Nachfolgend nun das wohl bereits sehnlichst erwartete Urteil des LG Stuttgart aufgrund der Berufung der vom Haftpflicht-Versicherer ins Rennen geschickten Rechtsvertretung nach dem Urteil des AG Ludwigsburg 8 C 2070/10, ergangen gegen den VN der Württembergischen Versicherung.
Deutlich wird anhand der Urteilsbegründung, dass der Kläger alles richtig gemacht hat. Zu bemängeln ist allerdings, dass die Einlassungen des Versicherers Eingang in das Verfahren gefunden haben, obwohl die Bevollmächtigungen für die Untervertretung als auch für die Vertretung des Beklagten verspätet, erst nach Anmahnung durch das Gericht, vorgelegt wurde.
Dass der Versicherer des Beklagten und ohne Rücksicht auf diesen, einmal mehr mit dem Kopf durch die Wand wollte, sieht man daran, dass trotz Hinweis des Gerichts, die Berufung werde keinen Erfolg haben, auf einen Urteilsspruch bestanden wurde.
Inwieweit sich der VN nun mit einem entsprechenden Schufa-Eintrag herumplagen muss und ob er der Württembergischen weiterhin sein Vertrauen entgegenbringt, ist mir (noch) nicht bekannt.
(Anmerkung an die Redaktion, eine Kategorie „Aktivlegitimation“ sollte eingerichtet werden.)
Öffentliche Sitzung des Landgerichts
Aktenzeichen: 3 S 21/11 Stuttgart, 05.10.2011
8 C 2070/10 Amtsgericht Ludwigsburg
Anwesend:
Präsident des Landgerichts … als Vorsitzender
Richterin am Landgericht … , Richterin am Landgericht … als beisitzende Richterinnen
Von der Hinzuziehung eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle wurde abgesehen.
In Sachen
– Klägerin / Berufungsbeklagte –
gegen
– Beklagte / Berufungsklägerin –
wegen Forderung
erschienen bei Aufruf:
Für die Klägerin …
Für die Beklagte Herr Rechtsanwalt L. in Untervollmacht für Herrn Rechtsanwalt M.
Die Berufungsformalien sind geprüft, sie sind in Ordnung.
Die Berichterstatterin führt in den Sach- und Streitstand ein.
Die Kammer weist darauf hin, dass die Berufung – wenn auch aus anderen Gründen – keine Aussicht auf Erfolg habe. Sie regt deshalb an, aus Kostengründen, die Berufung zurückzunehmen.
Der Beklagtenvertreter erkfärt, nach Rücksprache mit dem Hauptbevollmächtigten wünsche er eine begründete Entscheidung.
Darüber hinaus erklärt der Beklagtenvertreter, im Hinblick auf die nunmehr vorgelegte Abtretungserklärung in der Berufungsinstanz rüge er die Verspätung.
Die Parteivertreter stellen durch ihre Prozessbevollmächtigten dann die Anträge wie folgt:
Der Beklagtenvertreter wie im Schriftsatz vom 13.05.2011 (Bl. 92 der Akten), der Klägervertreter wie im Schriftsatz vom 26.05.2011 (Bl. 142 der Akten).
Es ergeht der Beschluss:
Termin zur Verkündung einer Entscheidung wird bestimmt auf Mittwoch, den 12.10.2011, 11:00 Uhr. Landgerichtsgebäude 7. Stock, Saal 702.
Der Vorsitzende:
…
Präsident des Landgerichts
_______________________________________________________________________________________________________
Geschäftsnummer: Verkündet am
3 S 21/11 12.10.2011
8 C 2070/10
Amtsgericht
Ludwigsburg
Landgericht Stuttgart
3. Zivilkammer
Im Namen des Volkes
Urteil
Im Rechtsstreit
– Klägerin / Berufungsbeklagte –
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte J.
gegen
– Beklagte / Berufungsklägerin –
Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt M.
wegen Forderung
hat die 3. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart auf die mündliche Verhandlung vom 05. Oktober 2011 unter Mitwirkung von
Präsident des Landgerichts …
Richterin am Landgericht …
Richterin am Landgericht …
für Recht erkannt:
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Ludwigsburg vom 26.01.2011 – 8 C 2070/10 – wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Berufungsstreitwert: 397,90 Euro
Gründe:
I.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil des Amtsgerichts Ludwigsburg wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Auf die Darstellung des Berufungsvorbringens wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 i.V.m. § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO verzichtet.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte und mit einer Begründung versehene Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
Das Amtsgericht hat im Ergebnis zutreffend der Klage stattgegeben.
Zwar geht die Kammer entgegen dem Amtsgericht davon aus, dass die Abtretung des Geschädigten … an die Klägerin vom 12.01.2010 (nach Bl. 13 d.A.) nicht hinreichend bestimmt und nicht hinreichend bestimmbar ist. Der Geschädigte hat zwar in dieser Abtretung nicht allgemein sämtliche Schadensersatzpositionen in Höhe der Sachverständigenkosten an die Klägerin abgetreten, ohne den Umfang der von der Abtretung erfassten Forderungen der Höhe und der Reihenfolge nach aufzuschlüsseln (vgl. dazu BGH, Urteil vom 07.06.2011 – VI ZR 260/10 -). Vielmehr hat er zunächst nur diese Schadensersatzposition, die Gutachterkosten, in voller Höhe abgetreten. In der Abtretungserklärung wird jedoch weiter ausgeführt: „Diese Schadensersatzposition ist grundsätzlich in voller Höhe (ohne Schadensquotenberechnung) an erster Stelle anzusetzen.“ Somit wäre eine Aufschlüsselung der sonstigen Schadensersatzansprüche des Geschädigten mit einer Festlegung der Reihenfolge erforderlich gewesen. Zumindest liegt eine unklare Regelung vor, die zu Lasten der Klägerin geht (§305c Abs. 2 BGB).
Da die Klägerin hierdurch nicht Gläubigerin geworden ist, konnte dieser Einwand auch ihr als neuer Gläubigerin entgegen gehalten werden (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Aufl. 2010, § 404Rn. 3).
Mit Schriftsatz vom 29.08.2011 hat die Klägerin nun eine neue Abtretung des Geschädigten an die Klägerin vom 29.07.2011 (Bl. 215 d.A.) vorgelegt, nach der die Gutachterkosten mit 628,49 Euro netto bzw. 747,90 Euro brutto aufgelistet und an die Klägerin abgetreten werden. Sonstige Schadensersatzansprüche des Geschädigten gegen die Beklagte werde nicht abgetreten. Darüber hinaus wird geregelt, dass bei Schadenquotelung die Anteilsquote durch den Auftraggeber selbst zu tragen ist. Zweifel an der hinreichenden Bestimmtheit dieser Abtretung bestehen nicht. Die Klägerin ist damit nunmehr aktiv legitimiert.
Dieses Vorbringen der Klägerin ist nicht verspätet gem. § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO, denn eine geänderte Abtretungserklärung wurde erst aufgrund der gegenüber dem Amtsgericht geänderten Rechtsauffassung erforderlich. Beurteilt das Berufungsgericht die Rechtslage anders als die Vorinstanz und ist daher neuer Vortrag erforderlich, um auf der Grundlage dieser abweichenden Beurteilung zu obsiegen, sind diese neuen Angriffsmittel in 2. Instanz zuzulassen (BGH, Beschluss vom 26.06.2008 – V ZR 225/07 -).
Auf den Hinweis der Kammer in der Terminsverfügung vom 26.07.2011 auf die bereits zitierte Entscheidung des BGH legte die Klägerin die geänderte Abtretungserklärung rechtzeitig vor dem Termin zur Verhandlung über die Berufung vor, so dass der Gegner sich hierzu hätte erklären können und eine Verspätung auch nach allgemeinen Regeln gem. §§ 282, 296 Abs. 2 ZPO nicht in Betracht kommt.
Nach Auffassung der Kammer verstößt die Abtretung nicht gegen §§ 3, 5 RDG. Auf die zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts (Seite 5 des angefochtenen Urteils, Bl. 78 d.A.) wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen (vgl. auch OLG Stuttgart, Urteil vom 18.08.2011 – 7 U 109/11 -).
Auch die Höhe der geltend gemachten Gutachterkosten begegnet keinen Bedenken. Das Amtsgericht hat richtig ausgeführt, dass der Geschädigte zur Erforschung des Marktes nicht verpflichtet ist, um den preisgünstigsten Sachverständigen zu finden. Eine Verletzung der Schadensminderungspflicht des Geschädigten ist damit nicht ersichtlich. Das Amtsgericht hat die angemessenen Sachverständigenkosten nebst Nebenkosten nachvollziehbar begründet. Die vom Amtsgericht vorgenommene Schätzung gem. § 287 ZPO hinsichtlich der in Ansatz gebrachten Nebenkosten lässt Rechtsfehler nicht erkennen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Eine Auferlegung der Kosten der Berufung auf die Klägerin gem. § 97 Abs. 2 ZPO kam nicht in Betracht, da die Klägerin nicht gehalten war, eine geänderte Abtretungserklärung bereits in 1. Instanz vorzulegen. Da die Vorlage der geänderten Abtretungserklärung gemäß der Entscheidung des BGH vom 26.06.2008 in der Berufung nicht als verspätet zurückgewiesen werden kann, können der Klägerin auch nicht die Kosten insoweit auferlegt werden, da ihr Vortrag genügte und sie in 1. Instanz obsiegte. Die Vorlage der geänderten Abtretungserklärung konnte von der Klägerin – unter Berücksichtigung der Auffassung des Amtsgerichts – nicht bereits in 1. Instanz erwartet werden.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Gründe, die Revision gem. § 543 ZPO zuzulassen, liegen nicht vor, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Entscheidung des Revisionsgerichts erforderlich machen.
Wie bereits zum amtsgerichtlichen Urteil vorgetragen, war es dringend erforderlich, dass die Abtretungsvereinbarung geändert wurde. Ich verweise insoweit auf meine Kommentierung zum amtsgerichtlichen Urteil. Ohne Änderung der Abtretungsurkunde wäre der Rechtsstreit verloren gegangen. Insoweit war es auch verständlich, daß die Beklagte ein Streiturteil haben wollte.
Im übrigen ist die Abtretungsvereinbarung schon interessant, als der Aussteller der Urkunde bei Schadensquotelung davon ausgeht, dass die nicht regulierte Quote der Kunde trägt. Das Gericht hat dazu folgendes festgestellt: „Darüber hinaus wird geregelt, dass bei Schadenquotelung die Anteilsquote durch den Auftraggeber selbst zu tragen ist.“ Allerdings wurde die der BGH-Rechtsprechung angepasste Abtretungsvereinbarung erst mit Schriftsatz vom 29.8.2011, also knapp einen Monat vor der mündlichen Verhandlung über die Berufung, eingereicht. Dass die Beklagtenseite dann Verspätung rügt, ist doch selbstverständlich. Wegen der geänderten Rechtsprechung des BGH hatte der Kläger dann da noch Glück.