Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
nachdem ich jetzt wieder einigermaßen auf dem Damm bin, gebe ich die zwischenzeitlich hier aufgelaufenen Urteile nach und nach bekannt. Unsere Sachverständigenkostenurteilsreise geht nun weiter. Auch das Amtsgericht Bremen musste sich mit der rechtswidrigen Kürzung der Sachverständigenkosten durch die HUK-Coburg Haftpflichtunterstützungskasse auseinandersetzen. Die Sachverständigen klagten als Gesamtgläubiger aus abgetretenem Recht gegen die Coburger Versicherungsmutter. Bedauerlicherweise prüft zwar die erkennende Amtsrichterin die „Angemessenheit“ i.S.d. § 249 BGB. Nur im § 249 BGB findet sich kein Wort „Angemessenheit“. Lest aber selbst und gebt Eure Kommentare ab. Hier das Sachverständigenkostenurteil aus der Hansestadt Bremen.
Viele Grüße und noch eine schöne Woche.
Euer Willi Wacker
Geschäfts-Nr.: 18 C 0484/11
Verkündet am 21. 02. 2012
AMTSGERICHT BREMEN
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Rechtsstreit
1)
2)
gegen
HUK-Coburg Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a.G., vertr.d.d. Vorstand, d.v.d.d.Vorstandsvors. Dr. Wolfgang Weiler, Bahnhofsplatz 1, 96450 Coburg
Beklagte
hat das Amtsgericht Bremen im schriftlichen Verfahren aufgrund der bis zum 12.02.2012 eingereichten Schriftsätze durch Richterin am Amtsgericht … für Recht erkannt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger 92,39 € nebst Zinsen in Höhe von 5%- Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.11.2011 sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von 39,00 € zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313a 11 ZPO abgesehen.
Die Kläger begehren aus abgetretenem Recht von der Beklagten Zahlung restlicher Sachverständigenkosten für die Erstellung eines Schadensgutachtens nach einem Verkehrsunfall. Die Schadensersatzpflicht der Beklagten als Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers ist zwischen den Parteien unstreitig. Streitig ist die Angemessenheit der Sachverständigengebühren.
Die Kläger haben gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz aus abgetretenem Recht gemäß §§ 7 StVG, 115 VVG iVm § 398 BGB in Höhe von noch 92,39 €.
Die Höhe der Sachverständigengebühren ist gemäß § 249 BGB auch angemessen.
Gemäß § 249 BGB hat der Beklagte den Geldbetrag zu ersetzen, der zur Herstellung des Zustandes erforderlich ist, der ohne das schädigende Ereignis bestehen würde. Hierzu zählen grundsätzlich auch die Kosten des Sachverständigengutachtens, sofern die Begutachtung erforderlich und zweckmäßig war. Daran bestehen im vorliegenden Fall keine Zweifel. Die Prozessparteien streiten lediglich um die Höhe der erforderlichen Kosten.
Nach der Rechtsprechung des BGH kann der Geschädigte vom Schädiger nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen. Er ist somit nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenen Kosten beeinflussen kann. Dabei ist er allerdings nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Marktes verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen, wobei für ihn allerdings das Risiko verbleibt, dass er ohne nähere Erkundigungen einen Sachverständigen beauftragt, der sich später im Prozess als zu teuer erweist (BGH, Urteil vom 23.01.2007, Az VI ZR 67/06).
Dabei bildet der tatsächliche Aufwand bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO oft einen Anhalt zur Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen (ex ante zu bemessenden) Betrages i.S.v. § 249 II 1 BGB. Der tatsächlich aufgewendete Betrag ist jedoch nicht notwendig identisch mit dem zu ersetzenden Schaden. Insbesondere deshalb kann die Berechnung des Schadens grds. nicht von etwaigen rechtlichen Mängeln der zu seiner Beseitigung tatsächlich eingegangenen Verbindlichkeiten (z.B. einer überhöhten Honorarforderung des Sachverständigen) abhängig gemacht werden. Wahrt der Geschädigte den Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen, sind weder der Schädiger noch das Gericht im Schadensersatzprozess berechtigt, eine Preiskontrolle durchzuführen (s. zum Ganzen BGH, a.a.O.). Maßgeblich ist allein, ob sich die an den Sachverständigen gezahlten Kosten nach den anzuwendenden schadensrechtlichen Gesichtspunkten im Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen halten.
Das Gericht schätzt vorliegend die erforderlichen Sachverständigenkosten gemäß § 287 ZPO anhand der Honorarbefragung des BVSK 2010/2011. Die Honorarbefragung spiegelt diejenigen Preise wieder, die die Mitglieder des BVSK tatsächlich ihren Abrechnungen zugrunde legen und somit als üblich und angemessen anzusehen sind (s. zum Ganzen AG Mönchengladbach, Urteil vom 22.12.2010, Az. 35 C 82/10).
Die Kläger haben das Grundhonorar mit 330,85 € veranschlagt. Die Höhe des Grundhonorars liegt im mittleren Bereich der Tabelle HB V der Honorarbefragung des BVSK 2010/2011 und ist damit nicht zu beanstanden. Die Tabelle HB V beinhaltet den Honorarkorridor, in dem je nach Schadenshöhe zwischen 50-60% der BVSK Mitglieder ihr Honorar berechnen.
Hinsichtlich der Fahrtkostenpauschale liegen die Kläger mit 35,00 € netto über den durchschnittlich abgerechneten Werten, die zwischen 22,16 bis 28,99 € netto liegen. Bei der Abrechnung des 1. und 2. Satz Lichtbilder, sowie der Porto/Telefon und Schreibkostenpauschale bewegen sich die Kläger jeweils innerhalb des Honorarkorridors HB V.
Festzuhalten ist aber, dass es nicht darauf ankommt, ob die Kläger bei einzelnen Abrechnungspositionen leicht über dem Rahmen der Tabelle HB V liegen, denn allein das Gesamthonorar ist maßgeblich für die Beurteilung einer angemessenen Vergütung und die Frage der Schadensminderungspflicht der Zedentin. Ausweislich der Tabelle HB V der Honorarbefragung des BVSK 2010/2011 ist bei Berücksichtigung des von der Schadenshöhe abhängigen Grundhonorars zzgl. Nebenkosten für Fahrtkosten, Fotokosten (1. und 2. Fotosatz je Foto) und für Porto/Telefon/Schreibkosten (pauschal) ein Gesamthonorar von bis zu 441,73 € netto (= 525,66 € brutto) üblich und angemessen.
Das von den Klägern abgerechnete Gesamthonorar in Höhe von 425,45 € netto (= 506,29 € brutto) liegt daher innerhalb des angemessenen Rahmens und ist nicht zu beanstanden.
Im Ergebnis war die Beklagte, die auf die Rechnung des Klägers vorprozessual 413,90 € gezahlt hat, daher wie aus dem Tenor ersichtlich zu verurteilen.
Die Beklagte hat sich durch die Weigerung der Zahlung der restlichen Gebühren gemäß § 286 II Nr. 3 BGB in Verzug gesetzt und hat daher die vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren als Verzugsschaden gemäß §§ 280, 286 BGB zu erstatten.
Der Anspruch auf die geltend gemachten Zinsen folgt aus §§ 291, 288 I BGB. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 I, 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Hier ist das mit der Angemessenheit noch einmal gut gegangen. Aber was ist, wenn der Prozess vergeigt worden wäre. Frage an Gutachter, hätte der SV dann den Kunden in Anspruch nehmen können oder dürfen?
Hallo,
Willi Wacker,
in § 249 BGB ist bekanntlich von der Herstellung eines ganz bestimmten Zustandes die Rede und nicht alternativ von der Hertstellung eines anderen Zustandes,womit sich schadenersatzrechtlich die Frage der Angemessenheit überhaupt nicht stellt.
Damit wird aber auch klar, dass ex post überhaupt nicht gerechnet und geprüft werden muss, was wohl der BGH deutlich machen wollte.
Viel weniger noch geht es schadenersatzrechtlich um die Abklärung der Frage bezüglich der sog. „Ortsüblichkeit“.
Dies wird deutlich, wenn man sich die Definition der „Üblichkeit“ bewußt macht und hinterfragt.
Als „üblich“ ist nach herrschender Meinung diejenige Vergütung anzusehen, die am Leistungsort nach allgemeiner Auffassung der beteiligten Kreise für Leistungen gleicher Art,GÜTE und UMFANGS zu entrichten ist.DER BGH setzt ferner für die Anerkennung der Üblichkeit gleiche Verhältnisse in zahlreichen Einzelfällen voraus.
So, das war´s dann auch schon und wenn man diese Randbedingungen ausreichend sorgfältig durchleuchtet und die Einzelpunkte analysiert, wird schnell klar, das sich eine Üblichkeit ebenso wenig verifizieren läßt, wie eine Ortsüblichkeit, zumal die meisten Kfz.-Sachverständigen auch überregional tätig sind.
Im Übrigen bleibt anzumerken, dass die Verrtragspartner die vom Auftraggeber zu entrichtende Vergütung gerade nicht einem Dritten, wie z.B. dem eintrittspflichtigen Haftpflichversicherer überlassen haben und dieser gleichwohl ex post mit seiner Vorgehensweise den Eindruck zu erwecken versucht, er sei einer der Vertragspartner und habe als solcher ein Bestimmungsrecht.
Selbst wenn dem so wäre, hätte er die Bestimmung nicht nach billigem Ermessen getroffen, sondern nach vermeintlichen wirtschaftlichen Bedürfnissen des Versicherungsunternehmens, wobei eine solche unbillige Bestimmung nicht verbindlich wäre. Das gilt aber nur unter dem Mantel des Werkvertrages und ist deshalb schadenersatzrechtlich nicht auszuleuchten.
Unabhängig davon fällt auf, dass die HUK-Coburg hier mit dem Begriff des „Pauschalpreisvertrages“ nach eigenen Ausgestaltungsvorstellungen agiert. Bei einem solchen Vertrag wird die endgültig zu zahlende Summe bereits bei Vertragsabschluss festgelegt. Die Besonderheit des Pauschalpreivertrages ist u.a. dadurch gekennzeichnet, dass die Mehr-oder Minderleistungen bei der Bemessung der Vergütung keine Berücksichtigung finden.
Von einer solchen Ausgestaltung und „Regelungsfunktion “ ex post kann jedoch grundsätzlich gerade nicht die Rede sein und ein solches Zerrbild einer nebulösen Interpretation lässt sich aus der Rechtsprechung des BGH auch nicht ableiten.
Es ist deshalb nach wie vor mit großer Irritation zu beobachten, wie sich Gerichte mit dem themaverfehlenden Vortrag der HUK-Coburg teilweise immer noch die Gangart und die Marschrichtung vorschreiben lassen, wie teilweise sogar vermeintliche Erfordernisse zu 1 oder 2 mündlichen Verhandlungen sowie in mühevoller Kleinstarbeit die Auseinandersetzung mit Rechnungspositionen, die schadenersatzrechtlich entbehrlich ist. Das eingestellte Urteil des AG Essen-Steele spricht hier deutlich an, wie die Dinge nicht zu sehen sind. Ich halte es für wichtig, das die Gerichte zunehmend erkennen, welche Fußangeln hier ausgelegt werden und was hierzu immer wiederkäuend mit Dramaturgie seitens der fürstlich entlohnten HUK-Coburg Anwälte abwertend und beleidigend mit an den Haaren herbeigezogenen Unterstellungen vorgetragen wird, um die Emotionen zu schüren, was meiner Erinnerung nach hier auch schon wiederholt angemerkt wurde.
Und nun noch ein Wort zur Streitverkündung.
Es geht meines Erachtens dabei um die Verdichtung der verständlichen Information, was den klägerischen Vortrag betrifft und das dies oft notwendig ist, wird wohl niemand ernsthaft bestreiten wollen. Alles Andere ist bereits gesagt worden.
G.v.H.
Lieber Herr Gladenbach
an anderer Stelle kann alles nachgelesen werden. Deshalb ist die Frage unverständlich. Hier noch einmal in Zusammenfassung:
Gutachter erstellt ein Gutachten. Geschädigter nimmt Anwalt gemäß Sachverständigenempfehlung. Sachverständiger bekommt Honorar zu 100% da Rechtsanwalt kompetent und weiß genau was er wie tut. Verzichtet der Geschädigte gänzlich auf einen Anwalt oder geht er z.B. zu seinem Scheidungs oder Familienanwalt dann ist das Honorar bei unklaren Schadensfällen sofort fällig. Bei klarer Haftungsfrage lässt sich der Gutachter das Honorar abtreten. Die Frage was nach einem vergeigten Geschädigtenprozess irgendwann passiert stellt sich somit erst gar nicht. Bei dieser Strategie gehen 80 – 90% zur Anwaltsempfehlung des Gutachters. Ergebnis 80 – 90% zufriedene Kunden. Von den verbleibenden 10 – 20% ist mehr als die Hälfte am Ende auch zufrieden, weil es z.B. wie bei dem obigen Urteil auch irgendwie geklappt hat. Über 90% zufrieden Kunden. Was will man mehr.
Im übrigen ist das obige Urteil im Ergebnis zwar richtig in der Begründung jedoch falsch. An der Umsetzung des § 249 BGB und den BGH Urteilen sollten die Anwälte der Geschädigten bei Gericht feste arbeiten anstatt an der Angemessenheit zu resignieren und in einem Anfall von Hilflosigkeit dem eigenen Sachverständigen den Streit zu verkünden.