Mit Datum vom 08.11.2010 (12 C 212/10) hat das Amtsgericht Lingen die beteiligte Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 924,60 € zzgl. Zinsen sowie vorgerichtlicher RA-Kosten verurteilt. Das Gericht legt bei der Schätzung des Normaltarifs die Schwacke-Liste zugrunde und lehnt die Fraunhofer Tabelle ab.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist überwiegend begründet. Auf Grund des Verkehrsunfallereignisses hat der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch aus §§ 7, 17 StVG i.V.m. § 115 VVG auf Ersatz seiner notwendigen Mietwagenkosten. Dabei ist zwischen den Parteien offensichtlich unstreitig, dass der Kläger für den Zeitraum von 13 Tagen Anspruch auf einen Mietwagen hatte. Nach durchgeführter Beweisaufnahme hält das Gericht in Anwendung des § 287 ZPO die geltend gemachten Mietwagenkosten in Höhe von 1.531,51 € für grundsätzlich angemessen. Allerdings muss sich der Kläger eine Eigenersparnis in Höhe von 10 % der Mietwagenkosten, d.h. in Höhe von 158,15 €, entgegen halten lassen. Zu ersetzen sind daher Mietwagenkosten in Höhe von 1.423,36 €. Abzüglich des von der Beklagten bezahlten Betrages in Höhe von 553,– € ergibt dies einen Restbetrag in Höhe von 870,36 €.
Nach durchgeführter Beweisaufnahme geht das Gericht davon aus, dass entgegen der schriftlichen Angabe im Mietvertrag nicht ein Skoda Fabia, sondern ein dem verunfallten VW Sharan vergleichbares Fahrzeug angemietet worden ist. Dies ergibt sich aus der glaubhaften Aussage der Zeugin A. Diese hat ausgesagt, sie wisse nicht genau, was für ein Fahrzeug gemietet worden sei. Der Wagen habe jedenfalls eine vergleichbare oder sogar größere Größe als der VW Sharan ihres Freundes (des Klägers) gehabt. Das Gericht hat keine Bedenken an der Glaubhaftigkeit der Aussage, obwohl die Zeugin die Freundin des Klägers ist. Erst auf Grund dieser Aussage ist im Prozess bekannt geworden, dass kein Skoda Fabia gemietet worden ist. Auf Grund des Inhalts der Zeugenaussage ist auch verständlich, dass kein Skoda Fabia gemietet worden sein kann. Die Zeugin hat darauf hingewiesen, dass ein großes Auto für die Musikanlage des Klägers bzw. für den bevorstehenden Umzug erforderlich gewesen ist. Dabei zeichnete sich die Beweisaufnahme dadurch aus, dass zunächst Gericht und Zeugin aneinander vorbeiredeten, weil das Gericht von der Anmietung eines Skoda Fabia ausging und die Zeugin nicht verstand, warum seitens des Gerichtes wiederholt darauf hingewiesen worden ist, dass nicht ersichtlich ist, wie denn mit dem gemieteten Fahrzeug die Transportaufgaben bewältigt werden können. Das Gericht hat nach dem Verlauf der Beweisaufnahme keinerlei Zweifel an der Richtigkeit der Aussage der Zeugin.
Im vorliegenden Fall sind die erforderlichen Mietwagenkosten nach dem Schwacke-Tarif unter Berücksichtigung eines pauschalen Aufschlages in Höhe von 20 % zu ermitteln. Unter Berücksichtigung des hier relevanten Postleitzahlenbereichs ergibt sich aus dem Schwacke-Mietpreisspiegel bei einer Wochenpauschale (731,50 € und 2 Dreitagespauschalen, jeweils 368,- €) als Normaltarif der Kategorie 7 ein Betrag in Höhe von 1.463,50 €. Unter Berücksichtigung eines pauschalen Aufschlages von bis zu 20 % stellt sich die Forderung des Klägers damit als angemessen dar. Der pauschale Aufschlag ist hier zu machen, weil nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme für das Gericht feststeht, dass die Firma B. unfallbedingt Mehraufwendungen geleistet hat.
So hat der Zeuge C. zugegeben, dass im Falle eines Unfalls der geschädigte Mieter sich nicht hinsichtlich des Anmietzeitraums festlegt. Auch würde der Geschädigte die Mietwagenkosten nicht vorfinanzieren. Damit ergeben sich aus der Aussage des Zeugen B. hinreichende Anhaltspunkte, die einen Aufschlag auf den Normaltarif rechtfertigen. Das Gericht hält die Aussage des Zeugen B. für glaubhaft. Es ist nachvollziehbar, dass im Falle eines Unfalls seitens eines Kfz-Betriebes, der auch Mietwagen zur Verfügung stellt, diese Zusatzleistungen erbracht werden.
Dass im Falle eines Unfalls die Mietwagenkosten auf der Grundlage des Schwacke-Spiegels unter Berücksichtigung eines Aufschlags von 15-20 % ermittelt werden können, entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, vgl. BGH Urteil vorn 02.02.2010, Az.: VI ZR 7/09. Ein Aufschlag ist dann gerechtfertigt soweit die Besonderheiten des Tarifs mit Rücksicht auf die Unfallstation dies rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst und infolgedessen zur Schadensbehebung nach § 249 BGB erforderlich sind. Die Erforderlichkeit des Normaltarifs unter Berücksichtigung eines prozentualen Aufschlags kann nicht bereits deshalb unberücksichtigt bleiben, weil substantiierter Vortrag des Klägers dazu fehlt, dass er zur Vorfinanzierung nicht imstande ist. Dies betrifft nach dem BGH (aaO, Rdn. 12) nicht die Erforderlichkeit der Herstellungskosten, sondern die Schadensminderungspflicht nach § 254 BGB. Da insoweit näherer Vortrag des Beklagten fehlt, hat sich für den Kläger auch keine sekundäre Darlegungslast ergeben. Angesichts der doch erheblichen Höhe der Mietwagenkosten ist für das Gericht nicht ohne Weiteres der Schluss gerechtfertigt, dass der Kläger ohne Weiteres die Mietwagenkosten vorfinanzieren konnte.
Das Gericht hat im vorliegenden Fall keine Bedenken gegen die Bemessung der Mietwagenkosten auf der Grundlage der Schwacke-Liste. Zum Einen ist festzuhalten, dass die Liste des Fraunhofer-lnstitus für den hiesigen ländlichen Bereich nichts hergibt. Das Gericht wäre zu einer weiteren Begutachtung nur dann gehalten gewesen, wenn sich im Zuge der durchgeführten Beweisaufnahme ergeben hätte, dass ohne Weiteres ein wesentlich günstigerer Tarif zugänglich gewesen wäre, die Tarife auf Basis der Schwacke-Liste damit offensichtlich falsch sind. Diesbezüglich ist die Beklagte aber beweisfällig geblieben. Insbesondere ergibt sich aus der Aussage des Zeugen C., dass die von ihm genannten günstigeren Tarife nur dann zugänglich sind, wenn der Geschädigte darauf hinweist, dass der Unfallgegner bei der Versicherung versichert ist, mit der der Rahmenvertrag besteht, nach dem der günstigere Mietpreis möglich ist. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass ausweislich der vorgelegten Anlage hinsichtlich der Preisliste der Firma …… sich ein Wochenpreis für den VW Sharan in Höhe von 944,- € ergibt. Auch angesichts dessen hat das Gericht keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Methodik der Erhebung des Schwacke-Mietpreisspiegels hierzu fehlerhaften Ergebnissen führt.
Die Zinsentscheidung folgt auf Grund anwaltlichen Mahnschreibens aus § 288 8GB.
Der Kläger hat auf Grund des Verkehrsunfallereignisses Anspruch auf Ersatz seiner Rechtsanwaltskosten. Auch unter Berücksichtigung der geringeren Mietwagenkosten sind Rechtsanwaltskosten nach einem Streitwert bis 7.000,- € ersatzfähig. Insoweit sind die Rechtsanwaltskosten zutreffend in Höhe von 603,93 € berechnet worden. Auf die Berechnung, Bl. 4 der Klageschrift, wird Bezug genommen. Abzüglich der Zahlung der ……. bleibt ein restlicher Anspruch auf Ausgleich der Anwaltskosten in Höhe von 54,24 €.
Die weitere Zinsentscheidung folgt aus § 291 BGB.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92, 96, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Soweit das AG Lingen.
Hallo Babelfisch,
interessanter sind allerdings die Schwacke-Mietwagenurteile nach dem BGH-Urteil vom 12.4.2011 – VI ZR 300/09 -, in dem der BGH beide Listen als geeignete Schätzgrundlagen angesehen hat. Es wäre daher wichtig darzustellen, wie sich die Instanzgerichte nach dem BGH-Urteil vom 12.4.2011 entscheiden.
Mit freundl. Grüßen
Willi Wacker
Die Gesetzeslage hat sich auch nach dem BGH-Urteil VI ZR 300/09 nicht geändert! Darum gibt es auch keine Veranlassung für die Gerichte, Mietwagenkosten nach Fraunhofer zuzusprechen. Hat der Mietwagenunternehmer wie hier nach Schwacke die Rechnung gelegt, ist § 249 BGB zu beachten – Punkt
@Willi Wacker:
Sicherlich sind die aktuellen Urteile nach der von dir zitierten Entscheidung des BGH wichtig, ich bin auch bemüht, diese zeitnah den Bloglesern zur Verfügung zu stellen. Im Hinblick auf die auch von dir bemängelten „weißen Flecken“ auf der Entscheidungs-Landkarte halte ich es dennoch für gut, ergänzend auch Urteile der Instanzgerichte zu veröffentlichen, die vor der BGH-Entscheidung liegen. Der Schwerpunkt liegt jedoch nicht auf diesen Urteilen.
Hallo virus,
darum geht es doch gar nicht. Mit dem BGH-Urteil ist der Tatrichter hinsichtlich seines Ermessens im Rahmen der Schadensschätzung besonders freigestellt, indem der BGH beide Listen und sogar Mittellösungen für möglich erachtet hat. Auch ich bin der Ansicht, dass Schwacke die bessere Schätzgrundlage im Vergleich zu Fraunhofer ist. Deshalb ist es jetzt doch besonders wichtig zu erfahren, wie die Instanzgerichte nach dem BGH-Urteil vom 12.4.2011 – VI ZR 300/09 – entscheiden.
LG Karlsruhe z.B. hält einen Mittelwert für angemessen. Auch das kann § 249 BGB sein. § 249 BGB bedeutet doch auf keinen Fall unisono, dass immer Schwacke als erforderliche Kosten anzulegen ist. Dann könnte man auch gleich ins Gesetz schreiben: „bei Mietwagenkosten hat der Schädiger diese nach Schwacke zu erstatten“ Das steht da aber nicht. Was erforderlich ist, ist durch Rechtsprechung herauszubilden. Punkt.