Mit Urteil vom 22.02.2008 (39 C 580/07) hat das AG Lüneburg die HDI IndustrieVersicherungs AG zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 1.385,16 € zzgl. Zinsen verurteilt. Das Gericht wendet die Schwacke-Liste an.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist in Höhe eines Betrages von 1.385,16 € begründet; im Übrigen ist sie unbegründet.
Im Einzelnen:
Der Kläger hat gegen die Beklagte aber den vorprozessual gezahlten Betrag hinaus einen weiteren Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten Mietwagenkosten in Höhe von 1.385,16 € aus §§ 3 Nr. 1 PflVersG i.V.m. §§ 7 Abs. 1, 17 StVG, 823 BGB.
Der Kläger kann gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB als Herstellungsaufwand Ersatz der objektiv erforderlichen Mietwagenkosten verlangen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. nur BGH NJW 2005, 51; NJW 2007, 1122; NJW 2007, 1449) kann der Geschädigte vom Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer nach § 249 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf.
Der Geschädigte ist dabei ebenso wie bei anderen Kosten der Wiederherstellung und ebenso wie in anderen Fällen, in denen er die Schadensbeseitigung selbst in die Hand nimmt, nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass der Geschädigte von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis ersetzt verlangen kann. Der Geschädigte verstößt allerdings nicht schon dann gegen seine Pflicht zur Schadensgeringhaltung, wenn er ein Kraftfahrzeug zu einem Tarif anmietet, der gegenüber einem anderen Tarif teurer ist. Eine umfassende Marktforschung zur Ermittlung des günstigsten Tarifs muss der Geschädigte nicht anstellen.
Der Beklagten ist zuzugeben, dass allein das allgemeine Vertrauen darauf, der dem Geschädigten vom Autovermieter angebotene Tarif sei „auf seine speziellen Bedürfnisse zugeschnitten“ es nicht rechtfertigt, zu Lasten des Schädigers bzw. Haftpflichtversicherers ungerechtfertigt überhöhte und nicht durch Unfall bedingte Mehrleistungen des Vermieters gedeckte Unfallersatztarife zu akzeptieren. Vorliegend verhält es sich jedoch so, dass der Kläger den fraglichen Mietwagen zu einem Preis angeboten bekommen hat, der zum einen nicht als „Unfallersatztarif“ gekennzeichnet bzw. als solcher mangels ausgewiesener unfallspezifischer Mehrleistungen erkennbar war und sich überdies im Rahmen der „Normaltarife“ für Fahrzeuge der Wagenklasse des klägerischen Fahrzeugs hielt.
Ausweislich des Mietvertrags zwischen dem Kläger und der Autovermietung (XXX) vom 30.04.2007 (Anlage K 1, Bl. 14 d. A.) hat die Autovermietung gegenüber dem Kläger den Mietpreis nicht als „Unfallersatztarif“ oder „Normaltarif'“ bezeichnet. Aus dem Mietvertrag ergibt sich auch nicht, dass der Kläger unfallbedingte Mehrleistungen der Autovermietung im Zusammenhang mit der Anmietung des Ersatzfahrzeugs in Anspruch genommen hat. Bei dieser Sachlage kommt es unter Berücksichtigung des aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit i.S.d. § 249 BGB abgeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebots allein darauf an, wie sich der Tarif von 175,15 € brutto pro Tag zu den auf dem örtlich relevanten Markt erhältlichen „Normaltarifen“ verhält. In Ausübung des tatrichterlichen Ermessens kann der „Normaltarif“ auf der Grundlage des gewichteten Mittels des „Schwacke- Mietpreisspiegels im Postleitzahlengebiet des Geschädigten gem. § 287 ZPO geschätzt werden (BGH NJW 2007, 2758 n.w.V.). Die von der Autovermietung (XXX) in Ansatz gebrachten Mietwagenkosten in Höhe von 175,15 € brutto/Tag liegen im Rahmen des auf der Grundlage des gewichteten Mittels des „Schwacke- Mietpreisspiegels 2007 „ermittelten „Normaltarifs“ im Postleitzahlengebiet des Klägers. Das bei dem Unfall vom 29.04.2007 beschädigte Fahrzeug des Klägers der Marke Volvo S 80 T 6 Executive mit 2.783 cm* und 200 kW unterfällt der Mietwagenklasse 10. Für das Postleitzahlengebiet 091, in dem der Kläger das Fahrzeug angemietet hat, ist der mittlere „Normaltarif“ für Mietwagen der Klasse 10 unter Heranziehung des „Schwacke- Mietpreisspiegels 2007 (Bl. 88 ff d. A.) auf rund 249,00 €/Tag zu schätzen. Der von der Autovermietung (XXX) in Rechnung gestellte Tagespreis von 175,14 € liegt damit sogar unterhalb des vorstehend geschätzten mittleren „Normaltarifs“ für ein dem Fahrzeug des Klägers entsprechendes Ersatzfahrzeug der Klasse 10. Selbst wenn mit der Beklagten darauf abgestellt werden würde, dass der Kläger bei einer 11-tägigen Mietdauer nicht einen Tagespreis, sondern mindestens auch eine Wochen- bzw. 3-Tages-Pauschale in Ansatz gebracht werden müsse, ergibt sich aus dem „Schwacke- Mietpreisspiegel 2007″, dass für den Normaltarif für ein Fahrzeug der Mietwagenklasse 10 die mittlere 3-Tages-Pauschale bei rund 775,00 € und die mittlere Wochenpauschale bei rund 1.571,00 € liegen. Auch insoweit liegt der von der Autovermietung (XXX) mit insgesamt 1 926.61 € in Rechnung gestellte Gesamtmietpreis noch im Rahmen das vorstehend ermittelten „Normaltarifs“.
Der Erstattungsfähigkeit der von dem Kläger geltend gemachten Mietwagenkosten steht auch nicht entgegen, dass der Kläger vor der Anmietung des Ersatzfahrzeugs keine Erkundigungen angestellt hat hinsichtlich eines möglicherweise günstigeren Mietwagens. Zu einer Nachfrage bzw. Nachforschung nach einem günstigeren Tarif wäre der Kläger nämlich nur dann gehalten gewesen, wenn sich ihm Bedenken gegen die Angemessenheit des ihm angebotenen Mietwagentarifs hätten aufdrängen müssen, was vorliegend indessen nicht der Fall war. Bei Kosten von rund 175,00 €/Tag für ein Fahrzeug der oberen Mietwagenklasse muss eine Erkundigungspflicht vor dem Hintergrund, dass sich der Mietpreis, wie gezeigt, im Rahmen des im Postleitzahlenbereich der Autovermietung (XXX) geltenden „Normaltarifs“ bewegte, nicht für nahelegend gehalten werden. Hinzu kommt, dass für den Kläger, da der streitgegenständliche Tarif nicht als unfallspezifischer Tarif ausgewiesen und ein Tarifunterschied zu anderen Tarifen damit nicht ohne weiteres erkennbar war. Des weiteren ist zu berücksichtigen, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Anmietung des Fahrzeugs (Montag) aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit als Arzt dringend auf ein Ersatzfahrzeug angewiesen war und es ihm damit nicht zumutbar gewesen wäre, etwa noch Hause zu fahren und nach billigeren Miettarifen im Internet nachzuforschen. Hierbei ist es unerheblich, dass der Kläger das Fahrzeug erst einen Tag nach dem Unfall angemietet hat. Dieser Umstand ist kein Indiz dafür, dass der Kläger Zeit genug gehabt hätte, günstigere Tarife ausfindig zu machen. Vielmehr liegt diese zeitliche Verzögerung zum Unfall darin begründet, dass der Kläger erst an dem fraglichen Montag erfuhr, dass sein Fahrzeug nicht mehr verkehrssicher war und er ein Ersatzfährzeug benötigen wurde. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der Kläger überdies kein Fahrzeug derselben Wagenklasse 10, sondern ein Fahrzeug der niedrigeren Wagonklasse 7 angemietet und sich damit für eine aus seiner Sicht günstigere Variante entschieden hat. Alles in allem bestand damit in dieser besonderen Konstellation für den Kläger keine Veranlassung, an der Angemessenheit des Mietwagenpreises zu zweifeln und deshalb nach einem günstigeren Tarif Ausschau zu hatten.
Die vorstehenden Ausführungen gelten entsprechend für die von der Autovermietung (XXX) dem Kläger in Rechnung gestellte Haftungsbefreiung in Höhe von insgesamt 275,00 € zzgl. Mehrwertsteuer und für die Kosten der Zustellung und Abholung außerhalb des Stadtgebietes in Höhe von 30,00 € zzgl. Mehrwertsteuer. Ausweislich des „Schwacke- Mietpreisspiegels 2007″ liegt das arithmetische Mittel für die Haftungsbefreiung in der Mietwagenklasse 10 bei rund 32,00 €/Tag und für die Zustell- und Abholkosten bei rund 42,00 €. Damit liegen auch die Haftungsbefreiung und die Zustellung/Abholung außerhalb des Stadtgebiets im Rahmen dessen, was als „Normaltarif“ erstattungsfähig ist.
Der Kläger kann hingegen von der Beklagten nicht die Erstattung der für einen zusätzlichen Fahrer entstandenen Mehrkosten in Höhe von 130,90 € ersetzt verlangen. Der Kläger hat nicht dargetan, dass es sich insoweit um objektiv erforderliche Mehrkosten handelte. Insbesondere hat der Kläger nicht dargelegt, dass der Ersatzwagen zwingend von einer zweiten Person gefahren werden musste.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 229,55 €, da dieser gemäß § 362 BGB erloschen ist.
Gemäß § 362 BGB erlischt das Schuldverhältnis, wenn die Leistung an den Gläubiger bewirkt wird. So verhält es sich hier. Die Beklagte hat insoweit unwidersprochen vorgetragen, dass dem Bevollmächtigten des Klägers vorgerichtlich eine Geschäftsgebühr in Höhe von 1,3 bei einem Gegenstandswert von 4.544.08 € erstattet worden sei. Hat die Geklagte vorgerichtlich bereits eine Geschäftsgebühr in Höhe von 1,3, bezogen auf einen Gegenstandswert von 4.544,08 €, geleistet, von dem der Gegenstandswert des vorliegenden Rechtsstreits ein Teilbetrag ist, so ist der Anspruch des Klägers auf Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten erloschen und es kann insoweit keine doppelte Vergütung im Rahmen des Verzugsschadensersatzes geltend gemacht werden.
Soweit das AG Lüneburg.