BGH-Pressemitteilung – Einziehung einer (erfüllungshalber) abgetretenen Forderung (hier Mietwagenkosten) ist eine erlaubnisfreie Nebentätigkeit und kein Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (VI ZR 143/11)

Am 16.01.2012 hatten wir hier über ein Revisionsverfahren beim BGH berichtet, bei dem es darum ging, ob es sich beim Einzug von Forderungen aufgrund einer Abtretung (erfüllungshalber) eines Mietwagenunternehmens  um eine unerlaubte Rechtsdienstleistung gemäß RDG handelt, oder ob diese Abtretung zur Sicherung der Ansprüche als Nebenleistung der Mietwagenfirnma erlaubnisfrei sei.

Mit dieser nun positiven Entscheidung und mit der Entscheidung des 5. Zivilsenates vom 02.12.2012 (V ZR 30/11) (Abtretung einer Forderung an Erfüllungs statt) dürfte auch die derzeitige Diskussion bezüglich der Abtretung des Sachverständigenhonorars sowie bei den Werkstätten zur Sicherung der Reparaturkosten beendet sein.

Hier nun die aktuelle Pressemitteilung des Bundesgerichtshofes zur Streitsache VI ZR 143/11, die heute auf der Webseite des BGH veröffentlicht wurde:

Quelle: BGH Pressemitteilung 16/2012 vom 31.01.2012

Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle

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Nr. 16/2012

Einziehung von Schadensersatzansprüchen durch Mietwagenunternehmen

Die Klägerin, eine Autovermietung, verlangt von dem beklagten Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer aus abgetretenem Recht der Geschädigten Ersatz restlicher Mietwagenkosten nach einem Verkehrsunfall, für den die volle Einstandspflicht der Beklagten unstreitig ist.

Die Geschädigte mietete bei der Klägerin für die Zeit des schädigungsbedingten Ausfalls ihres Kraftfahrzeugs ein Ersatzfahrzeug an. In diesem Zusammenhang unterzeichneten die Mietvertragsparteien im November 2009 eine von der Klägerin vorformulierte Erklärung „Abtretung und Zahlungsanweisung“, die u.a. eine Abtretung der Schadensersatzforderung auf Erstattung der Mietwagenkosten gegen den Fahrer, Halter und deren/dessen Haftpflichtversicherung aus dem oben genannten Schadensereignis erfüllungshalber an die Klägerin enthielt.

Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Abtretung wegen eines Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz nichtig sei.

Der u.a. für das Verkehrshaftungsrecht zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat offen gelassen, ob die Klägerin in einer fremden Angelegenheit im Sinne des § 2 Abs. 1 des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG)* tätig geworden ist. Die Einziehung der an die Klägerin erfüllungshalber abgetretenen Schadensersatzforderung der Geschädigten sei auch dann, wenn man vom Vorliegen einer Rechtsdienstleistung ausgehe, jedenfalls nach § 5 Abs. 1 Satz 1 RDG** erlaubt. Nach dieser Vorschrift sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit erlaubt, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild des Handelnden gehören. Ob eine Nebenleistung vorliegt, ist nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind (§ 5 Abs. 1 Satz 2 RDG). Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Satz 1 RDG sind erfüllt, wenn – wie im Streitfall – allein die Höhe der Mietwagenkosten streitig ist. Etwas anderes gilt dagegen, wenn die Haftung dem Grunde nach bzw. die Haftungsquote streitig ist oder Schäden geltend gemacht werden, die in keinem Zusammenhang mit der Haupttätigkeit stehen, wie z.B. Schmerzensgeldansprüche. Der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen, damit dieses zur Höhe des Anspruchs entscheiden kann.

Urteil vom 31. Januar 2012 – VI ZR 143/11

AG Waiblingen – Entscheidung vom 5. November 2010 – 8 C 1039/10

LG Stuttgart – Entscheidung vom 13. April 2011 – 4 S 278/10

(Beide Entscheidungen veröffentlicht in juris)

Karlsruhe, den 31. Januar 2012

Gesetz über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen Rechtsdienstleistungsgesetz

*§ 2 Begriff der Rechtsdienstleistung

(1) Rechtsdienstleistung ist jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert

……………

**§ 5 Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit

 

(1) Erlaubt sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören. Ob eine Nebenleistung vorliegt, ist nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind.

……………..

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501

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4 Antworten zu BGH-Pressemitteilung – Einziehung einer (erfüllungshalber) abgetretenen Forderung (hier Mietwagenkosten) ist eine erlaubnisfreie Nebentätigkeit und kein Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (VI ZR 143/11)

  1. F.-W. Wortmann sagt:

    Hallo Hans Dampf,
    obgleich der BGH mit diesem heutigen Urteil zwar offen gelassen hat, ob das Mietwagenunternehmen mit der Geltendmachung der restlichen gekürzten Mietwagenkosten eine fremde Angelegenheit tätigt, hat er gleichwohl die Geltendmachung der restlichen Mietwagenkosten durch die Mietwagenunternehmerin als erlaubt angesehen. Das gilt insbesondere, wenn die (restliche) Schadensersatzforderung erfüllungshalber abgetreten wurde. Dies gilt insbesondere auch, wenn nur noch Streit über die Höhe der geltend gemachten restlichen Mietwagenkosten besteht.

    Das Urteil betrifft zwar vordergründig nur Mietwagenrestforderungen. Die vom BGH angesprochenen Grundsätze gelten aber gleichermaßen für die Geltendmachung restlicher Abschleppkosten, der Geltendmachung restlicher Reparaturkosten und der Geltendmachung restlicher Sachverständigenkosten. In allen Fällen ist die Geltendmachung der restlichen Kosten als erlaubte Nebentätigkeit i.S.d. § 5 I 1 RDG anzusehen. Insoweit dürfte zumindest bei Abtretungsvereinbarungen erfüllungshalber keine Bedenken mehr hinsichtlich der Aktivlegitimation bestehen, wenn es nur noch um die Höhe der Restforderung geht.

    Also ist festzuhalten, dass es sich um ein positives Urteil auch für Sachverständige handelt.

    Mit freundlichen Grüßen
    F.-W. Wortmann

  2. Zuhörer sagt:

    Das war ´ne Veranstaltung!
    Themaverfehlend vortragende BGH-Anwälte,sodass das Fachpublikum zunehmend unruhig wurde,aber zuletzt dank eines hervorragend vorbereiteten Senates mit einem positiven Ende.
    Schadensersatzschuldner müssen nun einsehen,dass sie es zunehmend weniger mit unwissenden Geschädigten oder deren halbwissenden Familienrechtsanwälten zu tun bekommen,sondern mit Gegnern auf Augenhöhe.
    Rechtswidrige Kürzungen werden so erschwert/verteuert,dass die Kürzungen nichtmehr lohnen.
    Ausserdem müssen die Kürzer hinnehmen,dass ihnen-freilich nur im Falle von rechtswidrigen Kürzungen- mehrere Experten gegenübertreten,die im betroffenen Spezialgebiet mit „allen Wassern gewaschen“ sind.
    Die heutige Entscheidung des BGH ist ein schwerer Rückschlag für das moralisch bedenkliche Kürzungsgebaren mancher Versicherer,das darauf aufbaut,mit dem Unfallopfer persönlich einen leichten Gegner zu haben,der in Ermangelung einer Rechtsschutzversicherung oder hoher Selbstbeteiligung die Kürzungen in der Masse klaglos hinnehmen muss.

  3. Babelfisch sagt:

    @Zuhörer:

    Themaverfehlend vortragende BGH-Anwälte? Wie denn, wo denn, was denn?

    Da wäre ich schon gespannt auf die „Butter bei die Fische“!

    Wie wäre es mit einem spannenden Bericht/Kommentar aus dem Verhandlungssaal?

  4. G. Grünberg sagt:

    Hi Zuhörer,
    ich glaube auch, dass die Geschädigten sich immer kundiger machen. Das katastrophale Regulierungsverhalten der Versicherungen lassen sich die Unfallopfer nicht mehr gefallen. Dabei dürfte auch dieser Blog zur Aufklärung der Geschädigten beigetragen haben.
    Die Geschädigten sind nicht mehr die Schafe, die ohne Murren zur Schlachtbank geführt werden.
    Sie mucken auf und suchen sich professionelle Hilfe. Zunächst durch versierte Anwälte und dann durch kompetente Sachverständige. Auch die Mietwagenunternehmer greifen hilfreich den Geschädigten unter die Arme. Das Unfallopfer steht nicht mehr alleine da. Es läßt sich auch nicht mehr von den unterstützenden Anwälten, Sachverständigen und Mietwagenunternehern separieren. Die Front gegen das Schadensmanagement formiert sich. Mit diesem Urteil ist ein erster Schritt getan. Nichts scheuen die Versicherer mehr als aufgeklärte Geschädigte und kompetente Partner der Geschädigten, die noch nicht einmal deren Erfüllungsgehilfen sind. Etwaige Fehler derselben gehen nicht zu Lasten der Geschädigten, sondern zu Lasten der Schädiger. Ergo ist es gut, dass z.B. der erfahrenere Mietwagenunternehmer die restlichen Mietwagenkosten, der kompetente Sachverständige die restlichen Sachverständigenkosten einklagen kann. Diese Personen sind doch erfahrener als das „dumme“ Unfallopfer, der allenfalls einmal im Leben in einen Verkehrsunfall gerät – und dann wird er auch noch durch Sachbearbeiter der Versicherungen falsch informiert. Nein, der Mietwagenunternehmer und der Sachverständige, aber auch die Reparaturwerkstatt, sind grundsätzlich aktivlegitimiert, die jeweiligen restlichen Schadensersatzansprüche des Geschädigten nach Abtretung erfüllungshalber geltend zu machen. Ein schöner Erfolg – und eine bittere Niederlage für die Versicherer. Das RDG gilt.

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