Mit Urteil vom 13.05.2009 (5 S 278/08) hat das LG Stuttgart in der Berufung die HDI-Gerling Firmen- und Privat Versicherung AG gegen ein Urteil des AG Nürtingen, mit dem diese zur Zahlung von weiteren Mietwagenkosten in Höhe von 646,23 € zzgl. Zinsen sowie vorgerichtliche RA-Kosten verurteilt wurde, vollständig zurückgewiesen. Das Gericht bestätigte die Anwendung der Schwacke-Liste und lehnt die Anwendung der Fraunhofer Tabelle sowie der Zinnschen Erhebung ab.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist zurückzuweisen.
Die Berufung ist nicht begründet, da die Entscheidung des Amtsgerichts weder auf einer Rechtsverletzung gem. § 546 ZPO beruht, noch nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen, § 513 ZPO.
Die Feststellungen des Amtsgerichts sind nach § 529 Abs. 1 ZPO zugrunde zu legen, da keine konkreten Anhaltspunkte Zweifel an ihrer Richtigkeit oder Vollständigkeit begründen. Die tatrichterliche Beweiswürdigung kann vom Berufungsgericht im Rahmen der Prüfung einer Rechtsverletzung nach §§ 513, 546 ZPO nur daraufhin überprüft werden, ob gegen Denk-, Natur- und Erfahrungsgesetze verstoßen wurde. Ansonsten darf der erkennende Richter die im Prozess gewonnenen Feststellungen nach seiner Einschätzung würdigen. Eine in diesem Sinne vertretbare Beweiswürdigung durch das Erstgericht stellt keinen Rechtsfehler im Sinne von § 513 Abs. 1 ZPO dar.
Vorliegend kann die Berufung Widersprüche oder Verstöße gegen Denkgesetze, allgemeine Erfahrungssätze und Unvollständigkeiten bei der Überzeugungsfindung des Tatrichters nicht aufzeigen. Es bestehen keine Bedenken gegen die Auffassung des Amtsgerichts, das den Normaltarif der Schwacke-Liste 2007 als Schätzgrundlage für die berechneten Mietwagenkosten zugrunde legt. Der Tatrichter kann grundsätzlich den Normaltarif auf Grundlage des gewichteten Mittels des Schwacke-Mietpreisspiegels ermitteln (vgl. BGH NJW 2006, 2106; 2007, 1449, 3782, NJW 2008, 1519; OLG Karlsruhe, VersR 2008, 92; NJW-RR 2008, 1113). Nach der Rechtsprechung des BGH sind Einwände gegen die Schwacke-Liste nur zu berücksichtigen, wenn konkret aufgezeigt wird, dass sich ihre Mängel auf den zu entscheidenden Fall auswirken (BGH NJW 2008, 1519; BGH, Urteil vom 24.06.2008, VI ZR 234/07). Die von der Berufung vorgetragenen Einwände genügen diesen Anforderungen nicht.
Die von Beklagtenseite recherchierten Internetangebote sind vorliegend nicht geeignet, einen tatsächlichen und angemessenen Mietwagenpreis für den streitgegenständlichen Zeitraum zu ermitteln. Diese Internetangebote wurden im Mai / Juni 2008 eingeholt; der Unfall ereignete sich im November 2007, so dass die Preise nicht unbedingt vergleichbar sind. Hinzu kommt, dass bei einer Anmietung über das Internet oftmals die Angaben der Kreditkarte verlangt werden. Unabhängig davon, ob jedem Mieter eine Kreditkarte zur Verfügung steht, ist die Versendung von Daten über das Internet mit einem gewissen Missbrauchsrisiko behaftet. Wenn ein Geschädigter nicht bereit ist, dieses Risiko einzugehen, kann dies nicht zu seinem Nachteil gereichen. Die Beklagte hat sich in erster Instanz weiter darauf berufen, dass man telefonisch deutlich günstigere Tarife erhalten hätte können. Dieser pauschale Vortrag eignet sich jedoch nicht, die Geltung der Schwacke-Liste im Raum Nürtingen für den streitgegenständlichen Zeitraum in Frage zu stellen.
Auch der Einwand der Berufung, die Firma Schwacke habe die Mietwagenpreise falsch ermittelt, greift nicht durch. Dies betrifft einen grundsätzlichen Einwand gegen das Zustandekommen der Schwacke-Liste, der, unabhängig von der Ermittlungsmethode, die den Preisen der Schwacke-Liste zugrunde liegt, eben gerade keine – vom BGH geforderten – konkreten Tatsachen enthält, die die Geltung der Liste für den örtlichen Raum Nürtingen betrifft. Für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit von Mietwagenkosten ist zudem grundsätzlich das Preisniveau an dem Ort maßgebend, an dem das Fahrzeug angemietet und übernommen wird, weil dort der Bedarf für ein Mietfahrzeug entsteht (BGH, NJW 2008, 1519). Der Marktpreisspiegel des Fraunhofer-Instituts erfasst lediglich einen 2-stelligen PLZ-Bereich. Damit sind diese Mietpreistabellen örtlich jedenfalls unbestimmter als die Schwacke-Liste und daher nicht geeignet, die Angemessenheit der Preise der Schwacke-Liste für den vorliegenden Fall in Frage zu stellen. Der Vortrag der Beklagten hinsichtlich der Untersuchung Dr. Zinn reicht ebenfalls nicht aus, um die Tarife der Schwacke-Liste nach den vom BGH geforderten Kriterien in Frage zu stellen.
Die von Beklagtenseite vorgebrachten Einwendungen gegen die Schwacke-Liste sind danach nicht geeignet, die Eignung dieser Liste im vorliegenden Fall anzugreifen, da gerade nicht mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wurde, dass geltend gemachte Mängel der betreffenden Schätzungsgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall auswirken.
Aus der Berufungsbegründung ergeben sich keine Gesichtspunkte, die eine grundsätzliche Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung rechtfertigen. Der Tenor des erstinstanzlichen Urteils wurde nur insoweit abgeändert, als eine Klagabweisung im übrigen für den nicht zugesprochenen Betrag nicht erfolgt ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543 Abs. 2 ZPO.