Das Amtsgericht Neubrandenburg verurteilt den Schädiger zur Erstattung des restlichen Sachverständigenhonorars (6 C 53/07 vom 11.12.2007)

Mit Entscheidung vom 11.12.2007 (6 C 53/07) hat das AG Neubrandenburg den Schädiger zur Erstattung weiterer Sachverständigenkosten an den Sachverständigen des Geschädigten verurteilt. Dieser klagte aus abgetretenem Recht (Abtretung an Erfüllungs statt). Auch hier legte das Gericht die BVSK-Honorarbefragung zur Prüfung der Angemesenheit zugrunde und vertiefte sich – entgegen der Rechtsprechung des BGH (VI ZR 67/06 vom 23.01.2007) –  in die einzelnen Rechnungspositionen.

Aus den Gründen:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 113,19 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 14.02.2007 zu zahlen; im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 30 % und der Beklagte zu 70 %.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Streitwert:   169,55 €

(Auf die Abfassung des Tatbestandes wurde gemäß § 313 a ZPO verzichtet)

Entscheidungsgründe

Die Klage ist in Höhe von 113,19 € begründet.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Erstattung der Sachverständigenkosten in Höhe von noch 113,19 € aus abgetretenem Recht gemäß den §§ 7 Abs. 1 StVG, 249 Abs. 2 BGB. Die grundsätzliche Haftung des Beklagten ist unstreitig. Zu den ersatzfähigen Kosten gehören auch diejenigen für ein Sachverständigengutachten soweit dieses zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich ist.

Die Klägerin ist auch aktivlegitimiert. Der geltend gemachte Anspruch ist wirksam an die Klägerin durch den Geschädigten … abgetreten worden. Die Abtretung ist an Erfüllungsstatt am 11.12.06/13.12.06 erfolgt. Ein Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz kommt bei einer Erfüllung an Erfüllungsstatt nach der Rechtsprechung des BGH und des Bundesverwaltungsgerichtes nicht in Betracht.

Die grundsätzlich der Klägerin zustehende Vergütung ist aber an einigen Punkten überhöht angesetzt, sodass die Klage nur teilweise Erfolg haben konnte. Die Klägerin hat selbst die Ergebnisse der Befragung des BVSK aus dem Jahre 2005/2006 vorgelegt. Eine Orientierung hieran ist nicht zu beanstanden. In dem streitgegenständlichen Gutachten wurden Reparaturkosten ohne Mehrwertsteuer in Höhe von 790,00 € ermittelt. Nach der BVSK-Honorarbefragung rechnen bei einer Schadenshöhe von 750,00 € 90 % der Mitglieder einen Wert der über 109,00 € liegt aber unter 188,00 €. Zwischen 40 und 60 % der BVSK Mitglieder berechnen ihr Honorar in einem Honorarkorridor von 159,00 € bis 187,00 €. Da die Schadenshöhe nur 40,00 € über dieser Stufe liegt und die nächste Stufe erst einen Betrag von 1.000,00 € Schadenshöhe erreicht, hält das Gericht ein Grundhonorar an der oberen Grenze gemessen an einer Schadenhöhe von 750,00 € für angemessen, was einen Betrag in Höhe von 187,00 € bedeutet. Der von der Klägerin angesetzte Betrag in Höhe von 216,00 € erscheint dem Gericht dagegen überhöht, da sich dieser Betrag bereits an der oberen Grenze der nächsten Schadensstufe befindet und nichts dafür vorgetragen ist, dass das Gutachten ungewöhnlich schwierig gewesen sei.

Bezüglich der Fahrtkosten vermag das Gericht einen Kilometersatz vom 1,15 €, wie von der Klägerin angegeben, nicht nachzuvollziehen. Ein Kilometersatz in Höhe von 0,53 € scheint hierbei angemessen, sodass diesbezüglich bei 10 gefahrenen Kilometern ein Betrag in Höhe von 5,30 € anzusetzen ist. Hinsichtlich der Fotokosten hält das Gericht für den ersten Fotosatz 2,50 € pro Foto für angemessen. Für den zweiten Fotosatz 1,00 € pro Foto, sodass für den ersten Fotosatz 17,50 € und für den zweiten 7,00 € anzusetzen sind, Schreibkosten hält das Gericht in Höhe von 3,00 € pro Seite für angemessen. 0,60 € pro Seite einer Schreibkopie ist nicht zu beanstanden, sodass bezüglich der Schreibkosten 21,00 € anzusetzen sind und bezüglich der Schreibkopien wie auch von der Klägerin angegeben 8,40 €. Die sonstigen Nebenkosten wie Portokosten 4,10 €, Telefonkosten 3,10 € und Abrufkosten Audatex/DAT in Höhe von 12,80 € sind nicht zu beanstanden.

Die Vergütung der Klägerin berechnet sich somit wie folgt:

Grundhonorar                                                               87,00 €
Fahrtkosten                         10 x 0,53 €                      = 5,30 €
1. Fotosatz                            7 x 2,50 €                    = 17,50 €
2. Fotosatz                            7 x 1,00 €                      = 7,00 €
Schreibkosten Original           7 x 3,00 €                    = 21,00 €
Schreibkosten Kopie            14 x 0,60 €                      = 8,40 €
Porto                                                                               4,10 €
Telefon                                                                            3,10 €
Audatex                                                                        12,80 €
Gesamt:                                                                      266,20 €
Mehrwertsteuer                                                            42,59 €
Gesamtbetrag Vergütung einschließlich Auslagen       308,79 €.

Durch den Beklagten wurden außergerichtlich bereits 195,60 € an die Klägerin gezahlt. Es besteht somit noch ein Anspruch der Klägerin in Höhe von 113,19 €,

Mit Schreiben der Klägerin vom 05.02,2007 wurde der Beklagte hinsichtlich der Zahlung des Restbetrages in Verzug gesetzt, sodass der geltend gemachte Zinsanspruch ab dem 14.02.2007 gemäß den §§ 286, 288 BGB gerechtfertigt ist.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92,708 Nr. 11, 711, 713 ZPO

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

Dieser Beitrag wurde unter Abtretung, Haftpflichtschaden, HUK-Coburg Versicherung, RDG, Sachverständigenhonorar, Urteile abgelegt und mit , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

12 Antworten zu Das Amtsgericht Neubrandenburg verurteilt den Schädiger zur Erstattung des restlichen Sachverständigenhonorars (6 C 53/07 vom 11.12.2007)

  1. Werkstatt-Freund sagt:

    Hallo Hans Dampf,
    das Urteil ist hinsichtlich der Begründung falsch. Der BGH hat in dem Urteil vom 23.01.2007 – VI ZR 67/06 – eindeutig entschieden, dass bei Schadensersatzprozessen eine Überprüfung der Schadens-Position Sachverständigenkosten nicht erlaubt ist, dies gilt auch für die Höhe der Sachverständigenkosten. Deshalb gehört dieses BGH-Urteil eigentlich in jede Honorarklagenbegründung bei Schadensersatzprozessen. Otting und Wortmann hatten bereits Ende des letzten Jahrzehnts auf diese Problematik hingewiesen und der 6. Zivilsenat des BGH hat diese Argumentation auch aufgegriffen und bestätigt. Nicht umsonst sind beide – übrigens auch Herr Hiltscher in dem Urteil vom 23.01. 2007 vom BGH zitiert.
    MfG Werkstatt-Freund

  2. Andreas sagt:

    Vor allem kann man nicht oft genug betonen, dass der Richter oder die Richterin im Regelfall auf Grund mangelnden Fachwissens gar nicht in der Lage ist zur Angemessenheit Stellung zu nehmen.

    Denn ich kann ja auch nicht sagen, ein Joghurt kostet 0,19 Euro und einer 0,59 Euro. Der für 0,59 Euro ist unangemessen teuer, denn beides ist ja Joghurt…

    Wenn ein Richter also schon fälschlicherweise die Angemessenheit und nicht die Erforderlichkeit prüft, dann aber bitte richtig und mit allem, was dazu gehört.

    Dann soll er sich bei Herrn Hiltscher ein Honorargutachten einholen.

    Grüße

    Andreas

  3. SV F.Hiltscher sagt:

    @
    „Bezüglich der Fahrtkosten vermag das Gericht einen Kilometersatz vom 1,15 €, wie von der Klägerin angegeben, nicht nachzuvollziehen. Ein Kilometersatz in Höhe von 0,53 € scheint hierbei angemessen, sodass diesbezüglich bei 10 gefahrenen Kilometern ein Betrag in Höhe von 5,30 € anzusetzen ist.“

    Sehr geehrte Richterschaft,
    für Sie, bzw. das hohe Gericht erlaube ich mir ein betriebswirtschaftliches Rechenbeispiel zum Nachvollziehen eines berechneten u. berechtigten Kilometersatzes zu posten!
    Möge diese Anregung auf fruchtbaren Boden fallen.

    Beim Preis eines geh.Mittelklasse PKW(AUDI A6)von €60.000 und bei einer Jahres Km-Leistung von 20.000 ergibt sich folgendes:

    Wertverlust im 1.Jahr 28% vom NP € 60.000 = € 16.800,0
    Entgangene Verzinsung 3% p.A.aus € 60.000 = € 2.000,0
    Steuer u. Versicherung p.A. = € 1.500,0
    Kraftstoffkosten bei 20.000 Km je € 1,30 = € 2.600,0
    Inspektions u. Wartungskosten = € 800,0
    Fahrzeugreinigung p.A. = € 120,0
    Winterreifen/Sommerr.anteilig 33% = € 400,0
    Unfallrisiko SB € 1000,00 = € 1.000,0
    Summe = € 25.220,0

    Summe € 25.220,0 / 20.000 Km = Preis pro Km € 1,26!!!!

    So errechnen sich für einen Selbständigen SV die Betriebskosten des PKW pro gefahrene Km.
    Dass hier angeblich nur 0,53 Cent angemessen sind, hat das Gericht ebenso falsch gesehen, wie die Verwendung der zweifelhaften u. teils falschen BVSK Zahlen.
    Zu Unrecht wurden der Klägerin 30% der Gerichts- u.Anwaltskosten auferlegt, weil das Gericht M.E. falsches Recht angewandt hat (Weksvertragsrecht anstatt Schadenersatzrecht) und im Bezug auf BVSK u. völlig unzureichender Km-Schätzung fehlerhaft geurteilt hat.
    MfG
    SV F.Hiltscher

  4. SV F.Hiltscher sagt:

    3% Zins aus 60.000 ergeben selbstverständlich € 1.800.- und nicht € 2000.-
    Die Kraftstoffkosten werden mit je 10 Liter pro 100 gefahrene Km berechnet

    Der KM-Preis verändert sich deshalb auf € 1,25
    Sorry
    MfG
    SV F. Hiltscher

  5. Willi Wacker sagt:

    @ Andreas 19.10.2009 18:08
    @ SV F. Hiltscher 19.10.2009 18:18

    Hallo Herr SV F. Hiltscher!
    Ich freue mich, auch von Ihnen hier wieder etwas zu lesen. Der ursprüngliche Rechenfehler, den Sie im übrigen auch korrigiert haben, schadet dabei nur unwesentlich. Ihre Argumentation ist völlig richtig. Wie Werkstatt-Freund oben in seinem Kommentar vom 19.10.2009 12:00 zutreffend festgestellt hat, hat der BGH bei Schadensersatzprozessen mit Zitat auf Hiltscher, Otting und Wortmann festgestellt, dass eine Überprüfung des SV-Honorares, auch der Höhe nach, untersagt ist. Im Schadensersatzprozess haben werkvertragliche Gesichtspunkte keine Rolle zu spielen. Leider vergessen das viele Instanzrichter diesen Punkt der BGH-Rspr. bzw. werden durch unsinnige Schriftsätze der Versicherungsanwälte bewußt auf die falsche Bahn gebracht. Hier muss dieser Blog eingreifen und in juristisch einwandfreier Form auf diese Mißstände hinweisen.

    Auch mein Vorkommentator Andreas ist insoweit auf der richtigen Bahn. Offenbar hat ihn sein Anwalt auf die zu prüfende Erforderlichkeit im Sinne des § 249 BGB hingewiesen und nicht §§ 631 ff BGB. Andreas folge Franz Hiltscher und Du bist auf dem richtigen Weg.

    Das sind die qualifizierten Kommentare, die wir hier brauchen.

    Noch einen schönen Abend
    Euer Willi Wacker

  6. Frank sagt:

    ……aber was nutzt der schönste weg wenn er von nichtskönnenenden rechtsanwälten gepflastert ist die sich von huk anwaltslakayern ausmanöverrieren lassen???

  7. Andreas sagt:

    Hallo Herr Hiltscher,

    fast richtige Rechnung von Ihnen. 🙂

    Aber nehmen Sie statt der 3% entgangener Verzinsung den Finanzierungszins zwischen 6 und 10% p.a.

    Im Regelfall sind die Fahrzeuge ja finanziert. Denn wer kann so einfach 60.000,- (oder auch „nur“ 30.000,-) Euro so einfach aus der Tasche bezahlen?

    Und wenn das Fahrzeug geleast ist, sieht es auch nicht besser aus, denn auch da zahlt man den Wertverlust und den Zins auf die finanzierte Summe.

    Letztlich ist es auch nur eine Formsache. Ihre Rechnung zeigt auf jeden Fall sehr schön wie denn die tatsächlichen, gewinnneutralen Kosten zu ermitteln sind. Und manch einer wird sich jetzt die Augen reiben und verwundert feststellen, dass er das aus dieser Perspektive noch gar nicht betrachtet hat…

    Grüße

    Andreas

  8. Willi Wacker sagt:

    Hallo Andreas,
    völlig richtig. Aus diesem Grunde muss ja auch jeder SV für sich die Kosten kalkulieren. Eine Honorarabsprache kann da nicht weiter helfen. Nicht umsonst hat daher der BGH entschieden, dass in Schadensersatzprozessen eine Kontrolle der SV-Kosten, auch der Höhe nach, untersagt ist.
    Grüße
    Willi

  9. SV F.Hiltscher sagt:

    @Andreas

    Hallo Herr Andreas,
    Sie haben Recht dies war nur eine grobe Variante der Berechnung.
    Selbstverständlich sind auch höhere Zinsen möglich u. rechenbar.
    MfG
    SV F.Hiltscher

  10. Willi Wacker sagt:

    Hallo zusammen,
    so sollte es sein, für einen Beitrag, und dann auch noch ein Urteil im Sachverständigenhonorarrecht, schon 9 qualifizierte Kommentare. Das bringt letztlich den Blog weiter. Sachliche und sachgerechte Beiträge und Kommentare, das ist der richtige Weg. Macht weiter so!
    Euer Willi

  11. Frank sagt:

    Hallo,

    mit Schreiben vom heutigen Tage teilte die LVM mit, das nach einem AG Urteil vom 17.06.09 3 C 99/09 in Arnsberg die Nebenkosten lediglich 20-30 % betragen dürfen. Somit werden unsere Nebenkosten, die seit Jahren angemessen berechnet werden, mit 68 % abgerechnet, der Rest wird abgelehnt. Wieder hat ein AG eine Tür für vermeintliche Abzüge unsere ,,Wucherhonarare, ergo Nebenkosten“ geöffnet.

  12. Fifikus sagt:

    Hallo Frank, es war demnach dein Grundhonorar zu niedrig. Also ab sofort erst die Nebenkosten ermitteln und danach das Grundhonorar festlegen.

    MfG Fifikus

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert