Das Urteil am AG Ludwigsburg erging gegen den VN der Württembergischen Versicherung. Obwohl gut und richtig begründet, legte – angeblich – der VN der Württembergischen Berufung gegen das Urteil ein.
Als Prozessbevollmächtigter des VN bestellte sich in wundersamer Weise RA M. aus Köln. Der Wermutstropfen bezüglich der Arbeitsweise des AG Ludwigsburg bestand dann darin, trotz Hinweis des Klägers, zu ignorieren, dass RA M. zunächst keine durch seinen (angeblichen) Mandanten unterzeichnete Prozessvollmacht vorgelegt hatte.
Mit dem Einwand der fehlenden Aktivlegitimation des Klägers landete der Beklagtenvertreter dann jedoch die 1. schmerzvolle Bauchlandung.
Hier zunächst das erstinstanzliche Urteil:
Aktenzeichen:
8 C 2070/10
Amtsgericht Ludwigsburg
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
Sachverständiger
gegen
Schädiger
wegen Forderung
hat das Amtsgericht Ludwigsburg durch die Richterin am Amtsgericht K., am 26.01.2011 ohne mündliche Verhandlung im schriftlichen Verfahren gemäß § 495a ZPO
für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 397,90 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.05.2010 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 40,95 Euro zu bezahlen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Berufung gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Streitwert: 397,90 Euro
Tatbestand
Die Klägerin, ein Sachverständigenbüro für das Kraftfahrzeugwesen, macht aus abgetretenem Recht gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung restlicher Sachverständigenvergütung sowie vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren anlässlich des Verkehrsunfalls vom 07.01.2010 in Ludwigsburg geltend.
Der Unfallhergang und die Alleinhaftung der Beklagten sind unstreitig.
Am 12.01.2010 beauftragte ein Mitarbeiter der Firma ……… GmbH im Namen des Geschädigten ……… die Klägerin, ein Haftpflichtgutachten im Hinblick auf die am Fahrzeug des Geschädigten eingetretenen Unfallschäden zu erstellen (Bl. 11 d.A.). Am 12.01.2010 unterzeichnete der Geschädigte eine schriftliche Sicherungsabtretung zugunsten der Klägerin (Bl. 13 d.A.). Nach Erstattung des schriftlichen Gutachtens stellte die Klägerin Herrn ……… ein Sachverständigenhonorar in Höhe von 747,90 Euro in Rechnung (verwiesen wird auf das schriftliche Gutachten, Bl. 13 d.A. und die Rechnung, Bl. 12 d.A.). Der Geschädigte leistete auch auf die Zahlungsaufforderung der Klägerin vom 16.02.2010 keine Zahlungen (Bl. 73 d.A.). Von der Haftpflichtversicherung der Beklagten wurden vorgerichtlich 350,00 Euro auf die streitgegenständliche Rechnung bezahlt.
Auf die anwaltliche Zahlungsaufforderung vom 01.03.2010 unter Fristsetzung auf 12.03.2010 wurde die Beklagte erneut zur Zahlung aufgefordert. Weitere Zahlungen erfolgten nicht.
Die Klägerin trägt vor,
sie sei aktivlegitimiert, da der Geschädigte nach entsprechender Zahlungsaufforderung zur Zahlung der restlichen Sachverständigenkosten nicht in der Lage gewesen sei. Im Übrigen habe die Beklagte bzw. deren Haftpflichtversicherung bereits eine Teilzahlung geleistet und gehe somit selbst von der Aktivlegitimation aus.
Die in Ansatz gebrachte Gebührenhöhe sei nicht Gegenstand der Überprüfung des Gerichts, da nach Schadensersatzrecht und nicht nach Werkvertragsrecht zu urteilen sei. Da kein Auswahlverschulden des Geschädigten vorliege, sei die Beklagte zur Zahlung des noch offenen Betrages verpflichtet.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 397,90 Euro nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.05.2010 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 40,95 Euro zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte trägt vor,
die Klägerin sei nicht aktivlegitimiert. Die Abtretung sei wegen Verstoßes gegen §§ 3, 5 RDG gem. § 134 BGB nichtig. Des Weiteren fehle der Sicherungsabtretungserklärung die erforderliche Bestimmtheit und es sei auch kein Sicherungsfall eingetreten. Im Übrigen seien die Sachverständigenkosten allenfalls in der gezahlten Höhe angemessen und erforderlich, weshalb der Klägerin kein Anspruch auf Ersatz weiterer Sachverständigenkosten zustehe.
Mit Beschluss vom 14.10.2010 (Bl. 34-35 d.A.) wurde das vereinfachte schriftliche Verfahren ohne mündliche Verhandlung gem. § 495 a ZPO angeordnet.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist auch begründet.
Der Beklagtenvertreter hat seine Bevollmächtigung durch die Beklagte auf entsprechende Rüge des Klägervertreters durch Vorlage der schriftlichen Vollmacht nachgewiesen (Bl. 60 d.A.) Der Klägerin steht gegen die Beklagte gem. § 7 StVG i.V.m. §§ 249, 398 BGB aus abgetretenem Recht der geltend gemachte Anspruch auf Ersatz restlicher Sachverständigenkosten in Höhe von 397,90 Euro zu.
Die Klägerin ist aktivlegitimiert.
Die Abtretung verstößt nicht gegen §§ 3, 5 RDG, da sich die Klägerin die Ansprüche zur Sicherheit hat abtreten lassen und auch unter Berücksichtigung der gesamten tatsächlichen Umstände des Falles keine Anhaltspunkte vorhanden sind, dass dem Geschädigten die Verfolgung und Durchsetzung seiner Ansprüche zielbewusst abgenommen werden sollte (Palandt, 70. Auflage, § 134, Rn. 21 b, BGH NJW 2005, 3570, BGH NJW 2006,1726).
In der schriftlichen Abtretungserklärung vom 12.01.2010 ist ausdrücklich der Hinweis aufgenommen, dass sich der Geschädigte generell selbst oder durch Rechtsbeistand um seine Schadensregulierung kümmern muss. Insoweit hat die Klägerin dargelegt, dem Geschädigten mit Rechnung vom 21.01.2010 die Sachverständigenkosten in Rechnung gestellt zu haben und dann mit Schreiben vom 16.02.2010 zur Zahlung des Sachverständigenhonorars aufgefordert zu haben, woraufhin vom Geschädigten jedoch keine Zahlungen geleistet wurden. Der Zugang der Zahlungsaufforderung vom 16.02.2010 wurde seitens der Beklagten nicht substantiiert bestritten. Soweit die Beklagte bestreitet, dass der Geschädigte ernsthaft gemahnt wurde und nicht in der Lage war, die restlichen Sachverständigenkosten zu zahlen, ändert dies nichts daran, dass der Sicherungsfall eingetreten ist, da es insoweit als ausreichend anzusehen ist, dass der Geschädigte zur Bezahlung der Rechnung aufgefordert wurde, zumal auch nach der zu den Mietwagenunternehmen ergangenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, welche auf die vorliegende Sachverhaltskonstellation übertragbar ist, dem praktischen Bedürfnis nach einer gewissen Mitwirkung des Mietwagenunternehmens/Sachverständigenbüros bei der Geltendmachung der Schadensersatzansprüche des Geschädigten gegenüber dem Haftpflichtversicherer des Schädigers Rechnung zu tragen ist (BGH NJW 2005, 135; NJW 2006, 1726).
Die abzutretende Forderung ist auch unter Berücksichtigung der Formulierungen in der Abtretungserklärung hinreichend bestimmt. In der Abtretungserklärung wird zunächst ausgeführt, dass aus dem obigen Schadensfall (07.01.2010 – Ludwigsburg) dem Auftraggeber (……………) Schadensersatzansprüche gegen den Fahrer, Fahrzeughalter, der Versicherung verpflichteten Versicherer in Höhe der Gutachterkosten zustehen. Diese Schadensposition wird hiermit in voller Höhe, inklusive Mehrwertsteuer an das Sachverständigenbüro ………………., abgetreten.
Demzufolge ist in der Abtretungserklärung klargestellt, dass dem Auftraggeber Schadensersatzansprüche in Höhe der Gutachtenkosten zustehen und diese Schadensersatzposition an die Klägerin abgetreten wird. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall auch von dem durch das Landgericht Saarbrücken entschiedenen Rechtsstreit (Urteil vom 27.08.2010, 13 S 68/10; Bl. 39 – 46 d.A.). In diesem Verfahren ging es zum einen um eine Abtretung erfüllungshalber, zum anderen ist die Abtretungserklärung nicht wie die streitgegenständliche formuliert.
Auch der Höhe nach sind die geltend gemachten Sachverständigenkosten nicht zu beanstanden.
Nach einem Verkehrsunfall hat der Geschädigte gegen den Schädiger Anspruch auf Ersatz der Kosten für ein Gutachten über die an seinem Fahrzeug entstandenen Unfallschäden, soweit dies zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig ist. Ausweislich des eingeholten Sachverständigengutachtens betragen die Reparaturkosten netto 1.995,45 Euro, mithin lag kein Bagatellschaden vor, so dass der Geschädigte berechtigt war, einen Sachverständigen hinzuziehen (Palandt, 70. Auflage, § 249 Rn. 58).
Der Erstattungspflicht steht auch nicht entgegen, dass das Sachverständigenhonorar auf Basis der Schadenshöhe kalkuliert wurde, da nach einem Verkehrsunfall grundsätzlich eine in Relation zur Schadenshöhe berechnetes Sachverständigenhonorar als erforderlicher Herstellungsaufwand im Sinne des § 249 Abs. 2 BGB erstattet verlangt werden kann. Hierbei kann der Geschädigte als erforderlichen Herstellungsaufwand jedoch nur die Kostenerstattung verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens als zweckmäßig und angemessen erscheint, wobei das Wirtschaftlichkeitsgebot und die Schadensminderungspflicht zu beachten sind (BGH VI ZR 67/06, Urteil vom 23.01.2007).
Eine Pflicht des Geschädigten, den ihm zugänglichen Markt zu erforschen, um den preisgünstigsten Sachverständigen ausfindig zu machen, resultiert hieraus nicht (Hörl, NZV 2003, 305).
Im vorliegenden Fall liegen keine Anhaltspunkte vor, dass der Geschädigte seine Schadensminderungspflicht verletzt hat und dass andere Sachverständige in der näheren Umgebung das hier streitgegenständliche Gutachten in derselben Qualität zu einem erheblich geringeren Honorar angefertigt hätten. Anhaltspunkte für ein Auswahlverschulden der Geschädigten sind nicht gegeben.
Im Übrigen ist auch davon auszugehen, dass die unterschiedlichen Arten der Honorarberechnungen von Sachverständigen bei Geschädigten nicht bekannt sind und deshalb auch die Grundsätze bezüglich der Kostenerstattung im Hinblick auf die unterschiedlichen Tarife bei der Anmietung von Mietwagen nicht auf diese Fallkonstellationen zu übertragen sind.
Durch die Einbeziehung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin in das Vertragsverhältnis und die in § 8 der allgemeinen Geschäftsbedingungen erfolgte Bezugnahme auf die ebenfalls zugänglich gemachte Honorartabelie ist die vorgenommene Honorarberechnung bezüglich des Grundhonorars und der Nebenkosten nachvollziehbar. Gem. der in das Vertragsverhältnis einbezogenen Honorartabelle bzgl. des Grundhonorars ist bei dem streitgegenständlichen Schaden bis 2.000,00 € ein Grundhonorar in Höhe von 401,17 EUR zuzügl. Mwst. zu bezahlen, wie dies auch abgerechnet wurde.
Gem. § 8 der allgemeinen Geschäftsbedingungen können Nebenkosten und Auslagen in tatsächlicher anfallender (gegen entsprechenden Nachweis) oder vereinbarter Höhe (ohne Nachweis) verlangt werden. Dass neben der Höhe des Grundhonorars auch die Höhe der Nebenkosten vereinbart wurde, wurde nicht vorgetragen. Da auch keine Nachweise vorgelegt wurden, dass die in Ansatz gebrachten Nebenkosten tatsächlich angefallen sind, werden diese vom Gericht gem. § 287 ZPO auf die geltend gemachten Beträge geschätzt.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.
Der Anspruch auf vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren ergibt sich aus §§ 280 Abs. 1, 286 Abs. 1 BGB und ist auch der Höhe nach mit einer 0,65 Gebühr nach RVG aus dem Gegenstandswert von 397,90 Euro zuzüglich Auslagen nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11,711
ZPO.
Die Zulassung der Berufung ergibt sich aus § 511 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 Nr. 1 ZPO.
K.
Richterin am Amtsgericht
Hallo virus,
in diesem Fall kann man dem klagenden Sachverständigenbüro nur raten, baldigst die Abtretungsvereinbarung im Hinblick auf die BGH-Richtlinien zu überarbeiten. Das SV-Büro benutzt immer noch die „Abtretung in Höhe der Sachverständigenkosten“. Diesen Passus hatte aber gerade der BGH moniert. Abgetreten werden kann nur der Schadensersatzanspruch des Geschädigten auf Erstattung der Sachverständigenkosten. Siehe hierzu das einschlägige BGH-Urteil.
Die „Nebenkosten werden vom Gericht gem.§287 ZPO auf die geltend gemachten Beträge geschätzt.“
Basta?,da hatte das Gericht wohl keine Lust mehr!
Ich rate dem SV in seiner Berufungserwiderung minutiös jeden einzelnen Nebenkostenposten darzulegen,sonst gibts ne Kürzung a´la Zweibrücken!
Klingelingelingelts
Guten Tag Glöckchen,
nöö, da kein Berufen auf Honorarbefragungen von SV-Organisationen seitens des Klägers?
Erstmal so viel, vom LG Stuttgart wurde das Urteil des AG bestätigt, wobei die Frage der Honorar-Höhe nach Ansicht des LG keiner weiteren Erörterung bedurfte. Daher piano, piano …
LG Virus
Auch die erkennende Amtsrichterin schätzt die Sachverständigenkosten gem. § 287 ZPO. „Dass neben der Höhe des Grundhonorars auch die Höhe der Nebenkosten vereinbart wurde, wurde nicht vorgetragen. Da auch keine Nachweise vorgelegt wurden, dass die in Ansatz gebrachten Nebenkosten tatsächlich angefallen sind, werden diese vom Gericht gem. § 287 ZPO auf die geltend gemachten Beträge geschätzt.“, so wortwörtlich die Richterin in Ludwigsburg.
Also hat die Richterin sich genau nach BGH VI ZR 67/06 verhalten und im Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen die nach ex ante zu bemessenden Beträge nach den ex post berechneten Beträgen geschätzt, was durchaus auch ins Auge gehen kann, wie einige Kommentare zum LG Zweibrücken-urteil darstellen wollen.
Mit freundl. Grüßen
Willi Wacker
http://dejure.org/gesetze/VAG/89.html
Das muss man einmal lesen. per Gesetz die Leistung der Versicherung verbieten. Dann versteht man auch die BaFin.
Warum wird denn dann das Urteil des LG Stuttgart nicht veröffentlicht? Bei dem AG Urteil sollte dann auch vermerkt werden, dass es nicht rechtskräftig ist.
@ Willi Wacker,
„Warum wird denn dann das Urteil des LG Stuttgart nicht veröffentlicht“?
Vielleicht weil es bei Einstellung des AG Urteils „Samstag, 12.11.2011 um 16:11“ war und auch den Fleißigsten mal Feierabend bzw. Wochenende gegönnt werden sollte?
Seitens des Autors notieren die Hinweise:
„Hier zunächst das erstinstanzliche Urteil“ sowie
„Erstmal so viel, vom LG Stuttgart wurde das Urteil des AG bestätigt“
Daraus denke ich resultiert, dass das Berufungsurteil noch kommen wird, oder?