Wieder das AG Nürnberg: Die betroffene Versicherung wird zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten auf der Basis der Schwackeliste verurteilt (25 C 6672/11 vom 22.12.2011)

Mit Urteil vom 22.12.2011 (25 C 6672/11) hat das Amtsgericht Nürnberg die beteiligte Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 498,14 € zzgl. Zinsen verurteilt. Die Schwacke-Liste kommt zur Anwendung, die Fraunhofer Liste nicht. Nach dem hier bei Captain-HUK eingestellten Urteil einer anderen Abteilung des AG Nürnberg finden sich auch in der Begründung dieses Urteils die dogmatischen Ansätze hervorragend herausgearbeitet. Das AG Nürnberg als Keimzelle einer überzeugenden Mietwagen-Rechtssprechung? Zu wünschen wäre es….

Nachfolgend die wichtigsten Auszüge aus dem Urteil:

Tatbestand

Die Parteien streiten um restliche Mietwagenkosten aus einem Verkehrsunfall am xx.xx.2011 in Nürnberg auf der …….. Die alleinige Haftung des Beklagten steht dem Grunde nach außer Streit.

Das klägerische Fahrzeug fällt in die Mietwagengruppe 6. Für den Zeitraum der Reparatur vom 22.3.-29.3.2011 mietete die Klägerin bei der Firma X ein Mietfahrzeug zu einem Gesamtbetrag von 938,14 EUR an. Dort hat sie das Fahrzeug auch gekauft und reparieren lassen. Das Fahrzeug war mit Winterreifen ausgestattet. Das klägerische Fahrzeug war zum Unfallzeitpunkt auch vollkaskoversichert.

Von den Mietwagenkosten hat die Beklagte 440,00 EUR erstattet.

Die Klägerin ist der Meinung, sie könne auch nach der Schwacke-Liste 2010 den eingeklagten Betrag an Mietwagenkosten verlangen. Für die weitere Begründung wird auf die klägerischen Schriftsätze Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 498,14 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszins seit dem 19.04.2011 zu bezahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, der Tarif sei überhöht. Man müsse den ortsüblichen Marktpreis nach der Fraunhofer Studie ermitteln. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze des Beklagten Bezug genommen.

Eine Beweisaufnahme hat nicht stattgefunden.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und bis auf einen Zinsteil in vollem Umfang begründet. Der Klägerin steht gemäß §§7, 17 StVG, 823, 249 BGB, 3 Pflichtversicher-ungsgesetz ein weiterer Schadenersatzanspruch für Mietwagenkosten in Höhe der Klagesumme zu.

Der Schadenersatzanspruch ist dem Grunde nach unstreitig.

II.

Die Klägerin kann für die Anmietung Mietwagenkosten in Höhe von insgesamt jedenfalls noch 498,14 EUR fordern. Dies entspricht dem Rechnungs-betrag abzüglich des bezahlten Betrages .

1.

Die Anmietung eines Mietfahrzeugs war unstreitig erforderlich.

2.

Die Anmietung war auch für die Dauer von 8 Tagen notwendig. Ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht gemäß § 254 BGB ist nicht insoweit ersichtlich.

3.

Der geforderte Gesamtbetrag von 938,15 EUR stellt den erforderlichen Geldbetrag im Sinne des § 249 BGB dar. Ein Mitverschulden der Klägerin dahingehend, dass sie verpflichtet gewesen wäre, sich ein günstigeres Angebot zu suchen und anzunehmen bzw. dass ihr ein günstigeres Angebot „ohne Weiteres“ ( so BGH VI ZR 139/08, Urteil vom 02.02.2010), ist nicht ersichtlich bzw. von der Beklagten nicht ausreichend dargelegt.

Hierzu ist vorweg folgendes auszuführen:

a)

Erforderlich im Sinne des §249 BGB ist ein Geldbetrag, der die Aufwendungen ersetzt, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte. Diese subjektbezogene Schadensbetrachtung gilt ganz generell im Schadensersatzrecht und muss deshalb auch bei der Anmietung eines Ersatzfahrzeuges nach einem Verkehrsunfall gelten, denn auch insoweit handelt es sich um einen Herstellungsaufwand im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB. Deshalb hat auch der Bundesgerichtshof auch in all seinen neueren Entscheidungen grundsätzlich zumindest im Wortlaut diese subjektive Betrachtungsweise des Geschädigten an den Beginn seiner Entscheidungsgründe gesetzt. So wurde z.B. in BGH, NJW 2005, S. 51 ausdrücklich auch zunächst auf die Schadensminderungspflicht abgestellt. Leider wurde dann im diesem Urteil, nach Ansicht des Gerichts ohne saubere dogmatische Begründung, von den oben genannten Grundsätzen abgewichen, die Beweislast für ein Mitverschulden faktisch dem Geschädigten auferlegt, ohne dass der konkrete Geschädigte und seine subjektiven Möglichkeiten bzw. Handlungspflichten noch ansatzweise erwähnt wurden. Es wurde lediglich darauf abgestellt, dass diese üblichen Schadensersatzgrundsätze keine uneingeschränkte Geltung beanspruchen könnten, wenn der erforderliche Geldbetrag auf dem Markt nicht mehr von Angebot und Nachfrage bestimmt werde, wie dies im Mietwagengeschäft der Fall ist. Der Bundesgerichtshof hat damit aber nicht ausgedrückt, dass diese Grundsätze keine, sondern nur nicht uneingeschränkte Geltung mehr haben können.

Der Bundesgerichtshof hat allerdings in der Folge in seinem Urteil vom 15.02.2005, NJW 2005, Seite 1041, ausdrücklich auch aufgeführt, dass es auf die Sicht eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten ankommt und der Geschädigte unter dem Gesichtspunkt der Geringhaltung des Schadens (§ 254 BGB) im Rahmen des ihm zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlichen Weg der Schadensbeseitigung zu wählen hat. Dabei hat der Bundesgerichtshof auch auf seine Entscheidung NJW 1996, 1958 Bezug genommen.

In dieser Entscheidung BGH, NJW 1996, 1958, der das Gericht in vollem Umfang folgt, hat der Bundesgerichtshof ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Gebot zur wirtschaftlich vernünftiger Schadensbehebung noch nicht einmal gehalten ist, zugunsten des Schädigers zu sparen oder sich in jedem Fall so zu verhalten, als ob er den Schaden selbst zu tragen hätte. Er hat des weiteren ausgeführt, dass „auch im Rahmen von Satz 2 des § 249 BGB nicht das Grundanliegen dieser Vorschrift aus den Augen verloren werden“ darf, „dass nämlich den Geschädigten bei voller Haftung des Schädigers ein möglichst vollständiger Schadensausgleich zukommen soll“. Deshalb sei „eine subjektbezogene bezogene Schadensbetrachtung anzustellen, dass heißt Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeit zu nehmen“.

In der Entscheidung BGH VI ZR 139/08 vom 02.02.2010 hat der Bundesgerichtshof dann ein Urteil aufgehoben, in dem ein höherer Unfallersatztarif verneint wurde und eine Schätzung eines Normaltarifs auf Basis der Schwackeliste vorgenommen wurde. Auch hier wurde ausdrücklich darauf abgestellt, dass die Frage, ob ein Unfallersatztarif erforderlich war, dann ausnahmsweise offenbleiben kann, „wenn feststeht, dass dem Geschädigten ein günstigerer Tarif „ohne weiteres“ zugänglich war, sodass ihm eine günstigere Anmietung unter dem Blickwinkel der ihm gem. § 254 BGB obliegenden Schadensminderungspflicht zugemutet werden konnte. In der Folge wurde auch die Frage der Beweislast wie üblich und richtig dahin entschieden, dass der Schädiger die Voraussetzungen des § 254 BGB zu beweisen habe. Es obliege dem Schädiger bei der gebotenen subjektbezogenen Betrachtungsweise konkrete Umstände aufzuzeigen, aus denen sich ergäbe, dass ein günstigerer Tarif“ ohne weiteres“ zugänglich war, weil etwa beim Mietwagenunternehmen auch ein Normaltarif „ohne weiteres“ zugänglich gewesen sei. Der BGH betont in diesem Urteil auch nochmals die oft in solchen Fällen oft vergessene allgemein bekannte juristische Notwendigkeit, im konkreten Fall festzustellen, dass sich das Nichteinholen vo Konkurrenzan-geboten im Einzelfall auch tatsächlich schadenserhöhend ausgewirkt hat (Seite 9 des Urteils).

In einer Gesamtschau der BGH-Rechtsprechung seit 1996 ergibt sich, dass der Bundesgerichtshof in keiner Entscheidung die übliche Schadensersatzdogmatik ausdrücklich im Mietwagenersatzrecht aufgegeben hat, aber durch seine Entscheidungen ab dem Jahr 2004, die leider im Wortlaut uneinheitlich waren und daher teilweise auch so verstanden werden konnten, als wäre alleine entscheidend eine objektive Schätzung der erforderlichen Kosten, sich im Ergebnis eine Rechtsprechungspraxis entwickeln hat, die häufig im Ergebnis die subjektive Rückschau auf den Geschädigten nicht oder kaum mehr vornimmt.

Die konkret notwendige Frage, was ohne Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht gewesen wäre (Kausalität des Verstoßes gegen die Schadensminderungspflichtfur höheren Schaden) wird in der Folge häufig gar nicht mehr gestellt, geschweige denn beantwortet.

b)

Nach Auffassung des Gerichts ist bei richtiger Anwendung schadensersatzrechtlicher Grundsätze deshalb weiterhin auf die subjektive Sicht eines verständig und wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten abzustellen. Dies verbietet folgerichtig eine rein objektive Schadensbetrachtung und eine rein objektive Schätzung gemäß § 287 ZPO, welcher Betrag erforderlich gewesen wäre. Ein rein objektiver Schadensbegriff führte im Übrigen auch im Ergebnis in die Irre, da im Rahmen einer sozialen Marktwirtschaft aufgrund unterschiedlicher Kalkulationen auch unterschiedliche Marktpreise entstehen können. So berücksichtigt beispielsweise keine der gängigen Listen (auch nicht die Fraunhofer Liste), ob die von einzelnen Mietwagenunternehmen angebotenen günstigen Preise noch wirtschaftlich kalkuliert sind oder das Unternehmen gegebenenfalls in die Verlustzone führen. So hat beispielsweise im Jahr 2009 der 5. größte Autovermieter in Deutschland Budget Deutschland Insolvenz angemeldet. Entscheidend können demgemäß auch keine einzelnen Internetangebote sein. Wie schwierig tatsächlich eine objektive Schadensermittlung wäre, zeigen die unterschiedlichen Listen wie Schwacke oder Fraunhofer und noch mehr die hierzu ergangenen unterschiedlichen Urteile. Von den Landgerichten wird mittlerweile schon fast jede Position zwischen Fraunhofer und Schwacke vertreten, was deutlich vor Augen führt, zu welchen widersprüchlichen Ergebnissen ein im Ergebnis als objektiv erachteter Schadensersatzbegriff führt.

Unter diesen Voraussetzungen kann keinesfalls nur ein auf dem Markt erzielbarer Billigpreis als erstattungsfähig im Sinne von § 249 BGB angesehen werden. Dies gilt umsomehr, als es bislang herrschender Meinung entspricht, dass es nicht zu den vordringlichen Aufgaben eines Geschädigten gehört, Nachforschungen und Anstrengungen zu unternehmen, um zugunsten des Schädigers zu sparen. Auch der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 09.05.2006, VI ZR 117/05 keine allgemeine Marktforschungspflicht des Geschädigten gefordert, sondern lediglich die Einholung je nach Einzelfall von 1-2 Konkurrenzangeboten.

d)

Andererseits akzeptiert auch das Gericht das Bemühen des Bundesgerichtshofs, die Höhe der ausufernden Mietwagenkosten zu begrenzen.

Das Gericht sieht den dogmatisch richtigen Ansatz gerade darin, sich in die Situation eines verständigen und wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zu versetzen. Zu fragen ist daher, was ein solcher Mensch für zweckmäßig und notwendig halten durfte. Zu fragen ist des weiteren, wozu er aber unter dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens bzw. der Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 BGB verpflichtet war bzw. welche Folgen ein Unterlassen dieser Handlungspflichten hatte.

Das Gericht geht davon aus, dass angesichts der mittlerweile einfachen Vergleichbarkeit von Mietwagenpreisen dem Geschädigten eine gewisse „Marktforschung“ durch Einholung von 2 bis 3 Angeboten zuzumuten wäre. Dies gilt jedenfalls dann umso mehr, wenn zwischen Unfall und Anmietzeitpunkt ein längerer Zeitraum liegt. Wenn jedoch Geschädigter nach einer „Markterforschung“ ein einen Mietwagen zu einem Preis anmietet, den ein in der breiten Öffentlichkeit bekanntes und renommiertes Unternehmen, wie es das Schwacke-Institut im Bereich Kfz-Wesen darstellt, als durchschnittlich ansieht, ist dieser Betrag grundsätzlich bei subjektiver Schadenssichtweise als erforderlich anzusehen. Ausreichende Gesichtspunkte, warum bei der Einholung  von 2 bis 3 Angeboten ein Geschädigter grundsätzlich einen Preis erzielen würde und könnte, der im Bereich der Fraunhofer Liste oder (wie das Landgericht Nürnberg-Fürth meint) 17 % unter der Schwacke-Liste liegen würde, sind nicht gegeben.

Auch die Erholung eines Gutachtens würde hier nicht weiterhelfen, da es unmöglich wäre, im Rahmen einer Befragung von im Umkreis der Anmietstation liegenden Unternehmen objektiv herauszufinden, welche Preise konkret zum Anmietzeitraum (der lange zurückliegt) zu erzielen gewesen wären.

Jedes Gutachten wäre insoweit angreifbar, da die Versicherungsunternehmen mit einer gewissen Berechtigung einwenden würden, dass schon die Art der Fragestellung die Mietwagenunternehmen veranlasst hätten, höhere Preise anzugeben. Diesen Vorwurf erheben die Versicherungen ja jetzt schon als Hauptangriff gegen die Schwackeliste.

Rein theoretisch wäre es sogar denkbar, dass auch bei einer Marktforschung und 2 bis 3 Angebotseinholungen der Geschädigte einen Mietwagenpreise halten würde, der noch über dem Mittelwert der Schwacke-Liste liegt.

Insoweit geht allerdings das Gericht zugunsten des Schädigers davon aus, dass jedenfalls bei einer entsprechenden zumutbaren Marktforschung ein Wert nach dem Modus der Schwacke-Liste zu erzielen wäre.

Nach den Erläuterungen des Schwacke-Instituts wurden 7000 Mietwagenunternehmen befragt und sodann die jeweiligen Mietpreise detailliert und unterteilt nach Postleitzahlengebieten, Anmietdauer und Fahrzeugklasse dargestellt.

Hieran ändert sich dadurch nichts, dass, wie in unserem Wirtschaftssystem auch in anderen Branchen üblich, größere Firmenketten oder Internetanbieter unter Umständen günstigere Preise anbieten. Es ist aber nicht möglich, einem Geschädigten vorzuwerfen, dass er sich dann nicht mehr im Rahmen des Wirtschaftlichen bewegt, wenn er beispielsweise bei einer bodenständigen, ortsansässigen Einzelfirma anmietet, die unter Umständen aufgrund ihrer betriebswirtschaftlichen Kalkulation nicht so günstig anbieten kann wie ein Großanbieter, der u.U. (siehe Insovenz Budget) gar keine kostendeckenden Preise mehr kalkuliert (siehe auch Urteil des Amtsgerichts Nürnberg vom 17.08.2011, Az. 21 C 3892 ).

4.

Aus den oben genannten Gründen kann das Gericht auch nicht der Entscheidung des Landgerichts Nürnberg-Fürth, Aktenzeichen 8 S 4302/11 folgen. Einem Durchschnittsgeschädigten fehlt es nämlich, selbst wenn man ihm eine Marktforschungspflicht auferlegt, an der „umfangreichen Erfahrung als Spezialkammer“.

Wenn man einen ausschließlich objektiv ermittelten Schadenswert gemäß § 249 BGB, was nach Ansicht des Gerichts dogmatisch falsch ist, zur Anwendung bringen würde, würde dies beispielsweise dazu führen, dass ein Geschädigter, der von einem Mietwagenunternehmen ein Ersatzfahrzeug zum Preis gemäß Schwacke-Liste anmietet, diese vereinbarte Vergütung an den Vertragspartner zahlen müsste, ohne einen entsprechenden vollen Schadensausgleich vom Schädiger zu erhalten. Diesbezügliche Rechtsstreitigkeiten wurden beim Amtsgericht schon geführt. Dies erscheint auch deshalb nicht vertretbar, da der Geschädigte in diesem Fall auch nicht Regress beim Mietwagenunternehmer wegen Verletzung von Aufklärungspflichten nehmen könnte. Nachdem nämlich große Teile der Rechtsprechung in der Bundesrepublik, wie das Amtsgericht Nürnberg und bis August 2011 auch das Landgericht Nürnberg-Fürth die in der Schwacke-Liste enthaltenen Preise für erforderlich gehalten haben, waren die Mietwagenunternehmen nicht in der Pflicht, darauf hinzuweisen, dass diese Preise unter Umständen vom Schädiger nicht mehr ersetzt werden müssten. Insofern würde es an einer Verletzung der Aufklärungspflicht durch das Mietwagenunternehmen fehlen.

Im Endergebnis müsste der Geschädigte auf einen Teil des Schadensersatzes verzichten, was mit den Grundsätzen des Schadensersatzrechtes nicht vereinbar wäre.

Alles in allem ist es daher zwar gerechtfertigt, die Kriterien, ob ein Geschädigter aus der objektiven Sichtweise eines wirtschaftlich denkenden Menschen den Mietwagenaufwand für erforderlich halten dürfte, strengeren Maßstäben zu unterziehen. Es ist aber nicht gerechtfertigt, seine Sichtweise und die ihm konkret zuzumutenden Vorgehensweisen außen vor zu lassen. Darüber hinaus gibt es auch keinen Grund, vom Grundsatz abzuweichen.dass die Verletzung der Schadensminderungspflicht zunächst vom Geschädigten darzulegen und zu beweisen ist.

5.

Ohne dass es darauf nach den oben genannten Grundsätzen noch entscheidend ankäme, sähe sich das Gericht auch im Übrigen nicht veranlasst, von der Schwackeliste einen Abschlag von 17 % zu machen. In diesem Zusammenhang darf das Urteil des Amtsgerichts Nürnberg vom 17.08.2011, Az. 21 C 3892, welches auch ansonsten ausführlich begründet ist, zitiert werden:

3.1.

Das Gericht hält die Schwackeliste grundsätzlich für eine geeignete Schätzungsgrundlage.

Es folgt damit auch der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Nürnberg und des Bundesgerichtshofs. Insbesondere wurden beklagtenseits nur allgemein gehaltene Angriffe gegen die Schätzungsgrundlage vorgetragen. Nur wenn anhand detaillierter Tatsachen aufgezeichnet worden wäre, dass die behaupteten Mängel der Schwackeliste sich auf den zu entscheidenden Fall konkret auswirken, hätte es weiterer Prüfungen der Schätzungsgrundlage bedurft (s. BGH NJW 2008, 1519).

Die teilweise geäußerte Kritik an der Schwackeliste, insbesondere zur offenen Erhebung der Preise, ändert hieran nichts. Hierbei kann dahingestellt bleiben, ob Alternativen ebenfalls als Schätzgrundlage in Betracht kämen, wie dies von anderen Gerichten teilweise praktiziert werden mag. Diese anderweitigen Erhebungen erscheinen dem Gericht jedenfalls keineswegs geeigneter als die Schwackeliste.

Auch die Fraunhofer Liste weist z. B. Mängel bei der Preisermittlung auf. So orientiert sie sich in ihrem 1- bzw. 2-stelligen Postleitzahlgebiet unzureichend am örtlichen Markt, enthält überwiegend Internetangebote, auf die sich der Geschädigte nicht ohne Weiteres verweisen lassen muss, und erfährt in der Literatur auch anderweitig Kritik (s. ZVS 4/2009, S. 183).

Soweit der Bundesgerichtshof in seiner neueren Entscheidung vom 22.2.2011 ausführt, eine Schätzungsgrundlage sei zu überprüfen, wenn konkrete Tatsachen vorgetragen werden, die Mängel dieser Schätzungsgrundlage belegen würden, war eine solche Überprüfung vorliegend nicht veranlasst.

Bei den vom Beklagtenvertreter erwähnten anderweitigen Anmietmöglichkeiten handelt es sich 3 aktuelle Internetangebote. Inwieweit es sich bei diesen vagen Ausführungen des Beklagtenvertreters um Sonderangebote handelt und welche Nebenleistungen inbegriffen sind, ist nicht erkennbar.

Diese erwähnten „Alternativen“ können mangels echter Vergleichbarkeit daher nicht dazu führen, die umfangreichen Erhebungen der Schwackeliste als unrichtig zu bezweifeln. Dies wird auch vom LG Bonn ( NZV 2011, 452 ) zutreffend und ausführlich dargestellt, wenn dort darauf hingewiesen wird, dass gerade Internetangebote völlig losgelöst vom konkreten Einzelfall erfolgen, und nur unverbindliche, meist auch hinsichtlich der sog.“Extras“ unvollständige Tarife ausweisen.

Die beklagtenseits vorgetragenen Einwendungen, mit deren Auseinandersetzung der Bundesgerichtshof in o. g. Entscheidung nur fordert, zeigen für das erkennende Gericht keine konkrete Tatsachen auf, die sich auf den zu entscheidenden Fall auswirken und daher eine weitere Überprüfung der Schätzungsgrundlage erfordern. Aufgrund besonders freigestellten Ermessens im Rahmen der Schadensschätzung nach § 287 ZPO hält das Gericht daher mangels anderer geeigneter Kriterien an der Schwackeliste fest.

3.2.

Das erkennende Gericht sieht sich auch nicht veranlasst, von den Erhebungen der Schwackeliste einen Abschlag vorzunehmen.

Zwar hat das Landgericht Nürnberg-Fürth in seiner oben zitierten Entscheidung ausgeführt, der in der Schwackeliste als Normaltarif genannte Preis entspreche tatsächlich einem Unfallersatztarif. Es hat jedoch zur Begründung lediglich auf seine „umfangreiche Erfahrung als Spezialkammer“ verwiesen, ohne tatsächliche Grundlagen mitzuteilen, die diese These rechtfertigen. Ohne jegliche Angaben, aufgrund welcher (zeitlichen bzw. gegenständlichen) konkreten Erhebung, Überprüfung oder sonstiger Feststellung diese Annahme beruht, sieht sich das Gericht jedoch nicht in der Lage, diese fremde Überzeugung für sich zu übernehmen. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil sich das Schwackeinstitut in seinem Editorial auf Seite 10 mit diesem Vorwurf explizit auseinandersetzt.

Wie sich aus dem Editorial weiter ergibt, wurden Informationen von mehreren tausend Vermietstationen ausgewertet. Dafür, dass diese Firmen durchgängig falsche Marktinformationen gegeben hätten, mithin einen in Wirklichkeit bestehenden überteuerten Unfallersatztarif als Normaltarif deklariert haben, ergeben sich für das Gericht keine hinreichenden Anhaltspunkte, um ein Urteil darauf stützen zu können.“

4.

Die Vorlage zweier aktueller Internetangebote erschüttert die o.g. Grundlage nicht. So besitzt schon nicht jeder Geschädigte einen Internetanschluss. Außerdem ist bei vielen Angeboten nur mit erheblichem Zeitaufwand möglich, die konkreten Vertrags- und Preisbedingungen festzustellen. Wie soll darüber hinaus der Geschädigte über das Internet feststellen, welche Klasse er anmieten kann? Entscheidend ist aber, dass durch gerade mal 2 Angebote nicht eine Befragung im Umfang der Schwackeuntersuchung erschüttert werden kann.

5.

Im konkreten Fall ist der Klägerin schon aufgrund fallspezifischer Sonderheiten der Anmietpreis zu erstatten. Es steht nämlich aus folgendes Gründen fest, dass auch ein wirtschaftlich denkender, vernünfiger Geschädigte in der Lage der Klägerin nicht anders gehandelt hätte und nicht nur ein Verstoss gegen die Schadensminderungspflicht nicht vorliegt, sondern die Geschädigte dieser aus folgenden Gründen nachgekommen ist.

a)

Der tatsächliche Anmeitpreis liegt schon unter dem nach der Schwackeliste erforderlichen Preis.

Die Berechnung des erforderlichen Mietwagenaufwands würde folgendes ergeben: Zugrunde zu legen ist die Schwacke-Liste 2010, Postleitzahlengebiet 954. Auszugehen war von einem Mietfahrzeug der Klasse 6. Heranzuziehen ist der Modus der Schwacke-Liste. Den Abzug für Eigenersparnis schätzt das Gericht in laufender Rechtsprechung auf 3 %. Dies entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des Landgerichts Nürnberg-Fürth. Das Gericht schätzt im Übrigen bei einem Zeitraum, welcher die jeweilige Zeiteinteilung nach der Schwacke-Liste überschreitet, nach der entsprechenden Quote dieses Zeitraums. Diese Schätzung verhindert, dass die diesen Zeitraum übersteigenden Tage besonders teuer sind. Eine Rechtfertigung hierfür wäre nicht ersichtlich, da die Preise grundsätzlich sinken, je länger die Anmietdauer ist. Aufgrund der angemieteten 8 Tage legt das Gericht somit jeweils einen Betrag von 8/7 des Wochentarifs zugrunde.

Es ergibt sich folgende Schadensberechnung:

Grundmietpreis für 8 Tage (632,50 EUR : 7/8)       722,86 EUR

./. 3 % Eigenersparnis                                           701,17 EUR

Vollkasko                                                               192,00 EUR

Winterreifen                                                             80,00 EUR

ergibt                                                                     973,17 EUR

Angemietet wurde aber zu lediglich 938,14 €.

b)

Die Klägerin hat bei der Firma X angemietet, bei der sie das Fahrzeug gekauft hat und nun reparieren ließ und zu der ein längerjähriges Vertrauensverhältnis bestand. Der Bundesgerichtshof hat mehrfach entschieden, dass ein Geschädigter sein Fahrzeug in der Werkstatt seines Vertrauens reparieren lassen darf. Dies muss daher hier auch für die Anmietung gelten.

c)

Dies gilt umsomehr, als durch die Anmietung bei der Reparaturwerkstätte auch Kosten gespart wurden.

aa)

Durch die Anmietung entfielen sonst in der Regel anfallende Zustell-, bzw. Abholkosten, welche um die 50,00 € regelmäßig ausmachen.

bb)

Trotz Anmietung für die Dauer von 8 Tagen (22.-29.3.)berechnete die Firma nur eine Wochenpauschale statt 8 Tagen.

cc)

Die Klägerin mietete einen klassenniedrigeren PKW an.

III.

Die Zinsentscheidung beruht auf den § 288 ZPO. Zinsen können erst ab Rechtshängigkeit zugesprochen werden. Vorher befand der Beklagte sich nicht in Verzug, da die einseitige Leistungsbestimmung (hier auf den 19.4.2011) gemäß §286 BGB nicht ausreicht.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

V.

Die Berufung war auch im Hinblick auf die oben zitierte abweichende Entscheidung des Landgerichts Nürnberg-Fürth im konkreten Fall nicht zuzulassen. Aufgrund der genannten spezifischen Sonderheiten des Falles ist dies zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht notwendig.

Soweit das AG Nürnberg.

Urteilsliste “Mietwagenkosten” zum Download >>>>>

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  1. Willi Wacker sagt:

    Hut ab. Das Gericht hat sich auch kritisch mit der Rechtsprechung des BGH auseinandergesetzt. In letzter Zeit ist die subjektive Schadensbetrachtung immer mehr ins Hintertreffen geraten. Umso erstaunlicher ist, dass ein Untergericht diesen schadensersatzrechlichen Grundsatz wieder gerade rückt. Ein prima Urteil daher. Die Nürnberger haben offenbar was drauf.

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