AG Halle (Saale) verurteilt HUK-Coburg in einem kostenintensiven Rechtsstreit zur Zahlung der vorher gekürzten Sachverständigenkosten mit Urteil vom 14.2.2012 – 95 C 3529/10 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,

von Hamburg geht es weiter Richtung Sachsen-Anhalt. Nachfolgend gebe ich Euch hier ein aktuelles Urteil aus Halle zu den Sachverständigenkosten und zum RDG und Überprüfung der Angemessenheit des Sachverständigenhonorars durch ein Sachverständigengutachten bekannt. Wieder musste der Geschädigte bzw. der von ihm beauftragte Kfz-Sachverständige gegen die HUK-Coburg gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen. Dieses Mal war der Rechtsstreit auch für die HUK-Coburg wegen des eingeholten Sachverständigengutachtens besonders kostenintensiv. Aber Kosten spielen bei der HUK-Coburg ja keine Rolle. Gegenüber der Versichertengemeinschaft gilt ja keine Kostenminderungspflicht. Verklagt wurde die HUK-Coburg übrigens am Sitz ihrer Niederlassung in Halle an der Saale. Lest bitte selbst und gebt Eure Kommentare ab.

Viele Grüße und ein schönes Wochenende
Euer Willi Wacker

Amtsgericht Halle (Saale)                      Verkündet am: 14.02.2012

Geschäfts-Nr.:
95 C 3529/10

Im Namen des Volkes
Urteil
in dem Rechtsstreit

Sachverständiger

Klägerin

Prozessbevolimächtigte: Rechtsanwälte K. aus H.

gegen

Firma HUK-Coburg Allgmeine Versicherung AG, vertr. d.d. Vorstand Dr. Wolfgang Weiler, Wolfgang Flaßhoff, Stefan Gronbach u. a., Merseburger Straße 46, 06108 Halle

Beklagte

hat das Amtsgericht Halle (Saale) auf die mündliche Verhandlung vom 17.01.2012 durch den Richter am Amtsgericht …

für Recht erkannt:

1.) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 273,13 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszins seit dem 18.10.2011 zu zahlen, die weitergehende Klage wird abgewiesen.

2.) Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen nach § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat Erfolg, soweit sich auf die (zweite) Abtretungsvereinbarung vom 01.09.2011 (Bl. 148) stützt, im Übrigen ist sie abzuweisen.

im Einzelnen:

1.

Die ursprüngliche Abtretungsvereinbarung (vom 16.01.2010, Bl. 147) ist unwirksam. Übertragen werden kann „eine Forderung“ (§ 398 Satz 1 BGB). Dies setzt die eindeutige Bestimmbarkeit des übertragenen Forderungsrechtes voraus. Daran fehlte es in der Erklärung aus dem Jahre 2010.

Die Bezeichnung einer Forderung ist unbestimmt, wenn von mehreren selbständigen Forderungen ein Tel! abgetreten wird, ohne dass erkennbar ist, von welcher oder von welchen Forderungen ein Teil abgetreten werden soll (BGH vom 18.02.1965 – II ZR 166/62). Entstehen – wie hier – aus einem Verkehrsunfall für den Geschädigten mehrere Forderungen, so kann von der Gesamtsumme dieser Forderungen nicht ein nur summenmäßig bestimmter Teil abgetreten werden (BGH vom 08.10.1957 – VI ZR 128/56). Um verschiedene Forderungen handelt es sich etwa dann, wenn neben dem Anspruch auf Ersatz eines Sachschadens ein solcher auf Ersatz von Verdienstausfall geltend gemacht wird oder auch die Forderung auf Ersatz der Gutachterkosten. Anders liegt es, wenn es sich um lediglich unselbständige Rechnungsposten (wie z. B. bei Einzelelementen der Reparaturkosten) handelt (BGH vom 07.06.2011 – VI ZR 260/10). Hier hatten die Beteiligten seinerzeit wie folgt formuliert:

„Zur Sicherung des Anspruchs des o. g. Gutachterbüros auf Zahlung der Gutachterkosten trete ich gleichzeitig meinen Schadensersatzanspruch gegen den Ünfailgegner und dessen Versicherungsgesellschaft in Höhe der Gutachterkosten an o. g. Gutachterbüro ab“.

Die Abtretung sollte ersichtlich nicht nur die Forderung auf Ersatz der iitachterkosten erfassen. Es sollte lediglich den Umfang der Abtretung auf die Höhe der Gutachterkosten beschränken. Damit bleibt unklar, welche der selbständigen Schadensersatzforderungen (Reparaturkosten, Gutachterkosten) von der Abtretung erfasst werden sollten.

2.

Die Abtretungsvereinbarung vom September 2011 begegnet keinerlei solchen Bedenken. Hier wird – neben der exakten Bezeichnung des Unfalls und des Fahrzeuges – die „Erstattung der Restforderung aus der Erstellung eines Sachverständigengutachtens in Höhe von 273,13 € aus der Rechnung vom 19.01.2010″ bezeichnet.

3.

Die Abtretungsvereinbarung vom September 2011 ist nicht nichtig (§ 134 BGB). Insbesondere verstößt sie nicht gegen die Vorschriften des Rechtsdienstleistungsgesetzes (<RDG>). Danach ist die selbständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstäeistungen nur in dem Umfang zulässig, in dem sie durch dieses Gesetz oder aufgrund anderer Gesetze erlaubt wird (§ 3 RDG). Eine Rechtsdienstieistung ist dabei jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert (§ 2 Abs. 1 RDG).

Ausgehend davon könnte ein Ansatz für die selbständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen darin gesehen werden, wenn der Inhaber eines Mietwagenunternehmens es geschäftsmäßig übernimmt, für unfallgeschädigte Kunden die Schadensregulierung durchzuführen (vgl. die beklagtenseits zitierte Entscheidung des Amtsgerichts Halle (Saale) vom 27.09.2011 -104 C 459/11).

Es mag dahinstehen, ob dies dann der Fall ist, wenn sich der Unternehmer die Schadensersatzforderung erfüllungshalber abtreten lässt und die eingezogenen Beträge auf seine Forderungen an die Kunden verrechnet, wenn die Abtretung im unmittelbaren zeitlichen und inhaltlichen Zusammenhang mit dem Abschluss der Vertragsvereinbarung geschieht. Denn dann liegt es nahe, dass der mit dem Unfallgeschehen und der Schadensabwicklung konfrontierte Kunde hauptsächlich die Entlastung von der Schadensabwickäung anstrebt und damit den Unternehmer gleichzeitig in die Rolle eines Inkassobüros einweist.

Diese Konstellation ist vorliegend aber nicht (mehr) gegeben. Die Abwägungen mögen zutreffend sein für die erste (fehlgeschlagene) Abtretungsvereinbarung vom 16.01.2010. Für diejenige aus dem Jahre 2011 passen sie nicht. Inzwischen (im Zeitpunkt des zweiten Abtretungsversuches) wartete der Unternehmer (der Kläger) seit ca. 1 1/2 Jahren auf die Erfüllung seines Anspruchs. Damit will er nun (im Wesentlichen) seine ihm von dem Geschädigten übertragene Sicherheit verwirklichen. Mithin strebt er mit der Abtretungsvereinbarung nicht die Besorgung einer fremden Rechtsangelegenheit an (die des geschädigten Kunden), sondern betreibt eine eigene Angelegenheit.

Dem Umfang nach ist das komplette Sachverständigenhonorar ersatzfähig, das ursprünglich dem Geschädigten in Rechnung gestellt wurde (§ 249 BGB). Insbesondere kann der Geschädigte den „erforderlichen Geldbetrag verlangen“, der zur Wiederherstellung des Urzustandes erforderlich war (§ 249 Abs. 2 Satz 1 BGB).

Vorliegend war der Umfang der berechneten Gutachterkosten (insgesamt brutto 417,13 €, Bl. 4 d. A.) aus Sicht des Geschädigten der Höhe nach notwendig. Denn die Gutachterrechnung vom 18.01.2010 weist im Bezug auf die durchgeführten Gutachterleistungen eine ortsübliche Höhe auf. Das steht fest nach dem dazu eingeholten Sachverständigengutachten (Bl. 101 – 120 d. A.). Der eingesetzte Gutachter, … , ist öffentlich bestellt und vereidigt als Sachverständiger für Kraftfahrzeugschäden und -bewertung und damit grundsätzlich für das Thema sachkundig. Er hat mit seinem Gutachten zwei Honorarbefragungen der BVSK zum einen für das gesamte Bundesgebiet und für das einschlägige Postzahlengebiet ebenso zugrunde gelegt, wie das Gesprächsergebnis der BVSK mit der HUK Coburg / Brudehilfe (vgl. Aufstellung Bl. 103 d. A). Im Ergebnis dessen hat er festgestellt, dass alle teilnehmenden Büros Honorar in Anlehnung an die Schadenshöhe abrechnen; so wie der Kläger. Ausgehend von dieser relativen Grundlage für das Gutachterhonorar hat er auch von den absoluten Beträgen her eine Positionierung des streitgegenständlichen Honorars unterhalb der Extremwerte innerhalb der Datenbasis ausgemacht (die durch die Spitzenbeträge von 10 % der Teilnehmer gekennzeichnet sind, Bl. 108 d. A.) und zu dem innerhalb des Honorarkorridors (der durch den Schwerpunkt der BVSK-Teilnehmer gebildet wird, vgl. ebenfalls BL 108 d.A.).

Hier bewegt sich die klägerische Honorarforderung in der oberen Hälfte der festgestellten Vergleichswerte, verlässt aber insgesamt den vergleichbaren Bereich nicht (optische Darstellung Blatt 109 d. A.).

Dem Gericht reichen diese Ausführungen hin für eine Schätzung des „erforderlichen Betrages“, der im Hinblick auf die Schadensausgleichung vorzunehmen war (§ 287 Abs. 1 ZPO). Es ist der Beklagtenseite zuzugestehen, dass durch Vereinbarungen einzelner Haftpflichtversicherer mit Anbietern von Sachverständigenleistungen womöglich niedrigere als die vom Gutachter ausgemachten ortsüblichen Preise zu erzielen sein mögen, indes ist der Geschädigte an solchen etwaigen Vereinbarungen nicht beteiligt. Es liegt im Rahmen seiner grundsätzlichen Dispositionsfreiheit, sich selbst bei einem Anbieter zu versorgen, der innerhalb der ortsüblichen Preise das breite Publikum seine Leistungen anbietet. Das ist hier geschehen.

5.

Der Zinsanspruch als Verzugsschaden ist gegeben erst ab Zustellung der neuerlichen Abtretungsvereinbarung vom September 2011 an die Beklagtenseite. Die vorgerichtlichen klägerischen Rechtsanwaltskosten sind nicht ersatzfähig, da seinerzeit (noch) keine wirksame Abtretungsvereinbarung vorlag, auf die sich der Kläger hätte stützen können.

6.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

7.

Die Berufung war nicht zuzulassen (§ 511 Abs. 4 ZPO). Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtssprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichtes.

Bezüglich der Rechtsfrage, ob das Rechtsdienstiesstungsgesetz einschlägig ist, fehlt der Angelegenheit ein genereller Aspekt Denn die klägerische Forderung beruht – a-typischer Weise – nicht etwa auf der im Zusammenhang mit der Beauftragung gebrauchten Abtretung, sondern auf einer ca. 1 1/2 Jahre später danach getroffenen &reinbarung. Dies ist kein alltäglicher Vorgang, der der allgemeinen Klärung bedürfte.

Bezüglich der Höhe der ersatzfähigen Kosten handelt es sich um eine Schätzung (§ 287 ZPO) auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens im Einzelfall.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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2 Antworten zu AG Halle (Saale) verurteilt HUK-Coburg in einem kostenintensiven Rechtsstreit zur Zahlung der vorher gekürzten Sachverständigenkosten mit Urteil vom 14.2.2012 – 95 C 3529/10 -.

  1. Günther Grünberg sagt:

    Hi Willi Wacker,
    das Urteil enthält m.E. noch einen für die HUK-Coburg brisanten Satz im letzten Abschnitt von Ziffer 3. (4 fehlt übrigens!): „…Es ist der Beklagtenseite zuzugestehen, dass durch Vereinbarungen einzelner Haftpflichtversicherer mit Anbietern von Sachverständigenleistungen womöglich niedrigere als die vom Gutachter ausgemachten ortsüblichen Preise zu erzielen sein mögen, indes ist der Geschädigte an solchen etwaigen Vereinbarungen nicht beteiligt…“ Damit läßt die HUK-Coburg durch ihre Anwälte vortragen, dass Vereinbarungen zwischen einzelnen Haftpflichtversicherungen und Anbietern von Sachverständigenleistungen existieren. Was wissen wir aber seit dem VW-Urteil des BGH? – Vereinbarungen zwischen Haftpflichtversicherern und Dienstleistern (Werkstätten, Mietwagenunternehmen, Sachverständigen etc.) sind Sondervereinbarungen, auf deren Preise der Geschädigte nicht verwiesen werden kann, weil diese Preise keine marktgerechten Preise sind. Trotz Kenntnis der BGH-Rechtsprechung macht die HUK-Coburg munter weiter. Da werden Preise als „ortsübliche“ ausgehandelt und diese dann dem Unfallopfer als „erforderliche“ Preisbeträge verkauft. Pfui Teufel. Das ist ja schlimmstes Negieren der BGH-Rechtsprechung. Aber typisch für diese Coburger Versicherung. Schön, dass der Richter das angesprochen hat. Wieder einmal hat sich die HUK-Coburg entlarvt als das, was sie ist, nämlich eine Versicherung der Holzklasse. Die Herren Vorstände sitzen in den Polstersitzen.
    Die Beweisaufnahme war zwar überflüssig. Immerhin hat sie den Prozess für die HUK-Coburg verteuert, denn jetzt hat sie nicht nur die gesamten Anwaltskosten, sondern auch die Gerichtskosten und die Kosten des gerichtlich bestellten Gutachters zuzüglich Urteilsbetrag und jeweils Zinsen zu zahlen. Da könnte man in Anlehnung an das Lied: „Ach wärst Du doch in Düsseldorf geblieben“ singen: „Ach hättest Du doch die Sachverständigenkosten nicht rechtswidrig gekürzt!“ Dann hätte die HUK-Coburg viel Geld ersparen können. Aber es ist ja nicht ihr Geld, sondern das der Versicherten, was hier wider besseres Wissen vergeudet wird.
    Hoffentlich wachen die Versicherten der Coburger Firma auf. Noch ist es Zeit. Nach jedem Unfall ist das Wechseln möglich.

  2. Glöckchen sagt:

    Irgendwann werdet ihr erkennen,dass man Geld nicht essen kann.
    Irgendwann werdet ihr erkennen,dass die HUK eine billige und keine günstige Versicherung ist.
    Die Risikobereitschaft des Deutschen steigt,sobald er realisiert,dass „Versicherung“ nur ein schönes Versprechen ist,nichts weiter!
    Klingelingelingelts?

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