AG Leipzig verurteilt VN der HDI-Gerling Versicherung zur Erstattung der Kosten einer Markenwerkstatt bei der fiktiven Abrechnung (114 C 8837/11 vom 19.12.2011)

Mit Entscheidung vom 19.12.2011 (114 C 8837/11) wurde eine Versicherungsnehmerin der HDI-Gerling Versicherung durch das Amtsgericht Leipzig zur Erstattung der Reparaturkosten einer markengebundenen Fachwerkstatt verurteilt. Abrechnungsgrundlage für den Schaden war die fiktive Abrechnung.

Der Rechtsanwalt des Geschädigten hatte die Differenz zwischen den Repaturkosten der markengebundenen Fachwerkstatt (Mercedes) und den Kosten einer freien Werkstatt, auf die der Versicherer der Beklagten die Geschädigte verwiesen hatte, geltend gemacht. Die VN der HDI-Gerling wurde gemäß AG Wuppertal und AG Mitte aufgefordert (wonach der Versicherer, unabhängig davon, dass er auch die Gleichwertigkeit zu beweisen hat, einen konkreten und verbindlichen KV der benannten Werkstätten vorzulegen), damit die Geschädigte auch sicher sein kann, dass die Reparatur am Ende nicht länger als bei Mercedes dauert und dann (trotz deutlich niedrigerer Stundensätze) im Ergebnis ggf. teurer wird, als im „Prüfprotokoll“ der Fa. SSV Schadenschutzverband GmbH ausgewiesen.

Für das Amtsgericht war dies schlüssig, so dass nach Ablauf der Frist zur Verteidigungsanzeige Versäumnisurteil erging, das inzwischen wohl rechtskräftig ist.

Im Anschluß daran wurde der Freistellungsanspruch der Versicherten gegen die HDI-Gerling Versicherung gepfändet. Daraufhin kam die Drittschuldererklärung: es bestünde kein Freistellungsanspruch, weil alle berechtigten Forderungen ausgeglichen seien. Die weitere Vollstreckung ist in Arbeit.

Zudem hatte sich dann noch eine Kanzlei für die Beklagte bestellt, die Einspruch gegen das Versäumnisurteil eingelegt haben will. Nachdem bis zum 07.02.2012 kein Wiedereinsetzungsantrag gestellt wurde, dürfte die Sache verfristet sein.

Bei der SSV Schadenschutzverband GmbH handelt es sich übrigens um ein Unternehmen der HDI-Gerling Versicherung. Man kürzt also selbst unter Einschaltung eines „Tochterunternehmens“ mit dem sinnigen Namen „Schadenschutzverband“ (Verband zum Schutz gegen Schaden?), ähnlich wie es bei der Kravag-/R+V Versicherung mit der Firma Carexpert praktiziert wird.

Das Urteil wurde erstritten und übermittelt durch Herrn Rechtsanwalt Alexander Uterwedede aus Leipzig.

Amtsgericht
Leipzig

Zivilabteilung I

Aktenzeichen:  114 C 8837/11

IM NAMEN DES VOLKES

VERSÄUMNISURTEIL

In dem Rechtsstreit

– Klägerin –

gegen

– Beklagte –

wegen Schadensersatz

hat das Amtsgericht Leipzig durch Richterin am Amtsgericht …

ohne mündliche Verhandlung gemäß § 331 Absatz 3 ZPO am 19.12.2011

für Recht erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.787,51 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 3.11.2011 zu zahlen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 1.787,51 EUR festgesetzt.

Urteilsliste “Fiktive Abrechnung” zum Download >>>>>

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17 Antworten zu AG Leipzig verurteilt VN der HDI-Gerling Versicherung zur Erstattung der Kosten einer Markenwerkstatt bei der fiktiven Abrechnung (114 C 8837/11 vom 19.12.2011)

  1. Andreas sagt:

    Zum Schadenschutzverband siehe:

    http://www.talanx.de/de/home/datenschutz.jsp oder auch
    http://www.hdi-gerling.de/de/home/datenschutz.jsp

    Dort heißt es jeweils weit unten:

    Den HDI/HDI-Gerling-Versicherungsunternehmen gehören zurzeit folgende Gesellschaften an:
    […]
    SSV Schadenschutzverband GmbH
    […]

    Geschäftsführer ist übrigens Herr Engelke, der auch Referent beim Vekehrsgerichtstag war…

    Viele Grüße

    Andreas

  2. G. Grünberg sagt:

    Hallo Andreas,
    die Äußerungen von Herrn Engelke hatten aber wenig Zuspruch. Häufig wurden sie mit Unverständnis quittiert. So war zumindest mein Eindruck.

  3. SV NW sagt:

    Warum wird denn nicht aufgrund des Versäumnisurteils, das im übrigen einen Vollstreckungstitel darstellt, bei der Beklagten selbst die Zwangsvollstreckung betrieben. Die VN wird sowieso der HDI den Rücken kehren. Bei so einer Versicherung will ich auch nicht versichert sein.

  4. Willi Wacker sagt:

    Hallo Hans Dampf,
    zeigt dieses Versäumnisurteil doch einleuchtend, wie wichtig es ist, nur den Schädiger in Anspruch zu nehmen. Der Unfallverursacher haftet aus §§ 823 ff. BGB in Verb. mit straßenverkehrsrechtl. Normen. Die Versicherung muss nicht unbedingt mitverklagt werden. So erfährt der VN auch, in welcher Versicherung er versichert ist, nämlich in einer, die ihn im Regen stehen läßt und die ihn vor das Gericht zerrt statt den berechtigten Schadensersatz zu leisten. Denn immerhin ist man ja haftpflichtversichert.
    Prima Beitrag!
    Mit freundlichen Grüßen
    Dein Willi

  5. Andreas sagt:

    Hallo Herr Grünberg,

    ich wollte damit auch nur zeigen wie sich der Kreis schließt. 🙂

    Grüße

    Andreas

  6. RA Uterwedde, Leipzig sagt:

    @ SV NW: naja, ich dachte eigentlich, dass die HDI die forderung nun bezahlt, aber dort ist man – prozessual zutreffend – der auffassung, nicht bezahlen zu müssen, weil sich das urteil nicht gegen den versicherer richtet. vollstreckung ist aber nun im gange.

    @ willi: das sehe ich anders, denn die kehrseite der „klage nur gegen den versicherer-medaille“ sieht man nun deutlich: wenn bei der schädigerin nichts zu holen ist, muss ich den versicherer nochmal verklagen. keine bindungswirkung, nochmal kosten, die RSV und der mandant stellen komische fragen, …

    was bleibt, ist die (zweifelhafte) genugtuung, dass die schädigerin sauer auf ihren versicherer ist, nur kann ich mir dafür nichts kaufen.

    fazit: das nächste mal verklage ich den versicherer wieder mit. dann gibts zwar sicher kein VU, aber aber wenigstens das geld, wenn der prozess gewonnen wurde.

  7. Versicherungsanwalt sagt:

    @Kollege Uterwedde
    vor der VN-Klage Bonitätsauskünfte über den VN einholen,wie bei jeder sonstigen Klage auch.
    Erst danach entscheiden,gegen welchen der Gesamtschuldner zu klagen ist.
    Auch die Fahrer sind manchmal die „besseren“ Beklagten,auch wenn hier kein pfändbarer Freistellungsanspruch besteht.
    Man muss immer damit rechnen,dass Versicherer ihre VN mit der Klage alleinelassen,wenn der VN kein VIP-Kunde ist.
    Bei Direktversicherern scheint es VIP-Kunden garnicht zu geben,was eigentlich auch nicht verwundert,denn in diesem Bereich werden die Versicherer wie die Unterhosen gewechselt.
    Ich jedenfalls bin vor jeder Klageerhebung bestmöglich informiert über die Vermögensverhältnisse der Schuldner meiner Mandanten.

  8. KH-Spezi sagt:

    @RA Uterwedde: Beim Freistellungsanspruch des Schädigers gegenüber seinem Haftpflichtversicherer dürfte es sich m. E. um einen pfändbaren Anspruch handeln. Wir wärs mit einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss bzgl. dieser Forderung mit der HDI als Drittschuldnerin 😉

  9. andreas sagt:

    Sehr gute Lösung!!!

  10. Zweite Chefin sagt:

    KH-Spezi: Hab ich gemacht, Versicherung hat widersprochen.

  11. RA Uterwedde, Leipzig sagt:

    @ KH-Spezi: bitte den eingangstext lesen. den freistellungsanspruch habe ich gepfändet, aber der versicherer bestreitet, dass ein solcher besteht:

    „alle berechtigten ansprüche seien bezahlt (und was schert uns das, wenn unsere versicherte uns die klage nicht weiterleitet)“

    d.h. nun ist die drittschuldnerklage angesagt (s.o.).

  12. RA Schepers sagt:

    @ RA Uterwedde

    d.h. nun ist die drittschuldnerklage angesagt (s.o.).

    Ist doch fein, dann kann der Zahlungsanspruch gegen die Versicherung auf zwei Anspruchsgrundlagen gestützt werden, auf den Direktanspruch des Geschädigten und auf den Freistellungsanspruch des Schädigers 🙂

    Parallel dazu noch eine Kontenpfändung beim VN, danach Gerichtsvollzieher beauftragen und die ZV bis zur EV bzw. Haftbefehl weiterbetreiben. Das macht die Sache richtig rund 🙂

  13. Hunter sagt:

    RA Uterwedde

    „@ KH-Spezi: bitte den eingangstext lesen. den freistellungsanspruch habe ich gepfändet, aber der versicherer bestreitet, dass ein solcher besteht:“

    Besteht der Freistellungsanspruch nicht bereits durch das Pflichtversicherungsverhältnis aus dem Versicherungsvertrag?

    Quelle: Rechtsanwaltskammer Celle

    „Ein im Haftpflichtprozess gegen den Schädiger ergangenes Urteil ist für dessen Versicherer grundsätzlich verbindlich (Bindungswirkung). Der vom Geschädigten aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses in Anspruch genommene Versicherer muss das im Haftpflichtprozess ergangene Urteil grundsätzlich gegen sich gelten lassen. Er kann sich nur mit Einwendungen aus dem Versicherungsverhältnis verteidigen, z. B. mit der Einwendung, der Schaden sei durch die Versicherung nicht gedeckt, weil er unter einen vereinbarten Risikoausschluss falle.“

    Der Einwand

    „alle berechtigten ansprüche seien bezahlt (und was schert uns das, wenn unsere versicherte uns die klage nicht weiterleitet)“

    dürfte wohl nicht ausreichen.

    Einwendungen aus dem Versicherungsverhältnis gab es ja offensichtlich nicht.
    Nachdem der gegenständliche Schadensfall durch die Haftpflichtversicherung gedeckt ist, könnte der Versicherer doch lediglich noch ein bestehendes Versicherungsverhältnis bestreiten? Hat er aber nicht.

    Warum also Drittschuldnerklage anstatt „Durchmarsch“ ?

  14. Zweite Chefin sagt:

    Hunter:
    An welche Art von „Durchmarsch“ dachten Sie ?

  15. RA Schepers sagt:

    @ RA Uterwedde

    d.h. nun ist die drittschuldnerklage angesagt (s.o.)

    Hallo Herr Kollege Uterwedde,

    was ist denn aus dem Verfahren geworden?

  16. Zweite Chefin sagt:

    Wäre wirklich schön, wenn hier mal jemand von seiner Erfahrung i.S. Pfändung und Drittschuldnerklage berichten würde. Alles was den LG-Richtern in meinen Fällen einfällt, ist Obliegenheitsverletzung gem. VVG des Geschädigten (!). Ich könnte wirklich Munition gebrauchen !

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