Mit Urteil vom 07.05.2009 (6 C 33/09) hat das AG Lahr die beteiligteVersicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 1.334,00 € zzgl. Zinsen verurteilt. Das Gericht legt die Schwacke-Liste zugrunde und lehnt die Fraunhofer Tabelle ab.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige Klage ist weitgehend begründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 1.334,00 € gemäß §§ 398 BGB, 7 Abs.1 StVG, 3 Pflichtversicherungsgesetz.
Die Beklagte haftet dem Grunde nach dem Geschädigten X für den Schaden, der diesem aufgrund des Unfalls entstanden ist. Unstreitig hat der Geschädigte seinen Anspruch auf Ersatz rechtlicher Mietwagenkosten an die Klägerin abgetreten.
Der Höhe nach stand dem Geschädigten X gegen die Beklagte noch ein Anspruch auf Zahlung weiterer 1.334,00 € zu.
Der Geschädigte kann nach § 294 Abs. 2 Satz 1 BGB als Herstellungsaufwand Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in seiner Lage für zweckmäßig und notwendig halten darf. Der Geschädigte hat dabei nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot im Rahmen des ihm Zumutbaren stets den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen.
Im vorliegenden Fall verlangt die Klägerin nur den Ersatz des sogenannten Normaltarifs; ob der darüber hinausgehend zunächst dem Geschädigten in Rechnung gestellte Betrag (als Unfallersatztarif oder dergleichen) zu ersetzen gewesen wäre, kann hier daher offen bleiben.
Der Höhe nach schätzt das Gericht den dem Geschädigten durch die fehlende Nutzungsmöglichkeit seines eigenen PKW entstandenen Schaden, der durch Anmietung eines Mietwagens behoben werden durfte, auf insgesamt 2.503,28 €.
Dabei zieht das Gericht den Schwacke-Mietpreisspiegel 2008 für den Postleitzahlenbereich 779 als Grundlage für die Schätzung heran (§ 287 ZPO).
Das Gericht sieht bei einer Schätzung auf der Grundlage des Schwacke-Mietpreisspiegels 2008 durchaus, dass die Art der Erhebung der Daten – etwa im Hinblick auf die Verwendung von Preisinformationen von Mietwagenorganisationen und die offene Abfrage der Preise – Bedenken begegnet. Das generell bei der Befragung falsche Auskünfte erteilt worden seien, kann aber nicht unterstellt werden.
Nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 11.03.2008, Aktenzeichen VI ZR 164/07) ist es nicht Aufgabe des Tatrichters, lediglich allgemein gehaltenen Angriffen gegen eine Schätzgrundlage nachzugehen; Einwände gegen die Grundlagen der Schadensbemessung sind daher nur dann erheblich, wenn sie auf den konkreten Fall bezogen sind. Daran fehlt es hier. Das Gericht hat zwar erwogen, abweichende Werte im Postleitzahlengebiet 77 der Studie des Fraunhofer Instituts Arbeitswirtschaft und Organisation heranzuziehen, um zu beurteilen, ob die Werte des Schwacke-Mietpreisspiegels tatsächlich als Schätzgrundlage in der entsprechenden Region plausibel sind. Im Ergebnis hat das Gericht aber davon abgesehen, da es sich bei der Studie des Fraunhofers IAO um ein Privatgutachten handelt, das im Auftrage des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherung und Wirtschaft erstellt wurde. Im vorliegenden Fall scheinen die Werte im Übrigen schon deshalb nicht geeigneter, weil der Studie eine Anmietung während der regulären Öffnungszeiten von 09.00 bis 16.00 Uhr zugrunde gelegt wurde, der Unfall hier aber erst um 16.15 Uhr stattfand.
Daher schätzt das Gericht im vorliegenden Fall – wie auch das Landgericht Offenburg bisher in vergleichbaren Fällen – die erforderlichen Mietwagenkosten auf den Normaltarif, nach der entsprechenden Schwacke-Liste des Jahres, in dem der Unfall stattgefunden hat, hier also 2008 und sieht von der Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Schadenshöhe ab.
An Stelle des beschädigten Opel Corsa, der der Gruppe 2 zuzuordnen ist, wurde nur ein Fahrzeug nach der Schwacke-Einteilung Gruppe 1 gemietet, so dass wegen klassenniederer Anmietung keine ersparten Eigenkosten abzusetzen sind.
Ferner ist das Gericht von einer zu berücksichtigenden Mietdauer von 4 Wochen ausgegangen.
Der Geschädigte hat sein Fahrzeug erst 4 Wochen nach dem Unfall repariert zurück erhalten.
Die Beklagte hat nicht bewiesen, dass dem Geschädigten im Hinblick auf die Reparaturdauer ein Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht (§ 254 BGB) zur Last fällt. Der Unfall erfolgte am Abend des xx.xx.2008, einem Freitag. Ausweislich des von der Beklagten vorgelegten Gutachtenauszugs wurde das Fahrzeug am Montag besichtigt und das Gutachten am darauffolgenden Tag vorgelegt.
6 Arbeitstage waren bei Berücksichtigung des bei der Werkstatt arbeitsfreien Wochenendes sowie des Feiertags am xx.xx.2008 erst am Donnerstag, vergangen. Der Geschädigte hätte daher Anlass gehabt, am darauffolgenden Freitag nachzufragen, ob das Fahrzeug nunmehr fertig sei. Selbst wenn er zu diesem Zeitpunkt erfahren hätte, dass das Fahrzeug derzeit grundlos nicht repariert wird, hätte er angesichts des Wochenendes kaum vor Montag das Fahrzeug zu einer anderen Werkstatt bringen können, wobei unklar ist, inwieweit ihm überhaupt ein Kündigungsrecht hinsichtlich des der Werkstatt bereits erteilten Reparaturauftrags zugestanden hätte, inwieweit für den Transport des Fahrzeuges, dessen Reparatur bereits begonnen worden war, Mehrkosten angefallen wären und ob in einer anderen Werkstatt bereits alle Ersatzteile vorgelegen hätten. Dass eine konkrete Notreparatur möglich gewesen wäre und diese weniger als 2 Tage in Anspruch genommen hätte, hat die Beklagte nicht dargelegt und unter Beweis gestellt. Angesichts dessen, dass die Reparatur jedenfalls am Mittwoch, dem xx.xx.2008 dann fortgesetzt wurde, kann dem Geschädigten also unabhängig vom Grund der Reparaturpause kein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht zur Last gelegt werden, der für eine wesentlich längere Reparaturdauer ursächlich geworden wäre.
Die Kosten für die Vollkaskoversicherung schätzt das Gericht ebenfalls anhand des Schwacke-Mietpreisspiegels.
Der Geschädigte konnte das Fahrzeug auch an seinen Wohnort beziehungsweise den Ort der Reparatur-Werkstatt vom Sitz der Klägerin bringen und dann wieder abholen lassen; dass bei Beauftragung eines anderen Mietwagenunternehmens diese Kosten nicht angefallen wären, ist nicht ersichtlich.
Der Geschädigte kann weiter die Kosten für einen Zusatzfahrer verlangen. Auf die von der Beklagten bestrittene Frage, ob die ganze Familie das Auto nutzt und diese nicht anders als durch Anmietung eines Ersatzfahrzeuges mobil zu machen ist, kommt es nicht an. Unstreitig wurde der PKW jedenfalls beim Unfall von Frau Y. gesteuert, also nicht dem Geschädigten selbst. Ob noch weitere Familienangehörige den Wagen nutzen, macht angesichts der hier vorgenommenen Berechnung der Kosten für einen Zweitfahrer keinen Unterschied, da diese bei weiteren Familienmitgliedern als Nutzern nicht anders wären. Grundsätzlich hat der Geschädigte durch das Halten des Fahrzeuges gezeigt, dass ihm an der Nutzung eines solchen liegt. Irgendwelche konkreten Anhaltspunkte hierfür, dass im vorliegenden Fall ausnahmsweise kein Fahrbedarf bestehen würde, hat die Beklagte nicht vorgebracht.
2.503,28 € abzüglich der bezahlten 1.169,28 € ergibt den zugesprochenen Betrag.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Zahlung von 156,50 € Rechtsanwaltskosten (§§ 280, 286 BGB).
Unstreitig hatte die Beklagte bereits einen über den regulierten Betrag hinausgehenden Anspruch der Klägerin beziehungsweise des Geschädigten zurückgewiesen, wobei früher bereits (andere) Rechtsanwälte tätig gewesen waren. Gerade für die Klägerin als erfahrenes Mietwagenunternehmen musste hier klar sein, dass eine bloße weitere Zahlungsanforderung durch einen weiteren Rechtsanwalt keine Aussicht auf Erfolg haben würde. Wenn die Klägerin dennoch einen Rechtsanwalt beauftragt, vorgerichtlich noch einmal die bereits abgelehnte Zahlung anzumahnen (und erst dann Klagauftrag erteilt), verstößt sie hiermit gegen ihre Obliegenheit aus § 254 BGB.
Soweit das AG Lahr.