Mit Urteil vom 04.06.2009 (10 C 178/08) hat das Amtsgericht Schleiden die beteiligte Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 381,56 € zzgl. Zinsen sowie weitere vorgerichtliche RA-Kosten verurteilt. Das Gericht wendet die Schwacke-Liste an und lehnt die Fraunhofer Tabelle ab.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. In diesem Umfang steht der Klägerin ein Anspruch auf Zahlung aus §§ 7 Abs. 1 StVG, 249 Abs. 2 BGB i.V.m. § 3 Nr. 1 PflVG zu.
1.
Der Klägerin steht aufgrund des Kaufs des Ersatzfahrzeugs ein Anspruch in Höhe von (weiteren) 238,00 € zu. Entgegen der Ansicht des Beklagten ist der für die Ersatzbeschaffung entrichtete Kaufpreis nicht um die nicht angefallene Differenzbesteuerung zu reduzieren. Erwirbt der Geschädigte ein Ersatzfahrzeug zu einem Preis, der dem in einem Sachverständigengutachten ausgewiesenen (Brutto-) Wiederbeschaffungswert des unfallbeschädigten Fahrzeugs entspricht oder diesen übersteigt, kann er im Wege der konkreten Schadensabrechnung die Kosten der Ersatzbeschaffung bis zur Höhe des (Brutto-)Wiederbeschaffungswertes des unfallbeschädigten Kraftfahrzeugs – unter Abzug des Restwertes – ersetzt verlangen.
Auf die Frage, ob und in welcher Höhe in dem in dem Gutachten ausgewiesenen (Brutto-) Wiederbeschaffungswert Umsatzsteuer enthalten ist, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Bis zur Höhe des (Brutto-) Wiederbeschaffungswertes ist der tatsächlich aufgewendete Betrag unabhängig davon ersatzfähig, ob in ihm Umsatzsteuer, Differenzsteuer oder gar keine Steuer enthalten ist (vgl. BGH, Urteil vom 01.03.2005 – VI ZR 91/04– sowie vom 15.11.2005 – VI ZR 26/05). Keinesfalls kann daher bei der konkreten Schadensabrechnung ein fiktiver Mehrwertsteueranteil von dem angefallenen Kaufpreis abgezogen werden. Der in der Rechnung der Firma Kirch vom 17.04.2008 benannte (Netto-)Betrag ist daher in voller Höhe ersatzfähig. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Gutachten des Dipi.-Ing. Schneider vom 03.04.2008 (Bl. 8 GA). Etwaige Grenzen der Ersatzpflicht sind aufgrund des Kaufpreises in Höhe von 11.900 €, der noch unter dem Wiederbeschaffungswert von 12.400,00 € liegt, nicht erreicht.
2.
Der Klägerin steht ein Anspruch auf Ersatz weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 381,56 € zu.
Gem. § 249 Abs. 2 BGB kann ein Geschädigter vom Schädiger den zur Schadenskompensation erforderlichen Geldbetrag verlangen. Zu den Kosten der Schadensbehebung gehören grundsätzlich auch die Kosten für die Anmietung eines Mietwagens, soweit sie ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf (BGH, Urteil vom 15.02.2005 – VI ZR 160/04). Insoweit ist für die Feststellung der Schadenshöhe grundsätzlich der sogenannte gewichtete Normaltarif nach dem Schwacke-Automietpreisspiegel für das jeweilige Postleitzahlengebiet des Geschädigten ein geeigneter Anknüpfungspunkt für eine Schätzung gem. § 287 ZPO. Der Umfang der Beweiserhebung durch Sachverständigengutachten erscheint dem Gericht angesichts des Streitwertes der Angelegenheit unverhältnismäßig, zumal mit dem Schwacke-Automietpreisspiegel eine differenzierte Analyse des Marktes für das gesamte Bundesgebiet existiert.
Das Gericht sieht keinen Anlass von der Schwacke-Liste als Grundlage seiner Schätzung abzusehen. Zwar kann die Eignung von Listen und Tabellen bei der Schadensschätzung in Zweifel gezogen werden, wenn durch konkrete auf den Einzelfall bezogene Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel der betreffenden Schätzgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall ausgewirkt haben (vgl. OLG Köln, Urteil vom 10.10.2008 – 6 U 115/08, DAR 2009, 33 ff.). Solche Mängel hat die Beklagte zur Überzeugung des Gerichts nicht vorgebracht.
Zweifel an den in der Schwacke-Liste widergegebenen Werten werden schon nicht durch die drei von dem Beklagten vorgelegten Angebote von Mitbewerbern der Streitverkündeten geweckt. So beziehen sich die Angebote schon nicht auf den Postleitzahlenbereich der Klägerin. Dass die Klägerin den Mietwagen bei der Streitverkündeten in Aachen gemietet hat, ist insoweit ohne Belang. Maßgeblich für die Schätzung sind die Preise am Wohnort der Klägerin. Des weiteren betreffen die drei Angebote, welche aus dem Schriftsatz vom 22.12.2008 ersichtlich im Internet abgefragt wurden, einen Sondermarkt, auf den sich die Klägerin nicht verweisen lassen muss. Schließlich ist der Vortrag des Beklagten zu diesen Angeboten auch unzureichend. Angesichts der Rügen der Streitverkündeten im Schriftsatz vom 02.03.2009 hätte es dem Beklagten oblegen zur Frage des Zeitraums der Gültigkeit der Angebote, des Umfangs der Kaskoversicherung (nebst Selbstbehalt), den erforderlichen Sicherheiten weiter vorzutragen. Dass es sich bei den genannten Angeboten um solche handelt, die der Klägerin zum .Schadenszeitpunkt ohne weiteres und mit. entsprechendem Leistungsumfang zur Verfügung standen, kann daher nicht angenommen werden.
Auch die Berufung des Beklagten auf den vom Frauenhoferinstitut erarbeiteten Marktpreisspiegel Mietwagenkosten Deutschland 2008 kann Zweifel an der Eignung der Schwacke-Liste nicht wecken. Dass diese von den Versicherern in Auftrag gegebene Untersuchung verlässlichere Schätzgrundlagen liefert, ist nicht ersichtlich. Insbesondere fordert die Topographie und Infrastruktur der ländlichen Eifel eine regionale Ausdifferenzierung der Erhebung, wie sie allein die Schwacke-Liste mit ihrer Differenzierung nach 3 Ziffern des Postleitzahlenbereichs liefert. Nur so kann gewährleistet werden, dass die ermittelten Angebote tatsächlich ortsnah gelten -und entsprechend gut erreichbar sind. Diese Genauigkeit fehlt dem Marktpreisspiegel Mietwagenkosten, welcher lediglich nach 2 Ziffern des Postleitzahlenbereichs differenziert. Das Gericht tritt zudem den vom Landgericht Bonn (Urteil vom 17.02.2009 – 18 O 313/08) geäußerten Bedenken an der Verlässlichkeit der Erhebung des Frauenhoferinstituts bei und macht sie sich zu Eigen. Sowohl Vorbuchungsfristen als auch Auf- und Zuschläge dürfen bei der Ermittlung eines möglichst realen Marktpreises nicht außer Acht gelassen werden.
Auf den als Normalpreis ermittelten Wert darf aufgrund typischerweise bei der Unfallersatzanmietung anfallender Nebenkosten ein Aufschlag vorgenommen werden, welcher mit 20% vorzunehmen ist (vgl. OLG Köln, Urteil vom 02.03.2007 – 19 U 181/06). Zudem sind auch die Nebenkosten für Vollkaskoversicherung erstattungsfähig, unabhängig davon, ob das Unfallfahrzeug vollkaskoversichert war. Auch Zusatzkosten für Winterreifen kann der Geschädigte vom Schädiger fordern (vgl. OLG Köln, a.a.O.). Da gerichtsbekannt KFZ mit Sommerreifen ausgeliefert werden, verfängt das Argument des Beklagten, für Sommerreifen werden schließlich auch kein Aufschlag verlangt, nicht. Durch Anmietung eines klasseniedrigeren Fahrzeugs muss sich die Klägerin schließlich auch ersparte Aulwendungen nicht anrechnen lassen. Diese sind durch den zeitweisen Verzicht auf die Vorzüge der höheren Klasse abgegolten. Dagegen können die in dem Schwacke-Mietpreisspiegel ausgewiesenen Kosten für einen Zweitfahrer nicht zugesprochen werden. Insoweit ist nicht zu erkennen, dass sich durch die Benennung eines Zweitfahrers ein die Tariferhöhung rechtfertigendes Sonderrisiko ergibt (vgl. LG Bielefeld, Urteil vom 19.12.2007-21 S 189/07).
Die Klägerin kann Mietwagenkosten für einen Zeitraum von 16 Tagen berechnen. Der Verweis des Beklagten, das Ersatzfahrzeug der Klägerin sei bereits einen Tag vor Rückgabe des Mietwagens erfolgt, verfängt nicht. Die Klägerin hat unter Vorlage einer Bescheinigung des Autohauses Kirch vom 12.03.2009 – der der Beklagte nicht weiter entgegengetreten ist – dargelegt, dass es zu einer Übergabe des Ersätzfahrzeugs erst am 18.04.2008 gekommen ist. Aus dieser Bescheinigung ergibt sich auch, dass das Fahrzeug nicht bereits am 17.04.2008 zur Verfügung stand, da es erst am 18.04.2008 ausgeliefert wurde. Ein Zugriff’der Klägerin, auf das Fahrzeug war daher am 17.04.2008 noch nicht möglich, die Miete eines Kraftfahrzeugs bis zum 18.04.2008 damit erforderlich.
Vor diesem Hintergrund kann hinsichtlich der Berechnung der Mietwagen kosten auf das Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Schreiben vom 05.08.2008 Bezug genommen werden. Abzüglich der nicht ersatzfähigen Kosten des Zusatzfahrers verbleibt ein auszugleichender Betrag in Höhe von 381,56 €.
3.
Der Klägerin steht darüber hinaus ein Anspruch auf Ersatz (weiterer) Anwaltskosten in Höhe von 115,00 € zu. Angesichts der Tatsache, dass die streitgegenständliche Materie Gegenstand einer Vielzahl von Entscheidungen ist und es dem Beklagten sowie weiteren Unternehmen der Versicherungswirtschaft offenbar daran gelegen ist, eine Rechtsprechungsänderung herbeizuführen, ist die Angelegenheit auch als überdurchschnittlich schwer einzuschätzen. Dies kann das Gericht aus eigener Sachkunde beurteilen. Zur Höhe des Anspruchs wird auf die Berechnung im Schreiben der Vertreter der Klägerin vom 06.10.2008 (Bl. 20) Bezug genommen. Soweit aufgrund der vorstehenden Ausführungen ggf. ein Gebührensprung zu berücksichtigen wäre, scheitert der weitergehende Anspruch an der für die Fälligkeit des . Betrages erforderlichen Rechnung, § 10 Abs. 1 RVG. Zudem ist die Klägerin gehindert, in derselben Angelegenheit zwei Rechnungen zu stellen, § 22 Abs. 1 RVG. Soweit die Klägerin als Teil ihrer Hauptforderung eine Vergütung in Höhe von 155,30 € geltend macht, ist die dieser Rechnung zu Grunde liegende Leistung bereits mit der von dem Beklagten (teilweise) beglichenen Rechnung abgegolten. Der verbleibende Betrag war daher als Nebenforderung zuzusprechen und konnte im Rahmen der Hauptforderung keine Berücksichtigung finden.
Soweit das AG Schleiden.