AG Coburg verurteilt HUK-Coburg Versicherung zur Erstattung des restlichen Sachverständigenhonorars (11 C 591/09 vom 27.08.2009)

Mit Entscheidung vom 27.08.2009 (11 C 591/09) wurde die HUK-Coburg Allgemeine Versicherungs AG verurteilt, restliches Sachverständigenhonorar aus abgetretenem Recht (Abtretung an Erfüllungs statt) zu erstatten. Das Gericht verwendet zur Überprüfung der Angemessenheit des Honorares die Honorarbefragung des BVSK (2005/2006) und kürzt die Fahrtkosten aufgrund der Entfernung zum Besichtigungsort.

Aus den Gründen:

 1) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 152,29 Euro und 39,00 Euro vorgerichtliche Anwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 152,29 Euro seit 17.04.2009 und aus  39,00 Euro seit 12.05.2009 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2) Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin  1/3, die Beklagte  2/3 zu tragen.

3)  Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. 

Entscheidungsgründe:

Die Entscheidung ergeht gem. § 495 a ZPO ohne mündliche Verhandlung, weil der Streitwert 600,00 Euro nicht übersteigt.

Die zulässige Klage auf Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 217,26 Euro nebst Zinsen und vorgerichtlichen Anwaltskosten von 39,00 Euro zuzüglich Zinsen ist teilweise begründet, §§ 398 ff.,

Die Klägerin geht aus abgetretenem Recht ihres Kunden vor. Durch die Abtretung vom 21.2.2009, die an Erfüllungs statt erfolgte, wurde die Klägerin, unter Verlust ihres Anspruchs gegen den Auftraggeber, neuer Gläubiger der Beklagten. Mit der vorliegenden Klage verfolgt sie lediglich das Interesse an der Erfüllung ihres eigenen Honoraranspruchs, eine Rechtsberatung liegt nicht vor.

Zwischen den Parteien ist nicht im Streit, dass die Beklagte als Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer für das Fahrzeug amtliches Kennzeichen … dem Geschädigten … aufgrund des Verkehrsunfalls vom 12.2.2009 (Unfallort: Chemnitz) 100%igen Schadensersatz schuldet.

Mit dem freiwillig gezahlten Betrag von 402,79 Euro hat die Beklagte die zur Ermittlung der Schadenshöhe erforderlichen Aufwendungen nicht hinreichend erstattet, § 249 BGB.

Die Klägerin hat mit dem Auftraggeber, wie sich aus dem Auftrags-und Abtretungsvertrag vom 21.2.2009 ergibt, die Einbeziehung ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen inklusive einer Honorartabelle und eines Preisverzeichnisses vereinbart.

Der Auftrag, ein Sachverständigengutachten über die Höhe der Reparaturkosten bzw. über die Höhe des Wiederbeschaffungswertes zu erstellen, ist als Werkvertrag zu bewerten. Gemäß § 631 Abs. 1 schuldet der Auftraggeber die Bezahlung der vereinbarten Vergütung.

Hieran wäre der Kunde allerdings nicht gebunden, wenn die Vergütungsvereinbarung unwirksam wäre, zum Beispiel wegen eines Verstoßes gegen § 13 8 Abs. 2 BGB. Diesen Einwand müsste die Klägerin gemäß § 404 BGB gegen sich gelten lassen.

Eine sittenwidrige Preisüberhöhung unter Ausnutzung der Zwangslage oder ähnliches des Auftraggebers liegt nicht vor. Das Gericht orientiert sich bei der Frage, ob ein wucherisches Geschäft vorliegt, an der BVSK-Honorarbefragung 2005/2006, auf die die Klägerin bereits Bezug genommen hat. Es ist aus anderen Prozessen gerichtsbekannt, dass der Beklagten der Inhalt der BVSK-Honorarvereinbarung ebenfalls geläufig ist. Hiernach liegt keine Übervorteilung des Kunden vor.

Die Behauptung der Beklagten, im Einzugsgebiet des Klägers hielten sich sämtliche weitere Sachverständige an die „BVSK 2007“ erfolgt offensichtlich ins Blaue hinein. Dem entsprechenden Beweisangebot geht das Gericht deshalb nicht nach.

Der Vergütungsanspruch des Klägers ist in folgendem Umfang gerechtfertigt, § 249 BGB:

Grundhonorar (Wiederbeschaffungswert 2.450,00 Euro)  345,05 Euro
Fahrtkosten 10 km a. 0,70 Euro                                            7,00 Euro
1. Fotosatz 16 Stück a. 2,40 Euro                                        38,40 Euro
2. Fotosatz 16 Stück a. 2,30 Euro                                        36,80 Euro
Schreibkosten                                                                      19,20 Euro
Portokosten                                                                           4,10 Euro
Telefonkosten                                                                        3,10 Euro
Abrufkosten Audatex/DAT                                                    12,80 Euro
——————-
466,45 Euro
19 % Mehrwertsteuer                                                          88,62 Euro
——————-
555,45 Euro
abzüglich Zahlung der Beklagten                                       402,79 Euro
——————-
152,29 Euro

Die Einzelpreise der Klägerin übersteigen die vereinbarte Vergütung nicht und liegen im Rahmen der Ergebnisse der BVSK-Honorarbefragung 2005/2006. Die Fahrtkosten für 88 km muss die Beklagte allerdings nicht erstatten. Das Gericht geht davon aus, dass es eine hinreichende Anzahl von Kfz-Sachverständigen in Chemnitz gibt, so dass der Geschädigte keinen berücksichtigungswertigen Grund hatte, ein Sachverständigenbüro in Zwickau zu beauftragen. Die Mehrkosten gehören nicht zu dem nach § 249 BGB erforderlichen Aufwand.

Zinsen und die Erstattung vorgerichtlicher Mahnauslagen schuldet die Beklagte nach §§ 286, 288, 247, 249 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

Dieser Beitrag wurde unter Abtretung, Audatex, Haftpflichtschaden, HUK-Coburg Versicherung, RDG, Sachverständigenhonorar, Urteile abgelegt und mit , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Eine Antwort zu AG Coburg verurteilt HUK-Coburg Versicherung zur Erstattung des restlichen Sachverständigenhonorars (11 C 591/09 vom 27.08.2009)

  1. Willi Wacker sagt:

    Hallo Hans Dampf,
    na, es geht ja doch noch. Ich dachte schon, dass es nach der von der HUK vorgelegten „Negativliste“ keine Positivurteile mehr gäbe. Umso erfreulicher ist, dass das „Hausgericht“ ein Positivurteil spricht. Erfreulich ist auch der Urteilssatz, dass der Geschädigte nicht verpflichtet ist, eine Preiskontrolle bei den Sachverständigen durchzuführen, zumal dies im Zeitpunkt der Beauftragung ohnehin nicht möglich ist. Gerade von der Coburger Versicherung wird dieser unsinnige Textbaustein immer wieder gebracht. Es gibt keine Preisvergleichspflicht. Woher sollte auch die Anspruchsgrundlage des Schädigers für diesen Anspruch kommen? Es gibt keine! Darauf hatten schon Otting und Wortmann jeweils in der Versicherungsrecht hingewiesen.
    Mit freundlichen Grüßen
    Willi Wacker

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert