. Diese letztgenannten Kriterien lägen z. B, dann vor, wenn zwischen Unfall und Anmietung 2 Tage oder mehr liegen. Im vorliegenden Fall benötigte der Geschädigte (XXX) den Ersatzwagen sofort. Er hatte keine Kreditkarte und war aufgrund der Eilbedürftigkeit der Anmietung auch nicht verpflichtet, bei der Beklagten, die vermutlich noch nicht einmal etwas von dem Unfall wusste, um eine Vorfinanzierung zu bitten. Da es sich um einen Geschäftswagen handelte, war er als Angestellter mit Außendiensttätigkeit auch nicht verpflichtet, der Mietwagenfirma eine hohe (es handelte sich immerhin um einen Mercedes C270 TDI) Kaution, die er im Übrigen in bar bei der Anmietung hätte bezahlen müssen, an die Mietwagenfirma zu erbringen.
Schließlich, und das ist das entscheidende Kriterium für die Zubilligung eines über den durchschnittlichen Normaltarif hinausgehenden Tarifs, benötigte der Zeuge (XXX) den Mietwagen nach seiner Aussage in der mündlichen Verhandlung sofort. Er befand sich zur Zeit des Unfalls auf dem Weg zu einem Geschäftstermin. Der Unfall ereignete sich am frühen Morgen des 13.01.2005 und der Geschädigte brauchte den Wagen noch am selben Tag zur Fortsetzung seiner Geschäfte. In diesem Fall ist die Mietwagenfirma auch nicht verpflichtet, den Geschädigten darauf hinzuweisen, dass ein Fahrzeug bei einem Vergleich von mehreren Mietwagenanbietern gegebenenfalls preiswerter hätte angemietet werden können. Es kommt bei der Anmietung eines Ersatzfahrzeugs nach einem Unfall also stets auf den Einzelfall an.
Eine Pflicht zur Aufklärung durch den Vermieter oder auch eine eigene Pflicht des Geschädigten zur Einholung mehrerer Angebote als Schadensminderungspflicht kann nur dann bejaht werden, wenn der Mietwagen nicht umgehend angemietet werden muss. So hat der BGH in einer seiner jüngsten Entscheidungen (BGH VI ZR 18/06) die Zulässigkeit eines sog. Unfallersatztarifs verneint, weil der Geschädigte seinen Pkw erst 2 Monate nach dem Unfall hat reparieren lassen und eine Eilbedürftigkeit überhaupt nicht ersichtlich war.
Die Klägerin hat jedoch nach Meinung der Kammer keinen Anspruch in Höhe des von ihr geltend gemachten Tarifs. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung hat der Richter bei Vorliegen der oben aufgezeigten Kriterien zu schätzen, was ein verständiger und wirtschaftlich denkender Mensch in dieser Situation nach dem Unfall unter Beachtung seiner Schadensminderungspflicht aufwenden darf und würde. Es geht also nicht um die Zubilligung eines von der Mietwagenbranche zu ihren Gunsten entwickelten „Unfallersatztarifs“, sondern allein darum, welche Kosten zu Lasten der gegnerischen Versicherung bei Anmietung eines Ersatzwagens noch vertretbar erscheinen. Danach hat das entscheidende Gericht nach ständiger Ansicht in Rechtsprechung und Literatur in der Regel den dem Geschädigten zuzubilligenden Tarif nach dem sog. Normaltarif der Schwacke-Liste zum Mietpreisspiegel für die Region festzusetzen, in der das Fahrzeug angemietet wird. Unstreitig lag der Tagesmietpreis zum Unfallzeitpunkt nach der Schwacke-Liste im Postleitzahlenbereich für Celle bei 149,00 € pro Tag. Die Klägerin hätte jedoch aufgrund der Schwere der Beschädigungen des Fahrzeugs von vornherein erkennen können, dass inklusive der Erstellung des Gutachtens sich die Reparatur mindestens auf eine Woche erstrecken wird. Insofern hat sie für die ersten sieben Tage auch keinen Anspruch auf den Tagessatz von 149,00 €, sondern lediglich auf die Wochenpauschale, die im Januar 2005 bei unstreitigen 666,00 € lag. Nachdem das Gutachten am 18.012005 erstellt war, das eine Reparaturdauer von 5 Werktagen aufwies, war auch klar, dass mindestens weitere 3 Tage der Mietwagen benötigt wird. Auch insofern ist der Klägerin folglich nur die 3-Tagespauschale zuzusprechen, die bei 419,00 € liegt. Lediglich für die letzten 3 Tage, in denen sich die Reparatur hinzog, kann die Klägerin den Tagessatz von 149,00 € beanspruchen, wodurch weitere 447,00 € anzusetzen sind. Insgesamt macht das somit den Betrag von 1.532,00 € aus. Diese so errechnete Summe liegt danach um nahezu 100 % über dem Angebot des günstigsten Anbieters (XXX) der von der Beklagten ermittelten Angebote für den konkreten Anmietzeitraum im Jahr 2005 und um ca. 50 % über dem oben ermittelten Durchschnittsmietpreis.
Abzuziehen von dieser Summe ist die in die Schwacke-Liste bereits inkludierte Mehrwertsteuer von damals 16 % , auf die die Klägerin keinen Anspruch hat, so dass ein Anspruch in Höhe von nur noch 1320,69 € verbleibt. Ferner abzuziehen sind die ersparten Eigenkosten des Geschädigten (XXX) in Höhe von 131,95 € (13 x 10,15 € laut Schwacke-Liste für das beschädigte Fahrzeug), wonach eine Forderung in Höhe von 1.188,74 € verbleibt.
Hinzu kommen wieder die Kosten für die Vollkaskoversicherung – auf eine solche hat der Geschädigte grundsätzlich einen Anspruch, weil er für eine längere Dauer mit einem ihm völlig fremden Wagen fahren muss -, die laut Schwacke-Liste bei 31,00 € pro Tag = 403,00 € liegt und die Kosten für die Zustellung und Abholung des Wagens in Höhe von insgesamt 50,00 €. Es verblieb danach für die Klägerin ein Anspruch in Höhe von 1.641,74 € (1.188,74 € + 403,00 € + 50,00 €), worauf die Beklagte vorprozessual bereits 1.033,45 € bezahlt hat. So errechnet sich der ausgeurteilte Betrag von 608,29 €.
Die weitergehende Berufung war zurückzuweisen.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Entscheidung weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 ZPO). Vielmehr ist die Entscheidung von der Tatsachenfeststellung im Einzelfall bestimmt.
Soweit das LG Hannover.