Mit Urteil vom 31.01.2011 (6 S 346/10) hat das LG Chemnitz die Berufung der HDI Versicherung gegen das Urteil des AG Chemnitz vom 25.08.2010 (16 C 1024109), mit dem die HDI Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten verurteilt wurde, bestätigt. Da hier die spezielle Unfallsituation einen Unfallersatztarif begründete, kommt es auch nicht darauf an, ob hier Schwacke oder Fraunhofer zum Zuge kommt.
Aus den Entscheidungsgründen:
Tatbestand:
Gemäß § 540 Abs. 1 Ziffer 1 ZPO wird auf die tatsächlichen Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen. Diese sind im Hinblick auf das Vorbringen der Parteien im Berufungsverfahren folgendermaßen zu ergänzen:
Die Beklagte verfolgt ihren erstinstanzlichen Antrag auf Klageabweisung fort. Sie ist der Auffassung, dass die Anmietung schon nicht erforderlich gewesen sei. Man könne die gefahrene Gesamtkilometerzahl nicht für die Ermittlung der Erforderlichkeit heranziehen, da der angemietete Pkw an einigen Tagen nicht benutzt worden sei. Die hier geltend gemachten Mietwagenkosten seien überhöht. Dem Kläger sei am Unfalltag schon um 08:47 Uhr angeboten worden, ihm ein Mietwagen zu verschaffen.
Im Übrigen habe das Amtsgericht die Normalkosten anhand der Schwacke-Liste 2003 erhoben. Diese Schätzgrundlage sei jedoch nicht relevant, sondern die des Frauenhoferinstitutes. Schließlich sei dem Kläger überhaupt kein Schaden entstanden, da dieser bislang die Rechnung gegenüber der Mietwagenfirma nicht beglichen habe.
Der Kläger verteidigt das erstinstanzlich ergangene Urteil. Die Notwendigkeit der Anmietung sehe man schon an den gefahrenen Kilometern. Im Übrigen sei er auch nicht verpflichtet gewesen, sich nach einem kostengünstigeren Pkw umzusehen, da er unstreitig auf dem Weg in den Urlaub, in die Schweiz, gewesen sei. Genausowenig habe er das Angebot der Beklagten, ihm einen Mietwagen zu verschaffen, annehmen müssen. Schon deswegen nicht, weil zum Zeitpunkt des Angebots er die Zustellung des entsprechenden Mietwagens veranlasst gehabt habe. Schließlich sei es zwar richtig, dass er bislang die Rechnung des Mietwagenunternehmens nicht beglichen habe. Jedoch sei hier keinerlei Vereinbarung getroffen worden. Es sei reine Kulanz des Mietwageninstituts, dass es bislang auf die Begleichung der längst fälligen Rechnung nicht bestanden habe.
Zu den weiteren Einzelheiten des jeweiligen Parteivorbringens sowie zu den Anträgen der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Hauptverhandlungsprotokoll vom 26.01.2011 Bezug genommen. Eine Beweisaufnahme ist in der Berufungsinstanz nicht erfolgt.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung ist zulässig, sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache jedoch bleibt sie ohne Erfolg.
1. Zu Recht geht das Amtsgericht davon aus, dass die Anmietung erforderlich war. Es durfte die gesamt gefahrene Kilometerleistung heranziehen. Selbst wenn, der Vortrag der Beklagten als richtig unterstellt, der Kläger zeitweise das Auto am Urlaubsort stehen ließ, so spricht das nicht für die fehlende Erforderlichkeit des Mietwagens. Es war dem Kläger nicht zuzumuten, am Urlaubsort in der Schweiz das Auto der deutschen Mietwagenfirma zurückzusenden, wenn es tatsächlich an einzelnen Tagen nicht gebraucht wurde.
2. Dem Amtsgericht ist auch insoweit zuzustimmen, als der Kläger nicht gehalten war, hier Preisvergleiche anzustellen. Er befand sich auf einer Urlaubsreise in die Schweiz. Damit befand er sich in einer Situation, in der dringend auf einen Mietwagen angewiesen war, um seine Reise fortzusetzen. In solchen Fällen ist es ihm nicht zuzumuten lange abzuklären, ob günstigere Tarife zu erhalten sind. Insbesondere war es notwendig, einen Mietwagen mit Originalpapieren zu erhalten, um diesen in die Schweiz mitnehmen zu können.
Er war auch nicht verpflichtet, auf das Angebot der Beklagten einzugehen, einen Mietwagen von ihr vermittelt zu erhalten. Zum einen hatte er unbestritten zu diesem Zeitpunkt für die Zustellung des streitgegenständlichen Mietwagens gesorgt. Zum anderen stand auch nicht fest, ob dieses Angebot auch für ein Verbringen des Mietwagens ins Ausland besteht.
3. Das Berufungsgericht hält auch die geltend gemachten Kosten für ausreichend dargetan. Die Vorlage des Mietvertrags, mit dem der Pkw angemietet wurde, ist im Zusammenhang mit der dazu erstellten Rechnung (Anlage K 6) ausreichend.
4. Die Höhe der Rechnung ist vorliegend auch nicht zu beanstanden. Wie das Amtsgericht schon festgestellt hat, war der Kläger nicht verpflichtet, weitere Angebote einzuholen, sondern er durfte zum Unfallersatztarif anmieten. Er war noch nicht mals verpflichtet, den ursprünglich gewählten Tarif nach 5 Tagen (so das AG) zu wechseln. Daher kommt es auch nicht auf die Erwägung an, welche Schätzgrundlage, die geeignetere ist, um den „Normaltarif“ festzustellen. Auch ist nicht zu beanstanden, dass hier Kosten für den zweiten Fahrer, Winterfahrer, Haftungsfreistellung etc. extra berechnet wurden. Nach Erfahrung des Gerichts, werden solche Zusatzkosten von sämtlichen Mietwagenunternehmen – zumindest im Rahmen des Unfallersatztarifes – erhoben.
5. Der Beklagten ist auch nicht beizupflichten, dass hier dem Kläger kein Schaden entstanden ist. Aufgrund der fälligen Rechnung ist er verpflichtet, den hier geltend gemachten Betrag zu begleichen.
Da somit die Berufung zurückzuweisen war, hat die Beklagte gemäß § 97 ZPO die Kosten des Berufungs Verfahrens zu tragen. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §708 Nr. 10 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.
Soweit das LG Chemnitz.
Hallo Babelfisch,
ein schönes Mietwagenurteil. Schon allein die Begründung der Beklagten ist abenteuerlich. So etwas Weltfremdes habe ich selten gehört und gelesen. Dem Unfallopfer ist die Möglichkeit der Mobilität wiederherzustellen, so wie sie vor dem Unfall bestanden hat. Dabei ist unerheblich, ob das Unfallopfer auch mit seinem eigenen Wagen jeden Tag im Urlaub gefahren wäre oder nicht. Möglicherweise konnte man wegen Lawinengefahrs ohnehin nicht fahren. Die Gründe sind doch ohne Interesse. Das Unfallopfer war vor dem Unfall mobil und konnte jederzeit hinfahren, wohin er wollte, und dieser Zustand wird von dem Schädiger geschuldet. Um diesen Zustand wiederherzustellen, war der Geschädigte – zu recht – berechtigt sofort, er befand sich auf der Urlaubsfahrt, einen Mietwagen anzumieten. Er muss nicht erst auf Angebote der Schädigerversicherung warten. Dazu ist er auch nicht verpflichtet.
Wieder eine Schlappe für die HDI.