Mit Urteil vom 18.10.2011 (11 S 266/10) hat das Landgericht Köln die Berufung der beklagten AachenMünchener Versicherung gegen das Urteil des AG vom 17.05.2010 (261 C 486/09) kostenpflichtig zurückgewiesen, mit dem diese zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 971,87 € zzgl. Zinsen verurteilt wurde. Das LG Köln bestätigt die Anwendung der Schwacke-Liste, Fraunhofer findet keine Gnade vor den Richtern. Deutlich wird aber auch herausgestellt, dass die beliebte Prozesstaktik der Versicherer, zum Nachweis günstigerer Mietwagenkosten irgendwelche Screenshots von Avis-, Europcar- oder Sixt-Angeboten vorzulegen, alles andere als ausreichend ist. Es ist nicht nur mangelhaft, sondern ungenügend …..
Aus den Entscheidungsgründen:
Wegen des Sachverhalts wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Das Amtsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 971,87 € restliche Mietwagenkosten nebst Zinsen zu zahlen. Es wird auf die Gründe in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die ihren Abweisungsantrag weiterverfolgt. Sie macht u.a. geltend, das Amtsgericht habe zu Unrecht Mietwagenkosten auf der Grundlage der Schwacke-Liste 2008 ermittelt. Sie habe mit konkreten Tatsachen, und zwar u.a. der Internetangebote von AVIS, Sixt und Europcar dargelegt, dass die Schwacke-Liste nicht zur Schätzungsgrundlage geeignet sei und erhebliche Mängel aufweise. Sie beruft sich insoweit auf ihren erstinstanzlichen Vortrag und u.a. auf die Fraunhofer Erhebung. Es wird im Übrigen auf die Berufungsbegründung der Beklagten Bezug genommen.
Die Klägerin ist der Berufung entgegengetreten und hat ihren erstinstanzlichen Vortrag wiederholt. Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Übrigen wird auf den Akteninhalt sowie auf die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
Die verfahrensrechtlich bedenkenfreie Berufung der Beklagten hat in der selbst keinen Erfolg.
Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Amtsgericht einen nach Zahlung von 518,35 € noch verbleibenden restlichen Schadensersatzanspruch aus abgetretenem Recht des Geschädigten Herrn A. auf Erstattung von weiteren Mietwagenkosten in Höhe von 971,87 € gemäß den §§ 7, 17 StVG, 249 BGB aus dem Unfallgeschehen vom xx.xx.2009 in B. zuerkannt, für das die Beklagte unstreitig in vollem Umfang einstandspflichtig ist.
Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) noch rechtfertigen die nach § 529 zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung.
Es begegnet keinen Bedenken, dass das Amtsgericht bei der Bestimmung der Höhe des der Klägerin zustehenden Schadensersatzanspruches in Ausübung seines tatrichterlichen Ermessens gemäß § 287 ZPO den Normaltarif auf der Grundlage des sog. Modus-Wertes des „Schwacke-Mietpreisspiegels“ 2008 im Postleitzahlengebiet des Geschädigten zugrunde gelegt hat. Der Tatrichter ist grundsätzlich nicht gehindert, seiner Schätzungsgrundlage gemäß § 287 ZPO den „Schwacke-Mietpreisspiegel“ zugrunde zu legen (vgl. BGH Urteil vom 12.04.2011 –VI ZR 300/09 – m.w.N. w.zit.n. Juris).
Auch die Kammer sieht dieser Rechtsprechung folgend in dem Schwacke-Mietpreisspiegel grundsätzlich eine geeignete Schätzungsgrundlage. Dass Gerichte zum Teil auf andere Schätzungsgrundlagen zurückgreifen, gibt der Kammer keinen Anlass, bei der Ausübung ihres eigenen Ermessens vor ihrer Rechtsprechung abzuweichen. Der Schwacke-Mietpreisspiegel erscheint insbesondere aufgrund seiner engmaschigen Einteilung und der damit einhergehenden Differenzierung zwischen großstädtischen und ländlichen Gebieten am besten geeignet, den Normaltarif für den örtlich relevanten Markt abzubilden.
Die von der Beklagten als vorzugswürdig angesehe Studie des Fraunhofer Instituts „Marktpreisspiegel Mietwagen Deutschland 2009″ spricht nicht gegen die Eignung des Schwacke-Automietpreisspiegels als Schätzungsgrundlage.
Es lässt sich, wie die Kammer schon mehrfach entschieden hat, in Übereinstimmung mit den zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts im angefochtenen Urteil keine derart überlegene Methodik der Fraunhofer-Erhebung feststellen, die zugleich die Annahme einer mangelhaften Erhebung für den „Schwacke-Mietpreisspiegel 2008″ rechtfertigen könnte, die sich, soweit ersichtlich, gegenüber der Erhebungsmethodik für den höchstrichterlich gebilligten früheren „Schwacke-Mietpreisspiegel“ nicht geändert hat.
Aus der Sicht der Kammer liegt ein wesentlicher Nachteil der Fraunhofer-Erhebung schon darin, dass diese Untersuchung lediglich ein- und zweistellige Postleitzahlengebiete aufweist und mithin keine hinreichende regionale Differenzierung vornimmt. Demgegenüber berücksichtigt der Schwacke-Automietpreisspiegel dreistellige Postleitzahlengebiete.
Für die Anwendbarkeit des Schwacke-Mietpreisspiegels als Schätzungsgrundlage spricht des Weiteren, dass auch die Erhebung des Fraunhofer Institute im Wesentlichen sich nur auf die Angebote von sechs im Internet vertretendenen und bundesweit agierenden marktführenden Mietwagenunternehmen beziehen, was nach der Lebenserfahrung tendenziell zu einer Preisverzerrung nach unten führt (vgl. OLG Köln, Urteil vom 22.12.2009 – 15 U 98/09 – zit.n. Juris), darüber hinaus lediglich die Mietpreise in der Situation einer längeren Vorlauffrist wiedergeben, was dem Marktgeschehen im Mietwagengeschäft nach einem Unfall nicht gerecht wird, da die Fahrzeuge kurzfristig zur Verfügung stehen müssen, während der Schwacke-Automietpreisspiegel auf einer breiten Basis von befragten Unternehmen beruht und eine kurze Vorbuchfrist einbezieht.
Bedenklich erscheint der Kammer auch, dass die Mietpreise durch das Fraunhofer Institut teilweise telefonisch eingeholt worden sind, was nach Auffassung der Kammer durchaus auch die Gefahr der Benennung von „Mondpreisen“ beinhaltet um den Kunden zunächst einmal zum Aufsuchen der Mietstation zu veranlassen.
Dass dem Schwacke-Automietpreisspiegel keine anonyme Befragung zugrunde liegt, vielmehr der Zweck der Abfrage gegenüber den Mietwagenunternehmen offengelegt worden ist, rechtfertigt es nicht, die Fraunhofer-Erhebung vorzuziehen. Unabängigig davon, dass die eingeholten Werte anschließend durch teils anonyme Nach- oder Internetrecherchen verifiziert worden sind (vgl. OLG Köln, Urteil vom 22.1: – 15 U 98/09 – zit.n. Juris), rechtfertigt dies aber jedenfalls nicht den Schluss über das gesamte Bundesgebiet verteilt alle Angeschriebenen gleichermaßer überhöhten Mietpreis angegeben haben könnten.
Die Tauglichkeit des Schwacke-Mietpreisspiegels wird auch nicht durch die Verweise der Beklagten auf gerichtliche Sachverständigengutachten über die Höhe ortsüblicher Mietwagenkosten in Frage gestellt. Denn Einwendungen gegen die Grundlage einer Schadensbemessung sind nur dann erheblich, wenn sie auf den konkreten Fall bezogen sind (vgl. BGH, Urteil vom 11.03.2008 – VI ZR 164/07 -; Urteil vom 24.06.2008 – VI ZR 234/07 – zit.n.Juris).
Lediglich allgemein gehaltenen Angriffen gegen eine Schätzungsgrundlage ist nicht nachzugehen, wenn nicht mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel der betreffenden Schätzungsgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall auswirken (vgl. BGH, Urteil vom 24.06.2008 – VI ZR 234/07 -zit.n. Juris).
Durch den Hinweis auf andere Gutachten in anderen Verfahren hat die Beklagte einen solchen Bezug auf den konkreten Fall vorliegend nicht hergestellt. Denn die Gutachten betreffen lediglich andere Regionen und sind somit nicht repräsentativ.
Auch die vorgelegten Internetangebote der Firma Sixt, Europcar und AVIS belegen nicht, dass der in dem Schwacke-Mietpreisspiegel für das Fahrzeug, welches der Geschädigte angemietet hat, zu dem dort verzeichneten Normaltarif nicht den Marktpreis wiederspiegelt. Die Kammer verkennt dabei nicht, dass dem Umstand, dass die Angebote aus einem Zeitraum nach dem Unfallgeschehen stammen, während die Anmietung vorher war, keine maßgebliche Bedeutung beizumessen ist, da es sich nur um wenige Monate handelt. Dennoch hat die Beklagte mit der Vorlage dieser Angebote in Verbindung mit ihrem Sachvortrag hierzu nicht hinreichend konkret dargetan, dass die Anmietung eines Mietwagens bei diesen Vermietern zu wesentlich günstigeren Preisen möglich gewesen wäre. Es kann nicht außer Acht gelassen werden, dass es sich bei den Vergleichsangeboten um Intemetangebote handelte. Den vorgelegten Angeboten ist schon nicht zu entnehmen, dass sie mit der im vorliegenden Verfahren tatsächlich erfolgten Anmietsituation vergleichbar sind. Aus ihnen ergeben sich nur die vom Zeitpunkt her willkürlich gewählte Anmietdauer, die Fahrzeugklasse und ein Preis. Ihnen ist nicht zu entnehmen, ob für sie etwa eine Vorbuchungsfrist erforderlich ist. Es kann des Weiteren nicht außer Acht gelassen werden, dass Angebote im Internet mitunter lediglich nur für einen kurzen befristeten Zeitraum Gültigkeit haben; hiermit wird erfahrungsgemäß nicht selten versucht, potentielle Kunden an das Vermietgeschäft heranzuführen; sie sind daher als Sonderpreise zu verstehen, die sich täglich ändern können.
Hinzu kommt, dass der Abschluss von Mietverträgen zu den im Internetangebot genannten Preisen in Einzelfällen oft nur dann möglich ist, wenn unmittelbar das Internet gebucht wird. Die von dem Beklagten vorgelegten Angebote besagen, dass der Wagen jetzt verfügbar ist und außerdem muss der Geschädigt Kreditkarte oder eine Barkaution leisten, worauf sich der Geschädigte aber nach der Rechtsprechung nicht einlassenmuss.
Diese Bewertung durch die Kammer steht nicht im Widerspruch zu den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 22.02.2011 – VI ZR 353/09 – und vom 18.05.2010 – VI ZR 293/08 – jeweils zit.n. Juris. Denn diesen Entscheidungen ist nicht zu entnehmen, dass ein Sachverständigengutachten schon dann einzuholen ist, wenn – wie in diesem Verfahren nach dem eigenen Vortrag der Beklagten geschehen – Internetangebote betreffend dasselbe oder vergleichbare Fahrzeugmodelle aus derselben Region vorgelegt werden, die günstigere Preise ausweisen als der Normaltarif gemäß Schwacke-Mietpreisspiegel. Der Bundesgerichtshof hat lediglich gefordert, dass sich der Tatrichter mit einem derartigen Sachvortrag auseinanderzusetzen hat. Wie oben dargelegt, sind jedoch diese Internetangebote mit dem Schwacke-Mietpreisspiegel in dem konkreten Unfallgeschehen nicht vergleichbar.
Die Nebenkosten hat die Beklagte in der Berufungsinstanz nicht mehr angegriffen. Eine allgemeine Bezugnahme auf deren erstinstanzlichen Vortrag reicht insoweit nicht aus.
Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 97 zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil der Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung hat.
Soweit das LG Köln.